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SS. Jahrgang. O 277. Sonntag, S. Oktober ISIS. Drahtanschrift: Nachrichten »re»«». Fernlprrcher-Sammelnumnier: »»»LI. Nur sür Rachtgesprüch«: LVÜU. /L -77S/ /V^/77//»/^ /7/VAS /(K-F ^Ä7^/ Lchrtsttettuag und KaupIgcick»Lft»Ilelle. Nlartenstraste 98 40. Druck u. Verla« von titrvlch L Reichorvt >n Dre.de». Postscheck Kon,o I»!k»5. Help»!«. No,kkiosiNsiv »lerlehOhr»» In Dre,den und »«rorien bei m,eim<uia« Zuttnaun, ,an Sonn, und Monio,en nur I Dt» einio-liiM Zeile (ciwa S Tilden» »b Pf.. Börnig,»»«« u. «n,eigen in Nummern Eonn-, DLAUg3»tVLt)Us)I. einmal» lowl, bei elnmaii,«r Znsiellun, durch die Posi (ohne «esiellgeld, «.« M. monoil. I «I M. I Felerlagen tt.Tarll L0°/o reuerungipilchlag — rluew.Aulir. geg. Borauede»>dl - Se.egdl. lvP Ilachdrieck nur «tt »euiilch«, Ouellenangad« i.Dreidner Nochr.'» puliflg. — Unoeriangie LchriiiliOcke werden nichi aufdewal,:!. Mer-MllvleiMreil ln allen orösten und besten /Zuführungen Kakkee 1^35130 Leestr. dlattnnittage: Salon und Opernmuaitz, »denck»; weiteres Programm. Kaelno-Kapelle, l.eltung Konrertmelster Kost. Im beliebten Weins,ion „Irisnon": 2eitgem3ke^uslkvorträge. istinümiütelliinr kill» «lcliter. M'- Lonclsk-^usstsIIurix: »HN »SeNrlreNar ß-an^eNr Im Orten öilktoi' von Wslilsr ekvistll« Semslrts von Prot. Lurt Skosviug, Serlin. N. Me des Reichskanzlers - Friedensangebot Klnvetstöavuls mit Wilsons Frievensprogramm.- Völlige Wiederherstellung veigiens. - Kundgebung des Kaisers an das Heer und die Marine. - Vie Thronbesteigung des Zaren Boris von Bulgarien. - Ser Bund der Landwirte sür den Abbau der zvangswirtschast. Vas Friedensangebot au Wilson. Im Verlause seiner Ncichstagsrede machte der Reichs kanzler Prinz Max von Baden unter lebhafter Spannung -es Haukes folgende Mitteilung: Tank dem unvergleichlichen Heldenmntc »nserer Armee ist die Front im Westen ungebrochen. Dieses stolze Benins,tseiu lädt uns mit Zuversicht in die Zukunst sehe». Merode deohalb ist cö aber auch unsere Pflicht. Gewissheit darüber herbcizuführcu. ob das »vfervolle mutige Riugen nicht eine« einzigen Lag über den Zeitpunkt hinausgcsührt wird, wo uns eiu Abschluss des Krieges möglich erschein«, der unsere Ehre nicht berührt. Gestützt auf das Einverständnis aller dazu be- rusencu Stelle» des Heiches uno aus die Zustimmung der gemeinsam mit »»S haudeluden VuadeSgenosse», habe ich in der Nacht zum S. Oktober b»rch die Rermittlung der Schweiz a« beu Präsidenten der Bereinigten Staate« von Amerika eine Note gerichtet, in der ich ihn bitte, 'ic Herbeiführung des Friedens in die Hand zu nehmen und hierzu mit allen kriegführenden Staaten in Verbindung zu treten. Die Note trifft heute oder morgen in Washington eiu. Eie richtet sich an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, weil dieser in seiner Kongreschotschast vom ft. Januar tlitft und in seinen späteren Kundgebungen, besonders auch in seiner Ncnnorker Rede vom S7. Sep» temder» eiu Programm für den allgemeinen Frieden ausgestellt hat, das wir als Grundlage sür di« Ver handlungen annehmen können. sW. T. VF Der Kaiser au Heer uud Marine. Berlin, ö. Okt. «Amtlich.» «e. MaseDllt der Kaiser hat nachstehenden Erlass an das deutsche Heer »nd die deutsche Marine gerichtet: Leit Monaten stürmt der Feind unter gewaltiger Krastaustrengung fast ohne Kampfpause gegen Eure Viuien an. In mochenlangcm Ringen, vielfach ohne Ruhr, müht Ihr anoharren nnd dem an Zahl weit überlegene» Feinde die Stirn biete». Darin liegt die Grosse der