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Dresdner Nachrichten : 04.06.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-06-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187306048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18730604
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18730604
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1873
-
Monat
1873-06
- Tag 1873-06-04
-
Monat
1873-06
-
Jahr
1873
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 04.06.1873
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HE»rtenI>r«tze I». ««»«- enitprei» vterte^L^r- ^ »>ü«»r- »ur>, «oft « Ngr. «tn»eln« Nummern I Ngr. «Ullage: i»><xxr «xempk tzür dl« Rückgabe eing«/ landter vlanulcrlbl« macht ftch die Nedaeli»» «ich» «erdtndlich. Snseraten-Ilnnadm« aug« wiirts: ÜLaoouetalo uock v°gl»e in Han,dura, Ber lin, Wien, Leipzig. liaiel, vretiau, tzranlfurt a, M. — kuck, tla»,« in Berlin, Leipzig, Wien, Hamburg, ilranlsur» a, M,, Miin- chen — Vaud» L l.,. in Uranlfurt a, M, Pr. Voigt in itiieninid, — ll». V»».l,»vti«. vuiiiar ch Va» ln Pari». Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Ltepsch k Neichardt in Z)resden. Verantwort!. Redactcur: Julius Rr. ISS. Achtjehnter Jahrgang. KeSSSO vraf.e IL angtunn'Mtir vt» Ab.^Uttr. Conttlüs.S di» Mittag, 12 Ukr. I« Neuilabt: arake ktlofter» safte » di» «vd. ,-> m,r. Der Raum eiuer ein Ipallige» Peiiizeile labet is Pia, ümg-iandi die Zeile» Ngr. Eine Garantie iNr da» nachlitägiae ltrichci- nen der Iuserat« wird nicht gegeben. elnswärtige Annonce»- Aufträgc von UN» u,che lannlen Firmen u. Pci- sonen inseriren wir nur argen Pränumerando» Zablung durch r'lt i- marlcn ober NolieiNjNl- lung, v Silben kosten Ni, Nar, Au0wart->e lonnen die Zadiuug auch aus eine DrcSdnarsilrma Luuieiscn, Die Sr?- 1873 Po»»!«,«. Die Kaiser reisten, die Politik ruhte und die Menschheit erholte sich während der Pfingstferien. Der Schah von Persien hat von Moskau aus seine Weiber in das heimische Serail zurückgesendet, weil er das Unpassende fühlte, mit den Rosen des persischen Harems und ihrer Verschnittenen an die Höfe Europa'S zu pilgern, wo die Vielweiberei doch nur im Verborgenen blüht, während die Ehelosig keit der katholischen Priester durch die lünstlichen Schranken der Eheschließung beim Militär wenigstens der Masscnhaftigleit nach noch übertroffen wird. Der russische Kaiser aber geht nach dem Besuche des österreichischen Kaisers und der Weltausstellung, scincrGcmahlin entgegen, die augenblicklich zwischen den beiden frömmsten Männern in Rom, dem Papste und dem König Victor Emanuel, wie ein Weberschiffchen zwischen Schuß und Kette hin und her fliegt. Die Zarin eilt vom Üuirinal nach dem Vatikan, vom Vatikan nach dem Quirinal. Den König-Ehrenmann versichert sie der russischen Sympathieen für die Sache Italiens und dein Papste Unfehlbarius l. bringt sie zur Stärkung der beiden, die ihm Italien zugefügt, blitze blanke Goldstücke, Der gute Papst ist nicht undankbar und läßt Gemälde, Statuen und andere kostbare Kunstwerke, an denen der Vatikan so überreich ist, einpacken, damit die Paläste an der Newa sich herrlich schmücken. Was die Wiener Zeitungen anläßlich des Besuchs Alexanders in Wien in sympathischen Artikeln über den Zaren und Rußland äußern, übersteigt nicht den Werth einer äußeren Ehrenbezeigung, Der Zar steckt sich bei der Begrüßung in die