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Wchrritz-Mllliig 66. Jahrgang. Dienstag, den 20. November 1900. Nr. 134. Inserate, welche bei de» bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr n-ir?- same Verbreitung sinven. werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder der« Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. VeranlworMiher Kedacleur: Paul Irlpre. - Druck und Verlag uon Carl Irhne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirthschaftttcher Monatr-Beilage. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Ämtsökatt für die Königliche Kmtshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadtrach zu MpMiswalde. Die „Meitzeritz - Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljiihrlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 64 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- Nalten, Postboten, soivie rie Agenten nehmen Be stellungen an. WMcht Sitzm, >>6 Mittwoch, am 28. ds. Mts., Vorm. 10 Uhr, im Sitzungszimmer des hiesigen Nathhauses. Die Tagesordnllng hängt in der amtshauptmannschaftlichen Kanzlei aus. Dippoldiswalde, am 19. November 1900. Königliche Amtshauptmannfchast. 270 k. I. A.: vr. Fischer, Bez.-Ass. Bekanntmachung, die Stadtverordnetenwahl betreffend. Nachdem die diesjährigen Stadtverordneten-Ergänzungswahl auf Donnerstag, den 29. November 1900, anberaumt worden ist, so werden sämmtliche stimmberechtigte Bürger hiesiger Stadt hierdurch aufgefordert, an diesem Tage in der Zeit von Vormittags 9 Ahr bis Mittags l Ahr in der grossen Saalstube des Rathhauses, bei Verlust des Stimm rechtes für den gegenwärtigen Fall in Person zu erscheinen und die Stimmzettel, auf welchen aus der jedem Stimmberechtigten zugehenden Wahlliste 3 angesessene und 1 unangesessener Bürger zu benennen sind, abzugeben. Dippoldiswalde, am 17. November 1900. Der Stadtrath. Voigt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der bis jetzt Heuer in so milder Art auftretende Spätherbst wird in dieser Form gar nicht ungern gesehen. Die milden Tage verkürzen den zu er wartenden Winter. Gar gern verzichtet man noch auf die üblichen rauhen Novemberstürme mit ihrem Gefolge von Katarrhen und Kinderkrankheiten. Wohlthätig empfindet es die ökonomische Hausfrau, noch eine Zeit lang an der ckheuren Heizung sparen zu können. Auf den Spazier gängen aber erfreut man sich an den, Leben, das verhältniß- mäßig noch in Fülle in der Pflanzen- und Thierwelt herrscht. So wird es besonders in Jmkerkreisen Interesse erregen, daß ein Bienenzüchter noch am Sonnabend, also am 17. November, an seinem Bienenstände zu seiner Verwunderung beobachten konnte, wie nicht wenige der ausfliegenden Bienen mit gelbbraunen „Höschen" zurück kamen, also Blumenstaub eintrugen. Ein gewiß seltenes Vorkommnis; in dieser vorgeschrittenen Jahreszeit. — Am bevorstehenden Bußtage findet nicht nur Vormittags 8 Uhr, sondern auch Abends 6 Uhr Beichte und Kommunion in unserer Stadtkirche statt. — Berliner kauften abermals vier Scheffel zum Grundstück der Tennertmühle gehöriges Bauland oberhalb des Taubenberges. Zu wünschen wäre cs nun allerdings, daß auf dem bis jetzt so reichlich erworbenen Areal bald auch wirklich gebaut würde, daß also diese Ankäufe an Grund und Boden nicht nur zu Spekulationszwecken ab geschlossen worden sind. — Wir machen noch einmal auf den heute Montag Abend punkt 8 Uhr im Rathhaussaale stattfindenden Vor trag über „China und die ostasiatische Frage" aufmerksam. Mitglieder und deren Frauen haben freien Eintritt, Gäste zahlen 20 Pf. Bärenfels. In einer der letzten Nächte wurde wahrscheinlich von zwei böhmischen Arbeitern beim hiesigen Gemeindevorstand Fritzsche eingebrochen und ans einem Sekretär 600 Mark gestohlen, während ein in einem Buche mit dabei liegender 500-Markschein von den Dieben glücklicherweise unentdeckt blieb. Glashütte. Am gestrigen Sonntag war ein Jahr zehnt vollendet, daß die Müglitzthalbahn dem Verkehr übergeben war. Kreischa. Die Schürfungsarbeiten zu der Wasser leitung für die Gemeinden Lockwitz, Niedersedlitz und Leuben sind seit kurzer Zeit beendet und erstrecken sich auf die zum hiesigen Rittergut gehörige große Wiese und auf das Wiesengrundstück des Herrn vr. Barthels, Besitzer