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MsdmfferAgMSt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Das ^Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 AM., bei Postbestellung 2 AM. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern lbApfg.AllePostanstalten Wochenblatt für Wllsokuff u. Umaeaend Postboten und unsereAus- träger und Geschäftsstellen . -- nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Apfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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In der Regel kam es auf ihnen zu heftigen Streitigkeiten, dann schließlich zu irgendeiner Einigung, die nun aber aus dem Rücken Deutschlands erfolgte. Jetzt steht eine solche Konferenz wieder bevor, deren Arbeitsgebiet freilich nur die Regelung „technischer" Fragen hinsichtlich der Sach lieferungen sein soll. Nach dem Young-Plan hat Deutschland für das jetzt laufende zweite Jahr Sachliefe rungen im Werte von 443 Millionen zu leisten. Auch dies sind „politische" Schulden, sind ein Teil der Young-Annui täten, fallen also unter das „Schuldenfeierjahr" und müßten demnach eingestellt werden. An sich hätte Deutsch lands Industrie für gewisse Teile dieser Sachlieferungen das Interesse, sie sortzusetzen, weil sie Ausfuhr von Er zeugnissen und Arbeitsmöglichkeiten bedeuten. Auch die belieferten Länder haben große wirtschaftliche Vorteile da von, — aber beides darf natürlich nicht in der Art ge schehen, daß Deutschland diese Sachlieferungen selbst be zahlt. Hoover hat in der Vereinbarung mit der franzö sischen Regierung bekanntlich dementsprechende Forde- rungcn abgelehnt und damit der kommenden Konferenz der Sachverständigen auch das Arbeitsgebiet genau ab- gesteckt. Ei„ amerikanischer Delegierter wird also auf meser Konferenz darauf achten, daß dort nicht auf Schleichwegen eine deutsche Belastung beschlossen wird, die besonders einige osteuropäische, solche Sachliese- rungen N, Empfang nehmende Staaten sehr gern sehen wurden. Auch ihnen würde es sehr leicht fallen, solche Lieferungen und Arbeiten selbst zu bezahlen, wenn sie nur ihre militärischen Ausgaben ein wenig einschränken würden. Und wenn man dort nicht jedem, der vor dem Kriege einen Handwerksbetrieb hatte, jetzt auf Sachliefe runaskonto eine ganze Fabrik hinstellen würde. ' Zahlen müssen wir aber auch in diesem Jahre dteZtns- und Amortisationsverpflichtungen, soweit sie „unpoli tisch" die Gläubiger also nicht fremde Staaten, sondern Privatpersonen — auch Deutsche — sind. Das sind aber einzig und allein die Besitzer von Anteilscheinen der „Dawes"- und der „Young"-Anleihe von 1924 bzw. 1930. Nach dem „Young-Plan"-Jahr 1931/32 - «ungerechnet auf den Zeitraum vom 1. Juli 1931 bis zum 30. Juni 1932 — müssen für Zinsen und Amortisierung der 800- Millionen-Goldmark-D awe s-A nlcihe etwa 86 Mil lionen bezahlt werden. Diese Zablungen hat Deutschland auch im „Schuldenfeierjahr" zu leisten. Das gleiche gilt für die Verzinsung und Amortisation der „Young- Anleihe", die 1350 Millionen Mark beträgt und etwa 60 Millonen Mark Zinsendienst verlangt. Von dieser Summe befinden sich allerdings 400 Millionen in deutschem Besitz; sie sind an die Reichsbahn und die Reichspost überführt worden. Ferner müssen die sogenannten „unauf schiebbaren Zahlungen" geleistet werden, die allerdings sofort wieder an das Reich auf dem Umweg über die Reichsbahn zurückgehen. Gemäß dem Young-Plan mutz diese an sich schon etwa 660 Millionen Mark zu Fahreszahlungen beitragen. Man kann also jene »12 Millionen „unaufschiebbarer" Zahlungen außer