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WSchs»Uich «schemm drei Nunmiern. Prä»»n>!raiio»S Pr»S 22j Sübergr. (j THIr.) vicricljährli.d, Z Ttilr. für doS ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Tkeilcn der Preußische» Monarchie. Magazin für die Plrwumeration.n werden von jeder Buchhandlung (m Berlin bei Veit u. Comp., Iägerstraße Nr. 2k>), so wie von allen König!. Post Remtern, angenommen. Literatur des Auslandes. M l UU Berlin, Dienstag den 20- August 1844. Griechenland. Zur Geschichte der griechischen September-Revolution. Nach englischen Berichten.") Die Hauptvcranlaffung der Revolution, durch welche im vorigen Jahre die Verfassung Griechenlands verändert wurde, war bekanntlich die nationale Abneigung der Griechen gegen den Einfluß der Bayern. Kalcrgi war damals Kavallerie-Inspektor. Er hatte oft seine Unzufriedenheit wegen der in der Armee herrschenden Bevorzugung der Bayern ausgesprochen, und die Tapfer keit, die er im Kampf gegen die Türken gezeigt, hatte ihm eine allgemeine Popularität verschafft. Daher war er auch bei Hose nicht gut ungeschrieben. Als der König in der Woche vor der Revolution eine Revue über die Garnison von Athen gehalten hatte, wurde Kalergi in dem anderen Tages erschienenen Tagesbefehl auf eine tadelnde Weise bezeichnet. Man vermnthcte, daß dieser Tagesbefehl von einem Bayern, dem Capitain Heß, verfaßt worden, welcher damals Hofmarschall war, und da dieser gegen Kalergi gerichtete Angriff kein anderes Motiv als dessen politische Meinungen hatte, so nahm die ganze griechische Armee Partei für ihn, und Alles rief, daß man die Bayern ver treiben müsse. Ungefähr 24 Stunden vor dem Ausbruch der Revolution vom la. Sept, bekam der Hof Nachricht von dem Komplott. Der König berief sofort seine vertrautesten Räthe, die Bayern Heß und Graff, die Griechen Rhizos, Privi- legios, Dzinos, welche beschlossen, daß sofort ein Kriegsgericht ernannt werden solle, um jedes mit den Waffen in der Hand ergriffene Individuum erschießen zu lassen. Zugleich wurden Befehle zur Verhaftung von vierzig Personen vorbereitet. Man hat gesagt, daß die Revolution nur das Werk eines Militair- Aufstands gewesen sey. Diese Behauptung läßt sich nicht festhaltcn, wenn man die damalige Lage der Parteien und die Stärke des Nationalgefühls in Betracht zieht. Sir Robert Inglis bemerkte mit Recht im Parlament, „daß die griechische Revolution seit langer Zeit vorbereitet worden, und daß die Truppen an der nationalen Bewegung nur Theil nahmen, ohne in irgend einer Weise an der Spitze derselben zu stehen." Im Anfang des Jahres I84Z hatte die philorthodore oder russische Partei den Plan entworfen, den König zu entführen und nach Triest zu schicken; aber da diese Partei vielleicht ihrer Sache nicht ganz sicher war und überdies die steigende Unpopularität des Königs bemerkte, so glaubte sie einige von den entschiedensten Constitutioncllen in das Komplott ziehen zu müssen, indem sic ihnen aber nur einen Theil des Plans mittheilte. Die Jnsurrection wurde beschlossen und auf den Monat September festgesetzt. Dieser Entschluß war die Folge des allgemeinen Geschreis, das sich im Lande erhob, als man sah, daß der König auf die Vorstellungen Groß- britanicns zu Gunsten der seit so langer Zeit versprochenen Verfassung keine Rücksicht nehme. Der öffentliche Unwille verwandelte sich in Verzweiflung, als man erfuhr, daß der von London zurückgekehrte Trikupis dem König ver sichert hatte, das Kabinet von Sanct-James sey fest entschlossen, den be stehenden Zustand zu erhalte», und die constitutionelle Partei dürfe aus Eng lands Hülfe nicht zählen. Sämmtliche politische Parteien rüsteten sich nun zum Handeln und suchten sich gegenseitig zu verständigen, wobei die constitu- tioncllen Meinungen den Sieg davontrugen, weil sie von der großen Masse der Nation unterstützt wurden. Um das Land für den Fall, wo ein Bürgerkrieg unvermeidlich werden sollte, vor Anarchie zu bewahren, mußte man alle regelmäßige Behörden, die man bewegen konnte, sich der Nationalsache anzuschließen, in ihren Functionen erhalten. So geschah es, und diese Thatsache würde hinreichen, um die Energie der öffentlichen Gesinnung darzulegen. Die constitutionelle Partei beschloß, daß man vom Könige zwei Dinge verlange: I) die Aner kennung Griechenlands als eines constitutioncllen Staats; 2) die sofortige Berufung einer National-Versammlung. Die russische Partei billigte diesen Plan, indem sie glaubte, daß der König, seinem Stolz und vielleicht auch den Eingebungen einiger fremden Gesandte» nachgebend, diese Forderungen verwerfen würde, in welchem Fall man den Thron unfehlbar für vakant er klärt hätte. Am 14. September um Mitternacht erhielten die Gendarmen den Befehl, ') Wir geben diese Darstellung nach Blackwood'S einem Organe der Tories, das dieselbe von einem Augenzeuge» erhallen hat, der die Sache »doch — was nicht übersehen