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MsdmfferTageblati Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. Drei Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Npfg. Alle Postanstalten und Post- Voten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle, nehmen zu jeder Zeit Bestellungen ent- TöövhkNvLÄN sUV WllsÜTUff U. ütNgegkNd gegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg od. sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Äeferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die »gespaltene Aaumzeile 20 «psg., die «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs» Pfennige, die 3 gespalten- Reklamezeile im textlichen Teil- I AM. Nachmeisungsgebühr 20 R-ichspI-nnig-. Darge, norden" nach Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. An,-i,-n. annahme bisvorm.lOUHr. . dre Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag duratz Klage eingezogen werden must oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 125 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 31. Mai 1933 Stillhalten? „Spät kam sie, doch sie kam", darf man, unter leichter Abänderung eines Schillerwortes, von der Erklärung Dr. Schachts zu der Gläubigerkonferenz sagen, daß die Sache mit der Überweisung unserer Schuldverpflichtungen an diese ausländischen Gläubiger s o wie bisher nun nicht mehr weitergehen kann. Erst hat man uns nach dem Weltkrieg unter der, Bezeichnung „Reparationen" vls aufs Hemd ausgeplündert und ausgeraubt, und dann gestattete man uns, weil man schließlich ein 65-Mil- Ilonen-Volk inmitten Europas denn doch nicht verhun gern lassen konnte, vom Ausland zu Wucherzinsen Geld zu leihen, damit wir wieder unsere Wirtschaft reparieren und ausbauen konnten. Wenn nur für die sen Zweck die Aufnahme von Kapitalien und Krediten im Ausland, auch zu hohen Zinsen, erfolgt wäre, dann „möcht's leidlich scheinen". Aber wir mußten ja auch weiterhin Jahr um Jahr M i l l i a r d e n t r i b u t e be zahlen. Wir pumpten uns also das Geld vom Ausland, um damit unseren Tributverpflichtungen an dasselbe Ausland nachzukommen. Ein Spötter könnte dieses „Pumpsystem" ja als einen Kreislauf des Geldes bezeichnen, aber wenn das Geld bei uns durchlief, dann vermehrte es sich sehr er heblich durch die übergroßen Zinsen. Aber als uns nun seit 1929 das Ausland nichts mehr pumpte, sondern sich in immer stärkerem Maße wenigstens das uns kurzfristig geliehene Geld zurückholte, da haben wir nicht bloß „noch und noch" gezahlt, sondern auch den größten Teil des Gold- und Devisenschatzes der Neichsbank eingebüßt. Aber die langfristigen Schuldverpflichtun- g e n blieben uns natürlich ebenso auf dem Halse wie die dafür zu zahlenden Zinsen und Amortisationen. Und nun sitzen wir mit dieser Last von etwa zehn Mil liarden da! Unserem Export, der allein uns die Mittel und die Devisen für die Bezahlung dieser Zinsen herein bringen würde, stellt man immer höhere Zölle oder gar Einfuhrverbote entgegen? unsere eigene, aus der Not der Schuldenlasten geborene Devisenwirtschaft, die ein dichtes Netz über den ganzen Geldverkehr mit dem Ausland ge legt hat, findet in diesem Netz immer weniger goldene Devisenfische, weil der Ausfuhrüberschuß trotz rigorosester Einfuhrdrosselung immer stärker zurückgeht. Was tun? spricht Zeus. Die „Times" — ausgerechnet! — redeten uns kürz lich gut zu, wir sollten doch unsere Schulden bezahlen. Das wollen wir, werden wir ja tun! Die privaten Schuldner sind auch gar nicht zu der Transfer-Konferenz hinzugezogen worden. Denn unsere Schulden werden wir bezahlen, solange die private und die öffentliche Wirtschaft diesen ihren Schuldverpflichtungen überhaupt noch nachkommen kann. Und wenn die Engländer uns gute Ratschläge geben wollen wegen Schuldenbezahlens oder so, dann dürfen wir doch in aller Bescheidenheit darauf aufmerksam machen, daß durch die Entwertung des Pfund Sterlings die Gläubiger englischer Schuldner sich nicht gerade als allzu befriedigt gefühlt haben. Roch viel weniger, als nun gar von englischen Gerichten die Woldklausel bei Schuldverschreibungen keine rechtliche Verbindlichkeit mehr haben sollte. Und die Amerikaner machen es jetzt ebenso. Ja, was tun? spricht Zeus. Der Eigenbesitz der Reichsbank an Gold und Devisen beträgt nicht mehr 300 Millionen. Das reicht, auch wenn die Reichsbank das letzte Gramm Gold hergeben würde, bei weitem nicht aus, um die Differenz zwischen der Höhe unserer Schuldver pflichtungen und der des Ausfuhrüberschusses auszu gleichen. Und wenn unter den