Volltext Seite (XML)
Nr. »L« 21. Jahrg. Fernsprecher: 32723 - Geschäft-ftell-32722 Postscheckkonto: Dresden Nr. 14797 Sonntag, 24. Sevt. 1922 .» Redaktion nnd «eschästostelle: Dresden-A. 16, Holbrinstratze 4- volfsreltuna DI« SSchslicbe Poirs»eN»nn erichetni nirxeil dreimal wöLe»IIick>. -k?«<»nSvrciS für September durch die Post SV I nnzeioen, Stellen- und Mlelgesuche dt r >> ^elil - Hella,ne-elie lm redalllonelle» Teil. 8!> » i r<> Im SInzelncrkLut stell! sich der Preis für die Dl-nslag-Nummer auf S.SN iür tue Donnersing-Sinmmer aus «.SO a» I Für Inserate mlt besonderer Plazieruua-oorichnli au, obige Preise SS Prozen, >',»s,!,!aa. e und tür d,c Tcnniag-annmcr aut 8 «„»»«aeupretSi Die cuigelpallcne Petiizelle IN^t, illr Familien- u. PereinS- > Selbsladholer S ae. bei llebersenduug durch die Post alcherdem Porlozuichlag. Im Fanc ,-.-ze>.n Ausbleiben der Papierliejernngen ulw. -rlischl ,ede Berpsttchlung mis Lieferung der Zeitung sowie Ersüllung von Anjelgen-Ai,,irägen und Leistung von Schadenerlag. Evrechttunde der Redattlon: K—N Ubr nachm. Nicht ausdrlicklich „urückverlangteund I Für nndauilich gelchrieben« sowt« durch Fernsprecher a»fgeaebeiie Anzeigen mu Rückporto nicht versehene Einsendungen an dieNedaktioii werden nicht aulbemahr,. I lünnen wir die Lerwilwortlichkeit >ür die Nichligleu des Textes uichl übernehmen. -»inadwe v,"- Neichd"«a»,eigen bis IN Uhr. von Familienanzeigeii dis 11 Uhr vormittags. — Annahmestellen in Dresdeni Schmidt'schs Buchhandlung. Inhaber P. Beck Schlogstratze L in Bange»! Frau 7 ,11 > lüc . i l ein, Tagesschau Die ,'üdslavische Negierung verlangt in dem Vertrag mit oem Valilan den ausschließlichen Gebrauch der südslauischrn Spr.iche im katliolischen Gottesdienst, sowie den staatlichen Einfluß bei der Besetzung der höheren Kirchenümter. Beim Reichspräsidenten fand am Freitag abend ein Empfang ;u Ehren der NHSn-Legclsllcger statt, von denen u. a. Hcntze» und MartenS erschienen waren. Auf der evangelischen Kirchenversammlung in Berlin wurde die allgemeine Einführung des VischosStitels mit 91 gegen 192 Stimmen abgelrhut. Die wirtschaftliche Vereinigung der Greisswalder Rechts anwälte hat beim Deutsche» Anwaltsvercin die Einberufung eines außerordentlichen Anwaltstagcs zwecks Stellungnahme zu der wirtschaftliche» Notlage der Anwälte beantragt. In München wurde von Interessenten für Sachleistungen oie Wcdcraufbaiigruppe Bayern gegründet. Das südirische Parlament hat die Verfassung mit 47 gegen 16 Stimmen in zweiter Lesung angenommen. Rach einer Meldung des Neuyorkcr Times wird Präsident Hardiilg Anfang nächsten Jahres eine Wcltwirtschastsfonfereiez nach Washington einberufen. Im Nord- nnd Ostseegebict herrschte in den letzte» Tauen ein schwerer Nordweststurin. In Hamburg ist die Elbe aus den ll'ern getreten. Ein englischer Kreuzer ist auf der Elbe bei Oste auf Grund gelaufen. Auf dem sozialdemokratischen Parteitag in Augsburg wurde nach einem Referat des Parteivorsitzenden Wels das Aktions programm der beiden sozialistischen Parteien ohne Aussprache angenommen. Die Rrichsbank hat den Wechseldiskonts«!) von 7 auf 8 Prozent erhöht. Das unliebsame Stammbuch! ** Ein Stammbuch ist an sich eine ungefährliche und harmlose Einrichtung — allerdings nur so lange, als man nicht einmal das gehässige Wagnis unternimmt, dem Besitzer eine bit tere Wahrheit darein zu schreiben. Denn mitunter soll die Wahrheit einen ziemlich unangenehmen Beigeschmack halben. Das scheint jener gute Mann außer acht gelassen zu haben, der in unserer Nummer vom 17. August einige unlieb same Erinnerungen „dem Katholikenausschuß der Deutschnatio nalen Volksparte, ins Stammbuch" schrieb. Mag sein, daß er nicht gerade das Stammbuch hätte dazu auswählen sollen. Aber das ändert an dem Inhalt des Geschriebenen kaum etwas, und die „sogenannte -Widerlegung", wie sie in der letzten Num mer des Organs des besagten Ausschusses, im „Katholischen Ko r r e sp o n d e n z b la t t", steht, scheint uns für die doch sicherlich nicht ganz anspruchslosen Leser dieses Blattes denn roch etwas zu primitiv und fadenscheinig, als daß wir ganz still- bhweigcnd daran Vorbeigehen könnten. Von den persön. lechen Angriffen, wie sie sich jener Artikel am Schluß wieder einmal leistet, und die bezeichnend für das Niveau des politischen Kampfes sind, glauben wir um so eher absehen zm !