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HP» «. Nedaktio, L Gleißner Kasse 4 LU Zeitung erscheüel Lickst«,, -»«»erst«, «d »,«««»««» frü^ UH,»»e»e»^ Preiß: tzteritlsührlMr^o. Zu beztehtn dur» Pie kaiserlichen Post- vistalten Md durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in» Hau« erhebt die Last noch rme Ge» Ühr von Lb Pfg. iiclMlhe DorßkiliiG und kosten: dtelspalt Zeile 1bPf^ Unter Eingesandt: 30 Pfg. Inserate werden bi« Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen Inserate«« Annah«eftele«r Die Arnoldische Buchhandluna, Jnvalidendanr, HaascnsteinLBogler, Rudolf Mosse, V. L. Daube « To. dl Dre-den, Leipzig, Hamburg, Bertin, Franksuri a/M. u. f. w. ' Em unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrman« MSLer in Dresden. Ar. 95.Donnerstag, den 13. Zugust 1885.47. Sahrgang. Politische Weltschau. Deutsches Reich. In gewöhnlich wohl unter richteten Kreisen gilt eS als im höchsten Grade wahr scheinlich, daß der Zusammenkunft der Monarchen von Oesterreich-Ungarn und Rußland eine Begegnung de- Czarrn mit dem Kaiser Wilhelm folgen wird. Ueber Ort und Zeit der Entrevue weiß man jedoch noch nicht daö Geringste mitzuthrilen. — Bezüglich der bevor stehenden Zusammenkunft des russischen und österreich- ungarischen Kaisers in Kremsier verdient folgende offi- ciöse Korrespondenz aus Wien Beachtung: „ES war an- zunehmen, daß Kaiser Alexander III. den Besuch er- wiedern würde, den ihm Kaiser Franz Josef im vorigen Jahre in Skierniewic« abgestattet hat. Allein auch in der Kourtoisie der Höfe giebt eS Nuancirungen und diesmal scheint Alles ausgeboten werden zu solle«, um der Zusammenkunft der Monarchen eben so sehr den Charakter besonderer Solennität alS einen Zug herzlicher Vertraulichkeit zu verleihen. Die Kaiserin und der Kron prinz Rudolf, nach dem Kaiser die höchsten Würden träger der österreich-ungarischen Monarchie, werden an der Entrevue theilnehmen, welch« den sichtbaren Beweis liefert, daß die seiner Zeit in Skierniewice auSgestreute Eaat aufgegangen ist und daß die Hoffnungen nicht unerfüllt geblieben sind, die mit der ersten Annäherung Rußlands an die Ideen und Zielpunkte des Zwei-Kaiser- Bündniffes verknüpft wurden. Das Zusammentreffen der beiden Monarchen bekundet ferner, daß an dem festgehalten werden soll, was in kurzer Frist zu so durchaus glücklichen und hoffnungsvollen Ergebnifferr geführt hat; auch in Zukunft wird jedes Unternehmen vermieden werden, daS zu Erschütterungen deS augen blicklichen Standes der Dinge und zur Trübung deS freundschaftlichen Verhältnisses zwischen den drei Mächten beitragen könnte. Der österreichische Minister des Aeußeren, Graf Kalnocky, hat am Dienstag seine vielbesprochene Reise nach Varzin angetreten, um dem deutschen Reichs kanzler daselbst einen Besuch abzustatten. Wie die soeben in Gastein stattgefundene Begegnung der Sou- veraine selbst, dürfte auch die Zusammenkunft ihrer Minister in erster Linie dazu bestimmt sein, dem zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn bestehenden freundschaftlichen Verhältnisse einen offenen und für alle Welt erkennbaren Ausdruck zu geben. Wenn auch mit Bestimmtheit anzunehm-n ist, daß die beiden Minister diese Gelegenheit benutzen werden, um ihre Ansichten über die allgemeine politische Lage Europa