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FMvrecher 18. Tel.-Adr.: Tageblatt PulSnitz Postscheck-Konto Dresden 2138. Giro-Konto 146 -vkgskHAUllgklHkl- Erscheint a« jede« Werktag 7 Im stalle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Gtönmg des Betriebes der Zeitung oder der Bcfördcrungseinrichtungen, hat der Bezieher keinen Ansprüch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück zahlung des Bezugspreises. — Wöchentlich 0.65 E bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentlich 0.5s A/k; durch die Post monatlich 2.60 E freibleibend Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und West« Zeitung in den Ortschaft« des Pulsnitzer AmtSgerichtSbeztrkS: Pulsnitz, PulSnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und NiederKchtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: PulSnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. M 0 hr in PulSnitz Anzeigen-Grundzahlen in O/: Die 41 mm breite Zeile (Mosse's Zeilenmesser 14) 1 mm Höhe 10 O/, in der Amtshauptmannschaft Kamenz S amtlich 1 mm 30 ö?// und 24 Reklame 25 Tabellarischer Satz 50 °/°> Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengcbühren durch Klage oder in Konkursfällen gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Ais '/-IO Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme LK)KI^»44 Bank-Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz nn Commerz- und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsniv Nummer 1S Freitag, den 23. Januar 1S31 8S. Jahrgang WaMM W UMM w Im IMMW NW Beratungen über die Abrüstungskonferenz — General Dawes Boi fitzender ? Sturz der französischen Regierung — Genf und der Sturz des Kabinetts Steeg Genf. Im Laufe der Nacht zum Donnerstag haben der französische und der englische Außenminister sich offenbar überlegt, daß die Fortsetzung der Polendebatte für Polen noch weitere Nachteile dringen kann. Man hat deshalb das Pro- gramm der Ratstagung plötzlich umgeworfen und verhandelte am Donnerstag vormittag über eine Reihe von anderen Punkten der Tagesordnung. Man will zunächst hinter den Kulissen, ohne daß offiziell ein Berichterstatter für die deutsch-polni- schen Angelegenheiten bestellt worden ist, eine Einigung ver- suchen. Zur Debatte stehen für die Kuliffen-Verhandlungen zwei Fragen, die Ab rüstungsko n fe r en z und dieBe- endigung der deutsch -polnischen Auseinan dersetzungen. lieber die Abrüstungskonferenz fand am Donnerstag- vormittag 16 Uhr eine geheime Sitzung der Mitglieder des Völlerbundsrates statt, in der man sich darauf geeinigt hat, baß Ort und Termin der Abrüstungskonferenz festgesetzt werden soll, während man wahrscheinlich die Wahl des Vorsitzenden der Konferenz selbst überlassen will. Ueber den Ort der Kon ferenz besteht noch keineswegs Einigkeit, zumal das General sekretariat des Völkerbundes plötzlich selbst den Vorschlag gemacht hat, die Konferenz nicht nach Genf, sondernnach Lausanne zu verlegen. In Lau sanne würden wesentlich mehr Unierkunftsräume zur Ver- fiigung stehen. Auf der anderen Seite ist Lausanne so un bedingt französisch gesinnt, daß der Einfluß Frankreichs auf der Konferenz sich stark bemerkbar machen würde. Der Termin der Abrüstungskonferenz schwankt vorläufig zwischen dem 26. Januar und Mitte Februar 1932. Wenn die Frage des Vorsitzes nicht geklärt wurde, so ist das darauf zurückzusühren, daß plötzlich von italienischer Seite und auch von deutscher Seite der Vorschlag aufgetaucht ist, den Vorsitz den Amerikanern, etwa dem General Dawes, zu geben. Die Verhandlungen über die deutschen Beschwerden gegen Polen sind damit in das entscheidende Stadium getreten. Es wird sich nunmehr für den deutsche» Vertreter darum handeln, den durch die Klagerede geschaffenen günstigen Eindruck auszunutzen und die de» deutschen Interessen entsprechende Regelung der Frage herbeizuführen. Don entscheidender Bedeutung ist hierbei, daß der Woiwode Graczinski, der im Mittelpunkt der gestrigen Klagerede des deutschen Reichsaußenministers stand, seinen Vorsitz im Aufständi schen-Verband mederlegt. Ob und in welcher Weise eine Entscheiduna des Völkerbundsrats in der Oberschlesien frage fallen wird, ist zur Zeit noch ungeklärt; doch besteht für das deutsche