Uniform eines öster reichischen Regiments und der k, k. österreichische Herrscher ver mummt sich als russischer Gardegrenadicr, und uin die Illusion voll ständiger zu machen, sucht ihm der Obercercmonienmeister das Fut teral mit dem Andreaskreuz hervor. Ist der Besuch vorüber, so wird das fremde Gewand abgeworfen, der ausländische Orden ein gesargt und der Russe fühlt sich wieder als Russe, der Oesterreicher als Oesterreicher. Wenn jetzt die Wiener Zeitungen zu vergessen scheinen, daß jahrelang Todtseindschaft zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland bestand, daß jetzt noch das gegenseitige Verhältniß ein kaum süßsauer zu nennendes ist, daß der russische Reichskanzler Fürst Gortschakosf Oesterreich wie ein Glas in Scherben zu brechen einst drohte, der österreichische Reichskanzler GrafAndrassy aber 1849 vor dem russischen Heere von Paskiewitsch aus dem rebcllirten Ungarn flüchten mußt« und senk Name unter dem Galgen von Arad ange nagelt wurde, daß Rußland nochrmmer die panslavistische Propa ganda duldet und nährt, deren Flammenzungen gierig nach öster reichischem Gebiete lecken, daß umgekehrt Oesterreich in der Hätschel ung des polnischen Elementes in Galizien die von Rußland am lieb sten erstickte polnische Frage in Fluß erhält — davon die Wiener Bkätter Dies und vieles Andere wenn nicht vergessen, so doch igno- riren und beschönigen — so fühlt doch Jeder instinctiv, daß die schwungvollen Artikel, mit denen das „Väterchen" jetzt an der schö nen blauen Donau willkommen geheißen wird, nur von der Noth- wendigkeit eingegeben werden, dein hohen Gaste des Kaiserhauses mit Gastfreundschaft zu begegnen. Nur schüchtern dämmert die Ahnung aus, daß die Innigkeit der Beziehungen zwischen den Cabinetcn von Petersburg und Berlin auch eine Spitze gegen die Hofburg in Wien bergen könne. DK Wolter Europa's heben gewiß ein größeres In teresse daran, daß ihre mächtigstenMonarchen sich vertragen, als daß sie sich schlagen; nur hoffen sie, daß deren Freundschaft nicht auf Kosten der freiheitlichen Entwickelung der Völker erhalten wird. Eine freiheitliche Entwickelung der germanischen und slavischen Völker wäre jetzt umsomehr am Platze, als innerhalb der romanischen der Ultramontanismus immer größere Fortschritte macht. In Frank reich herrschen Degen und Weih vcdel. Der Papst hat an Mac Mahon ein Beglückwünschungsschreiben übersendet, in dem er die Hoffnung ausspricht, der Marschall werde der Kirche alle wünschenswcrthen Dienste leisten. Man weiß, was der Papst darunter versteht. Mac Mahon hat in der Antwort dem Papste seine volle Ergebenheit ver sichert, Der Kitt, welcher die siegreichen drei monarchistischen Frac- tionen Frankreichs vereinigt, der UltramontaniümuS, soll »och durch eine monarchische Abmachung verstärkt werden. Man arbeitet an einer Erbfolgeordnung, bei der Louis "Napoleon und seine Nachkom menschaft königliche Rechte erhalten sollen. Dem Herzoge von Ne mours, einem orlcanistischen Prinzen, ist es bei den Fortschritten, welche die Bonapartisten machen, nicht recht wohl um's Herz. Er sagte neulich einem Bekannten: „Ich werde schon zufrieden sein, wenn ich binnen hier und einem halben Jahre nicht verbannt bin." Thiers aber drückte beim ersten Zusammentreffen dem früheren Na- tionalversammlungspräsidenten Grevy die Hand mit den Worten: Wir sind zwei gefallene Präsidenten! „Aber Beide