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für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Erscheint: Mittwoch« u. Sonnabend« früh 8 Uhr. Abonnementspreis: Vierteljährlich 12^ Ngr., auch bei Bestellungen durch die Post. Inserate werden mit 1 Ngr. für den Raum einer gespaltenen Corpus-Zeile berechnet und sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags ist Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. SrchsmlstMuyiBcr Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Ernst Ludwig Förster in PulSnitz. Geschäftsstellen für Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M Tschersich. Dresden: Annoncen bureau von C. Graf und Haasen stein L Vogler. Leipzig: Bernhard Freyer, Rudolph Moffe, Haasensiein L Vogler und Eugen Fort daselbst. von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. Lxpvti. «i«8 ^n»t8vlLtte8 Sonnavett- ßl, 1 Ykugtrst 1874. Gleichsam als handle sich darum, dem Europa unseres Jahrzehnt das Muster eines sonst schon fast vergessenen jesuitischen Regiments vorzuführen, ist es der carlistischen Revolution gelungen, ihre Herrschaft über einen großen Theil des nördlichen Spanien zu verbreiten und durch Barbareien, wie sie des Zeitalters der Inquisition würdig wären, bis heute aufrecht zu erhalten. Der Jesuitismus in allen andern Ländern regt sich, seinem spanischen Zweige zum endlichen Siege zu verhelfen; die ganze weit reichende Macht der ultramontanen Propaganda ist in seinen Dienst gestellt und selbst ein an der Grenze seines Bewußtseins angelangter Liberalismus glaubt vom Standpunkte der unbegrenzten „Freiheit" aus sich einer Unterstützung der Todfeinde derselben nicht versagen zu sollen. Unter der Flagge, welche vprmals als das Wahr zeichen bürgerlicher Freiheit in Europa galt, werden, freilich bei Nacht und Nebel, Schiffsladungen von Waffen und Geschützen für das carlistische Lager an der spanischen Küste gelandet und so dem grausamsten aller Kämpfe der neueren Zeit die eigentlichen Lebensnahrungen zu geführt. Nicht Don Carlos ist der eigentliche, gegen sein Vaterland im blutigen Bürgerkriege in Waffen stehende Rebell. Der Jesuitismus ist es, der sich des Carlismus als Aushängeschild bedient, der ihn mit den ihm zu Ge bote stehenden Mitteln unterstützt, seine Schritte leitet und seinen Willen eventuell auch trotz des sogenannten „Königs" durchzusetzen weiß. Der Jesuitismus hat der carlistischen Sache wohl die Zustimmung und den Zulauf von Fanatikern oder zweifelhaften Subjecten aller Art, auch Deutschen, aus den verschiedensten Ländern zuge wendet, aber er hat gleichzeitig bewirkt, daß der Carlisinus für die Mitwelt gerichtet und für die Nachwelt unmöglich geworden ist. Im Namen dieses Jesuitismus hat der carlistische Prätendent es kürzlich gewagt, die Spanier aufzufordern, entweder sich ihm zu unterwerfen oder „das Gesetz des Siegers" anzunehmen. Zur Illustration dieses „Gesetzes" haben seine Horden nach der Erstürmung der Stadt Cuenca die Einwohner ermordet, die Häuser geplündert und verbrannt. Dieses „Gesetz" des Siegers ist seit den Kämpfen bei Estella wiederholt gegen wehrlose Ge fangene zur Anwendung gebracht worden, welche massen haft hingemordet worden sind. Der Ausdruck „hingerichtet" ist falsch, den das Richten müßte wenigstens einen Schein von Recht in sich schließen. Unter den schamlos Ermordeten befindet sich ein preußischer Offizier, dessen Grab nachträglich noch durch die verruchtesten Lügeü entweiht wird. In der in Deutschland erscheinenden ultramontanen Presse haben wir kein Wort der Mißbilligung für den Mord gefunden, den entweder die „Priester" trotz ihres „Königs" ausge führt haben oder welchen dieser kalten Blutes befohlen oder gebilligt hat. Ja, Blätter vom Schlage des bairischen „Vaterland" haben mit einer gewissen Genugthuung ver zeichnet daß „der preußische Hauptmann Schmidt als Spion erschossen worden sei." Die Sprache dieser Organe — zugleich ein Beweis für die beinahe bis an die Grenze des Idealen reichenden Preßfreiheit in Deutschland (keine französische Regierung würde z. B. dulden, daß von einem französischen Offizier in solchen Ausdrücken ge sprochen wird) — ist dieselbe, wie sie in Bezug auf das Kissinger Attentat geführt wird, wo die der römischen Parole folgenden Blätter nur