ö,ne», als solche Angriffe auf nnbesangene Leser sowieso keinen Eindruck machen. Dagegen scheinen uns die hohlen und nichtssagende,', „Widerlegungen" sehr wohl einer sachlichen Durchsicht wert. Es - beißt dort einmal, „Eine Lobrede war es nicht gerade, was an' dem Münchener Katholikentage der Kardinalerzbischof Dr. Fanl- habcr über die neue deutsche Verfassung vom Standpunkte eines Führers des katholischen Volkes sagte." Das sei vollkommen zugegeben! Vom Standpunkt eines katholischen Christen und gar von dem eines K i r ch e n f Ü r sie n können wir uns nicht gut ein Loblied auf die deutsche Verfassung vor stellen. Ein Staat im christlichen Sinne und dessen Verfassung müßte allerdings ein wenig an ders aussehen» darüber kann kein Zweifel sein, und das bedarf nicht erst der Feststellung des Katholikenausschusses. Wir könnten nichts sehnsüchtiger wünsche», als Bürger eines solchen idealen christlichen Staates zu sein! Nu» ist aber das deutsche i?olk in breiten Schichten heute alles andere als christlich — und bas doch nicht etwa durch die Schuld des Zentrums! — und da mit muß die Politik doch nun einmal rechnen, und es kann nur ihre Ausgabe sein, unter den gegebenen Verhältnissen jeweils d,rs Bestmöglichste zu erreichen, nicht aber idealisti schen Hirngespinsten nachzulaufen, und daun vor das Volk hin zutreten und sagen: Ja, nur weil jene Herren nicht so laut inttschrclcn wie wir, darum sicht ed so traurig auS! Das aber ist deutschnationale Art, die uns keinen Schritt vorwärts bring,. Uebrigens ist uns auch nichts bewußt, daß Kardinal Maulhaber auch nur in etwa behauptet hätte, die alte Verfassung wäre besser gewesen als die jetzige. Die Logik, will uns überhaupt nicht so recht einleuchten, wenn inan die liege Neichsvcrfassung mit den jüngsten Kultur jam p f e r la sse n des sächsischen Kultusministeriums zusani- jneiibringt. Sind diese ctiva aus der Neichsversassuug zu er- !lärcn? Schließlich dürfte man doch annehmen, daß man auch !m KaihvlikenauSschuß in etwa die deutsche Reichsverfassung leimt und weiß, -daß sich gewisse Leute in Sachsen durch ihre Dr Wirth ruft Amerika Berlin, 2k. September. Unter der Uebersch-ift „Revolu tion in Deutschland" veröffentlicht tle Weslminster Gazette eine Unterredung, die Reichskanzler Dr. Wirth dem Berlin-:: Bericht- erstatter des Blattes gewährt hat. Der Kaaz>.r spricht m,t ernsten Wvrten über die heutige Lage Lrnlbhlanas nnd erklärte, das Land sei in einer sehr schwierigen Lage. Er versuche einen Kampf gegen den Hunger zu führen. Die Gefahr innerer Unruhen liege var. Die Negierung habe all-.s getan, was >n ihrer Macht liege. Deutschland könne heute nts rollig entwnsfnn ang gehen werden, denn man könne nicht Krieg lü-zren mit ein paar Dutzend Gewehren, die hier und da während des Krieges und der Nevo. lntivn versteckt worden seien. Eine Nation könne jedoch nicht für andere Nationen der Welt zahlen. Man könne Deutschland nicht wie eine Zitrone m.sprcssen. Das Londoner Ultimatum habe ganz Europa desorganisiert. Jede EntschädigungSzahlnng bedeute eine neue Katastrophe., Deutschland werde beschuldigt, die Schuld an der Entwertung der Mark in hohem Maße selbst zu tragen. Diese Behauptung ist unwahr Jedermann könne die furchtbaren Leiden des deutsche» Mittel standes sehen. Der deutsche Mittelstand sei in der größten Ge fahr, vernichtet zu werden. Man könne tatsächlich schon sagen, daß er zu bestehen aufhört. TaS bedeutet eine ernste soziale