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Dienstag. Ltiplig. Die Zeitung er scheint mit Aufnahme de» Sonntag» täglich nachmittags für den folgenden Tag. Preis für da« Vierteljahr I'/r Thlr. i jede einzelne Nummer 2 Ngr. — Nr. 160. — Deutsche Mimiiie Kcitmig. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesehl» 13. Juli 1858. Zu beziehen durch alle Post ämter de« In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig lOuerstraßc Nr. k). Insertionsgebühr für de» Raum einer Zeile 2 Ngr. Zur Situation. S^Mien, 11. Juli." Das Gewitter, welches sich am politischen Horizont zusammengezogen, scheint sich in den letzten Tagen etwas gelichtet zu haben. Man würde sich jedoch Illusionen hingeben, wenn man hieraus schon auf eine gänzliche Zertheilung des Gewölks schließen möchte. Die neuesten Be richte auS Paris gestatten durchaus keine solche Deutung, wie sehr man auch in der französischen officiösen Presse und in gewissen den Tuilerien be reitwilligen auswärtigen Journalen augenblicklich bemüht ist, diese Ansicht zu verbreiten. Offenbar haben die Gefahren, die aus dem bisherigen Gang der in Verhandlung befindlichen europäischen Fragen bereits in bedrohlicher Gestaltung hervorgetreten, auf jener Seite zu einiger Nachgiebigkeit geführt, auf welcher man irgendeinem Krieg, schon in Rücksicht der aus einem sol chen unfehlbar entspringenden inner» Verlegenheiten, solange wie nur im mer möglich auszuweichen genöthigt ist, und die selbst im Friedenszustand ohnehin bedeutsame Schwierigkeiten darbieten; ein Verhalten, zu welchem übrigens wahrscheinlich auch die Bedenken beigetragen, daß im Fall irgend einer Störung desselben füglich nicht einmal auf eine energische Bundesge noffenschaft der englischen Regierung, in Berücksichtigung ihrer eigenen Lage in Indien, zu zählen sein möchte, die Jsolirung des französischen Cabinets aber dann eine nahezu vollständige werden könnte; eine voraus sichtliche Konstellation, die freilich nicht sonderlich geeignet ist, die Oppor tunität der verfolgten Politik und die Gewandtheit ihrer diplomatischen Lei tung und Vertretung in einem besonders günstigen Lichte erscheinen zu lassen. Die französische Regierung aber mag den Augenblick noch nicht für geeignet gehalten haben, mit aggressiven, den europäischen Frieden störenden Forderungen hervorzutreten. Die mit der Durchführung der Aufhebung der Leibeigenschaft verknüpften Schwierigkeiten, welche die Action Rußlands nach außen und ein gemeinsames Mitwirken mit Frankreich in einem eventuellen Kriegsfall momentan nicht gestatten mögen, könnten hierin vielleicht nicht ohne Einfluß gewesen sein; denn gegen ein zwischen beiden Mächte» bereits abgeschlossenes und bestimmt formulirtes Einverständniß, das während der Verhandlungen des Pariser Friedenskongresses bereits seinen Ursprung ge nommen, wird wol niemand mehr Zweifel zu erheben gedenken. Ein Ver- hältniß, welches namentlich in der montenegrinischen Frage sich offen knnd- gegeben, wie es auch gelegentlich der Absendung der Schiffe nach dem Adria tischen Meere und in diesen Tagen stattgefunden, wo der mit der Uebcr- bringung der für die letzten drei Jahre ausständigen moskowitischen UnterstützungSgeldcr von 27000 Dukaten von Ragusa nach Cettinje abge sandte russische Konsul zur Constatirung der einverständlichen Schutznahme des continentalen Raubstaats in den Schwarzen Bergen und der vorgebli chen Unabhängigkeitsrcchte seiner Dynastie von seinem französischen Kollegen iu Skutari, Hrn. Rehnard, und einem französischen Offizier begleitet wurde. (Vgl. Montenegro, D. Red.) Daß der Absendung der französischen Schiffe übrigens