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Ottendorfer Zeitung. Die „(Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« »»n Inseraten bis vormittag Uhr. Inserate werden mit ,o Pf. 'für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 128. Sonntag, den 25. Oktober 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, 24. (Oktober 1903. —* Am morgenden Sonntag findet im Naturheilvcrcin OlckndorfiOkrilla ein Vortrag des Herrn Dr. med. Aschke-Radebeul über „Wie schützen wir uns vor den Gefahren der Erkältung im Winter" statt. (Liehe Inserat.) — Für Montag den 26. Oktober gastieren im Gasthof zum schwarzen Noß die Mulden- talcr Sänger und ist, da sich dieselben einer großen Beliebtheit erfreuen, ein äußerst zahl reicher Besuch zu erwarten. (Siehe Inserat in heutiger Nummer.) — Der Bezirksausschuß der Königlichen AmlShauptmannschaft Dresden-Neustadt hielt am 23. d. M- unter dem Vorsitze des Herrn Amtshauptmanns Geheimen Regierungsrates v Craushaar eine öffentliche Sitzung ab. In dieser wurde das Gesuch der Dresdner Spiritus fabrik um Genehmigung einer Anlage zur Gewinnung von Spiritus aus Fäkalien auf dem Grundstücke Nr. 4l3 des Flurbuchs für Hermsdorf unter den von den Herren Sach verständigen gestellten Bedingungen mit Vor behalt des Wiederrufsrecht genehmigt — Die zum Postbetriebe angemeldeten Zeitungen und Zeitschriften werden vom nächsten Jahre ab zunächst versuchsweise in der Zeitungs- preisliste nicht mehr mit fortlaufender Nummerrc, sondern nur noch in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden. — Die Begräbniskasse des Vereins sächsischer Gcmeindebeamter hatte am 30- v. M. 1948 Versicherte für 457 000 Mk. Versicherungsbetrag. Vom 1. bis 6. d. M. sind 13 neue Versicherte mit 3300 Mk. Versicherungssumme angemeldet worden. — Der Leiter der Vogelwarte Rossitten, I. Thienemann in Nossitten, Kurische Nehrung, erläßt im Auftrage der Deutschen Ornitholo gischen Gesellschaft folgenden Aufruf: „Die Vogelwarte Rossitten wird im Herbst dieses Jahres mit einer Reihe von praktischen Ver suchen beginnen, die voraussichtlich recht be merkenswerte Aufschlüffe über einige noch so dunkle Vogelzugfragen, wie Richtung und Schnelligkeit des Zuges, geben können. Wie in weiteren Kreisen schon bekannt sein dürfte, werden in jeder Zugzeit, Herbst und Frühjahr, auf der Kur'schen Nehrung Hunderte, unter Umständen Tausende von Krähen von den Eingeborenen zu Speisezwecken mit Netzen ge fangen. Von diesen Vögeln soll nun eine große Anzahl durch einen um einen Fuß gelegten und mit Nummer und Jahreszahl versehenen Metallring gezeichnet und dann sofort wieder in Freiheit gesetzt werden. Die Erbcutum solcher gezeichneten Thicre wird stets interessante Schlüffe zulaffcn. Der Versuch soll mehrere Jahre hindurch und, wenn möglich, im größten Maßstabe fortgesetzt werden. Wenn wir dann erst Hunderte, ja — falls die Mittel der Station es erlauben — Tausende von gezeich neten Krähen in Deutschland und den an grenzenden Ländern haben, dann kann der Versuch ganz neue Gesichtspunkte über die Verbreitung einer Vogelart eröffnen und auch über die vielbesprochene Frage nach dem Alter der Vögel Aufschluß geben. Ohne Unterstützung der weitesten Kreise ist der Versuch hinfällig Darum ergeht an alle Jäger, Forstbeamte, Landwirte, Vogclliebhaber, Gärtner, überhaupt an Jedermann die freundliche Bitte, beim Er beuten von Krähen auf die Füße der Thiere zu achten, dem etwa mit einem Ringe ver sehenen Fuß im Fersengelenk abzutrennen und in einem geschlossenen Briefumschläge an die Vogelwarte Nossitten, Kurische Nehrung, Ost preußen zu schicken. Auf einem beiliegenden Zettel ist genau Tag und, wenn möglich, auch Stunde