Volltext Seite (XML)
Wochenblatt Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche GerichtsamtWW und den Stadtrath daselbst. ^7 62. Freitag den 9. August 1872. Bekanntmachung, die Einwechslung von amerikanischem Papiergeld betreffend. Von dem Kaiserlich Deutschen General-Cousul in New-Jork ist wiederholt auf die Bcnachtheiligungen aufmerksam gemacht worden, denen die deutschen Auswanderer ausgesetzt sind, wenn sie ihre Baarschaft in den Einschiffungshäfen gegen Amerikanisches Papiergeld um wechseln, anstatt entweder dies an Amerikanischen Plätzen zu thuu oder sich mit Wechseln auf Amerikanische Häuser, am besten auf die Deutsche Gesellschaft in New-Jork zu versehen. Man nimmt Veranlassung, das Auswanderer-Publikum vor den erwähnten Bcnachtheiligungen hiermit dringend zu verwarnen und dabei zu bemerken, daß in Sachsen Agenturen der genannten Gesellschaft, die den Zweck hat, deutsche Einwanderer zu unterstützen, die Herren Robert Thode und Co. in Dresden und die Filiale der Geraer Bank in Leipzig haben. Dresden, den 27. Juli 1872. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Jochim. Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 8. August 1872. Ein von namhaften Männern Deutschlands unterzeichneter Auf ruf schlägt vor, das deutsche Friedens- und Siegesfest jährlich am 2. September zu feiern. Unseres Erachtens wird auf diese Weise eine allgemeine Feier durch das ganze deutsche Reich, die doch allein nur Werth und Bedeutung hätte, nicht zu Stande kommen. Zwar haben mehre Städte, wie man liest, bereits im Sinne jenes Aufrufs Beschluß gefaßt, auf dem Lande aber wird, soweit wir zu beobachten Gelegenheit hatten, nirgends Anstalt getroffen. Man wartet auf höhere Anordnungen. Und zwar mit Recht. Denn zwar hat Kaiser Wilhelm erklärt, daß er Anstand nehme, eine allgemeine Feier des deutschen Friedens- und SicgesfestcS anzuordncn, daß es aber ganz in seinem Sinne sein werde, wenn eine solche aus dem Volke heraus erwachse. Das schließt aber nicht aus, daß die einzelnen Regierungen die Sache in die Hand nehmen. Nach unserer Ansicht hätten sich allent halben die obersten Staatsbehörden und Kirchcnrcgierungen über die Feier an einem und demselben Tage zu einigen und hierauf die uöthigen Anordnungen zu erlassen. Der 2. September findet übrigens im Ganzen nicht viel Anklang. So in ganz Süddcutschland nicht. Aber auch in Norddcutschland, namentlich auf dem Lande, kann man sich mit dem Gedanken einer Feier an diesem Tage nicht befreunden. Man sagt, da sei der Krieg noch nicht zu Ende gewesen, hätten vielmehr die Leiden unserer Leute erst recht begonnen, habe es noch die meisten Opfer gekostet. Der 10. Mai als der Tag des definitiven Friedensabschlusses habe besseren Sinn, da falle auch das Fest in eine schöne Jahreszeit. Es steht zu vermuthen, daß auch der oben bezeichnete Aufruf den io. Mai würde vorgeschlagen haben, wenn es nicht zu spät gewesen wäre; es war aber einmal versäumt, und man wollte doch das Jahr 1872 nicht ohne Festfeier vorüber gehen lassen. — Unser Vorschlag geht dahin, für dieses Jahr es beim 2. September zu belassen, für die Zukunft aber den 10. Mai als den Tag der allgemeinen Festfeier in ganz Deutschland zu bestimmen und hierzu rechtzeitig die uöthigen Einleitungen zu treffen. Aus Dresden wird mitgetheilt, daß in der Nacht zum 7. Aug. Herr Emil Devrient daselbst gestorben ist, nachdem derselbe seit 10 Tagen an einer Lungenentzündung krank gelegen hat. Derselbe ehemals eine Zierde der Dresdner Hofbühne nicht nur sondern des gesummten deutschen Schauspiels, war geboren im Jahre 1803, trat I.Mai 1868 von der Bühne ganz zurück und führte zuletzt den Titel eines sachscn-koburg-gothaischen „Geheimen Hofraths". Er ist seinem am 3. August verstorbenen ältesten Bruder, Karl Devrient, bald nach gefolgt und soll cs die Kunde von dem Tode des letzteren gewesen gewesen sein, welche ihn, der bereits auf dem Wege der