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MdmfferTageblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für WUdkUss UNd ^MgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschuuke, beide in Wilsdruff. 82 Jahrgang. Ne 34. Donnerstag/Feitag 22 /23. März 1923. Die in letzter Zeit erneut eingetretene Erhöhung der Löhne und der Preise für Kohlen, Materialien usw. machen abermals eine Erhöhung der Brot-, Mehl- und Ssmmelpreise nötig. Nach Gehör des ErnährungsauSschuffes wird daher für das Gebiet des KommunalverbandeS Meißrn-Stadt und -Land für die aus Umlagegetreide hergsstellten Erzeugnisse an Mehl, Brot und Semmeln mit Wirkung vom 26. März 1923 ab folgendes bestimmt: I. Mehlpreise. 1. Der Höchstpreis, den die Bäcker und Mshlhändler für den är Mehl, frei Bäcker- hauS, an die Mühle zu entrichten haben, beträgt ab 26. März 1923 30 509,— Mk. für 85°^igeS Roggenmehl und 32 362,— Mk. für 85°/,igeS Weizenmehl. 2. Die Bäcker und Mehlhändler haben vom 26 März 1923 ab bei der Aus stellung der Bezugsscheine für den ckr Mehl 650,— Mk. Gebühr zu entrichten. 3 Die Mehlhöchftpreise, welche die' Bäcker und Mehlhändler fordern dürfen, be tragen für die vom 26 März 1923 ab geltenden Brotmarken beim Bezüge von weniger als 20 für Roggeumehl 406,— Mk. für 1 kg-, für Weizenmehl 440,— Mk für 1 II. Brotpreise. Die Brotpreise für das Schwarzbrot betragen für die vom vom 26. März 1923 ab geltenden Brotmarken 369,— Mk. für das und 700,— Mk. für das 1900-8 Brot. III. Gewicht und Höchstpreis für Semmeln. Der Höchstpreis für die Semmel mit einem Gewicht von mindestens 70 b S 75 x beträgt 42,— Mk. IV. Verschiedenes. 1. An den bisherigen Backoorschritten wird nichts geändert. 2. Erfolgt vor dem 26. März eine Verausgabung von Brot- und Mehlmeng-n auf Brotmarkm, die erst am 26 März Gültigkeit erlangen, so sind bereits die neuen Preise zu zahlen. Vom 26. März 1923 ab sind auch kür Brot und Mehl auf Marken, die auf die Zeit vor dem 26. März lauten, die neuen Preise zu entrichten. 3. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Bekanntmachung werden nach dem Reichsgesetz über die Regelung des Verkehrs mit Getreide vom 4. Juli 4922 bezw. auf Grund des HöchsipreiSgesetzes bestraft. Meißen, am 2(4 März I923. Nr. 22 HL Kommunalverbaud Meißen-Stadt und -Land (Tie Amtshauptmannschaft). Montag» den 26. März 1923, vormittags /,9 Uhr wird im BerhandlungSiaals des amtshauptmannschattlichen Dlenstgebäudes öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses abgehalten werden. Die Tagesordnung ist vom 20. März 1923 ab im Aushangcasten und im Emgangsraume der AmlShauplmann- schaft angeschlagen. Nr I. 8. 8. 3. Meißen, am 19. März 1923. Der Amtshauptmann. Kleive Zeitung für eilige Leser. * Der Besuch des Reichskanzlers Dr. Cuno in München und Stuttgart, der für die Zeit vom 4. Lis 6. März in Aussicht genommen war, infolge der damaligen politischen Lage aber verschoben werden mußte, ist nunmehr für die Zeit vom 21. bis 23. März geplant. * Bonar Law nmchte im Unterhalte Mitteilungen Wer den aLgelehnten deutschen Reparationsplan. * Der Plan Loucheurs, die Rheinlands von Preußen zu trennen, wird von der englischen Presse scharf zurückgewissen. * Der Papst hat den Nuntius Pacelli zur Berichterstattung über die Vorgänge im Ruhrgebiet aufgefordert. * Der Einspruch Frankreichs gegen die deutsche Goldanleihe wird in amerikanischen BanNerkreisen nicht beachtet. Selbstbesinnung. In diesen Tagen, wo die Natur sich anschickt, Feld und Wald in junges Grün zu hüllen, da die Gläubigen in aller Welt sich rüsten, die beiden Feste der Selbst opferung und der Auferstehung Christi zu begehen, erhebt! sich für jedermann, er sei gläubig oder nicht, die Forde rung, sich aus sich selbst zu besinnen und dem Evangelium der Versöhnung und Verheißung nachzu denken. Aus der. grauen Wiutersenge drängt der Geist tn die Freiheit des sprossenden Frühlings und des Wieder erwachens auf Flur und Acker, und selbst in