der Erbeutung zu vermerken. Alle Auslagen werden zurückerstattet, auf Wunsch wird auch die Krähe bezahlt. Im Besonderen richte ich meine Bitte an die Herren Landwirte, die auf ihren Gütern durch Gift zuweilen große Liengen von Krähen erbeuten. Sie mögen ich der verhältnißmäßig geringen Mühe unter ziehen, die umherliegenden Kadaver untersuchen zu lassen. Ueber die Resultate wird seiner Zeit berichtet werden. Die gezeichnete Vögel werden namentlich Nebelkrähen und daneben auch Saatkrähen sein. Um mögligst weite Verbreitung des Aufrufs sowohl auf schriftlichem, wie auf mündlichem Wege wir ergebens! ge beten. Eine für das Gastwirtsgewerbe wichtige Entscheidung hat kürzlich das Oberverwaltungs gericht gefällt Im vorigen Jahre beschlossen sie städtischen Behörden zu Zwickau, fortan die Bieidruckapparatein den Schankwirtschaften der Stadt allmonatlich revidieren zu lassen und dafür von den Wirten eine bestimmte Gebühr zu erheben. Die Wirte hatten gegen die Revision an sich nichts einzuwenden, wohl aber protestieren sie dagegen, daß sie auf ihre Kosten erfolge. Im Auftrage des Zwickauer Gastwirts vereins erhob Herr Braicks durch Rechts anwald Teichmann zunächst Rekurs bei der Kreishauptmannschaft, jedoch ohne Erfolg. Darauf hin erhob Herr Braicks beim Oberverwaltungs gericht Klage. Dieses erkannte die Klage als begründet an, indem es für Recht erkannte: „Die Entscheidung der Kreishauptmannschast Zwickau wird aufgehoben. Es wird festgestellt, daß der Kläger zur Entrichtung von einer Mark für Revision der bei ihm ausgestellten Bier druckapparate nicht verpflichtet ist." In der Begründung heißt es: „Die vom Stadtrat für die Revision erhobene Gebühr habe nicht den Charakter eine Gegenleistung für die Be nutzung irgendwelcher öffentlichen Einrichtung oder für die Erteilung einer politischen Er laubnis zu irgend einer Veranstaltung oder der gleichen. Es handle sich vielmehr darum, daß der Smdrat für eine im wohlfahrtspolizeilichen Interesse notwendige und deshalb ihm als Polizei behörde obliegende Tätigkeit von den Schank wirten ein besondere Gebühr verlange, um auf diese Weise die erforderlichen Mittel zur Deckung der Kosten der Revision zu erhalten. Ein solches Verfahren stehe mit den Grundsätzen der revidierten Städteordnung nicht im Ein klänge." — Nunmehr werden den Zwickauer Gastwirten die von ihnen zu Unrecht erhobenen Gebühren vom Stadtrat zurückgezahlt werden müssen. Dresden. Freitag früh ist der Hofopern sänger E. Decarli in Radebeul gestorben. — Trotz der Warnung des Schaffners und einiger Fahrgäste mit dem Aussteigen zu warten, bis der Straßenbahnwagen an der nahen Haltestelle anhalten werde, sprang vor gestern abend eine 70 jährige Wittwe von dem selben herab, fiel auf die Straße und erlitt einen Schädelbruch, der bald darauf ihren Tod herbeiführte. — Die Konferenz der Vertreter deutscher Polizeibehörden wegen Einführung des Systems der Fingerabdrücke zur Ermitttlung von Ver brechen (Daktyloskopie), findet hier am 24. d. M. im Hauptgebäude der Königlichen Polizei direktion statt. — Unter den Dresdner Straßenbahnern macht sich gegenwärtig wieder eine stärkere Be wegung bemerkbar, die, wenigsten insoweit die Deutsche Straßenbahn (rot) in Frage kommt, derjenigen vom August dieses Jahres ziemlich nahe kommt. Weintraube. Aus einen Personenzug ist ein Junge im Alter von 6 Jahren aus dem in voller Fahrt befindlichen Zuge herausgestürzt Soviel verlautet, soll derselbe einen Armbruc und Beschädigungen am Kopfe davon getragen haben Bühlau. Mitwoch Abend in der neunten Stunde hat sich in dem Hausgrundstück Bautzne Straße 10 ein sehr bedauerlicher Unglücksfa zugetragen. Der Arbeiter P. Lippold, welcher Petroleum