Rech- allerdings müssen sie vom 1. Juli 1932 ab verzinst und in 12 Jahren genau so abbezahlt werden, wie ^,ie anderen im „Schuldenfeierjahr" gestundeten Leistun- hätte Deutschland auf Grund des ^ 0 0^ des Zinsendienstes für die Young-Anleihe — 1718,7 Millionen zu za.cken. Außerhalb des Planes hat aber Amerika, das ja weder den —awes- noch den Youna Blau unterzeichnet Hai, M i l l i o n e n. Dabei sind auch dw 21 5 Millionen ei'n- begr ffen, die Belgien gleichfalls auf Grmkd ms S°n- derabkommcns - wegen seiner hält; aber auch dies sind ..Politisches Schufen Deutsch lands und unterliegen der Stunduna ISO L'-LL "s für die Dawes- und die Young-Anleihe era b sich dem nach, daß Deutschland vom i. Im? 193 1 bis zum 30. Juni 1 932 rund 1 635 M llionen nicht zu zahlen brauchl. " " Millionen Das ist natürlich eine nicht z» verachtende Erwarnis aber sie mach, sich beim N e i ch s h a „ s eine Minderausgabe von rund 975 Millionen geltend da ja 660 Millionen von der Reichsbahn ausgebracht werden müßten, die ihr nun letzt ^lasten und. Manmußalso vor finanzlellen Überschätzungen des „Schuldenfeie r, a h res war n e n Es sind unge fähr 10 Prozent der Gesamtausgaben, die für 1931-32 das Reich zu leisten hat, — e/"? die aber nur die Hälfte des laufenden Reichsdefiztts ausmacht. Daß sich hieraus keine unmittelbaren Erleichterungen auch für die Wirtschaft bzw. für den Steuerzahler ergeben, ist ohne weiteres ersichtlich. "v? Erleich ¬ terung entsteht aus dieser Ausschaltung des Zustandes, daß Deutschland 1635 Millionen ohne Gegenleistung an das Ausland zu bezahlen hätte. ^u?.^u^um wird die Gelegenheit sofort wahrgenommen, diese des Young-Planes notwendigerweise durch den ^ersuch zu ergänzen, und erst wirklich fruchtbar zu machen, durch eine große Kreditaufnahme wieder neues Blut in den deutschen Wirtschaftskörper hincinzuleiten. Werr BW in Lon-W und Paris Die Kre-itrun-reise. Luther besucht London, Brüssel, Paris und Basel. Reichsbankpräsident Dr. Luther ist in London einge- troffcn. Er beabsichtigt, nach Beendigung seiner Kredit verhandlungen in London, sich auf der Rückreise zunächst nach Brüssel und später nach Paris zu begeben. Von dort wird Dr. Luther nach Basel fahren, um an der am 13. Juli dort stattsindenden Aufsichtsratssitzung der BIZ. teilzunehmen. Luther mit Montague Norman in London und Paris Der Besuch des Reichsbankpräsidenten Dr. Luther in London hat nur 1)4 Stunden gedauert. Von dem Flug platz in Croydon begab er sich sofort aus die deutsche Bot- fchaft, wo er sich über die Lage, wie sie sich vom Londoner Gesichtspunkt aus ansicht, unterrichten ließ. Er benutzte den von London nach Basel abgehenden Zug, um mit dem Gouverneur der Bank von England Montague Nor man zusammen zu fahren. Dr. Luther trifft in Beglei tung des Gouverneurs der Bank von England, Montague Norman in Paris ein. Die Tatsache, das; sich auch der Gouverneur der Bank von England nach Paris begeben hat, scheint darauf hinzudeutcn, daß man in englischen Kreisen dem Plan eines internationalen langfristigen Kredits für Deutschland sehr freundlich gegenübersteht. Der Zweck des Besuchs von Dr. Luther wird in der Londoner Presse eingehend erörtert. Man erwähnt zwei Mögleichkeiten, einmal daß Luther den Gedanken einer langfristigen Anleihe in Höhe von einer Milliarde Mark zur Sprache bringen werde. Diese Auffassung gilt jedoch in eingeweihten Kreisen als die unwahrscheinlichere, diese rechnen vielmehr mit der Möglichkeit, daß Dr. Luther die Eröffnung eines Kredits erörtert hat, worüber schon in diesen Tagen private Besprechungen mit einer