Ratsmitglied nach wie vor die Möglichkeit, den ohne Zweifel von ihm in den vertraulichen Verhandlungen geforderten Kompromiß abzulehnen, falls darin den Haupt- sächlichsten, in der Anklagerede des deutschen Ministers fest gelegten Forderungen nicht Rechnung getragen wird. Zwischendurch Ostafrika-Debatie. In seiner Dormittagssitzung am Donnerstag behandelte der Völkerbundsrat den Bericht des Ständigen Mandatsaus schusses. Bezüglich der Frage der Zusammenlegung des englischen Mandatsgebiets Deutsch-Ostafrika (heute Tanganjika) mit den englischen Kronkolo nien Kenia und Uganda wird in dem Bericht fest gestellt, der Ständige Mandatsausschuß des Völkerbundes müsse sich mit der Frage befassen, sobald die englische Re gierung ihre Entscheidung dem Ausschuß übermittelt habe. Neichsaußenminister vr. Curtius meldete erneut den Vorbehalt der deutschen Regierung zu den Plänen der eng- lischen Regierung auf Vereinigung des früheren deutsch-ost- afrikanischen Gebietes Tanganjika mit den benachbarten eng- lischen Kolonien Kenia und Uganda an. Dabei wies vr. Curtius daraus hin, daß eine endgültige Stellungnahme des Berichtes des Mandatsausschusses zu die ser Frage noch nicht vorliegt, da das bis jetzt von der engli schen Regierung abgefaßte Weißbuch über diese Frage nicht als die endgültige Stellungnahme der englischen Regierung anzusehen sei. Er hoffe, daß die englische Regierung nunmehr ihren Standpunkt dazu bekanntgeben werde. Dann müsse der Bericht des Mandatsausschuffes vor den Dölkerbundsrat gelangen. General Dawes D-rd als Vorsitzender ver in Genf besprochenen Abrüstungs konferenz genannt. ... und dann die Sklaverei in Liberia Weiter befaßte sich der Völkerbundsrat mit dem Bericht der Internattonalen Untersuchungskommission über die Skla- verei in Liberia. Aus dem Bericht, den der polnische Außenminister als Berichterstatter vorlegte, geht hervor, daß die Regierung von Liberia sich verpflichtet hat, u. a. folgende Maßnahmen zu ergreifen: Sofortige Ab schaffung der Haussllaverei, Aufhebung des Pfändungs- systems der Eingeborenen, Verbot der Verschiffung von Ein geborenen ins Ausland, Zuziehung zweier von der amerika- Nischen Regierung ernannter Sonderkommissare zur Re- Organisation der Verwaltung, Rücktritt des Präsidenten King sowie des Vizepräsidenten der Republik von Liberia und die Verpflichtung, sämtliche Empfehlungen der Internationalen Untersuchungskommission anzunehmen. Der Vertreter der Regierung Liberia, der Neger Sottile, suchte in einer langen Rede die Haltung seiner Regierung zu verteidigen. Die Liberia zur Last gelegten Missetaten seien vielfach nicht von libcrischen Beamten begangen worden. Er habe Beweismaterial in der Hand, so erklärte Sottile, daß ähnliche Sklavereizustände auch in anderen Ländern beständen. Die Enthüllungen über diese Zustände würden einen Sturm der Entrüstung in der Oeffentlichkeit Hervorrufen. Lange Dauer der Völkerbundratstagung? Genf. Der Völkerbundsrat hielt am Donnerstagnach mittag eine geschlossene Sitzung ab, in der das Mandat der Saarregierung auf ein weiteres Jahr verlängert wurde. Der englische Außenminister Henderson drückte hierbei die Hoffnung aus, daß die Tagung des Völkerbundsrats am Sonnabend geschlossen werden könne. Or. Curtius sah sich jedoch demgegenüber veranlaßt, festzustellen, der Völker- bundsrat müsse sich mit dem Gedanken vertraut machen, daß die Tagung noch bis in die kommende Woche hinein dauern würde. Die Entscheidung über die großen vor dem Völker bundsrat schwebenden Fragen stehe noch aus. Der englische Außenminister erklärte sodann, daß er durchaus bereit sei, die Verhandlungen des Völkerbundsrats weiter auszudehnen. Er habe lediglich der Hoffnung Aus druck geben wollen, wenn irgend möglich einen Abschluß der Verhandlungen am Sonnabend zu erzielen. Henderson machte die bemerkenswerte Feststellung, daß es sich bei den Verhandlungen über die deutschen Be schwerden gegen Polen keineswegs um einen polnisch- deutschen Streitfall handele. Er als Präsident des Völker bundsrats stelle jedoch fest, daß es sich hierbei um eine unmittelbare Angelegenheit des Bölker- bundsrats handele. Sollte der Berichterstatter für die Minderheitenfragen, der japanische Botschafter, nicht zu einer befriedigenden