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MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20 Npfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40«etchs- Pfennig, die 3gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Bor- geschriebene Erscheinung»- _ tage und Platzoorschrifte» werden nach Möglichkeit Kernsvremer: Amt Wllsdrufs Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen- «-nabme bis norm.10Uhr. - — Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAuzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabatlansprü ch -rlifcht, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr.242 — 86 Jahrgang Telegr-Adr : .Amtsblatt- Wttsvruff- Dresden Postscheck Dresden 2646 Sonnabend, den 15 Oktober 1927 W SWestz im RMM Weitert Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, B« .Wilsdruffer Werktagen »achmittag» ö Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in d« Geschöstsstelle und de« 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung r NM. zuzüglich Abtrag- u. . .. - _ . gebühr. Einzelnummern ILNpfg AllePoftanstatten W0cyeN0latt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus- trüger und Geschäftsstellen ... nehmen zu jeder Zeit De- stelluugen entgegnt. Jm Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung d« Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. politische Eiertänze. Theaterdonner. — Butter aus dem Kopf. — Wettrennen über den Ozean. — Verkehrspolilik, nicht Rekordbrecher«. Man behandelt sich gegenseitig mit der allergrößten Hochachtung, kann sich aber nicht ausstehen. Das ist so des politischen Lebens Brauch; namentlich in den Beziehungen gewisser Staaten zueinander. Frankreich hat sich von der russischen Sowjetregierung wirklich eine ganze Menge gefallen lassen, hat sogar nicht dagegen gemuckst, daß sich der Bolschewismus gerade dieses Mutterland der Revolution zum Feld seiner Be tätigung aussuchte. Mit Worten des Tadels sparte man zwar nicht, aber schritt nie zu Taten. Bis der russische Botschafter in Paris, also eine offizielle Persönlichkeit, der französischen Regierung Schwierigkeiten machte; da mutzte man endlich rebellischwerden. Höchst ungern natürlich, zudem der gerissene Außenkommissar in Moskau, Herr Tschitscherin, gerade in diesem Augenblick einen Vor schlag machte, wie die Schulden, die das zaristische Rußland vor und während des Krieges in Frankreich gemacht hatte nun endllch abgedeckt werden sollen. Und das ist eine ganz erkleckliche Reihe von Milliarden; die französischen Lparer, die einst für die russische Rüstungsverstärkung so viel Geld hergegeben hatten, wären ja restlos glücklich, wenn sie wenigstens einen Teil davon Wiedersehen würden. Und zudem noch mehr: die ruf 'che Negierung wollte von der Pariser Regierung einen Warenkredit im Betrage von em paar hundert Millionen haben, der der französischen Industrie als Lieferantin ganz ausgezeichnet bekommen wäre — also hat man beiderseits die Saiten herabgestimmt und den berühmten diplomatischen „Nockus vivsnäi", das Kompromiß gefunden. DerrussischeGesandtein Paris wurde abberufen und — man nimmt das der Sowjetregierung Weiler nicht übel — Tschitscherin macht in einer Note an den Moskauer Gesandten Frank reichs aus seinem Herzen alles andere als eine Mörder grube in dem beruhigenden Bewußtsein, das der Berliner in die Worte zu kleiden Pflegt: „Was will man denn mir!" Da außerdem die ganze Sache auch nach einer andern Nichlnna bin buchstäblich — man verzeihe das harte Wort — si'jnkt", nach Petroleum nämlich, außerdem man bei gewissen französischen Zeitungen nie so recht Weitz ob ihre flammenden, heiß entrüsteten Leitartikel nich! mit Hilfe eines Goldregens erzeugt worden sind, so wird sich trotz manchem rauben Ton und vielem