Bantcngruppc sowohl in London Wie in Newyork stattgefunden haben sollen. Luther in Paris eingetrosfen. Ohne Montagu Norman. Reichsbankpräsident Dr. Luther traf von London kom mend in Paris ein. Beim Eintreffen des Zuges wurde der Gouverneur der Bank von England, den man allge mein in Begleitung des Reichsbanlpräsidentcn vermutete, von keiner Seite bemerkt. * Das Reich verzichtet auf Verlängerung des Schatzanwcisungs Kredites. Amtlich wird mitgteilt: Das Reichsfinanzministerium hatte kürzlich durch die Reichsbank mit einer inländischen Banken gruppe einen Schatzanweisungskredit abgeschlossen, der bis zu 250 Millionen Mark betragen sollte, aber nur mit 184 Millionen Mark in Anspruch genommen worden ist. Die Fälligkeit dieses Betrages war für den 16. Juli vor gesehen mit einem Prolongalionsrcch» zugunsten des Reiches. Aus Grund der durch den Hoover Plan eintretcnden Erspar nisse und entsprechend der von der Ncichsregierung abgegebenen Erklärung, diese Ersparnisse zur Verminderung der schweben den Schulden zu benutzen, ha« das Reichssinanzministcrinm sich entschlossen, von dein Prolongationsrccht keinen Gebrauch zu machen. Demnach wird der Betrag von 184 Millionen Mork an« 16. Juli dem Geldmarkt wieder zugeleitet. * In unterrichteten Kreisen sieht man in dieser Maßnahme der Reichsregierung einen Beweis des vollen Vertrauens in die Hoover-Aktion, da man überzeugt ist. daß die im Feierjahr eingcfparten Beträge vollaus ausreichen werden, um die voraussichtlichen Fehlbeträge im Retchshaushalt und in den anderen Haushalten auszugleichen. Die gegenwärtig schwebenden Verhandlungen über einen großen Auslandskredit sind also nicht etwa zur Ausgleichung der Haushalte gedacht, sondern sie haben ähnlich wie die Ausfallbürgschafi der inlän dischen Wirtschaflsunlernebmungen den Zweck, das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft und Bankwell zu stärken, eingesrorcnc Kredite wieder flottzumachcn, die Wirtschaft wieder zu beleben und dem Abfluß der Devisen endgültig Einhalt zu tun. Ooovrr-Plan unck Ubrultung Die Gegenrechnung. Politische Zugeständnisse vo» Deutschland verlangt. Die Hoffnungen Deutschlands, daß das Schulden- feierjahr die Einleitung sein würde zu einer allgemeinen Aufrollung und Neuordnung der Reparationen und Kriegsschulden, scheinen zum mindesten verfrüht zu sein. Die Erklärung des amerikanischen Unterstaatssekretärs Castle, daß Hoover anfänglich die allgemeine Herabsetzung der politischen Schulden vor zuschlagen beabsichtigt habe, hatte allgemein den Eindruck erweckt, daß das einjährige Schuldenmoratorium lediglich als Auftakt einer substanziellen Reduzierung der Re parationszahlungen und der interalliierten Schulden ge- dachl sei. Der heftige Widerspruch, den diese Auslegung im Lager der unbedingten Revisionsgegner unter den Kongreßmitgliedern ausgelöst hat, veranlaßte Castle, aus einem Presseempfang, anscheinend auf Veranlassung Hoo vers, seine Erklärung zu widerrufen. Der Unterstaats sekretär betonte, daß Hoover zu keiner Zeit „irgend ein e st ä n di g e R e v i s i o n" der bestehenden Schulden abmachungen vorgeschlagen oder in Erwägung gezogen habe. Zweck des Hoover-Planes sei lediglich gewesen, die durch die Weltdepression hervorgerufene wirtschaftliche Bürde zu erleichtern. Die Washingtoner Regierung habe ihren Standpunkt in der Erklärung Hoovers vom 20. Juni klar zum Ausdruck gebracht. Die Unantastbarkeit aller Schnldenabmachungen sei während der Verhand lungen ständig ausrechlerhalten worden. Im Gegensatz zu dieser Berichtigung steht eine Äußerung eines anderen amerikanischen