gekauft hatte, stürzte beim Hinauf gehen der Treppe jedenfalls durch einen Fehl tritt rücklings hinunter und erlitt einen starken Schädelbruch. Der Verunglückte ist verheirate und Vater von vier Kindern. Die erste Hilfe eistete Dr. Perske von hier. Der Verunglückte wurde in die Diakoniffenanstalt in Dresden überführt. Radeburg. Als am Mittwoch Vormittag die gerichtliche Versteigerung der Möbel, Vieh und Geschirr des Viehhändlers H. Bürge statt- inden sollte, hatte derselbe sich kurz zuvor auf >em Heuboden durch Erhängen entleibt. Der im besten Mannesalter Stehende war durch Trunk und Leichtsinn in mißliche Vermögens- Zerhältniffe geraten, was seiner bedauerns werten Familie viel Kummer und Sorge verur- acht hat. Merkwürdig ist noch hierbei, daß ich zwei Brüder vor einigen Jahren, der eine war Wachtmeister, erschaffen, der andere durch Erhängen das Leben genommen haben. Meißen. Als Seltenheit in jetzigen Jahres zeit darf es wohl bezeichnet werden, daß am vergangen Sonntage in der Erdbeerplantage von Schanze in Coswig ein Liter reife Beeren gesammelt wurde. Die Plantage steht zur Zeit n voller Blüte. — Tot im Mühlgraben wurde heule vor mittag ein in den vierziger Jahren stehender Mann aufgefunden. Es scheint ein UnglückS- "all vorzuliegen. Riesa. Bei dem Abbruch des ehemaligen JohaniterkrankenhauseS ereignete sich heute Vor mittag 9 Uhr ein schwerer Unglücksfall mit röt lichem Ausgange. Als um die genannte Zeit ein Fenster durchbrochen wurde, fielen Stein- maffen herab, wovon ein größeres Stück den in demselben Augenblicke vorübergehenden Klempnermeister Weise sen. derart traf und verletzte, daß er auf der Stelle seinen Geist aufgab. Kunnersdorf. Wie auf Maffeneier Flur so ist ein großer Wolf auch hier (bei Franken berg) geschossen worden und zwar vom PrivatuS Franz Nitzsche aus Weida bei Riesa, der sich besuchsweise hier aufhielt. Die Tiere sind jedenfalls aus einer Menagerie entsprungen, ohne das bislang etwas davon bekannt ge worden ist. Löbau. Der bei der Dampfmühle der Gebr. Ritter angestellte Kutscher Karl Freund ist nach Unterschlagung von 1200 Mark, die er von Kunden eingezogen hatte, flüchtig ge worden, Freund wird auch von der Miltärbe- hörde gesucht, da er zum Heeresdienst ausge hoben werden sollte, sich jedoch nicht gestellt hat. Zittau. In dem Hause Eisenbahnstraße 31 kam auf dem Dachboden ein Feuer zum Ausbruch, das aber zum Glück bald, ehe es große Ausdehnung genommen, unterdrückt werden konnte. Da man die Wahrnehmung machte, daß das ganze Holzwerk des Dachstuhles mit Petroleum getränkt war, wurde noch an dem selben Abend unter dem Verdachte, das Feuer angelegt zu haben, der in diesem Hause wohn ende, bereits wegen Brandstiftung mit vier Jahren Zuckhaus vorbestrafte, dem Trünke er gebene Fabrikarbeiter Mehne verhaftet. Derselbe legte ein umfassendes Geständnis ab. Er habe dem Hauswirte „eins auswischen" wollen. Leipzig. Freitag früh r/,9 Uhr ist der Reichsgerichtsrat Horten, der seit Januar 1891 beim Reichsgericht, zunächst am 4., zuletzt am 2. Strafsenat tätig war, gestorben. Er war 1839 in Kempten geboren, 1859 in den Justiz dienst getreten und hatte vor seiner Berufung an das Reichsgericht als Oberlandesgerichtsrat in Frankfurt a. M. gewirkt. Leipzig. Gestern Abend spielte sich in der Wohnung des Buchhändlers Haaring, Brau straße 11, eine Revolveraffaire ab. Haaring hatte seinen 18 jährigen, aus Hohenstein ge bürtigen Markthelfer Schreiber entlassen, weil dieser sich gegen die noch zur Schule gehende Tochter seines Prinzipals zudringlich benommen hatte. Nach erfolgter Abrechnung hat dann Schreiber unter der Ankündigung, daß er nun seinerseits auch abrechnen wolle, einen Revolver