wohlauf," scherzte Grevy. Doch ist dies wohl Selbsttäuschung; des Letzteren Rolle ist auSgespielt, denn in Frankreich überdauert der persönliche Einfluß nicht lange den Besitz von Amt und Macht. Der neue Kriegsminister du Baratt hat bisher noch keine politische Rolle gespielt. Er ist Ca- valerie-Offizier, gerade so wie der sächsischeKriegsminister v.Fabrice. In Spanien sind die Cortes eröffnet worden; die Eröffnungs rede verschweigt die Besorgnisse nicht, ob die definitive Begründung der Republik in Spanien möglich ist. In Oesterreich dauert der Froschmäuülerkrieg zwischen den Alten und den Jungen innerhalb der deutschen Verfafsungspar- teifort; in Wien sind, Dank dem luftreinigenden Börsenkrach, die Baugründe schon um 50 Procent von ihrer künstlichen Höhe gefallen. Der deutsche BundeSrath will, da die Zölle immer steigende Einnahmen gewähren, den Zolltarif herabsetzen. Die Einfuhrzölle auf Eisen sollen ganz fallen, die Zölle auf einige andere Artikel theils beseitigt, theils ermäßigt und der einzige Ausfuhrzoll, der noch be steht, der auf Lumpen, ebenfalls aufgehoben werden. Der Magistrat von Berlin folgt dem Beispiele Preußens und doS Reichs: er gewährt seinen Beamten Wohnungszuschüffe. Was thut Sachsen, was der Dresdner Stadtrath, halten- um sich einen tüchtigen Beamtenstand zu er- Localcs und Sächsisches. — Der Cantor und Musikdirektor Hartmann in Meißen hat das Ehrenkreuz des Albrechtsordcus, der Vicebürgermeister Caspari zu Zwickau das Ritterkreuz vom Verdienstorden erhalten. — Die Assessoren Große, Klien, Richter und Schmidt von den Gerichtsämtern Kolditz, Moritzburg, Annaberg und Hainichen sind zu Gerichtsamtleutcn an die Gerichtsämtcr Altenberg, Lengenfeld, Reichenau und Oberwiesenthal, der Assessor Temper aus Schandau zum Gcrichtsrath beimBezirksgcrichtEhemnitz ernannt, der GerichtS- rath Thierbach in gleicher Eigenschaft an das Bezirksgericht Dres den versetzt worden. — Aus Ems meldet das „Dr. I." vom 1. Juni: Seit einer Reihe von Tagen kämpfen wir hier wieder mit den grimmigsten Feinden des Badelebens, mit Kälte, Regen und Wind, In warmen Umhüllungen treten unsere Cprgäste früh morgens ihre Brunnen promenade an, einer der frühesten unter ihnen stets Se. Maj. der König von Sachsen, welcher alsdann in den späteren Morgenstunden fast regelmäßig einen Spazierritt unternimmt. Der Anblick der Eavalcade auf edlen Rossen sammelt jederzeit ein zahlreiches Publi kum auf den Straßen; denn selten zeigt sich bei uns ein Reiter an ders, als zu Maulthier oder zu Esel. Die vorzügliche Qualisicatiou dieser Thiere für steilere Bergpartien ist übrigens auch bereits von Sr. Maj. dem König von Sachsen gewürdigt worden, welcher bei dein letzten warmen Tage, dessen wir uns erfreuen durften und der ganz Ems nach verschiedenen Richtungen in die Berge gelockt hatte, zu Maulthier die steil gelegenen Ruinen der alten Burg Nassau be suchte.