Regelung gelangen können, so werde er sich als Präsident des Völkerbundsrats gezwungen sehen, in die Verhandlungen einzugreifen, um die Ver antwortlichkeit des Völkerbundsrats festzustellen und eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Es verstehe sich von selbst, daß bem Rot genügend Zeit zur.Verfügung stehen müsse, um di« gesamten schwebenden Das Wichtigste Die 5 Bergleute, die in der Kohlengrube bei Stoke up on Trent ver schüttet waren, konnten im Laufe des Abends gerettet werden. Sie wurden bet Ankuuft an der Oberfläche von der wartenden Menschen menge begeistert begrüßt. Die Vertreter der belgischen Kohlengrnbenbesitzer und Vie Gewerkschaften einigten sich auf eine Lohnsenkung um 5 v. H. ab 1. Februar. Der Washingtoner Senat hat den deutsch amerikanischen Auslieferungs- Vertrag ratifiziert. Verhandlungen vis zum endgültigen Abschluß zu Ende führen zu können. Im Hinblick auf die bisher noch völlig ungeklärte Lage in den Verhandlungen über die Ober schlesien-Frage sowie der ausstehenden Vorschläge des Be richterstatters über die Sklavereizustände in Liberia beschloß der Bölkerbundsrat, am Freitaavormittag keine Sitzung abzuhalten. Er ist zunächst zu Freitag nachmittag, 3 Uhr, zu einer Sitzung einberufen worden. Neuer deutscher Protest in Warschau. Der deutsche Geschäftsträger in Warschau hat Anweisung erhalten, wegen der lleberschreitung der deutschen Grenze im Landkreis Gleiwitz durch polnisches Militär Protest einzu- legen. Die amtliche Untersuchung hat die Richtigkeit der bis her gemeldeten Einzelheiten dieses Zwischenfalles bestätigt. Die Untersuchung Hot ergeben, daß eine Abteilung pol nischer Soldaten aus Rybmk bei Pilchowitz die Grenze be- sichttgtr und daß dann 20 polnische Soldaten mit Gewehren die Grenz« überschritten. Die Polen können also diesmal nicht mit der Ausrede operieren, daß sie in Unkenntnis gehandelt hätten, zumal einpolnischer Grenzbeamter die Soldaten schließlich aus dem deutschen Gebiet zurückrief. Ukrainische Beschwerde beim Völkerbund. Gens. Sämtliche Senatoren und Abgeordneten des Ukrainischen Parlamentarischen Klubs in Warschau haben gleichzeitig mit einer Intervention im polnischen Sejm eine umfangreiche Beschwerde im Völkerbund über die viel er örterte Strafexpedition der polnischen Regierung in der Ukraine eingeleitet. Die Beschwerde gibt an Hand doku mentarischer Unterlagen eine eingehende Darstellung der von den polnischen Staatsbehörden, von Militär und Polizei verübten Greueltaten und Terror- maßnahmen gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine, schildert die blutige Durchführung der Straf expedition und weist darauf hin, daß nach dem Beschluß der Botschafterkonferenz von 1923 die polnische Regierung verpflichtet war, der Ukraine politische Autonomie zu gewähren. Die Beschwerde des Ukrainischen Parlamentarischen Klubs fordert Untersuchung der Vorgänge in der Ukraine durch den Völkerbund und Entschädigung der geschädigten ukrainischen Bevölkerung sowie Bestrafung der schuldigen Beamten. Sturz der französischen Regierung. Mit zehn Stimmen in der Minderheit. Die französische Regierung wurde bei der Abstim mung über vie Interpellation des Abgeordneten Buyat, der für eine von ihm ctngebrachte Entschließung die Priorität verlangt hatte, mit 293 gegen 283 Stimmen in die Minderheit gesetzt und gestürzt. Die Mitglieder der Regierung haben noch am selben Abend dem Staatsprä sidenten ihr Rücktrittsgesuch unterbreitet. Genf und der Sturz des Kabinetts Steeg Ge»f, 23. Januar. Der Sturz des Kabinetts Steeg ist am Sitz der deutschen Delegation im Hotel „Metropol in Ken späten Nachtstunden durch eine telefonische Mitteilung der deutschen Botschaft in Paris bekanntgeworden und wird in den Kreisen der deutschen Delegation lebhaft erörtert. Uebereinstimmend besteht die Auffassung, daß der Gang der jetzt eingeleiteten großen Verhandlungen über die oberschlesische Frage hierdurch in keiner Weise beeinflußt werden kann. Sollte Briand durch den Sturz des französischen Kabinetts gezwungen sein, noch vor Abschluß der Tagung des Völker bundrates abzureisen, so wird der französische Sitz im Völker bundsrat durch einen anderen französischen Delegierten, ver mutlich Massigli, besetzt werden.