Ausgabe, die Euch gestellt ist uud die Ihr eriüüt Lruppen aller deutschen Stämme tun Ihre Lchutdigkcit und verteidigen ans fremdem Voden dcldephast ihr Vaterland. Hart ist der Stand meiner Flotte, um sich den vereinten feindlichen Sccstreit- krästen zur Geltung zu bringen nnd in unermüdlicher Arbeit die Armee i» ihrem schweren Kampfe zu unter stütze«. Mit Stolz »nd Bewunderung sind die Augen der Heimat aus die Late» deo Heeres «nd der Marine gerichtet. Ich sage Euch meinen nnd de« «aterlandes Dank. Mitten in das schwerste Riugen fällt der Zu sammenbruch der mazedonischen Front. Eure Front ist ungebrochen und wird es weiter blei ben Ich habe mich im Einvernehmen mit unseren Verbündeten entschlossen, dem Feinde nochmals den Frieden anzudietcn. Doch nur zu einem ehrenvollen Frieden werden wir die Hand reichen. Das schulden wir de« Helden, die ihr Veden für das Vaterland gelassen haben, das schulden wir unseren Kindern. Ob die Wasfcn ruhen werden, steht noch dahin. Bis dahin dürft Ihr nicht erlahmen. Wir müssen, wie bisher, alle Krast daran setzen, dem nuermüdliche» Ansturm des Feindes stand, znhalten Die Stunde ist ernst, «der wir fühlen »ns im Vertrauen aus unsere Krast nnd Gottes gnädige Hilse stark genug, unsere geliebte Heimat »n verteidi- gen. gez. Wilhelm I. ii. sW. T. B.s Ver öeullÄe Abenvberlcht. «erkin. ». Okt., abends. «Amtlich. W D. V s Nördlich von St. O. «ent in «nd in der Lha«, »agne wurden heftige seindliche Angriffe abgewiese«. Ebeuso ist zwischen den Argonue« «nd der Maas der «tt starken Kräften fortgesetzte Anstnrm der Amerikaner »»scheitert. WM« alr Schiedsrichter. Die erste Tat des neuen Reichskanzlers galt dem Frie den. Man möchte das gern bcgrühcn. möchte dem Manne Dank sagen, der den Versuch macht, Deutschland aus dem Kriege herau^zubringen. Wir können es nicht, weil wir die drückende Sorge nicht loswerdcn, bah mit diesem Frieden Deutschland nicht gedient sein kann. Der Reichs kanzler richtet an den Präsidenten der Vereinigten Staaten eine Note, in der er ihn „bittet", die Herbeiführung des Friedens in die Hand zu nehmen und hierzu mit allen kriegführenden Staaten in Verbindung zu treten. Der Kanzler nimmt zur Rechtfertigung dieses Schrittes Bezug aus Wilsons Botschaft vom 8. Januar 1918 und auf seine Rede vom 27. September 1918 in Ncuqork. Diese Rede ist unseren Lesern bekannt. Die Botschaft vom 8. Januar ent hielt die bekannte«, 14 Punkte, deren wichtigste sind: Frei heit der. Metre. .Beseitigung der wirtsd-astlichen Schrapken, Abrüstung, koloniales DclbstbestimmungSrecht, bann: Räu» muvg des gesamten russischen Gebiets, SHu- mung und Wiederherstellung Belgiens, Wiedergut machung des „Unrechts" an Eliass-Lothringcn, .Lierichti- guftg" der italienischen Grenzen, Unabhängigkeit Polens mit einem Zugang Polens zur See, und schliesslich Völkerbund. Das MehrhcitSprogramm ist unseren Lesern ebenfalls bekannt. Es ist ausgestellt worden in der Sitzung der sozial demokratischen Parteileitung in der vorigen Woche und wurde mit nur geringfügigen Aenderungcn von den Mchr- heitsparteiey angenommen. Auf diesen Boden hat sich Prinz Max von Baden gestellt. Er will einen „Rechts- frieden" und glaubt, nur mit den Parteien zusammen- arbelten zu können, die diesen Rechtsfrieden immer gewollt haben. Der Prinz hat damit seine frühere Stellung in gewisser Weise modifiziert, hat sich Herrn Scheidemann an- geglichcn. Denn vordem hat er einmal erklärt: „Macht allein kann uns die Stellung in der Welt nicht sichern, die uns nach unserer Auffassung