Theaterdonner sehr bald „alles, alles finden". Rauhe und wenig herzliche Töne klinaen ja auch zwischen Kowno und Warschau, zwischen Litauen und Polen. Die Streitfrage „Wilna", dieser Apfel der Zwietracht, soll ja, um mit Karl Wipvchen zu reden „verewigt" werden, indem der litauische Anspruch auf diese gewaltsam entrissene Stadt in der neuen Verfassung niedergelegt werden soll. Man klirrt dazu crschröcklich mit den Waffen, m den Grenzwäldern „kracht" es auch hier und da und in Polen „hallt es wider" — aber so ernsthaft ist weder Huben noch drüben die ganze Geschichte gemeint. Denn Litauen hat doch selbst genug „Butter aus dem Kopf"; siehe: M e m e l l a n d. Nun will die diktatorische Negierung in Kowno eine neue Verfassung durchdrückon, die eine sehr starke Einschränkung der parla mentarischen Rechte enthält. Die Parteien sind darob wütend und ganz unsicher ist es. wie die geplante Volks abstimmung ausfällt. Infolgedessen zieht als bestes Mittel die diktatorische Regierung das Banner des wildesten Nationalismus auf, tritt den Polen auf das empfind lichste Hühnerauge, schikaniert die Deutschen im Memel land und — verhandelt insgeheim in Berlin und War schau, weil Litauen schließlich ja doch wirtschaftlich auf ein einigermaßen gutes Verhältnis zu seinen beiden Nach barn angewiesen ist. Mit der Posaune des Nationalis mus hofft man aber die notwendigen Volksgenossen für die Abstimmung zusammentrompeten zu können. * Das Schauspiel dieser politischen Eiertänze wird an mutig belebt durch das Wettrennen über den Ozean hoch in der Luft. Handelte es sich dabei nicht schließlich auch um Menschenleben, so würde man dem allen amüsiert zuschauen. Erfreulicherweise unterscheidet sich das deutsche Vorgehen beträchtlich von dem der anderen. Nicht „Rekordbrecher«", sondern bewußte Ver kehrspolitik wird hier getrieben, die sich ausdehnt über die deutschen Grenzen. Allmählich werden wir ja jetzt auch dazu kommen, innerhalb der deutschen Grenzen Verkehrs p o l i t i k zu treiben, also einen Ausgleich zu schaffen zwischen den einzelnen Verkehrsträgern, dei Eisenbahn und den Schiffahrts st raßen, den Autostationen und dem Flugwesen. Sie so aufeinandei einzustellen, daß sie im freien Spiel der Kräfte Bestes leisten und im Interesse der deutschen Wirtschaft auch Bestes erreichen, daß namentlich bureaukratische Schwie rigkeiten und Kämpfe ausgeschaltet werden, die man ja doch nur auf dem Rücken und zum Schaden der deutschen Wirtschaft ausficht — das ist das Ziel der Politik des Neichsverkehrsministeriums, das Vertreter des Rcichs- wirtschaftsrats, des Verkehrsbeirats der Reichsbahn und der Post und sonstiger Interessenkreise zusammenberufen hat, um endlich einen Ausgleich zu schaffen. Weil schließ- >'ch doch nicht Rekordleistungen, sondern nur stille, aber sie lbewutzte Arbeit Deutschland wieder voran- "üngen kannk Keine Einigung in der Schulfrage Die staatsrechtliche Lage. In den beiden Angelegenheiten, die feit Wochen st dem Vordergrund der innenpolitischen Auscinandersetzun gen stehen, sind nunmehr Entscheidungen erfolgt, aller dings Entscheidungen, die keinen Abschluß bedeuten, son dern nur den Auftakt zu neuen Kämpfen. Der Reichs rat hat der Besoldungsvorlage für die Beamtei zugestimmt, wenn auch die Deckung der erhöhten Aus gaben namentlich in den Ländern und den Gemeinde! noch gänzlich ungeklärt bleibt. Dann aber hat der Reichs rat, der sich seit Tagen mit dem Schulgesetzent murf der Reichsregierung beschäftigte und in rinzclnen zahlreichen Abänderungen unter besonderer Be rücksilbtigung der preußischen zustimmte, den ganzen Ent murf schließlich samt den vorgenommenen Abänderungei ab gelehnt, und zwar mit 37 gegen 31 Stimmen Gegen den Entwurf in der nunmehrigen Fassun, stimmten