Auslandsgläubigern so mancher auch noch so hurtig sein Messer wetzt und von uns wie Shylock „ein Pfund Fleisch, nah' am Herzen" aus der Brust schneiden wollte, so — hätte er nichts davon! Wenn andererseits wir aber gegen Reichsmark im Ausland De visen kaufen, wir also über die handelspolitischen Not wendigkeiten hinaus Reichsmark-Forderungen exportieren und zum Kauf anbieten würden, dann müßte es eines sehr unschönen Tages dazu kommen, daß diese aufgekauften Meichsmarkforderungen nun plötzlich im Massenangebot puf den Geldmärkten des Auslandes auftauchen, die Reichsbank hätte kein Gold und keine Devisen mehr, um jene Reichsmark selbst zu kaufen und — es käme zu einer Entwertung der deutschen Währung. Das wäre eine ganz zwangsläufige Entwicklung, wenn unsere Gläubiger langfristiger Anleihen nicht zum mindesten dieselbe Geduld aufweisen wie ihre Kollegen von den kurzfristigen Krediten an Deutsch land, also zunächst einmal ordentlich st i l lhalten. Also in ein Transfer-Moratorium einwilligen, nachdem sie sich bisher mittels der hohen Zinsen, die Deutschlands Wirt schaft zahlen mußte, doch wohl recht gut haben nähren und kleiden lassen, während der Druck dieser Auslandsschulden uns z. B. zu einer unerhört scharfen Einfuhrdrosselung bzw. Konsumeinschränkung aller möglichen Genußmittel oder gar Luxuswaren zwang. Wir wollen doch schließlich nicht bloß für unsere Auslandsgläubiger leben! fktMkleick sabotiert weiter Das europäische Sicherheitsabkommen vor dem Genfer Hauptausschutz. Im Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz wurde das europäische Sicherheitsabkommen in erster Lesung unverbindlich durchberaten. Es umfaßt im ersten Kapitel den europäischen Gewaltverzicht, im zweiten Kapitel die gegenseitigen Hilfsmaßnahmen der Staaten. Die Grundgedanken des Paktes für gegen seitige Hilfeleistung bedeuten ein teilweises Wiederauf leben des Genfer Protokolls, in dem die europäischen Staaten sich gegenüber einem Angreifer zu gemein samen Sanktionen verpflichten sollten. Deutschlands Teilnahme an diesem Abkommen könnte nur nach einem tatsächlichen Rüstungsausgleich zwischen den abgerüsteten und hochgerüsteten Nationen in Frage kommen. Da auch England und Italien sowie Sowjetrußland einem solchen Abkommen nicht beitreten werden, wird Frankreich mit seinen Bundesgenossen bei der Annahme dieses Paktes isoliert bleiben. Es wird angenommen, daß Frankreich das Nichtzustandekommen dieses Abkommens als Vor- wandfürdieAblehnungallerAbrüstungs- zugeständnisse benutzen wird. * Tic Kleine Entente mit dem MmM in feiner Men AM eimelftsnden Prag, 30. Mai. Der ständige Rat der Kleinen Entente beschäftigte sich in seiner ersten Sitzung am Dienstag mit dem Piermächtepalt. Nach Kenntnisnahme der neuen Texte und der den drei Außenministern gegebenen Informationen aus Paris wurde übereinstimmend sestgesteül, daß der Inhalt des Viermächtepaltes nunmehr der französischen Denkschrift vom 10. April angeglichen sei, daß sich somit der Viermächtepakt nur auf solche Dinge beziehen könne, die ausschließlich die In teressen der unterzeichneten Staaten berührten. Die drei Außen minister nahmen die Versicherungen der Westmächte bezüglich der Grenzen, der von diesen Mächten unternommenen Aktion und bezüglich der Unantastbarkeit der Zuständigkeit des Völker bundes zur Kenntnis. Sie nahmen weiter die Versicherung der Signatarmächte des Abrüstungsabkommens zur Kenntnis, daß die Grenzen der Staaten der Kleinen Entente nicht berührt würden. Auf Grund der von der französischen Regierung in Uebereinstimmung mit den früheren Vereinbarungen gebotenen Garantien gegen alle Revifionsversuche kann der' Viererpait nach Ansicht der drei Außenminister der Kleinen Entente nicht zu einem Abkommen werden, das die Absicht verfolgen könnte, direkt oder indirekt Revisionen gegen den Willen der Beteilig ten herbeizuführen. Die drei Außenminister erklären feierlich, daß der Standpunkt ihrer Staaten absolut dahingehend Lber- einstimmt, daß die Frage einer Revision ihrer Landesgrenzen für sie überhaupt nicht besteht. Die Aufrollung der Revisions- frage könnte die Beziehungen dieser Staaten nur weiter festigen. In der Frage der Abrüstungsverhandlungen drückt der ständige Rat die Ueberzeugung aus, daß diese Verhandlungen zum Ziel führen werden. Aus Grund dieser Sachlage geben die Kleinen Entente-Staaten ihre Zustimmung zum Punkte der Gleichberechtigung, die etappenweise und im Rahmen der all gemeinen Sicherheit verwirklicht werden müsse. Sie sind der Ansicht, daß die Abrüstungskonferenz