dem an dumpfe Steinwände gewöhnten Städter wird das Be wußtsein des ewigen Wunders der Wiedergeburt des Lebens aus dem Tode wach. „Und solang' du das nicht hast, dieses „stirb und werde", bist du nur ein öder Gast hier auf dieser Erde." So rief einst Goethe aus, und das Wort will bedeuten, daß der Mensch erst sich selbst gan-z ausgeben muß, um sich ganz zu gewinnen. Dieses Auf geben heißt aber nicht, sich verlieren, sondern im Gegenteil, es heißt, seiner selbst und seiner Pflicht ganz innewsrden. Und was für den einzelnen gilt, gilt genau so für die Völker, und die Parole dieser B esinnung auf sich selbst gilt zur Stunde vor allem für Deutschland und das deutsche Volk in seiner heutigen Not. Es war immer eine der sichersten Hoffnungen unserer Feinde, daß die Deutschen im Augenblick der höchsten Gefahr, anstatt sich zur Abwehr gegen sie zu einen, miteinander in Streit ge rieten und sich selber zerfleischten. Wer aber wollte leug nen, daß diese Möglichkeit gerade heute wieder drohender als je zuvor ist! Frankreich lauert geradezu mit Gier darauf, die gegenwärtige eherne Einheitsfront aller deut schen Stämme und Volksschichten sichauslösenzu sehen, und man braucht nur daran zu erinnern, daß die Fran zosen, sicherlich nicht zuletzt aus dieser Hoffnung heraus, gegenwärtig so eifrig von Verhandlungen reden, denn sie erwarten, daß die Verhandlungen gleichbedeutend sein werden mit dem herkömmlichen Kampfe allergegen alle in Deutschland. War es denn nicht auch wirklich immer so in der Vergangenheit? Die Geschichte Deutschlands beweist es fast auf jeder Seite. Uno darum ruft die nahende Festeszeit uns so dringlich wie nur denkbar die Forderung zum inneren Aus gleich, zur Versöhnung, zur gegenseitigen Achtung und zur gerechten Einschätzung und Berücksichtigung der An sprüche des Nächsten zu. Niemand darf sich ihr entziehen, jeder muß zu jeder Stunde ihrer eingedenk sein. Die Eigensucht des einzelnen muß sterben, damit das Wohl des ganzen werden kann. Das gilt von den verschiedenen Be rufen genau so wie von den einzelnen deutschen Stämmen. Und wenn jetzt der Reichskanzler nach Bayern fährt, so ist der Zweck dieser Reise, die sormell nur dem üblichen Besuch aus Anlaß feines Amtsantrittes dient. nebenbei auch in dem Wunsche zu suchen, die inneren Gegensätze zwischen Nord undSüd, die ange sichts des Feindes im Ruhrgebiet neuerdings erfreulicher weise wesentlich an Schärfe verloren haben, endgültig zu beheben. Wir kommen nicht darum herum, daß im Innern Deutschlands sich alles in die große eine Linie einrangieren muß. Und der Tag bringt genug Anlässe, den Willen dazu zu bekunden. Der Fragen, an denen sich die Gemüter erhitzen können, sind leider nur allzu viele, aber der Kampf z. B. um den Preisabbau und der Streit um das Existenzminimum,der notgedrungen trotz Dollarsenkung fortgeht und erst jetzt wieder in Stet tin zu Demonstrationen geführt hat, muß im Geiste der Versöhnung geführt werden, der uns im Buch der Bücher gepredigt wird. Das ist die tiefe und große Lehre, die uns die nahende Festeszeit vor Augen hält, und ihr darf sich niemand entziehen, der dessen eingedenk ist, daß die höchste. Pflicht gegen sich selbst die Erfüllung der Pflicht gegen über der Allgemeinheit ist. 8t. NeSIWltiontn sürdassinbruchsgebiet Eine päpstliche Untersuchung. Sowohl aus dem Reiche wie aus dem Auslande gehen täglich so zahlreiche Spenden für die notleidenden Opfer der Franzosen im Ruhr- und Rheinlands ein, daß es un möglich ist, alle einzeln aufzuzählen. Besonders bemer kenswert ist die A n t e i l n a h m e d e s Papstes an den dortigen Vorgängen. Wie verlautet, hat er jetzt den Nun tius Pacelli beauftragt, über das Verhallen der franzö sischen und belgischen Truppen im Ruhrgebiet das vor liegende objektive Material zu sammeln und in Form von Berichten dem Vatikan zu übermitteln. — Der Trierer Bischof Dr. Bornewasfer hatte an den Papst einen eingehenden Bericht über die traurigen Er