gebührt." Dem konnte man zustimmen. Das Recht, verbürgt und geschützt durch die Macht. — das sollte der Polarstern sein, der die Rich tung wies für den »tnrs des Rcichsschifses. Heute gilt nur noch das „Recht". Was aber ist Recht, was ist Wahrheit? Hat Belgien, daS, wie doch zweifellos fcststcht und wofür eine Fülle von Zktzgnisscn auch ans belgischen Quellen vorliegcn, schon jahrelang vor dcin Kriege mit unseren Feinden kon spiriert hat. — hat dieses Belgien ein Recht auf Ent schädigung durch das deutsche Volk? Must das deutsche Volk Strafe dafür bezahlen, das, es, wie uns noch kürz lich von dem Vorgänger des jetzigen Reichskanzlers ver sichert wurde, von dem ungeschriebenen Recht der Not wehr Gebrauch gemacht hat? Ist der Friede, der eine solche Bedingung enthält, auch ein Rechtssriede sür das deutsche Volk? Weiter: Wir sollen die östlichen Gebiete freigebcn. In den Ostsccprovtnzcn herrscht seit Jahrhunderten deutsche Kultur. Die. man »nag sagen, was inan will, staaiörechtlich allein zuständigen Körperschaften des Baltikums haben sich für den Anschluss an Deutschland erklärt. Tic deutsche Regierung hat zugestimml. Entspricht cs dem RcciitScmp finden des deutschen Volkes, wenn diese Beschlüsse nun schlechtweg Uber den Haufen geworfen, entspricht cs. dem natürlichen Rechtsempfinden, wenn Millionen von Deut schen nun einfach prcisgegeben werden, wenn sie, nachdem wir sie erst aus fürchterlichster Schreckensherrschaft be freit haben, nun wieder zurückgestostcn werden in die russische Finsternis, oder auSgcliefcrt werden englischer Willkür? Nein, das alles widerspricht dem elementarsten Rechtsgefühl, das alles widerspricht auch dein „Verant wortungsgefühl gegenüber der Menschlieit", das der jetzige Reichskanzler einmal betont hat. Must nicht das Ver antwortungsgefühl gegenüber der Menschheit zur not wendigen Voraussetzung haben, ein sehr lebendiges Ber- anIwortungSbewiisttsein gegenüber dem eigenen Volke? Das haben wir bei Herrn Scheidemann vst vcrmistt. Nur einmal konnten wir cs auch bei ihm seststellen: an jenem Tage, da er hier in Dresden davon sprach, dast, wenn es zu einen, Zusammenbruch komme, die deutsche Arbeiter schast am tiefsten unter de» krümmer» beginnen sein werde. Wir möchten de» Herr» Staatssekretär heute an dieses Wort erinnern und ihn um Ausklärung darüber ersuchen, wie er sich da» Leben und die künftig,' Entwicklung des deutschen Volkes vorstellt, welchen Plan er bat zur Ab- bürdung der ungeheure» Kriegsschuld, zum Wtederaufbäu unseres völlig zerstörten Handels und unserer Industrie, die doch einem Millivncnhccr von Arbeitern Brot schasse:, soll. Womit sollen den Kriegsbeschädigten und ^unter bliebenen die Renten bezahlt werden, wenn Teutichland nicht mit einer vergrösterten, sondern künstlich verkleinerten Wirtschaftsbasis aus dem Kriege hervorgebt, wenn zu inner ungeheuren Schuldenlast auch noch die Kosten »ür die Enk schädig»»« Belgiens treten? Wer entschädigt daS deutsche Volk für die ungeheuerlichen Kriegsopfer, die kvm auserlegt worden sind durch den feindlichen Ncberfall. Tenn überfallen worden sind mir doch, das hat. um nur ein Beispiel zu nennen, der Suchvmlinow-Prozess ausc- beutlichstc dargetan. . Der Reichskanzler beton:, unsere Front i«> uv gebrochen, mit stolzem Bcwusttsein könnte» wir in Die Zukunft blicken. Das glauben wir auch, wir glauben sogar, dast unsere militärische Lage viel besser ist. als sie von den, wie ein Berliner Blatt kürzlich sagte, emei Massenhysterie erlegenen Neichstagsabgeordneten angeiehen wird. Und doch wird Willon letzt als Schiedsrichter über Sen RechtSsriede» deS deutschen Volkes anerkannt? > Ver Verlaus der Belchstagssltznng. iDrahtmeldung unsrer Berliner Schrlstlettn»».