vorgezogen und auf Haaring zwei Schüsse ab gegeben, von denen einer den Oberschenkel traf. Die Kugel wurde in der Sanitätswache heraus gezogen; der Täter kam in Haft. Crimmitschau. Bald endet die neunte Woche, seitdem unsere Textilarbeiterschaft, in den Ausstand getreten beziehentlich ausgesperrt worden ist. Am Montag wurden für die 8. Woche die bisherigen Unterstützungsgelder wieder ausgezahlt. Für den 22. Oktober nach mittags wurde mittels Flugblattes wiederum zu fünf öffentlichen Versammlungen eingeladen. Am heutigen Morgen zeigten eine Anzahl rauchender Schlote, daß in mehreren Betrieben die Arbeit, wenn auch nur teilweise, wieder ausgenommen wurde. Mit Spannung sieht man nun allerseits einer Bekanntgabe des Fabrikantenvereins entgegen, worin erklärt wird, ob die gemeldete Zahl der Arbeitswilligen ihren Anforderungen zur Wiederaufnahme der Arbeit genügt. Sollte dies der Fall sein, und gewünscht wird es in allen Kreisen, dann wäre der Streik bald beendet. Burkhardsdorf. Nach elfwöchentlicher Dauer ist nunmehr der Streik der Nadelarbeiter in der Fabrik von Schüppel u. Günther hier beendet worden, da ein Teil der Ausständigen die Arbeit zu den bisherigen Bedingungen wieder ausgenommen hat. Zwickau. Die Stadtverordneten bewilligten 80000 Mark für die Vergrößerung des Eisen scheiders auf dem Wasserwerke zu Wiesenburg, wodurch eine Verbesserung des Zwickauer Trink- waffers erzielt werden soll. Die Arbeiten sollen sofort in Angriff genommen werden. Treuen. Zwei Gcldmänneln ist es hier während der Kirmeß am Montag wieder ein mal gelungen, in einem benachbarten Dorfe einem Manne aus der Wilkauer Gegend 900 Mark gutes Geld gegen Lieferung einiger tausend Mark falschen Geldes abzunehmen. Das falsche Geld wird nartürlich niemals geliefert. Plauen i. V. Gegenwärtig kann man auf den Bahnhöfen des oberen Vogtlandes ganze Schaaren von Ausländern beobachten, die, nach» dem die Bausaison vorüber, wieder heimwärts ziehen. Es sind dies namentlich böhmische, ungarische und italienische Arbeiter, die Sommer über in den größeren Städten Deutschlands Arbeit und Verdienst haben und einen schönen Sparpfennig mit nach Hause nehmen, von dem sie während des Winters leben. Bei Anbruch des Frühjahrs erscheinen die fremden Arbeiter hier wieder. — Reich bach i. V. Am Dienstag nach mittag erfolgte auf dem hiesigen Oberen Bahn hofe durch die Postbehörde mit Hilfe der Polizei die Beschlagnahme der von Zwickau als Passagier» gut hierher gesandten und zur Verteilung an die hiesigen Abonnenten bestimmten Exemplare des „Sächsischen Volksblattes," weil die Post behörde in der Art der Uebersendung eine Zu widerhandlung gegen das Postgesetz erblickt. Nach Feststellung des Tatbestandes wurden die beschlagnahmten Exemplare an demselben Tage noch wiever freigegeben. Oel Snitz i. E. Die auf Veranlassung des Vereins für Bergbau-Interessen des OelSnitz- Lugauer Reviers angestellten Untersuchungen der früher auf westfälischen Gruben in Arbeit gestandenen Bergleute ist noch nicht abgeschlossen, da bei 2 Arbeitern die berüchtigte Wurm krankheit konstatiert werden mußte; selbstver ständlich hat man dieselben sofort in geeignete Behandlung genommen, und man hofft so und durch alle schon früher getroffenen notwendigen Maßregeln eine Verseuchung der Gruben hie sigen Reviers unmöglich zu machen. Oberwiesenthal. Zum Morde auf dem Fichtelberge wird gemeldet: Der Behörde ist es nun gelungen, nachzuweisen, daß das Gewehr, aus dem der totbringende Schuß auf den Kauf mann Hörder abgegeben worden ist und das man nur in einzelnen Stücken vorfand, dem verhafteten Häckel aus Wiesenthal gehört, der dem Maurerpolier Paul Pöschl in Böhmisch- Wiesenthal abkauste.