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Journal Dresdner Nr. 71 1909 Amtlicher Teil (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil Ausland. Österreich-Ungarn. BezngSpreiS: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern lO Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. -1574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der 6mal gespült. Ankündigungsseite 25 Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. PreiSermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Tloniglich Sächsischer Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober-, und Mittelbehörden Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath (natlib.): Tie Notwendigkeit des Gesetzes ergibt sich schon aus den Unfallzahlen seit dem vorigen Oktober: 5312 Unfälle mit 2630 verletzten und 143 getöteten Personen. (Hört, hört!) Abg. Stolle (Soz.): Wir müssen bei unserem Antrag be stehen bleiben, die Ausnahmebestimmungen des 8 2 zu streichen. Auch der 8 6, der die Ersatzpflicht für Tötung oder Verletzung eines Menschen auf einen Betrag bis zu 50 000 M. oder auf eine Jahres rente im Betrage von höchstens 3000 M. festsetzen will, muß ge strichen werden. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Prinz zu Schönaich- Carolath (natlib.), I)r. Wagner (kons.) und Stadthagen (Soz.) werden die sozialdemokratischen Anträge abgelehnt und die Haft- pflichtbestimmungen sowie die Resolution auf Errichtung einer Haftpflichtzwangs-Genossenschast angenommen. Die „Strafbestimmungen" passieren ohne Debatte. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Nächste Sitzung Sonnabend nachmittag 2 Uhr. (Etat der Schutz gebiete, 3. Lesung des Automobilgesetzes.) Ltaatssekretär Dernburg. Berlin, 26. März. Die in verschiedenen Blättern aufgetauchte Meldung, daß Staatssekretär Dernburg erkrankt sei und einen längeren Urlaub angetreten habe, ist nach Erkundigungen des „W. T. B." an zuständiger Stelle falsch. Vom I.Mai d.J. ab wird die Steuerrezeptur Rötha in eine Ortsschlachtsteuereinnahme umgewandelt. Dresden, am 25. März 1909. 2084 Königliche Zoll- und Steuerdirettion. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Sektionsgeologen und Prof. o.D. Bergrat Siegert in Radebeul den Titel und Rang eines Oberbergrates zu verleihen. Se. Majestät der König haben dem Kunstgärtner und Blumenhändler Gustav Emil Horst Rülcker in Dresden das Prädikat „Hoflieferant Sr. Majestät des Königs" Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Beamte im Kaiserl. Chinesischen Teezolldienste und Leutnant a.D. Frhr. v. Seckendorf f- Gudent in Tientsin den ihm von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland verliehenen St. Stanislausorden 3. Klasse annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der in Sachsen staatsangehörige Prof. vr. Helbig in Rom das ihm von Sr. Majestät dem König von Dänemark verliehene Komturkreuz I. Klasse des Danebrogordens annehme und trage. Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doengesin Dresden. Sonnabend, 27. März Abg. Rogalla v. Bieberstein (kons.) stellte die An schauung richtig, als ob der Kommandant von Swinemünde es unterlassen habe, beim Vorbeifahren der englischen Flotte Vor kehrungen für das Salutschießen zu treffen. Abg. vr. Müller - Meiningen (frs. Vpt.) widersprach diesem. Der Titel wurde bewilligt. Es folgt ein Titel des Postetats betr. den Garantiefonds für die deutsch-südamerikanische Telegraphenlinie. Der Titel wurde ohne Debatte genehmigt. Es folgt die zweite Lesung des Etats für den allgemeinen Pensionsfonds. Abg. Graf Oriola (natl.) berichtete über die Kommissions beratungen. Abg. Erzberger (Zentr.): Angesichts des ganz beängsti genden Anwachsens des Pensionsfonds, der 185 bis 190 Millionen beträgt, sollte mit der Pensionierung nicht zu schnell vorgegangen werden. Bei Übertritt von Offizieren in den Privatdienst — für gewisse Aufsichtsratsstellen sind diese Herren ja sehr gesuchte Kan didaten — sollte ein Teil der Pension, wie beim Übertritt in den Kommunaldienst, in Anrechnung gebracht werden. Angesichts der Finanznot sollten die meisten der Beamtenstellen bei der Ver waltung deS Pensions- und Jnvalidensonds als Sinekuren gestrichen werden. Ich verstehe nicht, wie diese Herren auch nur für drei Stun den täglich Beschäftigung haben können. Diese zur Untätigkeit verurteilten Beamten könnten sehr gut anderweitig nutzbringend untergebracht werden. Abg. Goth ein (frs. Vgg.): Die Heeresverwaltung hätte alle Ursache, die Feldwebelleutnants zu schaffen und alle Standes- Vorurteile dabei beiseite zu lassen. Der