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Der Ordensschwindel in Oesterreich. Die Kölnische Zeitung schreibt mit Bezug auf den rren uns bereits gestern erwähnten Vorgang: „Mit Sittensprüchen baut man keine Eisenbahnen", sagte Ofenhrim Ritter v. Pont-Euxin, worauf ihn die wiener Geschworenen freispracheu, und ein gewesener österreichischer Minister stellte die Berechtigung: der „Trinkgcldtheorie" recht unbefangen auf, wonach er gleichwol ein angesehener Mann Llieb bi« an sein seliges Ende. Und wenn ohne besondere Gewiffeusscrupel Millionen und Hunderttausende von Grün dern in Eisenbahnen und Banken gewonnen wurden, warum sollten dann nicht kleinere Geister Hunderte und Tausende dadurch gewinnen, daß sie in Orden und Hoftiteln machten, sintemal die Dummen ja doch nicht alle werden, deren „Ex- Ploitirung" sich als lohnenSwertheS und verdienstliches Ge schäft erweist. Ein Proeeß wegen Ordens- und Titelschwindels, der sich Ende voriger Woche in dem so viele Scandalosa zu Lage fördernden Wien abspielte, ist wirtlich interessant genug, um etwas eingehender geschildert zu werden. Wir habe» «S da hauptsächlich mit drei Personen zu thun, deren jede in ihrer Art äußerst charakteristisch ist. Da ist zunächst der kaiserliche Rath vr. L. Schweizer, ehemaliger Chefredacteur der amtlichen Wiener Zeitung, jetzt Herausgeber der Oester- reichischen Correspondenz, Vertrauensmann des Hosmarschall- amtes, und allem Anschein nach eine recht einflußreiche Per sönlichkeit bei noch einflußreichern Persönlichkeiten. Als der Herr kaiserliche Rath — on n« sott pas pourguoi — pen- sionirt wurde, erhielt er eine Pension von 1200 Fl. Außer dem erhielt er sür seine Oesterreichische Correspondenz einen Regierungszuschuß von 1200 Fl. jährlich, wozu noch seit «iner Reihe von 12 Jahren eine persönliche Zulage des Kaisers von 750 Fl. jährlich hinzutrat. Glückliches und reiche« Oesterreich, das an solche Räthe 3150 Fl. jährlich verwenden kann! Mit besagtem kaiserlichen Rathe trat in Verbindung Hr. „Nandor Sonnenberg, Lommandeur und Ritter hoher Orden, Chef de« privilegirten Telegraphen wird den Dampfer Orontes mit der beicht des Prinze» Loui« Napoleon von Madeira nach England ««cortire». * Bukarest, 30. Juni. In der Depstirtek- kammer har Blaremberg eine Motion eingebracht, welche von mehrer« Mitgliedern der Minorität unter zeichnet ist und dahin geht, daß es nicht nöthig sei, den Art. VH der Verfassung zu revidire«. * Limflaatinopet, 30. Juni. Fürst Alexander von Bulgarien wird am nächsten Freitag hier er wartet. — Mahomoud-Nedim-Pascha ist uner wartet auf Befehl des Sultans hier eingetrossen, ohne daß der Großvezir, Khereddin-Pafcha, von diesem Be fehl Kenntniß erhalten hatte. * Washington, SO. Jimr. Der Senat hat die Resolution, in welcher die vollständige Wiederausprä gung von Silber verlangt wird, an die Finattzrom- Mission verwiesen. Vr. 152. Leidig, «rschctttt »»brrS-ant»»», tr^ich. prei» «terttttHrli» 7 M. «W. Sri»« «>»,«>«« »Vt- chischeu Titel und bezahlte dafür 3000 M.; 1000 M. be kam Sonuenberg, 1000 Schweizer und den Rest ein Hr. Siebert, Kammervirtuos in Nürnberg, der seiner Angabe nach nur aus reiner Freundschaft für seinen Schwager Richter das Geschäft machte und „durch sein«' künstlerische Thätigkeit eine so reiche Einnahme erzielte rind noch erzielt, daß er mit seiner Familie da» angenehmste und uneinge schränkteste Wohlleben zu führen feit langen Jahren in der Lage ist". I/appvttt vient su wavgsant; Hr. Richter hatte den Titel und wünschte nun auch den Orden der Eisernen Krone. Und hiermit tritt die dritte und wahrlich nicht un interessanteste Persbn auf den Schauplatz der Thate»: da» ist Hr. Gabriel v. Barady, erster Bireprästdent des unga rischen Abgeordnetenhauses , eine zweifelsohne einflußreiche Persönlichkeit, wie es heißt nicht ohne Vermögen, jedenfalls in „augenblicklicher Geldverlegenheit" und nach pester Zei tungsberichten zu schließen etwas sehr anrüchiger Natur. Siebert und Sonnenberg setzen sich mit ihm in Verbindung und Hrn. Richter wird mitgethrilt, daß er den Orden nur erhalten könne für hervorragende Verdienste um den öster reichischen Staat: Diese erwirbt er sich auf folgende Weise: er machte Stiftungen zu Gunsten der in Bosnien weilen den Reservisten im Betrage von 200--2000 Fl. und läßt Hrn. v. Barady 16000 M. übermittel», wogegen dieser folgenden Revers auSstellt: „Hr. vr. Adolf Richter erlegte zu meinen Händen 20000 Frs., das ist 16000 M. mit der Bestimmung, selbe für humanitäre Interessen «der andere gemeinnützige Zwecke nach Meinem Ermessen zu verwenden, wenn er den Orden der Eisernen Krone 3. Kl. erhalten haben wird. Sollte der diesbezügliche maßgebende Vor schlag nicht genehmigt werden, so werde ich dem Hrn. l>r. A. Richter den obbezeichneten Betrag bi« Ende September laufenden Jahre« rückerflcktten." Hr. Richter erhielt die Eiserne Krone aber nicht, auch blieben die 16000 M. Ende September 1878 au«. Wäh- rend der Verhandlungen traf aber ein Telegramm de« Ge nannten ein, wonach er 19000 M. erhalten habe, als» 3000 M. mehr, al« an Hrn. v. Varady gezahlt, und in Die Ministerkißs in Betlin. — Leipzig, 2. Juli. Der freiwillige Rücktritt der drei Minister Hobvecht, Fakk und Friedenthal ist mm- mehr eine feststehende Thatsache. Die Annahme oder Richtannahme der Enllaffungsgesuche' der drei Minister steht zwar beim Kaiser, oder, richtiger gesagt, König (denn e« handelt sich um preußische, nicht «Ur Reichsl- minister), allein da» Factum der Einreichung selbst, der erklärte Entschluß dieser drei Männer, nicht: län ger in ihren Stellen beharre« z« wollen, ist bereits ei« gewickt^er Factor zur Beurtheilung der allgemei ne« politischen Läge: An dieser Wichtigkeit de« FaetttmS wird aMh da durch nicht» geändert, daß ech wie ebe« gesagt, zunächst eine MinifterkbisiS in Preußen, nicht im Rdiche ist. Abgesehen davon, daß Hobrech^s Wirksamkeit als M«- ßischer Flnanzminister ganz drrect (wie mehrfach aner kannt wvrden ) , Fall'« cultnrkainpferifcher GtaNVPuE wenigsten» .indirect sehr sah» mit derReichsPolitis sich berühren, abgesehen davon darf eS doch auch als enw fest stehende Thatsache betrachtet werden^ daß die GesanWH pömit'1!«« ffchßliit und kiteuviu Mmt» iM'Niichls Preußens, von maßgebendstem Einstich auf da» Reich ist, daß alle Schwingungen und Schwankungen fetter, fei es nach vor- oder nach rückwärts, sich unbedingt auch auf den Reichskörper fortpflanzen und itt de« Strömungen der Rekhspoktik fühlbar werden. Genagt wir kvimrn nicht bloS^ sondern wir müsse« sogar diese preußische Ministerkrisis , zumal da- sie fo große Dimensionen annimmt» al« ein allgemein deut sches Ereigniß betrachten und behandeln^ Wir Mlterbrciten nun unsern Lesern zunächst (unter Deutschland) eine Reihe von Aeußcrungen dtr Presse, welche sich über Vie muthmaßlichen Beweggründe der drei Minister zur Aufgebung ihrer Posten verbreiten. Es gibt im einzelnen da noch manche« aufzuklären: das Eine aber steht fest, daß eS di«' allgemeine poli- der Kammer theilte mit, daß S3 Tagesordnungen beantragt worden sind. Außerdem sind 6 Amende ments eingebracht worden. Die Berathung soll mor gen fortgesetzt werden. Der Ministerpräsident DepretiS hat der Kammer einen Handelsvertrag zwischen Italien und Serbien vorgelegt. — Fürst Alexander von Bulgarien ist heute nach Btindisi