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^53.1 11869 Mittwoch, den 7. Juli Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und koket vierteljährlich 12'j, Rz Inserate werden bis Dienstags und Freitags früh 8 Uhr angenommen. Rundschau. In immer unheimlicherer Gestalt zieht sich das ökumenische Concil zusammen. Während aber der Protestantismus in dem ruhigen Gefühl seiner Würde abzuwarten gedenkt, was die im December in Rom zusammentretenden Bischöfe in Scene setzen werden, erfaßt ein lebhaftes Kümmerniß diejenigen Regierungen, welche in ihren Ländern sowohl pro testantische als katholische Unterthanen wohnen haben. Der Protestantismus wird, wenn, was zu fürchten ist, das Concil mit ungerechtfertigten Prätensionen auf die Bühue treten sollte, denselben nur ein ge steigerteres Selbstgefühl entgegensetzen. Aber ge rade in dem Gegensatz liegt für die Regierungen eine große Gefahr. Wenn die katholischen Staats bürger, gestützt auf die Dogmm und Beschlüsse des Concils, auf ihre evangelischen Mitbürger mit Hoch muth herabsehen, sie beherrschen und unterdrücken wollten, wenn die Protestanten den Herrschasts gelüsten nicht weichen, sondern Druck mit Gegendpuck, Angriff mit Gegenangriff erwidern müssen, so kann an Stelle der bisherigen Toleranz, die man wenig stens in Deutschland fast überall findet, ein solcher innerer Hader so viel Er- und Verbitterung erwachsen, daß das Schlimmste für die Excistenz der Staaten selbst zu befürchten ist. Das sind keine leeren Schreckbilder. Die Jesuiten beherrschen schon jetzt die Vorbereitungen zum Concil, sie werden auch das Concil selbst leiten und Beschlüsse fassen kaffen, welche im grellsten Gegensatz zu den Errungenschaften unserer ganzen Cultur stehen. Die Unfehlbarkeit des Papstes und ähnliche Dogmen, Beschlüsse, welche den inneren Frieden der europäischen Staaten stören werden, sind ernstliche Bedrohungen. Wir sehen daher jetzt die größeren Staaten in lebhafter Aufregung ; ja, Napoleon richtet seine ganze Politik nach dem Concil ein. Er verhandelt mit Italien über dm Rückzug der französischen Besatzung aus Rom. Na poleon hat offenbar nicht Lust, die schwarze Jesuiten versammlung unter dem Schutze französischer Bajon- Nette Beschlüsse fassen zu lassen und ihnen gleichsam die Weihe zu geben, an dmm er später im eignen Limmdzwanzigst« Jahrgang. - - V " für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt -es Königlichen Verichtsamtes vn- -es Sta-trathes zu Kischosswerda. Lande noch genug zu kauen haben wird. Italien aber scheint den Moment für günstig zu erachten, um einen hohen Preis zu verlangen. Die Lust durch fliegen daher allerhand Gerüchte von einer italienisch französischen Allianz, die ihre Spitze gegen Preußen richtete. Napoleon hat allerdings Italien mehr zu bieten als Preußen. Preußm hat nämlich nichts der Art, Napoleon kann aber Rom den Italienern als Hauptstadt geben und sich dadurch ihre wohlwollende Neutralität erkaufen. Damit schlägt er auch zugleich die zweite Fliege: das Concil, das kaum zu Beschlüssen käme, wenn entweder das italienische Banner in Rom wehte oder die päpstliche Legion von den italienischen Freischaaren bedrängt würde. Napoleon's Politik ist jetzt durchaus die alte räthsel- hafte wieder geworden. Bei Aufhebung des Lagers von Chalons hat sich allerdings eine Seme zu getragen, die für den Frieden Europas die schwerste Bedrohung wäre, wenn nicht andererseits so viele Zeichen auf eine friedliche Constellation hindeuteten. Der Marschall Bazaine ließ nämlich die Offiziere des gesammten Lagers einen großm Halbkreis bilden, trat mit der Generalität in den Cirkel und hielt dann eine Ansprache, worin er mittheilte, daß die Organisation des Heeres nunmehr so weit gediehen sei, daß jeden Augenblick 800,000 Mann marschiren könnten. Wenn jetzt auch Beurlaubungen einträten, so wüßte jeder Soldat, wo er sich auf em gegebenes Zeichen einzustellen hat, alle Offiziere bekämen Marschrouten, sodaß in einem Augenblick das ge- sammte Heer nicht nur unter die Fahnen gerufen werden, sondern zugleich auch in Marsch gesetzt werden könnte. Und, fügte er hinzu, dieser Zustand wird in Zukunft der normale sein! Wir gestehen, ohne den letzten Satz müßten wir glauben, daß jedm Augenblick der Krieg auszubrechen drohe; der letzte Satz, so scheußlich er ist, einen so großen Hohn er auf die Menschheit enthält, ist noch der einzige Trost. Denn man erkennt daraus, daß es nicht um eine Anwendung der gewaltigen Heeresmacht im nächsten Augenblick zu thun ist, sondern daß es jm Wesen des Cäsarismus begründet liegt, jeden Augenblick so sprungfertig zu sein, um dem Gegner die Kehle zu schnüren zu können. In diesem Uebermaß des