—In etwa 8 Tagen steht die Ankunft Sr. Maj, des Kaisers von Rußland zu erwarten, auf dessen Anwesenheit hier bereits um fassende Vorkehrungen getroffen werden. Der Besuch des Kaisers Wilhelm ist erst für eine spätere Periode der Saison zu gewärtigen, — Ter zum k. preuß, Gesandten am k. sächs. Hofe ernannte Graf Eberhardt Salm-Sonnenwalde ist hier eingetroffen, — Unter dem Jncognito eines Grafen von Ettersburg hat der von einer längeren Orientreise über Wien nach seiner Heimatl. zurückkehrendc Erbgroßhcrzog von Weimar in den letztvergangenen Tagen sich hier aufgehalten und im Hotel zum Kronprinz logirt. — Zwei Seelsorger unserer Annengemeinde, die hochgeachtete und würdig« Mäinter und in ihrem Amte schwer zu ersetzen sei» werden, die Herren Pastor Böttzer und Archidiaconus Pfeil sch midt haben bei der Kircheninspection ihre Emeritirungsgesuchc cingercicht. Beide sind 35 Jahre bei der Annenkirche angestellt und wünschen nach Anfang künftigen Jahres ihre Aemter niederzulegen und in den Ruhestand sich zurückzuziehen. — Wenn alle Welt sich auf das Pfingstfest freut, um in trau ter Gesellschaft der Familicnglieder oder des Freundeskreises einen Ausflug zu unternehmen, möchten sich die Beamten der Verkehrs anstalten vor diesen Zeiten fast gräueln. Die Anstrengungen, welche die Pfingstwanderlust desPublikums an sie stellt, übersteigen oft das Menschenmögliche. Bahnbeamte, von den Chefs der Bureaux an gefangen, über die Stationschefs der Bahnhöfe hinweg, durch die Locomotivführer hindurch bis zu denSchaffncrn und Weichenwärtern herunter, die Direktoren der Dampfschiffe und Pferdebahn, wie die Heizer, Conducteure und Eontroleure der Schiffe, Waggons und Omnibusse, kurz Alles, was mit dem Menschentransport in irgend welcher Beziehung steht, hat in den Pfingsttagen und Pfingstnächten fast Uebermeuschliches zu leisten. Wenn Alles in Allem gut abgeht, kein Unglücksfall die Freude trübt, so ist das nahezu ein Wunder zu nennen. Von Jnnehaltung eines genauen Fahrplans auf den Dampf schiffen war oft keine Rede ; gegen das Ungestüm desPublikums, das ein eben angekommcnes, entleertes Schiff augenblickS füllte, kämpfte selbst die geschulteste Organisationskraft vergebens. Auf den Bahn höfen schlug man sich förmlich um den Eintritt in ein aufgerifseneS Coupe. Es wurde Alles befördert, was auf dem Perron erschien, und die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen wie ihres Personals verdient in reichem Maße Anerkennung. "Möge dem subalternen Personale allcr Vcrkehrsanstalten für diese außerordentlichen Leistungen eine außer ordentliche klingende Anerkennung zu Theil werden. Nicht immer wurden sie vom Publikum in verständiger Weise unterstützt. Ob wohl auf dem böhmischen Bahnhofe große Schilder angebracht sind, auf denen das Betreten des Schienengleises verboten ist und eine lange Kette von Bahnbeamten diese sehr nützliche Einrichtung auf recht erhalten wollte, da sonst sehr leicht gräßliches Unglück entstehen kann, überfluthcte doch das Publikum dicht vor einer zum Abgänge bereiten Locomotive den Bahnkörper. In solcher Nichtachtung all gemein nützlicher Vorschriften giebt der „gemüthliche Dräsner" dem „en Bisken unverschämten Börliner" nicht das Geringste vor. — Von Jahr zu Jahr steigern sich die Freauenzverhältnisse während des Pfingstfestes auf den Staatsbahnen. Auf dem Schle sischen Bahnhofe kamen am Sonnabend, Sonntag und Montag gegen 23,000 Personen an, während 22,000 in der gleichen Zeit von hier fortfuhren. Auf dem Altstädter Staatsbahnhof wurden in diesen 3 Tagen mittelst 114 fahrplanmäßigen und 48 Extrazügen gegen 108,000 Paffagiere nach und von Dresden be fördert und zivar in den beiden Richtungen nach Böhmen und nach Freiberg. — Rücksichtlich der Frequenz auf den Dampfschiffen erfahren wir, daß zwischen DreSden-Leitmeritz und Dresden-Riesa zusammen circa 80,600 Personen