des hiesigen Sanatoriums. Die Arbeiten wurden von Ingenieur Buschmann ausgeführt. Dresden. Das Königspaar ist am Sonnabend von Sibyllenort wohlbehalten in Strehlen eingetroffen. — Die Bevölkerungszahl von Dresden mit Albert stadt wird für den 1. November auf 411500 geschätzt. — DieDresdnerStadtverordneten nahmen am Donners tag die Wahl eines neuen besoldeten Stadtrathes vor, wobei der Wahlausschuß zur engeren Wahl Stadtrath Möbius in Chemnitz, Bürgermeister vr. Polster in Hohen stein-Ernstthal, Bürgermeister vr. Reichardt in Kirchberg und Schickert in Leisnig vorschlug. Während der erste Wahlgang wegen Fehlens einer absoluten Majorität un gültig blieb, ergab der zweite Wahlgang für Professor vr. Lehmann in Dresden 33, für Bürgermeister Schickert 25, für Bürgermeister vr. Reichardt in Kirchberg 5 und für Stadtrath Möbius in Chemnitz 3 Stimmen. Da auch dabei Niemand die absolute Mehrheit von 34 Stimmen erhielt, mußte zur Stichwahl zwischen Prof. vr. Lehmann und Bürgermeister Schickert verschritten werden, wobei jeder der Herren 33 Stimmen erhielt, so daß die Wahl gemäß der revidirten Städteordnung um 8 Tage ver- schoben werden mußte. — Die Resolution in Sachen des Prinzen Mar hat in Frankenberg 681 Unterschriften gefunden und ist an Superintendent Meyer-Zwickau abgegangen, der sie persönlich dem Kultusminister überreichen will. — Auch in Thum zirkulirt gegenwärtig ein vom Zweigverein des evangelischen Bundes ausgehendes Protestschreiben gegen das propagandistische Auftreten des Prinzen Mar. Der Protest findet zahlreiche Unterschriften. — Der Einbruchsdiebstahl im Leipziger Naun dörfchen, bei welchem den Dieben Werthpapiere, Spar kassenbücher und baares Geld im Betrage von ungefähr 100 000 Mk. in die Hände fielen, beschäftigte am Donnerstag das Leipziger Landgericht. Dem Haupt angeklagten, dem 20 Jahre alten, wegen Diebstahls zwei Mal bestraften Schlosser Hugo Benno Arthur Liebernickel aus Ulberndorf bei Dippoldiswalde, fällt außerdem noch ein Fahrraddiebstahl zur Last. Der Gerichtshof erkannte gegen Liebernickel auf 6 Jahre, gegen die übrigen Mit- thäter Rothe auf 4 Jahre, Burkhardt auf 3 Jahre und die Gerhardt auf 1 Jahr 6 Monate Zuchthaus, gegen Liebernickel und Rothe auf je 5 Iahte Ehrenrechtsverlust und erachtete die Stellung Liebcrnickels unter Polizeiaufsicht für zulässig. Letzterem wurden 3, den übrigen Angeklagten je 2 Monate der erlittenen Untersuchungshaft auf die fest gesetzten Strafen in Anrechnung gebracht. Großenhain. Von dem am 16. November Abends gegen l/28 Uhr nach Priestewitz abgehenden Zug wurde auf der nach Eroßraschütz führenden Fluthbrücke eine hiesige 73 Jahre alte Wittwe von einem Trittbrett gestreift und in den Graben geschleudert. Die entstandenen Verletzungen führten nach anderthalbstündigem Leiden den Tod der Wittwe herbei. Rochlitz. Der Großmilkauer Ueberfall vom Montag Abeud ist noch in Dunkel gehüllt. Die Gendarmerie hat alle Spuren eifrigst und unausgesetzt verfolgt, aber noch keine hat zum Ziele geführt. Am Mittwoch ver haftete sie einen Fleischergesellen, der vor Kurzem erst hier in Arbeit getreten ist, doch er kann als Thäter nicht in Betracht kommen, da sein Alibi nachgewicsen ist. Erst Donnerstag Vormittag war das überfallene Mädchen ver nehmungsfähig. Ob durch ihre Aussagen weitere Spuren gefunden werden können, erscheint fraglich. Unterdessen wird die Aengstlichkeit der weiblichen Bevölkerung unserer Gegend durch aufgebauschte Gerüchte von neuen Vorfällen genährt. Chemnitz. Ueber den fossilen Baumstamm, der vor einigen Tagen aufgefunden wurde, erfährt man noch, daß zwar die völlige Freilegung noch nicht erfolgt ist, aber schon jetzt nut Gewißheit angenommen werden kann, daß der vermeintljche zweite Stamm noch mit zu dem Umfange des ersten gehört, der somit einen Durchmesser von etwa 1,5 Meter besaß. Der leider sehr zerbrochene, aber seines großen Umfanges wegen trotzdem interessante Koniferenjkamm aus der Zeit des Rothliegenden wird für die städtische naturwissenschaftliche Sammlung aus gehoben werden. Auerbach, 16. November. In Auerbach wurde heute Mittag 1 Uhr die am Bahnhof auf freiem Felde stehende Schmiede durch eine Explosion auseinandergesprengt. Durch herumfliegeude Sprengstücke