schwanken zwischen dem schlecht verhüllten Bedauern über das Mißlingt» und dem erheuchelten Zweifel an der Richtigkeit der Thatsache. Und so stehen, wenn auch-selbstverständlich in Be deutung und Tragweite unterschieden, der Mordversuch in Kissingen und die Ermordung des Hauptmann Schmidt auf einer.Linie. Beide Verbrechen sind aus derselben Ouelle geflossen beide fordern dasselbe Urtheil der Ge schichte heraus. Daß der Verbrecher Kullmann ein Schwär mer für die carlistische Sache war resp. ist, charakterisirt diese wie ihn und seine That zu Genüge. Dem für seine geistige Freiheit ringenden Deutschland stehen wie dem für seine geistige Freiheit ringenden Spanien dieselben Feinde gegenüber — hinter beiden die Sympathien der ganzen gebildeten Welt unserer und der konimenden Tage. Hierin liegt die Gewähr, daß trotz aller Mühn und Unfälle beide, Deutschland und Spanien, zu ihren Zielen gelangen werden und daß dem mit dem gleichen Gegner ringenden spanischen Volke Deutschlands aufrichtige und entschiedene Theilnahme gesichert ist. (Nordd. Allg. Ztg.) Deutsches RIeiq. Pulsnitz. Nachdem zur Kenntniß der k. Kreis- direction zu Bautzen gekommen ist, daß hierländische Jahr märkte öfters von Leuten besucht werden, welche mit Le gitimationsscheinen höherer Verwaltungsbehörden der Nachbarländer versehen sind, in welchen ihnen nicht nur die „Berechtigung zum Handel" mit gewissen Waaren: Galanterie-, Kurz-, Conditoreiwaaren rc. im Umherziehen, sondern auch zugleich zum „Ausspielen" dieser Waaren ertheilt wird: macht die genannte k. Kreisdirection mittelst General-Verordnung vom 22. Juli bekannt, daß diese „Waaren-Ausspielungen" in Sachsen nach wie vor ver boten und nur die Ausübung des „Waarenhandels im Umherziehen" unter gehöriger Ueberwachung gestattet ist. — (D. N.) Große Befriedigung wird es in der be treffenden Gegend erregen, daß jetzt die Amtshauptmann- schaft von Bautzen angewiesen ist, mit dem sehnlichst erwarteten Baue einer Chaussee zwischen Pulsnitz und Königsbrück zu beginnen. Dieses Resultat verdankt man zum guten Theile der unermüdlichen Thätigkeit des Pulsnitzer Bürgermeisters, Herrn Lotze. Dresden, 28. Juli. (D. N.) Der Rath hatte sich im Verein mit den Stadtverordneten an das königliche Kriegsministerium mit dem Gesuch um Ueberlassung von Geschützbronce der französischen Kriegsbeute jür Herstell ung des Siegesdenkmals gewandt. Die Antwort des Ministeriums vom 16. d. M. ist eine abschlägige. Es heißt in der betreffenden Verordnung: „rc. so bedauert dasselbe (das königl. Kriegsministerimn), dem Gesuche nicht entsprechen zu können, da dasselbe Anstand nehmen muß, für die Ueberlassung einer solchen Menge Bronce im Betrage von über 8000 Thlr. zu einem Objecte, welches den Interessen des königl. sächs. Armeecörps zu fern liegt, die Vertretung zu übernehmen." In Folge dieser Antwort hat sich der Rath entschlossen, nun auch den Aufwand für die nöthige Bronce aus städtischen Mitteln zu entnehmen. Das Kriegsministerium besorgt offenbar, daß die deutsche Oberrechnungskammer in Pots dam es tadeln würde, wenn es 8000 Thlr. an Bronce der Stadt Dresden verehrte. — Das Direktorium des Albertvereins gedenkt auch in diesem Jahre, und zwar voraussichtlich in der Mitte des Monats September ein Gartenfest im königl. Großen Garten zu veranstalten, dessen Erträgnisse zur Erbauung eines Krankenhauses bestimmt sind. — Bad Marienborn bei Panschwitz, 25. Juli. Unter den vaterländischen Mineral-Bädern hat sich Marienborn in diesem Jahre wieder eines starken Besuches zu er- erfreuen, was abermals Zeugniß von dessen Vortrefflich keit ablegt. Gegenwärtig ist im Bade eine Wohnung gar nicht mehr zu haben, daher inzwischen angekommene Badegäste bereits in der Nachbarschaft ein Unterkommen haben suchen und finden müssen, was bisher noch glück lich gelungen ist. Es muß aber auch anerkannt werden, daß man hier neben der Pflege seiner Gesundheit gar recht angenehm leben kann, indem alles Uebrige bei be scheidenen Ansprüchen sicher einen Jeden befriedigen darf. Sebnitz, 27. Juli. (Dr. P.) Der Bahnbau wird nunmehr auf der Strecke nach Neustadt energisch in An griff genommen werden. Der Bauunternehmer für die Strecke vom Finkengut bis Krummhermsdorf, welcher gestern mit seinem ganzen Gepäck, Pferden, Geräthschaften, rc. in 