s auSzu- tauschen, so bezeichnet andererseits daS officiöse.Wiener Kremdenblatt" die Behauptung verschiedener Blätter, daß t- sich bei der Zusammenkunft um die Erledigung ganz specieller, höchst wichtiger Angelegenheiten handele, als gänzlich unbegründet. Seit der vorjährigen Reise deS Grafen Kalnocky nach dem Sommersitze deS Fürsten BiSmarck ist kein Ereigniß von solcher Wichtigkeit ein- aetreten, daß eS eine persönliche Aussprache der beiden Staatsmänner als dringend nothwendig erscheinen läßt. Die gefährlichen Spitzen der afghanischen Frage sind durch die Kabinette von Petersburg und London selbst, ohne jedes fremde Zulhun, abgestumpft worden; bezüg lich der Zukunft AegyptenS ist zwischen den europäischen Mächten im Wesentlichen ein Einverständniß erzielt und was die übrigen Verhältnisse im Oriente betrifft, so darf man annehmen, daß die jetzt in England zur Regierung gelangte konservative Partei sich dar über mit den Regierungen in Berlin und Wien in'S Einvernehmen setzen wird. Die Beziehungen der beiden Kaisermächte zu Rußland endlich, wie sie in Skiernie wice angeknüpft wurden, haben sich nach allen Rich tungen hin erprobt und gekräftigt. Selten dürfte die Weltlage eine gleich günstige gewesen sein, wie in diesem Augenblicke. Somit werden die beiden Staatsmänner in Varzin mit Befriedigung konstatiren können, daß es ihr^n vereinten Kräften gelungen ist, den Frieden in Europa auf längere Zeit hinaus zu sichern. Am Sonn abend gedenkt Graf Kalnocky sich von Varzin nach Berlin zu begeben, um von dort aus dem Kaiser Wil helm, welcher bis dahin auf Schloß Babelsberg einge troffen sein wird, seine Aufwartung zu machen. Am Dienstag hat Kaiser Wilhelm seine Kur in Gastein beendet und bereits mittags 1 Uhr 30 Minuten dm Badeort verlassen, um sich zu Wagen nach Lend zu begeben, von wo auS mittelst Ertra- zugeS die Weiterreise nach Salzburg erfolgte. Nachdem der Monarch hier übernachtet, beabsichtigte er über Alt- nang, Regensburg, Hof, Leipzig, Roßlau, Drewitz nach Potsdam zurückzukehren. Die Ankunft daselbst dürfte heute Morgen in der 10. Stunde erfolgt sein. — Ge legentlich der Kaiser-Entrevue in Gastein soll sich folgende höchst amüsante Episode zugetragen haben. Als daS österreichische Kaiserpaar von Kaiser Wilhelm Abschied nahm, bestand der letztere darauf, die Scheidenden eine Strecke weit zu begleiten. Kaiser Franz Josef bat seinen greisen Freund, sich zu schonen und auf diesen Wunsch zu ver zichten; als Kaiser Wilhelm aber nicht nachgeben wollte, da rief der österreichische Monarch lächelnd: „Dann befehle ich Dir, zu bleiben!" (Der deutsche Kaiser trug nemlich die österreichische Obersten-Uniform.) Kaiser Wilhelm richtete sich bei diesm Worten seines Freundes stramm empor, salutirte und erwiederte: .Da muß ich freilich gehorchen." Beide Monarchen nahmen sodann in der herzlichsten Weise Abschied. — König Ludwig von Baiern wird sich in den nächsten Tagen nach Pest be- gebm, um der dortigm Landesausstellung «inen Besuch abzustatten. Am Montag wurde die internationale Telegraphen konferenz im großen Saale deS ReichSpostgebäudeS zu Berlin von dem Staatssekretär vr. von Stephan mit einer längeren Rede eröffnet, auS der wir diejenigm Stellen wiedergeben, welche auch für weitere Kreise von Interesse sein dürften. „Die