befördert wurden. Der Verkehr war ein nie dagewesener. Von und nach Dresden allein wurden an den beiden Feiertagen 152 Dampfschiffe expedirt. Nur dieser außerordentlichen Thätigkcit - - die Schiffe waren von früh 5 Uhr bis Mitternacht ununterbrochen im Dienste — ist es zu danken, daß diese enorme Anzahl von Personen, welche an den Stationen des Fortkommens harrten, befördert wurden. Daß, an besonders stark frequentirten Orten, gerade wie manchmal beiden Eisenbahnen, nicht alle zu den fahrplanmäßigen Zeiten auf einmal fortgebracht werden konnten, vielmehr mitunter die Ersatzschisfe, die ununterbrochen hin- und herfuhren, erwartet werden mußten, ist selbstverständlich. Der Andrang an der Appareille war so groß, daß zahlreiche Passagiere auf den sinnreichen Einfall geriethen, bis an die Haltestelle an denr Neustädter Ufer zu gehen, dort aufzu steigen, für 1 Ngr. bis Dresden-Altstadt zu fahren, um sich auf dem Schiffe, das nun wieder stromaufwärts fuhr, gleich einen Platz zu sichern. Die Dampffähre, welche den Verkehr zwischen Blasewitz und Loschwitz vermittelt, hatte an jedem der beiden Feiertage gegen 10,000 Menschen überzusetzen. Um gleichzeitig das Fuhrwerk aus das jenseitige Ufer zu bringen, hatte die Direktion einen Prahm gn die Fähre gekoppelt. — Die Pferdebahn endlich beförderte am 1. Feier tage 0813, am zweiten 11,412, zusammen 21,225 Personen. — Die sächsischen Staatsbahnen haben im Monat April gegen deu gleichen Monat des Vorjahres eine Mehreinnahine von 220,000 Thaler.. — Man schreibt uns: Sie haben im Jnseratentheile eine Be kanntmachung des Thierschutzvereins zum Abdruck gebracht, welche sich über Gerüchte schlechter Behandlung verbreitet, welche diePferde der Pferdebahn erfahren sollt». Jeder Mensch von Herz und Ge fühl zollt dem edlen Streben genannten Vereincs gewiß alle Hoch achtung, und cg wird stets Befriedigung erregen, wenn genannter Verein Ungehörigkeiten oder Grausamkeiten, begangen an wehrlosen Thiercn, an s Licht befördert. Mar aber schon ein solches Inserat nicht wohl geeignet, die Schuldigen zu treffen — da die Verdächtig ung viel zu allgemein sich ergeht, — so kann man auch sonst mit der Fassung jener Anzeige sich unmöglich einverstanden erklären. Es möchte gerechte Entrüstung erregen, wenn jene vielangestrengten Pferde „schlecht" gefüttert würden. Ergeht sich aber die gedachte Bekanntmachung in der Behauptung: die Pferde würden „gar nicht" gefüttert, so verfällt das in's-Gebiet des — Komischen und verfehlt die Wirkung, weil die Jnvective weit über das Ziel hinaus- schicßt. Ich habe mir den Zutritt in die Ställe der Gesellschaft er beten und bei verschiedenen Beamten und unbetheiligten Kennern zu nächst zu meiner Beruhigung erfahren, daß jedes der ca.120 Pferde an Hafer täglichl?, 18 bis31 Pfund; an Kleien und Erbsen ca.2Psd., an Heu so viel erhält, als es fressen mag. Wer kennt nicht die Anecdote vom Kutscher, der seiner Herrschaft den Hafer — in den Stiefeln entführte. Gesetzt nun. es käme hier und da eine Verun treuung vor 4>ie Control« schließt eine fortgesetzte Veruntreu ung im größeren Maßstabe vollständig aus; — würde das im gr«ch«r Ganzen den Thieren wesentlich Abbruch thun können? Trotz dem — es wäre ja sehr vortrefflich, wenn die gerichtliche Untersuch ung auf Anregung des hochgeschätzten Thierschutzverchsch so etwas zu Tage brächte. Herr v. Stülpnagcl ist nicht