noch in diesem Jahr ge schlossen werden muß. Wie Frankreich die Saarabffimmung „vordereitel". Durch steigende Vertreibung Deutscher. Nach Meldungen aus dem Saargebiet werden monatlich in steigender Anzahl deutsche Berg arbeiter entlassen. Die Entlassungen, die an geblich wegen Personalabbaues erfolgen haben einzig und allein den Zweck, die Zahl der im Saargebiet an- sässigen Deutschen noch bis zu der für 1935 angesetztcn Volksabstimmung mit allen Mitteln zu ver kleinern, da den arbeitslosen Bergleuten gar nichts anderes als Auswanderung übrigbleibt. Es ist auch bezeichnend, wie völlig verschiedenartig die einzelnen Gewerkschaften im Saargebiet behandelt werden. Während die Franzosen den Freien Gewerk schaften in jeder Weise weitgehendes Entgegenkommen zeigen, wird den Christlichen Gewerkschaften mit Matz, regelungen gedroht, falls sie sich den Fran- zosen nicht willfährig zeigen. Die NSBO. steht im Saargebiet sogar kurz vor ihrem Verbot. Die saarländische „neutrale" Regierung ist ebenfalls bestrebt, aus der Beamtenschaft die Deutschen auszumerzen. WacMnäe Unrube in Oelterreicb Blutige Siraßenkämpfe in Innsbruck. In Innsbruck kam es wieder zu zahlreichen Zusammenstößen und zu Demonstrationen gegen die Heimwehr. Die Maria-Theresia- Straße war mit einer großen Menschenmenge angefüllt, die in Schmährufe gegen die Negierung und gegen die Heimwehr ausbrach. Die Straße wurde durch Gendarmerie mit gefälltem Bajonett geräumt. Als die Heimwehr aus ihrer Kaserne Gewehre geholt hatte, wichen die Nationalsozialisten zurück. Insgesamt wurden bei den Unruhen 17 Personen verletzt. Bundesheer und verstärkte Gendarmerie stellten die Ruhe wieder her. Unter den Verletzten ist auch ein junger Reichsdeutscher aus Stuttgart, der an den Vor gängen ganz unbeteiligt war. Die Protestkundgebungen gegen die Regierung Dollfuß und ihre Politik mehren sich. So sind jetzt nach Innsbrucker Meldungen mehrere Führer aus der Starhembergschen Heim wehr ausgetreten. Eine Heimwehrkompagnie in Vorarlberg hat sich aufgelöst. Die österreichischen Fremdenverkehrsvereine und Gast wirtsorganisationen fordern von der Regierung eine Änderung ihrer Innenpolitik, da der starke Reiseverkehr aus Deutschland für viele Österreicher eine Existenzfrage ist. In Ehrwald haben die Hotels ihre Betriebe ge schlossen und die Angestellten entlassen. Die Leitung der Salzburger Festspiele, die einen Ausfall von mehr als 7V Prozent aller Besucher infolge Ausbleibens der Reichsdeutschen erwartet, hat in Wien dringend um Unterstützung gebeten. Der Landes hauptmann von Niederösterreich forderte in einer Ver sammlung Verhandlungen über einen Handels vertrag mit Deutschland. Infolge der Zwischenfälle an der Wiener Universität und der großen Erregung in der Studentenschaft wurden alle österreichischen Hochschulen auf acht Tage geschlossen. Die derzeitige Entwicklung der politischen Lage in Österreich hat den Bayerischen Automobilklub veranlaßt, seine Teilnahme als mitwirkender Klub des am 2. Juli stattfindenden Gaisberg-Rennens zurückzuziehen. * Das Gesetz über -en Reiseverkehr nach Österreich. 5000 Mark Strafe für Übertretungen. Die Regelung des Reiseverkehrs zwischen Deutschland und Österreich ist jetzt erfolgt. Das am 1. Juni 1933 in Kraft tretende Gesetz sieht bekanntlich die Erhebung einer Gebühr von 10 0 0 Marl für jede Reise vor, die ein Reichsangehöriger mit Wohn sitz oder ständigem Aufenthalt im Inland in oder durch das Gebiet der Republik Österreich unternimmt. Die Gebühr ist vor Antritt der Reise bei der zuständigen Sichtvermerksbehörde zu entrichten, die die Entrichtung im Paß vermerkt. Auf den kleinen Grenzverkehr, soweit er durch besondere Bestimmungen für die in den Grenzgebieten ansässige Bevölkerung geregelt ist, findet das Gesetz keine Anwendung, wohl aber trifft es auch den Ausflugsverkehr an der Grenze. Mit Geldstrafe nicht unter 5000 Mark oder mit Ge fängnis werden die Reichsangehörigcn bestraft, die entgegen den Vorschriften des Gesetzes oder der Durch führungsverordnung aus dem Reichsgebiet unmittelbar oder aus einem Umwege nach oder durch Österreich reisen. Befreiungen von der Reisegebühr. Aus der gleichfalls am 1. Juni 1933 in Kraft treten den Durchführungsverordnung ist hervor zuheben, daß der Reichsminister des Innern eine Be freiung von der Reisegebühr nur sür wenige Per sonengruppen zugelassen hat, und zwar unter gewissen edingungen Gewerbetreibende, Beamte oder An gestellte in dienstlicher Eigenschaft und Arbeitnehmer in Erfüllung eines Dienstvertrages,