wurden 2 Mann getödtet, 1 Mann wurde am Kopfe schwer verletzt. An dem Auf kommen des Verletzten wird gezweifelt. Kirchberg. Nahe der hiesigen Station wurde dieser Tage in einem Eisenbahnwagen die Nothbrcmse gezogen. Das Bedienungspersonal fand den „Attentäter" in der Person einer alten Frau in der 4. Klasse, die auch die That eingestand. Auf Befragen nach dem Grunde war die mitleidige Antwort: „Die Latern da oben hat so groß gebrennt, und da wollte ich se bischen kleener schrauben, um der Eisenbahn Geld zu sparen." Von einer Be strafung wurde Abstand genommen. Telephonische Nachrichten. Dresden, 19. November. Heute früh hat der in der Leipziger Vorstadt wohnende 30 Jahre alte Maschinist Hentschel seiner 28 Jahre alten Frau und dann sich mittelst Rasirmesser die Kehle durchschnitten. Beide wurden mit lebensgefährlichen Wunden in das Stadtkrankenhaus gebracht. Das Motiv zur That ist Eifersucht. Beide haben ein 7 Jahre altes Kind. Tagesgeschichte. Berlin. Die gegenwärtige Reichstagssession wird sich von ihren Vorgängerinnen durch eine wohlthuende Kürze auszeichnen. Es sind dem Reichstage diesmal so wenig Vorlagen zugegangen, wie schon seit Jahren nicht mehr. Die Reichsregierung ist der Ansicht, daß die Ge setzgebungsmaschine in den letzten zehn Jahren etwas gar zu hastig gearbeitet habe und daß es Zeit sei, eine Pause zu machen, damit alles das, was auf diesem Gebiete in so kurzer Zeit geleistet worden ist, auch vom Volke ver daut werde. Uebertrieben lange Reichstagssessionen schwächen das Ansehen der Volksvertretung und das JntAesse an deren Verhandlungen. Man scheint also in dieser Be ziehung zu den Grundsätzen des Fürsten Bismarck zurück kehren zu wollen, während dessen Amtsthätigteit lange Reichstagssessionen nicht vorkamen. Breslau. (S. auch 2. Beilage.) Die geisteskranke Schnapka ist 41 Jahre alt, unverehelicht und leidet zweifel los an Verfolgungswahn. Sie wohnt erst seit einigen Wochen in Breslau in einer kleinen ärmlichen Wohnung in der Gartenstraße und konnte die Miethe nicht zahlen. Der Hauswirth strengte die Exmissionsklage an. Freitag Mittag war Termin, zu dem sie schon das Beil mit brachte. Da der Termin vertagt wurde, kam die Schnapka gerade auf die Straße, als der Kaiser vorbeifuhr. Gegen die Frau schwebt außerdem zur Zeit ein Verfahren wegen Be amtenbeleidigung und Widerstands gegen die Staats gewalt. — Auch die im Anschluß an die Verhaftung der Schnapka erfolgte Vernehmung der Verhafteten durch den Staatsanwalt hat es außer jeden Zweifel gestellt, daß eine politische Bedeutung irgendwelcher Art dem Vorfall nicht beizumessen ist, und daß man es vielinehr lediglich mit einer Geisteskranken zu thun hat. Frankreich. Anläßlich des Schlusses der Pariser Weltausstellung fand am 15. November das schon an gekündigte große Abschieds banket der fremden Aus- stellungskommissare statt. Auf den hierbei vom deutschen Reichskommissar Wirk!. Geheimrath vr. Richter, welcher den Vorsitz führte, ausgebrachten Trinkspruch erwiderte der Ministerpräsident Waldeck-Rousseau. AHdantt ft über reichte der Unterrichtsminister Leygues Herrn vr. Richter die Insignien der Würde eines Offiziers der Instruktion Publique. — In seinem Erwiderungstoast führt« Lkaldeck- Rousseau etwa Folgendes aus: Das Werk, welches von Frankreich vorbereitet und mit Hilfe der übrigen Völker ausgeführt worden sei, werde große Erinnerungen zurück lassen. Die wunderbare Entwickelung d<tr Industrie "habe die mächtige Eigenheit jeder Rasse und die fortwähtende Gedankenarbeit, die den Fortschritt zu einem gemeinsamen Schatz der Völker mache, erkennen lassen. Die Ausstellung sei ein Werk der Eintracht, das Vertrauen in eine frucht bare und friedliche Zukunft gewähre. — Ein schweres Eisenbahnunglück ereignete sich bei Dar in Südsrankrcich. Der in voller Fahrt befind liche Süd-Erpreßzug entgleiste, was, soweit Vibo ffstgestellt werden konnte, den Tod von )7 Hitz die Verletzung von 30 Personen zur Folge hatt^ .' Unter den getödteten Passagieren sollen sich dxr peruanische Gesandt« in Paris. Canevaro, und der italienische EWiezialgefatzdts, Larneva, der am Madrider Hofe die offizielle Mittheilung von der Thronbesteigung des Königs Viktor Emanuel III. gemacht hatte, befinden.