Politikers. Der Staatssekretär im Wilson- Kabinett, Bainbridge Colby, erklärte in einer Unter redung, daß ein einjähriger Zahlungsauf schub Deutschlands Kredit zwar vorübergehend stärke, jedoch keineswegs das WeUwirtschastsproblem der Lösung näherbringe. Der Hoover-Plan sei lediglich eine ver spätete Anerkennung der Tatsache, daß Amerika untrenn bar mit dem Geschick der übrigen Welt verbunden sei. Der Young-Plan sei „mausetot" Oven Young selbst habe über den Zahlungsplan das Urteil gesprochen, als er zugab, daß der Sturz der Warenpreise die Re parationsbürde des deutschen Volkes über das erträgliche Maß hinaus steigern werde. In einer Wochenschrift erklärt Borah, daß die Schuldenstreichung widersinnig sei, so lange Europa weiter rüste und die Sieger die Besiegten demütigen wollen. Die mit Kriegsgeist getränkten Friedensverträge verhinderten den Wiederaufbau Europas; sie müßten da her durch gerechte Verträge abgelöst werden. Die letzte Äußerung läßt vielleicht den Schluß zu, daß Hoover doch noch einen allgemeinen Abbau der Reparations zahlungen und der interalliierten Schulden im Auge Hai, sich aber diesen Trumps vorbehält für die A b r ü st u n g s- konserenz, zu der die amerikanische Regierung jetzt vom Völkerbund eine Einladung erhalten hat. Im übrigen scheint man jetzt daran zu gehen, Deutsch land die Gegenrechnung vorzulegen für das ihm angeblich gezeigte Entgegenkommen. Offensichtlich aus deu Einfluß höherer Stelle« hi» fordert die englische Presse von Teulschland als Gegenleistung für die Hilse, die es durch das Hoover-Moratorium erhalte, von sich aus frei willig zur Verbesserung der europäischen Atmosphäre beizulcagen. Deutschland soll, wie die „Times" und der der Regierung besonders nahestehende „Daily Herald" übereinstimmend sagen, von sich aus er klären, daß es die Arbeiten an dem neuen Panzer- schifs „Ersatz Elsaß-Lothringen" während des Hoover- Moratoriums und die österreichisch-deutsche Zollverein« gung bis aus weiteres verschieben will. * Oie Rüstungsausgaben und die Wirischastskrise. Die Atempause zur Überlegung. Unlerstaatssekrelär Castte sprach tm Rundfunk vor Millionen von Hörern über Vie Geschichte und Bedeutung ves Hoover- Planes. Die Rede war im wesentlichen eine Wiederholung dessen, was in den amtlichen Verlautbarungen ves Staatsdepar tements zum Ausdruck gekommen ist. Besondere Beachtung verdient die Bemerkung des Unierstaatssekrelärs, vatz die durch die französischen Vorbehalie hervorgerufene Ver schleppung der Pariser Verhandlungen eine neue Depres sion aus den Welimärkien und miibin neue Störungen in Deutschland zur Folge gehabt habe. Castle betonte erneut, vaß Hoover keineswegs eine dauernde Revision der bestehenden Schuldenverträge in Erwägung ge zogen habe Das Moraioriumsjahr solle eine Aiempause sein, Deutschland Gelegenheit zu geben, sein Haus in Ordnung zu bringen. Das Reich habe versprochen, das dadurch ersparte Geld ausschließlich für Hausbaltzwecke und nicht für mili tärische Ausgaben zu verwenden. Man beginne in der Well zu verstehen, vaß Vas Wohlergehen Ves eigenen Lanves von dem Wohlergehen und nichi dem Elend der Nachbarländer abhänge. Castle kam dann weiier aus die R ü st u n g s a u s g a b e n zu sprechen und erklärte, daß diese ungeheure Last ein weit wesent licherer Faktor der Wirtschastskrtse sei als alle politischen Schulden. Die amerikanische Regierung hoffe, daß die vor übergehende Enihcbung von den Zahlungsverpslichiungen in allen Länvcrn ein Gefühl gegenseitigen Veraniworiungsbe- wußtseins erzeugen werde, mit Entschlestenheu und Stärke