werden darf — anS den, particulaire» englischen Gesichtspunkte be trachtet. das Haus des Gcnerals Makriyani, cincs Anführers irregnlaircr Truppen, cinzuschlicßcn und ihn als des Hochverrathö schuldig zu verhaften. Als sie sich dem Hause näherten, rief man ihnen zu, sich zurückzuziehen; da sie aber hier durch nicht abgeschrcckt wurden, so gab man Feuer auf sic, und ein Gendarm wurde getödtct und ein oder zwei verwundet. Jetzt befahl der Kriegs-Minister, daß die Garnison die Waffen ergreifen solle, damit die Verhaftungen unter ihrem Schutze stattfänden. Doch die meisten Offiziere waren in das Gchcimniß der Verschworenen cingeweiht. Sobald Kalergi von dem auf Makriyani gemachten Angriff hörte, so versammelte er alle Offiziere und erklärte ihnen, daß der Augenblick ge kommen sey, ihr Land von dem bayerischen Joch zu befreien, und daß, wenn sie frei sepn wollten, mau den König auffordern müsse, ein constitutionellcs Regierungs-System anzunchmen. Dieser Schritt war darum nothwendig, weil es eine mächtige Partei gab, welche bereit war, diese Gelegenheit zur Absetzung des Königs, d. h. für ihre selbstsüchtigen Zwecke, zu benutzen. Wenn also Kalcrgi es versäumt hätte, die Offiziere und die Armee an das constitutionelle Interesse zu binden, wenn er sie aus ihren Kasernen hätte ziehen lassen, ehe er ihnen das Wort „Verfassung" als Feldgeschrci der Be wegung mitgab, so wurden die Agenten der russischen und philorthodoren Partei mit ihrem Ruf: „Nieder mit den Bayern! fort mit dem Tyrannen!" die Oberhand behalten haben. Nachdem Kalcrgi das Kommando übernommen, führte cr sämmtliche Truppen nach dem Schloßplatz. Zwei Schwadronen Kavallerie, zwei Ba taillone Infanterie, eine Compagnie unregelmäßiger Truppen und eine Menge von pensionirtcn Offizieren stellten sich in Schlachtordnung unter den Fenstern des Königs Otto. Starke Patrouillen wurden abgeschickt, um die Ordnung in der Stadt zu erhalten und die Gendarmen in ihre Kaserne zu schicken. Auch Makriyani, von seiner Blokadc befreit, begab sich mit so vielen bewaffneten Bürgern, als er zusammenbringen konnte, auf den Platz. Inzwischen wartete der König, der sich mit eigenen Augen von der Ver haftung Makriyani's überzeugen wollte, in großer Spannung an einem Fenster des Schlosses. Als er die Schüsse aus dem Hause Makriyani's hörte und er fahren hatte, was vorgefalle» war, schickte cr einen bayerische» Adjutanten, Namens Steinsdorff, ab, um die Artillerie nach dem Schlosse kommen zu lassen. Dieser unerfahrene junge Mann kam ohne die Artillerie zurück, ver sicherte aber Sr. Majestät, daß dieselbe kommen würde. Bald langte die Artillerie auch wirklich an, aber zur großen Bestürzung Sr. Majestät richteten sich die Stücke gegen das Schloß, und die Artilleristen riefen: „ES lebe die Constitution!" Der König Otto erschien endlich an einem Fenster der unteren Etage, be gleitet von dem Capitain Heß, dem unpopulärsten Mann von ganz Griechen land. Einer von den Dienern des Hofeö rief mit lauter Stimme den General Kalergi. Als dieser sich dem Fenster näherte, so fragte ihn der König: „Was bedeutet dieser nächtliche Lärm, und wozu diese Truppen-Aufstellung?" — „Das griechische Volk und die Armee", antwortete Kalergi mit fester Stimme, „verlangen, daß Ew. Majestät das Verspreche» halte, das Sie gegeben, das Land constitutionell zu regieren." — „Kehrt in eure Kasernen zurück", sagte der König; „ich werde darüber mit meinen Ministern, dem Staatsrath und den Gesandten der drei Schutzmächte konseriren und euch meine Entschließung wissen lassen." Eine leichte Bewegung unter den Offi zieren, die diese Antwort gehört, theiltc sich sofort de» Truppen mit, und ein plötzliches Klirren der Waffen und Säbel gab dem König zu verstehen, daß man mit dieser Antwort nicht zufrieden sey. Inzwischen erwiedcrte Ka lergi: „Sire, die Garnison von Athen und das Volk gehen nicht von der Stelle, ehe sic wissen, was Ew. Majestät über die Anträge des StaatSrathS, die Ihne» sofort vorgclegt werden sollen, entschieden hat." Jetzt trat der Capitain Heß an die Seite des Königs: „Oberst Kalergi, es ziemt sich nicht, so zu Sr. Majestät zu sprechen." — „Entfernen Sie sich, Herr", rief Ka lergi; „Sie und Ihres Gleichen si»d Schuld an Allem, was heute geschieht." Bei diesen Worten zog sich der Capitain zurück; es war das letzte Mal, daß er mit einem offiziellen Charakter öffentlich erschien. Während dieser Zeit hatten der Graf Metaras, der General-Lieutenant Church und der General-Major LondoS, alle Drei Mitglieder des StaatS- raths, ihre Kollegen zusammenberufen. Der Staatsrath theiltc sich in drei Parteien. Die eine wollte den König Otto und das gegenwärtige System aufrecht halten. Die zweite Partei sprach sich für die Absetzung des Königs und die Einsetzung einer Regentschaft bis zur Wahl eines orthodoxen Fürsten auS; nur wenige Personen würden heute ihre Verbindungen mit dieser Partei