Wiederge nesung war, so heftig erschüttert hat, daß ein Rückfall mit tödtlichem Ausgange eintrat. Im Hinblick auf die zukünftige Gerichtsorganisation beabsichtigt dem Vernehmen nach das königl. Justiz-Ministerium die Einziehung einer Anzahl kleiner Gerichtsämtcr und Vertheilung der in dieselben einbezirkt gewesenen Ortschaften an die verbleibenden größeren Aemter. Jedenfalls würde dieser Umstand auf die bevorstehende Neubildung der Verwaltungsbezirke von Einfluß sein. Schwarzenberg, 3. August. Heute Nachmittag 4 Uhr brach in dem eine Stunde von hier entfernten Dorfe Crändorf in dem Hause des Maschinenschlossers Hartmann auf bis jetzt unbekannte Weife Feuer aus, welches alsbald andere benachbarte Häuser ergriff und binnen kurzer Zeit 8 Häuser liebst 4 Scheunen in Asche legte. Ein Glücksumstand war es hierbei, daß der Wind gegen die Richtung des Dorfes etwas seitwärts stand, sonst würde die Schule, Pfarrer wohnung und Kirche und außerdem wohl noch ein ansehnlicher Theil des Dorfes ergriffen worden sein. Rühmend ist hierbei der An strengungen der Schwarzenberger Feuerwehr zu gedenken, welcher es in der Hauptsache zu verdanken ist, wenn das Feuer nicht größere Dimensionen angenommen hat. Leider hat das Brandunglück fast durchgängig unbemittelte Leute betroffen, welche nicht nur um ihre Habe gekommen, sondern auch für die nächste Zeit obdachlos geworden find, indem in jenem Orte wenig Gelegenheit zu Unterkommen vor handen ist. Unter den abgebrannten Gebäuden ist außer dem Wagner'schen Gasthofe zum Lamm die Klöppelschule hervorzuheben, worin 62 Personen gewohnt haben sollen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die öffentliche Mildthätigkeit zu Gunsten der Calamitofen in Anspruch genommen werden müssen. Kamenz, 2. August. Nachdem durch gegenseitige Vereinbarung rcsp. entsprechende Lohnerhöhung die Arbeitseinstellung der Töpfer gesellen in Königsbrück beendet, hielten gestern in Pulsnitz die Töpfereibesitzer von Kamenz und Umgegend, Pulsnitz, Königsbrück, Bischofswerda, Elstra rc. eine Besprechung ab, um sich wegen ent sprechender zeitgemäßer Stellung ihrer Gehilfen, sowie zu gemein- famem, Zusammenhalt zu vereinigen. Aus Meerane vom 1. August wird dem Crimmitschauer Bürger- und Banernfreund berichtet: Die Rüstungen zur nächsten Wahlcampagne sind bereits im Gange. Vorgestern war das demo kratische Wahlcomitee versammelt nnd reconstituirte sich. Ueber die Canditaten war man bald einig, entweder Bebel oder Liebknecht klang es vvn allen Lippen, und nach lebhafter Debatte und reiflicher Erwägung erklärten sich sämmtliche Anwesende für die Kandidatur Bebels, dessen Wiederwahl bei der herrschenden Stimmung unserer intelligenten Arbeiterbevölkcrung als eine ausgemachte Sache gilt. Die Wähler können kaum den Tag erwarten; sie möchten lieber heute wie morgen an die Wahlurne treten, um auf das Urtheil des Leipziger Bezirksgerichts in Sachen ihres Reichstagsabgeordneten zu antworten. Am Sonntag Vormittag ist ein von Leipzig über Döbeln nach Dresden abgegangcncr Extrazug zwischen Meißen und Coswig da durch verunglückt, daß die Maschine aus den Schienen gerathen, über die zum Glück nicht höhe Böschung ins Feld hinein gefahren und dort stecken geblieben ist. Von ca. 300 Passagieren, die sich auf dem Zuge befanden, ist Keiner verletzt worden; nur der Zugführer soll einige Verletzungen im Rücken erlitten haben. Auf dem Sladtweinberg zu Meißen wurden am 3. August die ersten lautern Weintrauben gefunden. Olbernhau, 4. August. Heute früh 4 Uhr brannte die ziem lich umfangreiche Zündholzfabrik des Herrn Kaufmann Schuster hier ab. Der alte Döllinger bekam als Rektor der Universität München beim Festbanket sein eigenes Lied. Es lag fein säuberlich gedruckt auf jedem Teller und lautete nach bekannter Melodie: Gott erhalte unfern Rektor — diesen ihm geweihten Mann! —> Fünfzig Jahre forschend, lehrend — ging der Jugend er Vorau. — Bis wie