Bedeutung der Tele graphie für die Kultur ist in fortwährendem WachS- thume begriffen" - äußerte der Redner u. A. — „und die gemeinsame Wirksamkeit aller Telegraphen-Verwal tungen und Gesellschaften hat die Drähte, welche den Austausch der menschlichen Gedanken in schnellster und promptester Weise auf die weitesten Entfernungen hin vermitteln, zu einem immer umfangreicheren und dichteren Netze verflochten. Die Westküste von Mittel- und Süd- Amerika, der Osten und Süden von Afrika sind neuerdings mit dem allgemeinen Telegraphennetze in Verbindung ge bracht; in der alten Welt sind neue Stationen zu Tau senden eröffnet, so daß selbst kleine Ortschaften die Vor theile der telegraphischen Verbindung genießen. Der „Ueberland-Telegraph" hat ganz Australien mit seinen Drähten durchzogen und selbst Tasmanien und Neusee land sind mit dem Netze verbunden; in Amerika wurde der Telegraph über die Kordilleren geleitet; die Draht verbindungen deS russischen Reiches sind bis zu den öst lichsten Gestaden Asiens geführt und auch in China hat der schnellste Träger deS Gedankens seinen siegreichen Einzug gehalten. Die Aufgabe der allgemeinen Tele graphen-Konferenzen ist eS stetS gewesen und wird eS auch diesmal wieder sein, eine immer größere Verallgemeinerung deS Gebrauche- deS Telegraphen durch zweckmäßige Dienstvorschriften und durch einen einfachen und mäßigen Tarif herbeizuführen. Bei dem Geiste der Verträglichkeit, weicheres ermöglicht hat, die verschiedensten Völker zur Annahme gemeinsamer Grundsätze bezüglich der Telegraphie zu bewegen, zweifle ich nicht, daß auch etwa neue zu Tage tretende Schwierigkeiten sich durch einen entgegenkommenden Austausch der Meinungen werden überwinden lassen." Nachdem Staatssekretär Or. von Stephan die Konferenz für eröffnet erklärt hatte, wurde derselbe von der Versammlung zum Präsidenten gewählt. Am Sonnabend hielten die Nationalliberalen der Provinz Sachsen unter Vorsitz Miquel'S einen Parteitag in Thale im Harz ab. Bezüglich der künftigen Haltung der Partei erklärten sämmtliche Redner, daß die Deutsch- resp. Altkonservativen die in erster Reihe zu bekämpfen den Gegner seien und daß die Nationalliberalen den Deutsch-Freisinnigen näher ständen, als der konservativen Partei. Damit kann der von einigen Seiten angestrebte Versuch, der preußischen Regierung durch eine Koalition Feuilleton. Schuldbeladen. Original-Roman von Julius Keller. (19. Fortsetzung.) „Woran denkt Ihr?" fragte der Schließer plötzlich in so scharfem Tone, daß Barthold aufblickte. „WaS schert das Euch?" entgegnete er trotzig. „Nun, nun, meine Frage war nicht böse gemeint — Ihr wißt ja doch, daß ich Interesse an Euch nehme und habt Euch wahrlich nicht über mich zu beklagen. Ich dächte, in solcher Einsamkeit müßte eS Euch ange nehm sein, hin und wieder Mal ein paar Worte plaudern zu können." „Ich plaudere eben", sagte Walter Barthold mit eigenthümlicher Betonung. „Ah, Ihr plaudert? — Ja, mit wem denn?" „Mit meinem Weibe." Der Schließer zuckte zusammen. Die Antwort schien ihm in'S Herz zu schneiden. Aber er mußte entschlossen sein, jede Regung seine- HerzenS zu unterdrücken; denn er faßte sich schnell und bemerkte: „Also mit Eurer Frau! Hm, hm, nun, daS ist eine ungefährliche Plauderei und wenn Euer Grübeln so harmloser Natur ist, dann