allwiss«-.. noch unfehl bar, er muß das ertragen und muß die Schuldigen Hxrfen. Geputzt und zum größten Theil gut im Futter stehend und «inlich fand ich sogar gestern, am zweiten Feiertage die Pferde. Ihre Anstrengung warenorm; umsomehr muß doch wohl die Direktion ihre Thicre, sie ihr die Einnahme bringen, schon aus Geldinterefse pflegen. Unterstützt man sie hierin durch Angriffe? Schwerlich! Was nöthigcr scheint als Anklagen, sind die Maßnahmen zur Ab wehr anderer Uebclstände; zu diesen kann das Publikum und die Be hörde Mitwirken. Elfteres soll die Erstürmung und Ueberfüllung der Wagen vermeiden; die Wagen sind zu schwer, jeder wiegt 60 Centner. Aber, wenn statt 60 oder 70, 90—100 Personen sich hineinzwängen-^werden sie davon leichter? Die Conducteure stehen schutzlos da, sie predigen Sonntags tauben Ohren, und Polizei ist sehr selten zur Hand, um Ungehörigkeiten sofort zu rügen und zu verhüten. Es müßte sich Jeder, und wäre es noch so pressirt, sagen, daß die Kräfte der Pferde keiner Maschinenkraft vergleichbar sind, daß man als denkender Mensch die Thiere schonen soll. Die zweite Mahnung ginge an dieStallleute. Wie alle ländlichen Unternehmen, welche der Pferde bedürfen, so litt auch die Bahn an Arbeitermangel, die Leute waren nicht genügend zahlreich, noch weniger zuverlässig. Der jetzige Rückschlag hat das geändert, die Baulust und dergl. ab- sorbirt nicht so viele, in den Fabriken ist es stiller geworden. Kann hier der Thierschutzvercin aufkiärend und erziehend wirken, so wäre das recht schön und segensreich. Ebenso müßte eine Ansprache an das Publikum, von diesem Verein ausgehend, wirkungsreich sein: man solle das schwierige Unternehmen thunlichst schützen und erleich tern, nichts durch brutales Anforderungen erschweren. Aber, zu ver dächtigen, diePferde würden gar nicht 4- gefüttert, kann erbittern, aber nicht nützen. — Für die Familie des bei Rettung eines Kindes verunglückten Schlagwärtcxs Kunath hat unter den Beamten und Arbeitern des Werkplatzes Bahnhof Pirna, der dortige Bauschreiber Herr Münzner eine Sammlung milder Gaben veranstaltct und uns heute zur Weiterbeförderung das Erträgniß der Sammlung mit 8 Thlr. 10 Ngr. 1 Pf. übersandt. Auf der Sammelliste figuriren Gaben von selbst sehr armen braven Arbeitern, die nur nach Pfennigen bettragen konnten, eS figurirt auch sogar ein Posten von einem Pfennig. Gleichviel, selbst schwache.Kräfte vermögen vereint manches Gute. — Gestern Nachmittag bewegte sich wieder ein PulvertranS- port unter den üblichen Vorsichtsmaßregeln durch die Stadt. — Empfindlicher denn irgend wo, ist in unserer Residenz der Mangel an Gefährten, Droschken wie Fiakern, und ist es an der Zeit, daß öffentliche «Nimmen für Abhilfe dieses Uebelstandes laut werden. Die Gefühle des Mitleids und des Unwillens, welch« jedem zufälligen Passanten bei dem Anblick der zahllosen, nach Droschken suchenden Fremden, maroden Touristen und müden Kin dern während der letzten Feiertage anwandeln, sind noch zu neu und so in aller Erinnerung, daß hierüber eine weitere Erörterung über flüssig ist. Wohl aber ist es geboten, der ungetheilten Meinung d«s Publikums dahin Ausdruck zu geben, daß ein gleiches Mißverhältniß an jedem schönen Frühlings-, Sommer-und Herbsttage, bei jedem Regenschauer und ausnahmslos an jedem Tage, wo schlechtes Wett-r
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