83 eigenen Lowrys per Bahn von Marienberg in Krippen eingetroffen ist, wird heute noch in Sebnitz ein ziehen und dann den Bau seiner Strecke sofort beginnen. In nächster Zeit wird nun auch die nach Neustadt weiter geführte Telegraphenlinie eröffnet werden, deren Fortsetz ung nach der Oberlausitz ebenfalls bevorsteht. Diese wird für die Sebnitzer Weberei fast noch wichtiger, als die seit einem Jahre eröffnete telegraphische Verbindung mit Schandau, weil es in der Lausitz viele Ortschaften mit Sebnitzer Lohnarbeitern giebt. Wie sehr übrigens Sebnitzer Weber durch die strenge Bauordnung auf das Land getrieben werden, davon ist das benachbarte Hinter hermsdorf ein sprechendes Beispiel. Vor einigen Jahren betrug die ganze Menge der dort producirten und nach Sebnitz geschafften Leinwand jährlich kaum 15 Centner, 1873 war dieselbe auf über 500 Center gestiegen. Durch Errichtung von Commanditen im Orte sind daher auch zwei Sebnitzer Firmen dem dringenden Bedürfniß der Hinterhermsdorfer Weber entgegen gekommen, ohne frei lich damit die Concurrenz eines Fabrikanten im Orte völlig verhüten zu können. Leipzig, 29. Juli. (L. N.) Dem nach 8 Uhr Abends aus hiesigem baierischen Bahnhofe eintreffenden Schnellzuge entstieg am letzten Mittwoch, geführt von einem Herrn mit Vollbart, ein langer, blinder Mann mit etwas gebeugtem Rücken, kurzgeschnittenem Schnurr bart und etwas fahler, krankhafter Gesichtsfarbe. Nichts, weder die Haltung, noch die Kleidung, noch die Umgeb ung des Blinden — ein einziger Diener folgte ihm und seinem Führer — ließ auf eine außerordentliche Persön lichkeit schließen, dennoch lenkten sich auf dem Bahnhöfe bald die Blicke Vieler auf den des Augenlichtes Beraubten, als derselbe, wie es schien, nach einem Hotel fragend, durch feinen Begleiter von einer der harrenden Gasthofs equipagen zur andern geführt wurde und schließlich in einen Wagen des Hotel Hauffe einstieg, um in Letzerem zu übernachten und andern Tages auf der Berlin-Anhalter Bahn Weiler zu reisen. Theilnahme und der Gedanke an das Vergängliche des irdischen Glanzes und der ird ischen Größe drückte sich auf den Mienen manches Be trachtenden aus, denn der blinde Mann, der nicht wie ehedem von ehrerbietig Harrenden begrüßt und unter Jubelrufen nach dem durch vorausgeeilles Hofgesinde vorbereiteten Nachtquartier geleitet wurde, der vielmehr, wie ein anderer einfacher Reisender, unbegrüßt und nur von Wenigen erkannt in der fremden Stadt ausstieg, und erst nach einer Unterkunft Umfrage halten mußte, — es war der ehemalige König von Hannover. Berlin, 29. Juli. In der Reichspostverwaltung hat sich im ersten Quartal dieses Jahres gegen das Vor jahr ein Ueberschuß von mehr als 500,000 Thlr. her ausgestellt, so daß man einen Jahresüberschuß von 2,000,000 Thlr. erwarten darf. Es sind daher folgende Anträge an das Reichspostamt gerichtet worden, welche früher schon gestellt, aber nicht berücksichtigt wurden: Es solle 1) die erste Zone, in welcher Packete bis zu 10 Pfund für 2.^ Sgr. befördert werden, von 10 auf 15 Meilen erweitert; 2) die Versicherungsgebühr bei Werth- sendungen für Entfernungen bis zu 15 Meilen von 6 auf 4 Sgr., pro 100 Thlr. und das Porto von Briefen mit declarirtem Werthe auf Entfernungen von 10 bis 15 Meilen von 4 auf 2 Sgr. ermäßigt und 3) die Ge bühren der Posteinzahlungen bei Beträgen von 25 bis 50 Thlr. von 4 auf 2 Sgr. herabgesetzt werden. Von Seiten der industriellen Kreise hofft man, daß die Reichs postverwaltung diesen Wünschen Gehör schenken werde, da durch den bedeutenden Ueberschuß die bisher entgegen stehenden Gründe als beseitigt angesehen werden können. Berlin. Aus Anlaß der Begegnung zwischen dem deutschen Kaiser und dem Könige von Bayern bemerkt das durch seine antipreußischen Beziehungen sich auszeich nende „Memorial diplomatique": „Die Wichtigkeit dieses Ereignisses kann Niemandem entgehen. Seit Schluß des deutsch-französischen Krieges sind der deutsche Kaiser und der König von Bayern zum ersten Male zusammen getroffen. Jedes Mal, wenn der Kaiser Wilhelm oder der Kronprinz des deutschen Reiches Bayern auf ihrer Reise berührten, hat es König Ludwig vermieden, mit ihnen auf ihrer Fahrt zusammenzutreffen. Er ist auch der einzige deutsche Souverain, welcher seit dem deutsch-