Volltext Seite (XML)
alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Zwangsbergleich erlischt jeder Anspruch aus Nachlaß. Nr. 270 — 94. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Drahtanschrift: „Tageblatt Dienstag, den 19. November 1935 Postscheck: Dresden 2640 M Der neue Oberbefehlshaber der italienischen Truppen. (Wagcnborg-Bildarchiv.) Tanks schwer zu befahren sein. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt „Vas moärrntte paraäies üer Arlt!" Ein bemerkenswerter Auqenzeugenbericht ans der Sowjetunion im Berner „Bund" zahlreiche Tankfallen angelegt. Auf diese Weise sind vier italienische Tanks erbeutet worden. General Graziani bemüht sich, Verstärkungen heran zuziehen, da er noch unbedingt im Winter, ehe die neue Regenzeit einsetzt, bis nach Harrar vordringen will. Im Norden wird der abessinische Kleinkrieg im Rücken der italienischen Divisionen fortgesetzt. Nachdem der neue Oberkommandierende Marschall Badoglio sich in Neapel nach Ostafrika eingeschifft hat, wo er um den'25. November herum erwartet wird, ist nach diesem Zeitpunkt mit einer größeren italienischen Offensive im Norden von Abessinien zu rechnen. Eine italienische Zeitung veröffentlichte eine Warnung an die in Eritrea beschäftigten italienischen Straßenbauarbeiter, deren Verträge jetzt ablaufen und die wegen Verzögerung ihrer Heimbeförderung unruhig geworden sind. Die zuständigen militärischen Stellen mahnen zur Disziplin im Interesse des italienischen Vor marsches und drohen scharfeMaßnahmen gegen Zuwiderhandlungen bei der Heimkehr nach Jtalftn an. Ans Anlaß des Sanktionsbeginns waren am Montag in ganz Italien die Fahnen g c h i ß t worden als einmütiges Bekenntnis Italiens zu entschlossener Gegenwehr gegen die Sanktionsstaaten. In Rom sam melten sich Studenten zu großen Umzügen durch die Stadt, um gegen alles Fremdartige eine Art Razzia zu deranstaltcu. Das englische Konsulat und englische Geschäfte waren durch feldmarschmäßig aus gerüstete Soldaten geschützt. Ebenso sorgte ein großes Karabinicri aufgebot für den Schutz der englischen und französischen Botschaft. In allen Städten und Dörfern wurden an den Ge meindehäusern zur Erinnerung an den 18. November 1935 Gedenktafeln angebracht, die, wie es in einer aus der diesjährigen Hcrbsttagnng des Großen Faschistischen Nates angenommenen Entschließung heißt, — das Datum des 18. November 1935 für alle Zeiten als ein Datum der Schmach und der Ungerechtigkeit in der Weltgeschichte festhalten sollen. In R o m und in den anderen Städten herrschte seit den frühen Morgenstunden ungewöhnliche Belebung. Umzüge mit Tausenden von Teilnehmern, hauptsächlich der studierenden Jugend, hatten sich schon in den frühen Morgenstunden gebildet, um den feierlichen Protesten des Großen Faschistischen Rates und der für Tissenschaft und Kunst führenden Königlichen Akademie dor der Weltöffentlichkeit noch besonderen Nachdruck zu verleihen. Geschäfte in Rom, die noch nicht ihre englischen Firmenaufschriftcn entfernt hatte», wurden ge zwungen, diese zu beseitige«. Häuser, die früher im ausländischen Besitz waren oder ^isländische Waren verkauft hatten, hatten ebenfalls reichlichen Flaggenschmuck angelegt. Die wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen Italiens haben ebenfalls in vollem Umfange sin- Sesetzt. Die Zollämter an den Grenzen und in den Häfen haben strengste Anweisung erhalten, nur noch solche Taren passieren zu lassen, die bereits am Sonntag nach Italien abgesandt worden waren. Die Sparmaßnahmen werden in allen staatlichen und Privaten Betrieben unter peinlichster Genauigkeit durchgesührt. Alle großen Firmen haben bereits aus Ersparnisgründen durchgehende Arbeitszeit eingeführt. Mitte der Woche Merden auch die Banken folgen. In ganz Italien Wird eine systematische Sammlung von Alteisen und anderen Metallabfällen durchgeführt, besonders die Schuljugend beteiligt sich an der Ältmetallsammlung. Aus Rom wird gemeldet, daß das Land fürs erste Segen den Wirtschaftskrieg erfolgreich gewappnet ist. Mit den kriegswichtigsten Rohstoffen ist Italien auf geraume Zeit eingedeckt. Eine unmittelbare währungspolitische Gefahr scheint vor erst auch nicht zu bestehen. Unter diefen Umständen