Gefahr. Wenn man nicht eine Lösung finde, so werde ganz Europa zugrunde gehen. Eine Politik, die nur die Überlegenheit des Siegers zum Ausdruck bringe, sei keine gesunde WirtschastSgrandlage für die Entwicklung der Nationen. Die deutsche Negierung habe bereits seit zwei Jahren versucht, eine praktische Lösung für die Ver wirklichung auf der G"!"dlage ehrlicher wirtschaftlicher Be ziehungen zu finden. Sie habe alles getan, was möglich sei, und sei jetzt am Ende ihrer Weisheit. Unter den Arbeitern herrsche ernste Unzufriedenheit. Die Armut sei enlsetziich und eine soziale Revolution werde befürchtet. Die schwierige Lage in Tcnlschiaud werde selbst heute in feindlichen Kreisen verstanden. Einer Methode des Druckes werde jedoch immer noch der erste Platz eingeränmt. Die Politiker der angewandten Gewalt seien der Ansicht, daß Deutschland zahlen könne nnd werde, wenn diese Gewalt ange wandt würde. Die Konferenz der Bankiers in Paris hätte die Notwendigkeit einer internationalen Anleihe anerkannt. Die Verwirklichung des Planes sei jedoch erschüttert infolge der Hal tung Frankreichs. Es sei jedoch noch -»n? Hoffnung übrig: Amerika, das so lange beiseite gestanden habe, sieht jetzt, daß der Wiederanibai! der Weit unmöglich sei, ohne die Unterstützung der Vcrei n Staaten. Es sei ^ an -er Zeit, -atz Amerika Schritte in dieser Richtung unternehme, sonst sei es z» spät. Die Zahlungen verminderten sich immer weiter unter der Gewn! des Druckes der wirtschaftlichen Bedingungen. Entwaffnet stehe Deutschland einer Welt gegenüber, die von Waffen starre. Das bedeute nicht Frieden, sondern eine Fortsetzung des Krieges. Ans die Frage, ob er der Ansicht lei. daß neue Gefahren für Deutschland von den Ereignissen im Orient ausgehen könnln' sagte Dr. Wirth, ' Deutschlands Politik sei Frieden» es habe kein Interesse an dem Problem des Osten?-, es bBrach» alle Verwicklungen als unerwünscht, wo auch immer sie ent stünden. Politik gerade in Gegensatz zur Neichsvcrfassung setzen, nnd daß sich gerade die Proteste, auch die der Dcntsch- rationalen, auf eine Verletzung der NeichSverfas- sung berufen! — Und die Behauptung, „wir hatten es doch wohl besser in der alten Verfassung", steht wohl auf ziemlich schwachen Füßen. Daß wir vor dem Kriege zweifellos bessere Zeiten hatten, hat wohl noch niemand bestritten, aber dafür ist doch wirklich nicht die alte Reichsverfassung ausschlaggebend ge wesen. Das scheint man noch gar nicht auseinander zu halten! Ebenso klar ist es aber auch, daß uns die neue Verfassung in kirchlicher H-in sicht erfreuliche Besserung gebracht hat. Das kann man nur im Deutschnationalen Katho- likenansschuß leugnen wollen, weil man das eben nicht sehen will. Wir müßten nicht gerade in Sachsen sein, um nicht recht unan genehme Erinnerungen noch aus den jüngsten Jahren zu haben. Oder waren die Ausnahmegesetze gegen die katholische Kirche in bezug auf Ordens Niederlassungen etwa im Sinne der heutigen deutschnationalen Katholiken? Mußte wirklich erst die staatliche Umwälzung von 1918 kommen, um den Schandfleck des I e s u i t c n g e se tz e s zu beseitigen? Ist cs doch eigentlich z-ur Genüge bekannt, welche Schwierigkeiten unter der allen Ver fassung hier in Sachsen besonders der Anstellung katholischer Ordensschwestern in der Krankenpflege bereitet wurde». Waren das vielleicht jene idealen Zustände, die man heute zurücksehncn soll? ES scheint gewissen Leuten auch nicht bekannt zu sein,, daß cs bis zum Jahre 1918 in Sachsen möglich war, den Katholiken eines wohlbekannten Ortes von Staats wegen den Besuch des Gottesdienstes zu verbieten, der in der z»m Schloss gehörigen katholischen Kirche abgehnlten wurde! Das sind freilich unliebsame Seiten eines Stammbuches, die man aber niemals wird beseitigen können. Da hilft kein Radieren und kein Vertuschen, und es beweist wirklich eine zlemliche Kurz sichtigkeit, wenn man gerade hier mit der