abgereist, von wo sich derselbe zu kurzem Aufenthalte nach Konstantinopel begeben wird. *parir, 1. Juli. DaS Codicill zu dem Testa- mente des Prinzen Louk« Napoleon lautet wie folgt: „Ich habe nicht nöthig, e» Meiner Matter an- zuempsehlen, daß sie nicht- verabsaameu möge, da« Andenken meines Großonkel und meines Vater» hoch- zuhalteu; ich bitte dieselbe, stet« eingedenk zu bleiben, daß, solange ein Bonaparte lebt, Lie kaiserliche Sache auch Vertreter finden wird. Die Pflichten unser« Hause« gegen Frankreich erlöschen nicht mit meinem «ben. Nach meinem Tove fällt die Aufgabe, da« Werk Napoleon'« I. und Napoleon''« Hl. fortzuführen, dem ältesten Sohne des Prinzen Jkröme Napoleon zu. Ich hoffe, daß meine vielgeliebte Mutter, indem sie demselben nach ganzem Vermögen ihre Unterstützung zulheil werden läßt, hierin uu«, die wir nicht mehr zu den Lebenden gehören, den letzten and höchsten Be weis ihrer Uebe geben wird." * London, 1. Juli. Da« Blaubach über die griechisch« GrenzregulirangSfrage ist heute zur Veröffentlichung gelaugt- Dasselbe enthält eine Depesche deSS taatSsecretär« des Auswärtigen, Marquis of Salisbury, an den englischen Botschafter in Kon stantinopel, Layard, vom 12. Juni. Der Marqui« of Salisbury weist darin Layard an, sich Mit de» Botschaftern der andern Mächte behufs Vereinbarung von Vorschlägen für Vie Rectificirung der griechische« Grenze in Verbindung zu setzen. Der M«qui« be^ tont die Nochweadigkeit der Grenzherichtiguag und bedauert, daß eine solch« nicht Uüvttzügstch nach der Beendigung des Kriege« atrsgeflkhrt worden sei, wo sich ein« günstig« Gelegenheit dafür Vargebote« hätte, den im Jahre 1832 begaageuen Jrriham wieder gat zü^ache». L^PfDWMMPMüe^M gegeben, auch nur wenigsten« annähernd Vie vom Cow- greß vorgeschlageNe Grenzlinie zu acceptiren. Die Botschafter dürsten es demnach, ehe sie über Vie ge naue Anwendung der Congreßvorschläge di-cutiren, für zweckmäßig halten, Vie Türkei und Griechenland aufzuförvern, sich deutlich darüber zu erklären, ob sie die von dem Congreß befürwortete allgemeine Grenz linie acceptiren wollen. Durch eine Grenzberichtigung im Sinne der Congreßvorschläge würde Vie Türkin mehr gekräftigt als geschädigt werden: Wenn der Sultan Garantien für die künftige freundliche Haltung Griechenlands verlangte, würden England und, wie Salisbury glaubt, auch Frankreich alle dieserhalb von der Pforte proponirten Maßregeln auf das sorg fältigste in Erwägung ziehen. — Die Kanal flotte Telegraphische Depeschen. *Lmr, 1. Juli vormittags. Se. Marder Kai ser wachte gestern Nachmittag eine Spazierfahrt und wohnte am Abend der Vorstellung iw Theater bei. Zum heutigen Diner bei Sr. Maj, haben Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen und Prinz von Reuß XVlll. Einladungen erhalten. * Herlt« , 1. Juli. Nach den bei der Admiralität «iogogangeuen Nachrichten dürfte e« dem Unternehmer Leutner kaum gelingen, den Contract zur Hebung des Großen Kurfürsten zu erfüllen, da der Stand der Vorarbeiten die Hebung bis zum 1. Aug. kaum er warten läßt. * Sade«-Sette«, 1. Juli. Die Königin Olga «on Würlemberg ist zu mehrtägigem Aufenthalte hier eingetroffen. * Wie«, 1. Juli. In den ReichSrath sind hier erwählt: Kuranda, Brestel, JaqueS, Ed. Sueß, Lenz, Matscheko, Steudel, Kopp, Wiesenburg, Kronawitter und Löblich. * Wir«, 1. Juli. Nach dem jetzt «eiter' bekannt gewordene» Resultat der gestrigen ReichSrath«-- wählen wählte Wien 10 Liberale und 1 Co«- servativeo (zwischen Minister Glaser und l)r. Hoffer ist für heute engere Wahl angesetzt), die übrigen fünf Stadtbezirke Räderösterreich« wählten Liberale: In Oberösterreich verloren die Liberalen einen Sitz; in Linz steht da» Resultat noch au«. Liberale wählte« ferner die salzburger Städte. Die Städte Böhmen« wählten 16 Liberale und 16 Czechen. Die kramer Städte, bisher durch Liberale vertreten, wählten dies mal Nationale. Die schlesischen Landgemeinden wähl ten 2 Liberale uuv 1 Nationalen. Istrien wählte 1 Slawen und 1 Italiener, Görz 2 Liberale. 