Bayern, Anhalt, Oldenburg, Thüringen, Hessen Hamburg, Bremen, Lübeck, Mecklenburg-Schwerin, Würt tembcrg und die preußischen Provinzen Ostpreußen, Pom mern, Brandenburg, Hannover, Niedcrschlesien, Schles wig-Holstein, Westfalen, Rheinland, Hessen-Nassau un! Oberschlesien, dafür die preußische Regierung, die Stad Berlin, die Provinz Sachsen, die Länder Sachsen, Baden Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck und Mecklenburg Strelitz. Nach diesem überraschenden und in seinen Folge, noch nicht übersehbaren Beschluß verkündete der vor sitzende Reichsinnenminister sofort den Schluß der Sitzung In der der Abstimmung vorhergehenden Debatte hatü der preußische Ministerialdirektor Kästner Bericht übe- die Ansschußberatungen erstattet, die zahlreiche Ände rungen ergeben hatten. Der sächsische Gesandte, Dr. Gradnauer, gab eim kurze Erklärung ab, worin er die Verbesserung der Aus fchußbeschlüsse anerkannte. Andernfalls wäre seine Regie rung nicht in der Lage gewesen, dem Schulgesetzentwur zuzustimmen Ablehnung vom Mmisterüsch. In der Einzelberatung wurde eine Reihe von baye rischen Anträgen, die gegenüber den Ausschußbeschlüsser die Regierungsvorlage wieder Herstellen sollten, abgelehnt Reichsinncmninister v. Keudell erklärte, daß er du Zustimmung der Neichsregierung zu den Ausschuß beschlössen nicht in Aussicht stellen könne. Zu der gewünschten Ausnahmestellung für die Lände, mit Simultanschulen sollte auf Antrag der Reichsregierun« eine Erweiterung, die Beschränkung der Übergangszeit aber wieder auf fünf Jahre stattfinden. Dis Erweiterung wird abgelehnt, die Beschränkung auf fünf Jahre an genommen. Der letzte Paragraph des Gesetzes bestimmt noch dü Ausschußfafsung daß die Durchführungskosten des Go setzes den Ländern und Gemeinden in voller Höhe von Reich erstattet werden sollen. Reichsinnenminister vor Keudell erklärte, die Neichsregierung könne vor dei endgültigen Fassung der Vorlage nicht die hieraus ent D 1230 auf den Azoren. Lissabon, 14. Oktober. Um 10 Uhr vormittags ist das Iun- kersflugzeug D. 1230 über dem Atlantischen Ozean auf 15 Grad 45 Minuten w. L. und 38 Grad 24 Minuten n. Br., ungefähr 300 Meilen von der portugiesischen Küste entfernt, gesichtet worden. Hotte, 14. Oktober. Das Flugzeug D. 1230 ist um 17.10 Uhr auf den Azoren gelandet. Schon seit X>3 Uhr war die Mole voller Menschen. Es fiel leichter Regen. Als man das Flugzeug majestätisch ankommen sah, ließen die Schiffe die Sirenen ertönen. Die Landung ging binnen drei Minuten im Hafen innerhalb der Mole auf einer gar nicht großen Fläche vor sich. Das Flugzeug ist augenblicklich von Motorbooten umgeben un- sicher festgelegt. In den Kreisen der hier stationierten Flugleitung glaubt man, -aß D. 1230 nach Neufundland weiterfliegen wird, und zwar, falls die Wetterlage es gestattet, bereits morgen. Die Besatzung der D. 1230 gewährte den Pressevertretern eine Unterredung, in der n. a. ansgchHrt wurde: Tor Start von Lissabon ersvlgte. in der Dämmerung bei schlechtem Wetter. Auf See Karte das Wetter zunächst auf, doch trat gegen Mittag eine Verschlechterung mit starten Rorbweftwindew, hoher See, nied rigen Wolken und Regenschauern ein. Dicht bei den Azoren war die Wetterlage sehr schlecht. Um 13.15 Uhr Greenwicher Zeit be fanden wir uns über Ponta DÄganda. Um 14.20 Uhr nahmen wir Zielrichtung und die Ziellandung erisdlgte im Hafen von Hor ta. D e Besatzung und die Passagierin sind wohlauf und in be ster Stimmung und sehr erfreut über den herzlichen Empfang auf Horta. Die Aughöhe betrug 300 bis 600 Meter. siebenden Kosten übersehen. Sie könne deshalb auch noH nicht erklären, ob und inwieweit eine Beteiligung des Reiches an den Kosten in Frage komme. Auf Antrag des preußischen Staatssekretärs Dr. Weis man« wird festgestellt, daß der Ausschußantrag über di« Kostensrage vom Neichsrat einstimmig angenommen worden sei. Vor der endgültigen Abstimmung sagt noch der baye rische Gesandte v. Preger, seine Regierung hätte dem Ent wurf Dr. Keudells zustimmen können, müsse aber die Ausschußfassung ablehnen. Nunmehr erfolgte die Schlußabstimmung mit dem Resultat der gänzlichen Ablehnung. * Die Stellung der ^Z^rung. Vorlage des Urentwurfs im Reichstage? Alsbald nach Bekanntwerden des ablehnenden Be schlusses des Ncichsrats wurde das Reichskabinett zu einer Sitzung einberufen. Auf der Tagesordnung stand zu- nächst die Angelegenheit der Besoldungsordnung und dann die Entscheidung darüber, in welcher Form jetzt das Reichsschulgesetz an den Reichstag gebracht werden soll. Man glaubt fast sicher annehmen zu können, daß nunmehr der ursprüngliche unveränderte Entwnrf des Reichsinnen. Ministers dem Reichstag zugehen wird. Nach der Verfassung bedarf die Einbringung von Gesetzesvorlagen der Reichsregierung der Zustimmung des Neichsrats. Kommt eine Übereinstimmung zwischen der Reichsregierung und dem Neichsrat nicht zustande, so kann die Reichsregierung die Vorlage gleichwohl einbringen, hat aber hierbei die abweichende Auffassuna des Neichsrats darzulegen. Der Reichsregierung wäre es also möglich, den Ent wurf überhaupt zurückzuziehen oder ihn in unveränderter Gestalt dem Reichstag vorzulegen. Es besteht die Annahme daß die Regierung den zweiten Weg wählen wird. Würde der Reichstag den Regierungsentwurf in seiner Urfassung oder, was wahrscheinlicher ist, in abgeänderter Form an nehmen, so müßte dann das Gesetz wieder an den Neichsrat gehen. Jedenfalls bedeutet der Neichsrats- beschluß eine weitere Hinausschiebung der Regelung der Schulverhättnisse. ElMlMg der MnWn Gesandten in Prag. Prag, 14. Oktober. Am heutigen Freitag abend gegen 23 Uhr wurde der neue albanische Gesandte in Prag Xeno Bey im Kaffee des Hotel Palast-Passage erschoßen. An dem Tisch -es Gesandten fetzte sich ein junger Mensch, der plötzlich drei Schüsse auf den Gesandten abgab. Der Gesandte wurde von zwei Schüßen in den Kopf und einem Schuß in die Brust getroffen und verstarb auf dem Transport nach dem Krankenhaus. Der Attentäter, ein 16jähri'ger mazedonischer Student blieb ruhig am Tisch sitzen und ließ sich widerstandslos verhaften. Die deutsche OzmnmaWne !hat die erste AManKketappe be deutend schneller bewältigt, als allgemein angenommen wurde. Die Lustknie ibeträgt fast genau 1800 Mometer, was bei einer MuMst von 10 Stunden 45 Minuten eine Durchschnittsgeschwin- dlgM von 165 Stundenkilometer ergeben würde. Da aber der Kurs nicht der genauen LuWm'e folgte, sondern einen tatsäch lichen Flngweg von etwa 2000 K.scmeter ausmachte, so häben die Weger infolge des günst gen Wetters eine DurchschMsge- schwindigkeit von etwa 180 Kilometer in der Stunde erreicht. Die Wetterlage auf dem nunmehr in Frage kommenden Teil des AlÜMÄschen Ozeans ist nur zum Teil güwstg, nämlich zwi schen den Azoren und Neufundland dzw. Neuschottland, dagegen sind die Voraussetzungen für den Kurs Azoren—Bermudas "im Augenblick schlechter. 11L20 i« Amsterdam Amsterdam, 14. Oktober. Das deutsche Flugzeug D. 1220 traf heute mittag 1 Uhr 35 Minuten im hiesigen Flughafen Schel- linkwonde ein und setzte kurz darauf im Gleitfluge glatt auf das Wasser auf. Sie wunderbare Rettung der Mß Elder. Die deutschen Ozeanflieger unterwegs. Die junge Amerikanerin Miß Elder und ihr Pilot, der Kapitän Haldemann, können ihren Ozeanflug wohl als den abenteuerlichsten bezeichnen. Bisher ist es noch niemals gelungen, einen Aeroplan, der auf dem Ozean notgedrungen niedergehen «rußte — es gab der artige Fälle leider schon mehr als ein Dutzend , ans irgendeine Art trotz, aller Bemühungen zu.retten, ..