nicht blos eine demonstrative Bedeutung, sonder» auch in- structive und ausforschende Zwecke zum Grunde gelegen, erhellt schon aus dem bisher freilich gänzlich unbekannt gebliebenen Umstand, daß sie auch in die Bucht und selbst in die Einfahrt des KriegShafens von Cattaro eingelaufen und dort verschiedene Untersuchungen über die dortigen Tiefen mit dem Senkblei unternommen. Die hierdurch veranlaßten Anfragen in Wien um bezügliche Instructionen langten indessen infolge einer gelegentli chen und vielleicht nicht unwillkommenen Störung des Telegraphen erst an, als der Admiral Jurien de la Gravüre bereits wieder nach Gravosa abge segelt und somit jede weitern Erörterungen hierüber überflüssig geworden waren. Die auf die montenegrinischen Territorial- und Suzeränetätsstrei- tigkeiten bezüglichen Verhandlungen werden übrigens »och geraume Zeit nicht beginnen können, indem die zur Grenzregulirung bestimmte Commis sion der Mächte, die noch nicht zusammcngetreten, nothwendig erst ihre diesfallstgen Arbeiten beendigen muß, die den Beratungen zur Basis die nen werden. Zum Mitglied derselben von seilen Oesterreichs ist, wie wir mit Bestimmtheit vernommen, der Hauptmann Ioannowitsch vom Gene ralstabe ernannt worden. Wie entschieden aber auch die Geneigtheit der Pforte sein mag, in dieser Frage gewisse Zugeständnisse zu machen, so darf man , jedoch gleichfalls versichert sein, daß diese unter keinen Verhältnissen ihre OLerhoheitSrechtc berühren werden, von deren Aufrechterhaltung der durch die von Rußland und Frankreich hcrvorgerufenen und begünstigten NationalttätSagitationen neuerlich erschütterte Fortbestand des türkischen Reichs bedingt ist. In de» Conferenze» hat 'allerdings eine größere Uebcreinstim- mung platzgegriffen; diese wird ohne Zweifel nunmehr zu gemeinschaftlichen Beschlüssen über die Organisation der Donaufürstenthümer führen, die vor nehmlich dahin gerichtet sein dürften, den hierin bisher sich entgegenstehen den Ansichten Rechnung zu tragen, und daher auch wol kaum vermögen werden, definitive und Dauer versprechende Zustände in diesen Ländern her- zustcllen. Man darf daher die momentan eingetrctene Besserung in der Situation offenbar nicht überschätzen, die wol vielmehr nur als eine vor läufige Vertagung der vorwaltenden Streitfragen zu betrachten sein möchte, und deren nächste Veranlassung hauptsächlich in den namhaften Schwierig keiten der inner» Situation liegen dürfte, mit welchen gegenwärtig beinahe alle Regierungen zu kämpfen haben. Diese Anschauung der europäische», precären Verhältnisse möchte schwerlich als eine unrichtige zu betrachten sei»; wenigstens scheint fie in England in der öffentlichen Meinung und in der Regierung ungetheilt fortzuherrschen. Verläßlichen Mittheilungcn aus Lon don zufolge werden nämlich, ungeachtet des sich wieder freundlicher gestalte ten diplomatischen Verkehrs, die in den englischen Seehäfen begonnenen Rü stungen mit ununterbrochener Thätigkeit fortgesetzt. Dem «»gekündigten Besuch der Königin Victoria in Cherbourg möchte daher unter diesen Um ständen in keinem Falle die politische Bedeutung und Tragweite zuerkannt werden dürfen, welche die französische Presse sichtlich bemüht ist, diesem Act politischer Courtoisie zu ertheilen. Deutschland. Frankfurt a. M., 9. Juli. In der gestrigen Sitzung der Bundes versammlung, die nur von kurzer Dauer war, hat zunächst die Ergän zung desjenigen Ausschusses stattgcfnnden, welchem der frühere großherzog lich mecklenburgische Gesandte, jetzige Ministerpräsident v. Oertzen, als Mit glied angchörte. Ueber einen Antrag von Anhalt-Dessau in Betreff der bevorstehenden