glaubt Man, daß die ersten ernsten Rückwirkungen des Wirtschafts krieges sich im eigenen Lande nicht früher zeigen, als die ersten ernsthaften Störungen im Wirtschaftsleben der Sanktionsstaaten. Opserattion der ttak'enifchen Frauen. Um dem Ernst der Lage Rechnung zu tragen, begann am Montag in ganz Italien auch eine groß zügige Opferaktion. Die goldenen Ehereifen Merden gegen Trauringe aus Eisen eingetauscht. Diese eisernen Ringe tragen das Datum des 18. November 1935 und die Inschrift: „Die Antwort der italienischen Frauen an Genf". Der italienische Boykott Segen ägyptische Waren hat bereits eingesetzt. Nach Ostafrika fahrende italienische Dampfer Meigerten sich, in Ägypten, wie üblich, ihre Vorräte an Zigaretten und anderen Waren anfzufrischen. Giarker abessinischer Widerstand. Nach der Ankunft Marschall Badoglios neue italienische Offensive. Ich habe gesehen, wie arme Arbeiter in Staats restaurants essen. Der Ekel stieg mir hoch; denn was hier den Arbeitern vorgesetzt wurde, war nicht einmal gut genug für Hnnde." In einem Aufsatz, der die Überschrift „Die gesetz geberische Perlenkette in Sowjetrutzland" trägt, beschäftigt sich der „Bund" ferner mit der Gesetzgebung in der Sowjetunion, vor allem mit dem Arbeitsrecht. Das Blatt stellt dabei u. «. fest, daß kein Kulturstaat in Europa es wagen dürfe, solche Bestimmungen über das Arbcitsrecht aufzustellen, wie sie in Sowjetrußland in Kraft sind, ohne der Gefahr einer Revolution ausgesetzt zu werden. Ferner wird darauf hingewiesen, daß wichtige arbeits- rechtliche Bestimmungen, die das Proletariat von jeder Ausbeutung befreien sollen, in der Sowjetunion in Wirk lichkeit längst überholt und durchbrochen sind. So bestimmt u. a. der sowjetrussische „Arbeitskodex" im Art. 37, daß Lohnarbeiter nicht ohne ihre Zustimmung von einer Arbeitsstätte nach einer andern abtransportiert werden dürfen. Diese Bestimmung ist bereits dahingehend ab geändert worden, daß Arbeiter von einem Ort an den andern abtransportiert werden können, falls „die Pro duktion es verlangt". Dadurch ist die Zwangsarbeit rechtlich sanktioniert. Eine weitere ungeheuerliche Bestimmung setzt fest, daß der Arbeiter, wen», er mit seinem Verschulden Ausschußware herstellt, kein«, Lohn erhält, und nur die Hälfte des Loh nes erhält, wenn dies ohne sein Verschulden geschieht. Eine entsprechende Regelung ist für B e t r i e b s st ö r u n- g e n vorgesehen. Schließlich weist der „Bund" darauf hin, daß in der Sowjetunion Felddiebstähle mit dem Tode durch Erschießen bestraft werden und daß durch ein Gesetz vom 7. April 1935 sogar Zwölfjährige zum Tode verurteilt werden können. Italiens Ssnktionsabwehr. Trotze Protestumzüae — Die ersten wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen — Bereits Boykott ägyptischer Waren. Auch Abschneidung -er Olzusuhr nach Italien. Die Auslandspresfe steht ebenfalls völlig im Zeichen des Sanktionsbeginns. Nach einer Meldung der englischen Zeitung „Daily Telegraph" beschäftigt sich der Völkerbund bereits mit der Anwendung weiterer wirtschaftlicher Sanktionen. Bor allem soll die Olzu fuhr nach Italien ab- 8eschnitten werden, eine Maßnahme, die Italien am Wirksamsten treffen und zu einem militärischen Stillstand sn Abessinien bringen dürfte. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika hätten die Zusiche rung gegeben, „den Rina um Italien nickt zu durck- brechen". Das Ergebnis der verschiedenen Verhandlungen in der letzten Woche zwischen dem englischen Botschafter in Rom. SirErieDrummond. und Mussolini so schreibt „Daily Telegraph", sei ein glattes Nein von britischer Seite. „Nicht ein Kriegsschiff kann vorläufig aus dem Mittelmeer zurückgezogen werden." Aeue englandfeindliche Kundgebungen in Ägypten. Polizeiliche Sicherungsmaßnahmen für die Beisetzung der sieben Todesopfer. In Ägypten haben erneut englandfeind liche Kundgebungen eingesetzt, so in Alexandrien, in Kairo und verschiedenen ägyptischen Provinzstädten. In erster Linie beteiligten sich an den Kundgebungen ägyptische Studenten. Die Demonstranten würden überall von der Polizei zerstreut. Allerdings ist ein neuer-Todesfall zu beklagen, womit die Zahl der Todesopfer der ägyptischen Unruhen auf ach, ge stiegen