darf man nichts Böses davon erwarten. — Ihr scheint mich nicht recht zu ver stehen. Ich meine, daß die meisten der Gefangenen, wenn sie so düster und in finsterer Schweigsamkeit vor sich hin starren, an ganz andere, an gefährliche Dinge denken — Ihr antwortet mir nicht, scheint also bei übler Laune zu sein, hm — ist man daS, wenn man mit seinem Weibe plaudert?" Mit erwartungsvollem, lauerndem Ausdrucke hingen seine Blicke auf der Gestalt und dem Antlitze Barthold'S, welcher kein Wort entgegnete, sondern wieder in'S Leere starrte. „keine Antwort", sprach der Schließer nach längerer Pause kopfschüttelnd, „diese- Schweigen ist eine schlechte Illustration zu Eurer guten Laune. Meine Gesellschaft scheint Euch lästig zu sein. Ich glaube, Ihr haltet mich für dumm. Aber ich will Euch beweisen, daß ich- nicht bin. Wißt Ihr auch, daß ich überzeugt bin, auf'S Gröblichste von Euch belogen zu sein? — Ihr habt mit Eurem Weibe geplaudert, sagt Ihr? — Nun, ich sage Euch, das ist nicht wahr! — WaS gebt Ihr d rum, wenn ich Euch sage, woran Ihr gedacht habt, alS ich hier eintrat und Euch störte, ja, woran Ihr noch in diesem Augenblicke mit Anstrengung aller Eurer SinneSkräfte denkt?!" Er trat dem Gefangenen noch einen Schritt näher, so daß er ganz dicht an dessen Seite stand, beugte sich herab und flüsterte in scharfem Tone: . . An Flucht . . Wie von einem elektrischen Schlage getroffen, hob sich daS Haupt deS Gefangenen empor. „Wie meint Ihr daS?" fragte er hastig. „Ich sage Euch, daß Ihr an Flucht dachtet — daß Ihr darüber nachgesonnen habt, wie Ihr auS diesem Gefängnisse entwischen könntet!" r Jetzt beschattete ein Ausdruck tiefster Wehmuth daS Antlitz Barthold'S. „Flucht", wiederholte er leise, mit zitternder Stimme, „Flucht, sagt Ihr?! O, daß ich ein Narr wäre, solchem Gedanken nachzuhängen, einem Gedanken, der mir daS Blut rascher durch die Adern treibt, der meine Pulse fieberhaft pochen und verführerische Bilder vor meiner erhitzten Phantasie entstehen läßt — der einen süßen Traum vor meine Seele zaubert, auS dem ich doppelt elend erwachen müßte — nach welchem ich mein Un glück nur um so drückender empfinden würde!" . . . Er richtete sich höher auf und seine Blicke ruhten mit einem so furchtbaren AuSdrucke auf dem Gesichte des alten Schließers, daß die Farbe desselben jäh wechselte. „Unbarmherziger Mann", flüsterte Walter in unheim lichem Tone, „warum habt Ihr mir dieses Wort in daS Hirn geblasen? — Warum erwecktet Ihr mit teuflischer Grausamkeit einen Gedanken in mir, dem nachzuhängen eine Thorheit — ja, Wahnsinn ist und den ich dennoch nicht mehr werde bannen können, der sich siegreich in mein Haupt einnisten, den Schlaf auS meinen Augen treiben und mir die etwaigen Stunden der Ruhe, welche ich noch genieße, rauben, verkümmern wird? Warum habt Ihr daS gethan?" In den kleinen Augen Heyne'S spiegelte sich deutlich der Kampf wieder, welcher sein Inneres zerwühlte. - Mit unendlicher Anstrengung suchte er seine Er regung zu überwinden und setzte sich auf den Strohsack nieder. „Ich wollte nicht grausam gegen Euch sein", sagte er dann flüsternd, „verlaßt Euch darauf, denn ick habe Mitleid mit Euch. Nein, ick wollte Euch nur mit« theilen, daß ich kein Thor bin, sondern Eure Gedanken , durchschau,. Und ich wiederhole Euch daher noch ein-