Pensionsfonds würde durch diese Maßnahme günstig beeinflußt werden. Generalleutnant v. Ballet des Barres: Die Steigerung im Pensionsfonds muß eintreten mit jeder Gehalts oder Einkommensverbesserung. Zu bemerken ist jedoch, daß auch eine große Anzahl von Offizieren, namentlich Leutnants, ohne Pension abgehen. Nach einer weiteren Bemerkung des Abg. vr. Goercke (natl.) wurde der Etat bewilligt. Es folgte der Kommissionsbericht über die neue Fassung der Grundsätze für die Besetzung der mittleren, Kanzlei- und Unter beamtenstellen bei den Reichs- und Staatsbehörden sowie bei den Kommunalbehörden usw. mit Militäranwärtern. Abg. Graf v. Oriola (natl.) erstattete den Bericht und empfahl eine Resolution, in der Anordnungen behufs Herbeiführung einer geeigneten Vorbildung der Militäranwärter für den Zivildienst verlangt werden. Abg. Nacken (Zentr.) trat der Resolution bei. Erfreulich sei es, daß die Militärverwaltung dieser Resolution und den übrigen von der Kommission geäußerten Wünschen resp. Resolutionen günstig gegenüber stehe. Nach einer kurzen Entgegnung des Generalleutnants v. Vallet des Barres werden die Resolutionen angenommen. Es folgte die zweite Lesung des Automobil gesetzes. Zunächst wird über die Berkehrsvorschriften beraten. Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath (natl.): Die Hauptaufgabe wird es sein, einen gut ausgebildeten Chaffeurstand heranzubilden, und zwar, wenn möglich, in staatlichen Chaffeur- schulen. Die Prüfung darf nicht in den Höfen der Polizeipräsidien stattfinden, sondern im Gelände selber. Abg. Graf v. Carmer-Zieserwitz (kons ): Die Un zuträglichkeiten im Chauffeurstande, die in dem plötzlichen Anwachsen dieses Standes bei dem ungeheuren Aufschwung des Automobil- Verkehrs ihre Ursache haben, sollen durch dieses Gesetz beseitigt wer den. Leute, die wegen Roheitsdelikten vorbestraft sind, müssen von der Prüfung ausgeschlossen werden. Abg. Stadthagen (Soz.) begründete einen Antrag seiner Partei auf bundesratliche Festsetzung einer Maximalarbeitszeit und von Ruhepausen für Chauffeure. Abg. PrinzzuSchönaich-Carolath (natlib.): Dieser Antrag ist überflüssig, denn der Autobesitzer hat selber ein Interesse daran, einen leistungsfähigen Chauffeur bei sich zu haben. Abg. v. Oertzen (Rpt): Höchstens ein Drittel der Zeit, die ein Chauffeur im Dienst ist, kann als Arbeitszeit angesehen werden. Bon Übermüdung ist da keine Rede. Ich meine, der An trag läßt doch eine genügende Kenntnis der Verhältnisse vermissen. Der Antrag wurde abgclehnt und der Titel „Berkehrsvor schriften" unverändert angenommen. Es folgt der Teil „Haftpflicht". Abg. Stolle (Soz.): Die Bestimmungen des 8 2, betr. die Einschränkung der Haftpflicht des Automobilhalters sind für uns unannehmbar. Eine Begrenzung der Haftsummen nach oben hin müßte festgesetzt werden, ebenso müßte verlangt werden, daß für die Automobilbesitzer eine Haftpflichtzwangsversicherung eingesetzt werde. Der darauf hinzielenden Resolution stimmen wir zu. Abg. vr. Bitter (Zentr.): Die Kommissionsbeschlüsse be treffend Nichtanwendung der Ersatzpflicht entsprechen unseren Wünschen. Wir vertraten schon in der ersten Lesung den Stand punkt, daß das Gefährdungsprinzip durch das Berschuldungsprin- zip in dem Gesetz ersetzt werde. Die Gründung einer Bersicherungs- Zwangsgenossenschaft muß dringend gefordert werden. Abg. Graf v. Carmer-Zieserwitz (kons ): Wir sind den Kommissionsbeschlüssen betreffend die Haftpflichtausnahmen beiaetreten, um nicht das ganze Gesetz, das unzweifelhaft einen wesentlichen Fortschritt vorstellt, zu gefährden. Irgendeine weitere Änderung des § 2 ist für uns nicht annehmbar; in der KommissionS- fassung stimmen wir ihm zu. Abg. Träger (freis. Bpt): Wenn ich den KommissionS- beschlössen zustimme, so geschieht es nicht mit Rücksicht auf den verewigten Block. (Heiterkeit.) Mich hat lediglich das Berkehrs interesse des Publikums geleitet. Abg. vr. Delbrück (freis. Vgg ): Wir werden der Borlage zustimmen, obgleich wir nicht so recht von der Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung dieser Frage überzeugt sind. Vom diplomatischen Korps. DreSVen, 27. März. Der Kaiserl. und König!. Oster- reichisch-Ungarische außerordentliche Gesandte und bevoll- mächtigte Minister Frhr. v. Braun hat Dresden mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der k. u. k. Sektionsrat Graf Tibor Szapäry als Ge schäftsträger. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 27. März. Ihre König!. Hoheit die Frau Prinzessin Johann Georg wird heute abend 7 Uhr 30 Min. dem vom König!. Kammervirtuosen Walther Bachmann im Neustädter Kasino veranstalteten Wohl tätigkeitskonzert zum Besten der Lungenfürsorgestellen und des Österreichisch-Ungarischen Hilfsvereins in Dresden beiwohnen. Wien, 26. März. Das Herrenhaus hat die Vorlage betreffend die Eisenbahnverstaatlichung ange nommen. Mehrere Redner empfahlen das bewährte preußische Vorbild sür die Reorganisation der Eisenbahn verwaltung. Wien, 26. März. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses brachten die Sozialdemo kraten einen Dringlichkeitsantrag ein, in dem die Regierung aufgefordert wird, ihren verfassungs- mäßigen Einfluß auf die gemeinsame Regierung voll aus zuüben, um ie zu veranlassen, ihre Bemühungen um Er haltung des Friedens energisch und ausdauernd fortzu setzen. Das Haus setzte sodann die Spezialdebatte über das Tierseuchengesetz fort. Tas Haus nahm das Gesetz an und begann die Beratung des handelspolitischen Ermächtigungsgesetzes. Handelsminister Weißkirchner be sprach die nächsten Ziele der auswärtigen Politik, teilte mit, daß der Abschluß des Handelsvertrages mit Rumänien nahe bevorstehe, versicherte dann, daß er als Handels minister sich verpflichtet fühle, die Interessen des Handels, der Industrie und des Gewerbes in gleicher Weise zu wahren, und erklärte, auf den Gegenstand der Verhandlungen übergehend, die Regierung verlange die bescheidene Voll macht, mit der sie für die Ferienzeit des Abgeordneten hauses auszukommen hoffe. Bezüglich Serbiens erklärte der Minister, er könne augenblicklich nicht sagen, was die Regierung Serbien bieten werde. Dies werde übrigens in diesem Moment niemand verlangen können. Er betone aber, daß es auch wirtschaftliche Vorteile gebe, die nickst ' in den Punktationen eines Handelsvertrages enthalten sein müßten. Die Vollmacht, welche die Regierung ver lange, solle sür den Abschluß eventueller Verhandlungen Raum schaffen. Das Haus nahm sodann den Gesetzentwurf an, durch den die Regierung ermächtigt wird, die Handels beziehungen mit Bulgarien, Mexiko und anderen Staaten provisorisch auf Grund der Meistbegünstigung zu regeln. Nach längerer Debatte wurde sodann der sozialdemo kratische Dringlichkeitsantrag ange nommen, in dem die Regierung ersucht wird, ihre Be mühungen um Erhaltung des Friedens fortzusetzen. Ebenso wurde ein Zusatzantrag des Abg. vr. Ebenhoch ange nommen, nach dem Voraussetzung für diese Bemühungen ist, daß die Interessen und das Ansehen der Monarchie nicht beeinträchtigt werden. In der Debatte erklärte der Ministerpräsident Frhr. v. Biencrth, die ganze bisherige Haltung Osterreich-Ungarns in der serbischen Frage sei eine einzige große Demonstration sür den Frieden ge wesen. Nirgends sei das geringste serbische Recht von Öster reich verletzt worden. Es werde alles aufgeboten, um den Völkern Österreichs die Segnungen des Friedens zu erhalten. Sollte sich dies als unmöglich erweisen und die Notwendig keit eintreten, an den Patriotismus der Völker Österreichs zu appellieren, dann sei die Regierung überzeugt, daß der Appell im Hause einen begeisterten Widerhall sinden werde. Italien. (W. T. B.) Rom, 26. März. Deputiertenkammer. Nach Übernahme des Präsidiums ließ sich der neue Präsident Marcora über die in der neuen Legislaturperiode bevorstehenden Aufgaben aus. Hierauf brachte er dem König und der Königin eine von der Kammer mit Deutsches Reich. Bom Reichstage. Sitzung vom 25. März. Am Vundesratstische: Staatssekretäre vr. v. Bethmann- Hollweg, Kraetke, Unterstaatssekretär Wermuth, Oberst Wandel. Präsident Gras Stolberg eröffnete die Sitzung um 2 Uhr. Zunächst wurden einige an die Kommission zurückverwiesene EtatStitel erledigt. Zu einem Titel des Reichsamts des Innern wurde eine Resolution ohne Debatte angenommen, in der einheit liche Bestimmungen für sämtliche Rcichsressorts verlangt werden l. über die Pauschalvergütungen an Beamte für Schreibgerät schaften und 8. über die Beschäftigung der Bureaubeamten. Es folgte ein Titel des Milrtäretats. Abg. Gothein (frs. Bgg.) protestierte dagegen, daß der Berichterstatter davon absehe, mündlichen Bericht im Plenum zu erstatte«. Abg. Bassermann (natl.) schloß sich dem an. ? - Abg. Erzberger (Zentr.) erschien darauf im Saal und erstattete kurz über die Kommissionsverhandlungen Bericht. Die Kommission beantrage, diesen Titel „Kommandanten für Ulm, SwinemAnde usw." zu bewilligen, j Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. I» Geschäftsbereiche de» Ministerium» der Finanzen. Bei der Post-Verwaltung ist ernannt worden: Lindemann, seither gegen Tagegeld beschäftigte Postgehilfin, als etatmäßige Postgehilfin.