ist. Für die Beisetzung der sieben Todesopfer der ägvptischen Unruhen waren von der Polizei die n o t- w end ig en Sicherungsmaßnahmen getroffen worden. Inzwischen hat die Wafdpartei den Ministerpräsi denten Nessim Pascha ausgefordert, zurückzutreten. Es wird jedoch nur eine Umbildung des Kabinetts er wartet. Die Vereinigung ägyptischer Rechtsanwälte wird „als Protest gegen Englands Einmischung in Ägyptens Angelegenheiten" am Don nerstag in den Streik treten. Der Führer der Wafd- partci, Nahas Pascha, erklärte, daß Ägppten Eng- lands Verbündeter und nicht sein Vasall sein wolle. Die Ägypter seien keineswegs italiensreund- l i ch und wollten in keiner Weise aus der internationalen Lage Kapital schlagen. Ein ägyptisches stehendes Heer in einem mit England verbündeten, unabhängigen Ägypten würde für England zum Schutz der Grenzen von unschätz barem Wert sein. Dann könnte heute bereits eine Armee von 109 000 Mann aufgestellt sein, und England brauchte sich nicht der Mühe zu unterziehen, seine Soldaten nach Ägypten zu schicken. Die Italiener stoßen jetzt in Abessi nien sowohl im Nor den als auch im Sü den a u f den hef tigsten Wider- stand. Im Süden bei Sasabaneh in der Ogadenwüste ha ben die Italiener mit den besonderen Schwie rigkeiten zu kämpfen, daß Wolkenbrüche das Land in einen See von Schlamm verwandelt haben, in dem einige Dutzend von italieni schen Tanks steckenge blieben sind. Außerdem wird das Gebiet, dem Italiener sich jetzt ge nähert haben, wegen des Gerölls und der vielen kleinen Hügel für die italienischen Die Abessinier haben Nationale Tageszeitung für ^andwirtschost und U Tageblaii" „schein, Werktags nachm. s uhr. B-zugspr. m°naU.2RM. frei Haus, bei Postbestellung NM. zuzügl. Bestellgeld. Einzelnummer lo Rpf. Alle Postanstaltcn, Postboten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend sonstiger"B?mA Anspruch ' — auf Lieferung der Zci- "mg oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto bcilicgt. Der Berner „Bund", eine schweizerische Zeit schrift, veröffentlicht unter der Überschrift „Das modernste Paradies der Welt" einen Bericht über die Zustände in der Sowjetunion, der dadurch um so bemerkenswerter ist, als der Verfasser, der Forschungs reisende Vitorio Larco Herrera aus Lima, früher einer der eifrigsten Verfechter der bolschewistischen Lehre in seiner Heimat war, aber nach einer Studienreife nach Rußland zum schärfsten Feind des Sowjetsystems gewor den ist. Er hat nach dem Bericht des „Bund" einem Mit arbeiter der in Lima (Peru) erscheinenden Zeitung „La Cronica" gegenüber u. a. erklärt: „Was heute in Rußland regiert, ist einvöllig ab surdes System; es herrscht dort kein Sozialismus, sondern eine erschreckende Tyrannei. Das, was ich sah, war für mich eine furchtbare Enttäu schung. Ich habe in Rußland niemanden angetroffen, der noch herzhaft lachen kann. Alle Menschen klagen und leiden, überall traf ich düstere Unzufriedenheit, -die von den Polizeiorganen trotz allem Eifer nur mit Mühe zu unterdrücken ist. Im ganzen Lande herrscht eine geladene Spannung. DieBombeist explosionsreif und kann jeden Augenblick platzen. An dem Tage, da in Rußland eine neue Revolution losbricht, wird die Welt mit Entsetzen erfahren, wie das russische Volk von seinen Henkern und Scharfrichtern gefoltert wurde. Mit den russischen Methoden kann man ein großes Volk nie und nimmer lebend erhalten. Kein einziges ausländisches Buch, keine fremdlän dische Zeitung oder Zeitschrift darf über die russische Grenze! Rußland hingegen verschickt Tausende und aber Tausende von Propagandaschriften in alle Weltteile. In wider wärtig verlogenen Sätzen werden in diesen Broschüren die großen Errungenschaften einer Tyrannei verkündet, die dem russischen Volk das einzige Glück verschafft bat — H uNLers fterb en zu d ürken. - Anzeigenpreise laut aufliegender Preisliste Nr. 5. — Ziffer.Gebühr: 2Y Rpfg. — Porgeschrie- bene Erscheinungstoge und Platzwünsche «erden nach Möglichkeit berücksichtigt. — A n z e i g e n - A n n a h m e bis vonniftags w Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf ubermit- Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 telten Anzeigen überneh. men wir kein« Gewähr. — — Bei Konkurs und