3» den galizischen Landgemeinden gingen 25 Pole« und 2 Rutheneu au« der Urne hervor,- di« Ruthe«mver- lore« 1S Sitze. * Wie«, 1. Juli abend«: Der Zustizminister Glaser hat ein Telegramm M da» Wahlcomitt des wiener Bürgerverein- gerichtet, in welchem er dem selben mittheilt, daß er ein nur itt engerer Wahl ihm zufällendeS Mandat zum Reichsrache nicht annehmen würde. — Der Politischen Correspondenz wird aus Äonstantiuopel vom heutigen Tage gemeldet, die Botschafter Frankreichs und Englands hatten nunmehr gemeinsam bei der Pforte gegen Vie Aufhebung des Fermans vom Jahre 187 3 protestirt. Infolge dieses Protestes werde der Rücktritt des GroßvezirS Khereddin-Pafcha als bevorstehend angesehen. * Lom, 30. Juni. Jo der heutigen Sitzung, der Deputirteukammer vertheidigte der Ministerprä sident DepretiS das Verhalten des CabinetS in der Mahlsteuerfrage und hob hervor, daß die Regierung Vie Prärogative der Kammer in finanziellen Ange legenheiten wahren und die öffentlichen Lasten im ganzen Königreich äusgleichen wolle. Der Präsident Lorrespondenzburcäu": Also nennt er sich auf feiner Vi sitenkarte. Sonst heißt er Ignaz Ferdinand, wär früher seines Zeichens Märinecorporal, ist bestraft vor seinem Diensteintritt wegen betrügerischen Schuldenmachens, wäh rend seiner Dienstzeit wegen „Renitenz, falschen Marodirens, respectwidrigen Benehmens, ungeziemender Aeußcrungen gegenüber den Vorgesetzten, wiederholter schmuziger Ad- lustirung, Unfolgsamkeit und endlich einmal wegen ver suchter betrügerischer Handlungen, wofür er auf drei Mo nate zum Gemeinen degpadirt wurde". Trotzdem hat er befremdlicherweise schließlich ein recht gutes Dienstzeugniß erhalten. Wovon er lebt, weiß man nicht genau, aber es geht ihm wie den Lilieu auf dem Felde: unser Herrgott kleidet ihn doch, und zwar reich und köstlich, also daß er 10000 Fl. jährlich für sich und sein« kleinen Passionen aus geben kann. ,,Herr. Staatsanwalt, ich bin einmal nach Mödling gefahren und habe dafür 6000 Fl. bekommen", sagt Sonnenberg. Glücklicher Mensch, der bei den jetzigen schlechten Zeiten so viel Geld verdient! Das Geschäft wird nun also gemacht; Sonnenberg fängt die Leute in Eisenbahncoupts oder sonst wd ab, stellt ihnenOrdeu und Titel in Aussicht und schickt sie zu Schwei zer, als dem rechten Mann«, der das zu vermitteln im Stande ist. Sonnenberg schick! auch einen Agenten aus, welcher sonst mit Klinkerziegeln handelt und als Nebenge schäft Orden und Hoftitel zu verbreiten sucht. Bei Schwei zer lagern die Betreffenden dann ihre Trinkgelder ab, oder aber, sie schicken sie zu Sonnenberg, wenn ihnen Schweizer zu anständig vorkommt, um ihm das Geld direct in die Hand zu drücken. Sonnenberg muß ihnen danach wol weniger anständig vorgekommen sein. Also that ein Gast- wirth Fröhner, der Hoflieferant werden wollte. In die erhaltene» 250 Fl. theilten Schweizer und Sonnenberg sich brüderlich. Auch einen nach Bosnien eingezogenen Reser visten wollten hie Herren befreien, wozn 200 Fl. gezählt und gleichfalls getheilt wurden. Und solche nebensächliche Fäll« gibt es noch mehr, wobei wir gleich bemerken wollen, daß die Bemühungen meist erfolgreich waren. So erhielt vr. Adolf Richter, Fabrikant in Nürnberg, einen Lsterrei- Donllcrstag, Deutsche Allgemeine Zeitung. - M- «Wahrheit »»d Acht, Freiheit »»d ««setzt»