« Berlin, 5. Okt. DaS Haus ist voll besetzt, die Tribünen überfüllt. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung zunächst mit geschäftlichen Mitteilungen und fährt dann fort: Seitdem wir am 19. Juli voneinander geschieden, haben sich Ereignisse zngetragen, die uns Sor,ze bereiten. Unsere We st armer ist auS einer stürmischen Offensive in die Defensive und eine langsame Nückwärtsbcwcgung übcrgcgaiigcn. Seit Wochen stürmen immer neue Scharen unserer Feinde und ihrer zahlreichen Hilfsvölker gegen den von unseren tapferen Truppen gebildeten Wall. Wir sind der festen Zuver sicht, dast, wie es den feindlichen Angriffen bisher nicht ge lungen ist. diese Schutzwehr zu durchbreche», dies auch in der Zukunft nicht der Fall sein wird dank des Heldenmutes unserer Söhne aus allen Gauen unkcres ValerlandrS, die das Bewusstsein stählt, dort ans fremdem Boden Herd und -Heimat zu verteidigen. Den tapferen Kriegern gilt unser Grust und der heisse Tank unseres Vaterlandes. lLcbhafter Beifall.i Im Oste» haben d:> Heere unserer Verbündeten, Bulgariens und der Tür!-, schwere Niederlagen erlitten. Bulgarien ist auS dem Bierbunde ausgeschiedeii nnd Kat mit keine» Gegnern einen Waffenstillstand geschlossen. Im Innern hat Graf -Hertling die erbetene Entlassung aus de» Amte des Reichskanzlers crhaitcn, nachdem er da-Kclbe nisu ganz ein Jahr verwaltete. Uebergangszellen tragen in ilner.: Schosse Immer Schwierigkeiten. Sie sind auch dem Graser -Hertling nicht erspart geblieben. Da er sie nichi me'-: meistern konnte, schied er. Ter Reichstag wird dein vo: nehmen liebenswürdigen Wesen, der abgellnrte» Weisheit »nd dem hohen Pflichtgefühl des Grasen -Hertling inu'.r warme Anerkennung nnd ihm selbst ein treues, daun-aies Gedenken bewahre». lBcisall.j Vor uns steht in manuig- sachcr Aendernng eine neue Regierung, an ihrer Spitze al» Kanzler Seine -Hoheit Prin z Max v o n Bade n. Sie werde» cS mir nicht verdenken, wenn ich. der Mann aus dem badischen Volke, auf dem Präsidenleiiitulii den Spross dek badischen Fürstenhauses am Reichskanzlerpssay die wärmste» heimatliche» Gcsühle der Genugtuung und Freude aussprcchc. Von der neue» Reichüleiinug crhosicu mir zuuersichtlich. dass sic in steter inniger Fühlung»«!»»,- mit dem Volke und nur g»i das Wohl des Volles bedacht, ihr hohes »nd schwieriges Amt verwalte» möge. Es ist ielbn verständlich, dass manche Kreise im Hinblick nus die Gros; taten der Vergangenheit der neuen Zeit kritisch, zwei felnd, in sogar ablehnend gegenü!>crstchen. Wir er hoffe» von den Veistnnacn der neue» Zeit eine versölnieiis. und klärende Wirknna. Ter Name des Reichskanzlers ha. eine» guten Klang in der ganzen Welt. Seine freiheitliche Denkungsart, sein Inimouer Sinn, sei» Vertrauen zur Menschheit, das er auch in diesen Kriegsialn'en »ich! verlor, sind solide Grundlagcn keiner tüniligcn Wirksamkeit. Das wirb seinen aus den Frieden »nd die Versöhnung der Völker gerichteten Vcstrebiingcn förderlich lein. lVcisaN.» Möge Go,tes Segen ans der Arbeil der neuen Regierung und des Reichstags riilie». (Lebhafter Veiiall.i Belchrkanrler Prinz Max von Baven: Geinäss dem kaiserlichen Erlass vom ->9. September hat das Deutsche Reich ei»e g > u » ü l e g e n o c Umgestal tung seiner politischen Leitung ersabrcu. Ais Nachfolger des um sctu Vaterland ausS t»,öMe verdiente«.