Inspektion seines Bundeskontingents wurde vom Militäraus schuß Bericht erstattet. Wie man vernimmt, wünscht Anhalt-Dessau die Musterung ausgesetzt, da das anhaltische Kontingent im vorigen Jahre an den Manövcrn der preußischen Truppen in der Provinz Sachsen theilge nommen und dabei der kriegsmäßige Zustand desselben sich herausgestellt hat. Ueber die Rechnungen der BundeSkanzlet und Bundesmatricularkassc für das Jahr 1857 wurde ein Vortrag des Finanzausschusses behufs Ertheilung der Decharge erstattet. Es sind danach verausgabt bei der erster« 64000 Fl. und bei der letzter» 2,533000 Fl., überhaupt also 2,597000 Fl. Hiervon kommen auf die Bundesfestungen circa 500000 Fl. Der Beitrag Preußens beläuft sich hiernach auf circa 630000 Fl. Oesterreich theilte mit, daß die Erzherzoge Leopold und Karl Ferdinand bestimmt seien, das preußische und hannoversche Bundescontingent seitens Oesterreichs zu inspiciren. In der kölner Brückenangelegenheit haben sich bekanntlich im März dieses Jahres mehrere Handelsvorstände und Nheinschiffer an die Bundesversammlung ge wandt. Ueber daS Gesuch derselben hat die Reclamationscommisflon Bericht erstattet und die Versammlung darauf beschlossen, die Abstimmung auf vier Wochen auszusetzen. (Bekanntlich ist zwischen den Rheinuferstaatcn bereits eine Uebereinkunft über den Brückenbau und die Entschädigung der Schiffer zu Stande gekommen. D. Red.) (Zeit.) — Die in Darmstadt erscheinende Allgemeine Militär-Zeitung enthält ei nen Aufsatz über „die Besatzungen der Bundesfestungen", zu dessen Hauptinhalt folgende Vorschläge gehören: 1) das ausschließliche Besatzungs recht in sämmtlichen Bundesfestungen soll an Oesterreich und Preußen über tragen werden; 2) der Oberseldherr des Bundesheers sowie die Comman- danten der einzelnen Armeecorps sollen von jetzt ab für den Zeitraum von drei Jahren ernannt werden; 3) mit der Regulirung der Besatzungsfrage steht die Garantiefrage der bundesfreien Länder Oesterreichs und Preußens im engen Zusammenhänge. Es wird daher gefordert, daß die durch den Art. 36 der Wiener-Schlußactc ausgesprochene Garantie der Bundesländer sofort durch Bundcsbeschluß auch auf die außer dem Bunde gelegenen Be sitzungen Oesterreichs und Preußens ausgedehnt werde. Die Nothwendigkeit dieser Maßregel wird durch die italienischen Zustände motivirt. Preußen, t Berlin, 11. Juli. In mehreren Blättern ist die Nachricht enthalten, daß die altpreußische Partei (Fraktion v. Bethmann-Hollweg) bei den im Herbste bevorstehenden Wahlen zum Abgeordnetenhaus sich von den verschiedenen Schattirungen der Linken trennen werde. Wir können diese Angabe als gänzlich unbegründet bezeichnen, indem wir zugleich auf die entschiedene Erklärung des Preußischen Wochenblatt Hinweisen, wonach bis- jetzt in den Beziehungen zwischen der Fraktion v. Bethmann-Hollweg und der Linken keinerlei Aenderung eingetrcten sei und auch keine Veranlassung zu einer solchen vorliege. Baiern. München, 7. Juli. Da, wie bekannt, vom päpstlichen Stuhl zu Rom schon vor zwei Jahren die unter dem Titel „Mitteilungen seliger Geister durch die Hand der Maria Kahlhammer rc." erschienene Schrift verworfen und die Verbreitung, Lesung oder Behaltung derselben bei Ver meidung der Ercommunication verboten worden ist, so wurde nunmehr, da alle Ermahnungen fruchtlos waren, vom erzbischöflichen Ordinariat die Ercommunication ausgesprochen gegen die Maria Kahlhammer, den Oekono- men Jos. Friedrich und den Eisenhändler Joh. Schweikart dahier. (A. P.Z.) Würtembcrg. Stuttgart, 10. Juli Nach einer langen Sitzung, die sehr stürmisch war, wurde heute in der II. Kammer die Frage wegen