Kritik an der Zen trumspolitik emsetzt. TaS sollte man von jener katholischen Seite zu allerletzt erwarten! Denn das eine sei nochmals be tont, auch die Staatsverfassung, die sich jeder ZentrumSpolitiker als Ideal wünscht, sähe allerdings.ein wenig anders aus als unsere Reichsverfassung. Aber zwischen Wunsch und Mög.lichkerl liegt mitunter eine ganze Welt! Und das Zentrum als politische Partei ist ja schließlich nicht jener Faktor, von dem man die Christianisierung unseres Staates verlangen kann. Was sich dagegen politisch in kirchlicher Be- zichung erreichen ließ, das haben wir auf jeden Fall der Zen - tr um spartet» aber keineswegs den Deutsch nationalen zu verdanken. Oder wo waren denn diese Prinzipientreuen — um nur an diesen einen Fall zu erinnern —, als cs im Landtage galt, für die christlichen Feiertage cinzutretcn? Dort hören wohl die Grundsätze schon auf? Auf jeden Fall hat in vieler Hinsicht erst die neue Reichsverfassung freie Entfaltung unserer Glaubenskräfte gebracht, und wenn d-e Doutschiiationalen nicht von Anfang an blinde Opposition ge. trieben hätten, wäre die Verfassung vielleicht noch etivas er freulicher ausgefallen! ^ Heute freilich, nachdem die Vergangenheit vielen etwas ver schwommener und unklarer erscheint, kann man « auf deutsch. nationaler Seite so tun, als ob das Zentrum in Weimar die freie Wahl gehabt hätte zwischen der jetzigen und einer christ lichen Verfassung. Und cs gibt wirklich noch Leute, die dies leicht gläubig als lauteres Gold hiiinehmcn und dann auf katholisctje Grr.-ndsatztrcue pochen, dabei freilich ganz vcrgeisen, was in Weimar auf dem Spiele stand, daß es dort nur d:e Wahl gab zwischen aufopferungsvoller Mitarbeit des Zentrums oder einseitiger Klassenherrschaft von links mit dem Bürgerkrieg im Hintergründe. Daß wir heute tatkräftig an der christlichen Erneuerung unseres Volkes Mitarbeiten können, das verdanken wir niemand anders als den entschlossenen Zentrums leuten, die damals in richtiger Erkenninis der Sachlage mutig in die Bresche sprangen, und nicht den Deutschnationalen! Wenn man das aber nicht einsehen will, dann brauchen wir auch »ich! darauf verzichten, ihnen mitunter solche Sachen ins Stamm buch zu schreiben. Ans dem Schlnßiakc: „Unbefugten Schreibern klopfe lOwir ans die Finger", können wir nur cnlnehmen, das; jene Katholiken in denischnationaler Art bereits sehr gute Schule gemacht haben und sich jedensalls auch in diesem Punkte sehr gut ans übertriebene Macht. Politik verstehen. Wir werden es jedoch auch in Zukunft vor- zichen, unsere Gegenargumente in Form sachlicher Widerlegun gen vorznbringen. Stock und Pr ü gel als Bild >u n g S - mittel überlassen wir gern den privilegierten Hütern des guten Tones, der in besoin , r? vornehmer Weise im Ausschuß dcntschnalionalec Katholiken o oslegt zu werden scheint. Deutsches Neich Zustül.r.uurg des Reichskibinetts zu den Bcamtrttgehällcrn Verl!», L2. Sept. Heuie vormittag fand in der Reichskanz lei lenter dem Vorsitz des Vizekanzlers Bauer in Anwesenheit Von Vertretern der preußischen S'.aatcr-egiernng eine Besprechung mit den Führern der Parteien des Reichstages und des preußi schen Landtages über die Besoldnngseryöbi.ng der Beamten, Ein gestellten und Arbeiter statt. Vom Reichssilianzministerium wer den die von der Telegraphen-Union bereits milgeteillen Ergeb nisse der Verhandlungen mit den Spivenoraanisaiioncn be'anni- gegcben. Vizekanzler Bcvuer erklärt dazu, daß noch heule der Ausschuß des NcichSrates und der Ständige Ausschuß des Reichs- tages um ihre Zustimmung zu den geplante» Erhöhungen er- sucht werden würden und daß die Auszahlung der Bezüge mit größtmöglichster Beschleunigung vor sich gehen solle. An diesr Mitteilung schloß sich eine kurze Anssprache. Das NcichSministe. rium hat in einer bereits um 1l Uhr vormittags llaltgesnndencn Sitzung der Neufestsetzung der TencrungSzuschläge zi.gcslimmt.