eignisse der letzten Monate, soweit sie die Stadt und Diözese Trier betrafen, eingesandt. Der Papst hat ihm darauf durch den Kardinalstaatssekretär Gasparri ein Schreiben zugehen lassen, in dem er eine Spende von 40 000 Lire ankündigt. Die Schweizer Gewerkschaften haben einen Aufruf an ihre Mitglieder erlassen, Kinder aus dem be setzten Gebiet vorübergehend in ihre Familien aufzuneh men. — Die vom Allrussischen Zentralausschuß der Gewerkschaften für die Arbeiter im Ruhrgebiet ge stifteten 5 Millionen Pud Getreide werden in Reval auf Schiffe verladen, um ins Ruhrgebiet befördert zu werden Geiselverhastung in Essen. Nach französischen Angaben ist in der Nacht zum Sonntag am Essener Hauptbahnhof einfranzösischer Posten erschossen worden. Da die Franzosen an nehmen, daß der Posten von einem Deutschen erschossen worden sei, haben sie als Geiseln folgende Herren verhaftet: den Reichstagsabgeordneten Geheimrat Dr. Qua atz in seiner Eigenschaft als ehemaliger Syndikus der Handelskammer, Landgerichtspräsident Dr. Volmer, ferner den Direktor der Essener Reichsbankstelle Peckol 1 sowie je einen Direktor der Essener Großbanken. Der Stellvertretende Bürgermeister Bode wurde von den Franzosen gesucht, aber nicht gefunden. Sonar Law und die deuMenZahlungen. Der ab gelehnte deutsche Plan. Bonar Law teilte im Unterhause mit, es trefse nicht zu, daß Deutschland kürzlich endgültig Frankreich 7500 Mil lionen Dollar, das sind ungefähr 1600 Millionen Pfunds Sterling, als Regelung der Reparationen ausschließlich der bereits geleisteten Reparationen in bar, Kohle, Eisen und Waren angeboten, und daß Frankreich dieses Angebot abgelehnt habe, ohne einen Alternativ vorschlag zu machen. Der Premierminister fügte jedoch hinzu, daß unter gewissen Bedingungen Deutschland zur Zeit der Alliiertenkonferenz in Paris beabsichtigt habe. ein Angebot von 11L Milliarden Pfund zu machen. Die britische Negierung sei damals der Ansicht gewesen, daß bei Gewährung eines Moratoriums 214 Mil liarden Pfund innerhalb der Zahlungsfähigkeit Deutsch lands liegen würde. Aber diese Vorschläge seien von den Alliierten nicht angenommen worden. — Der Gou- ve^neur der Bank von England, Norman, ist nach seiner Reise nach Paris (nicht nach Berlin) wieder nach London zurückgekehrt. Er hat in Paris die Frage der Rückzahlung der französischen Schulden an England erörtert, übrigens haben auch die Amerikaner in Paris erneut wegen der Zahlung der französischen Schulden an Amerika gemahnt. Amerika unö Sie NMaranleiye. Der französische Einspruch. Bekanntlich haben die Franzosen gegen die Ausgabe der deutschen Goldanleihe Einspruch erhoben. Dazu er klärte ein Bankhaus in Newyork, daß es sich um diesen Einspruch nicht zu bekümmern habe. Ein Bankhaus sei keine politische Organisation. Das amerikanische Staatsdepartement habe übrigens keine Einwendungen dagegen erhoben, daß die deutsche Anleihe auch in Amerika zur Zeichnung aufge legt werde. Diese Erklärung hat natürlich in Paris Aufsehen erregt. Der „Temps" sagt dazu, daß dis deutsche Anleihe durch den Goldbestandder Reichs bank garantiert sei und daß dies Frankreich und jeden falls auch die Reparationskommission nicht zulassen werden. Entweder die Reichsbank sei ein Privatinstitut und der deutsche Staat könne keine Hypothek auf einen Teil ihres Goldbestandes nehmen, oder das Geld der Relchs- bank stehe zur Verfügung des deutschen Staates und falle dann unter die vorberechtigten alliierten Hypotheken, die den Alliierten zur Regelung des Reparationskontos gebüh ren. In beiden Fällen hätten die Zeichner der deutsckM Anleihe keine künftige Sickserheit. Natürlich tst drese Aus legung des „Temps" falsch, denn die Neichsbank als Pri vatinstitut ist sehr wohl berechtigt, ein solches Geschäft mit der Reichsregierung zu machen, wie es ja auch in anderen Fällen geschehen ist. «13 SslMöNÜ ÜLI24. Mr 1823. voM- ZMtzMweffungM Ü65 veiMen keines Lnrantiert von üer RM5dMk , 5lßlllß Ser Xeiüinung: