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Sonntag. Nr. 419 14. November 18S2. Leipzig. DI- Zeitung «scheint mit Ausnahme deS MvntagS täglich und wird Nachmittags 4 Uhr auS- gegeben. Preis für das Viertel» jahr 1'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. DcuWt Mgmciilk Zeitung. »Wahrheit and Recht, Freiheit und Gcsehl» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). JnsertionSgebühr für den Naum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. Berlin, 12 Nov. Die Neue Preußische Zeitung bringt folgende weitere Nachrichten über die Wahlen zur I. Kammer: I. Wahlen durch die Höchstbesteucrten. Provinz Brandenburg: 2. Wahlkreis: Staats minister a. D. Graf v. Arnim-Boitzenburg. Provinz Pommern: 3. Wahl kreis: Oberconststorialrath Professor Stahl, Negierungsralh a. D. v. Knebel- Doeberitz; 4. Wahlkreis: Rittergutsbesitzer v. d. Osten, auf Jannewitz bei Laucnburg, Oberconsistorialrath Professor Stahl. Provinz Posen: 1. Wahl kreis: Gutsbesitzer v. Chlapowski auf Turow, Graf Titus v. Dzialynski auf Kurnick; 4. Wahlkreis: Oberstlieutenant v. Buddenbrock, Hr. ».Reiche auf Nozbiteck; 5. Wahlkreis: Legationsrath a. D. Kupfer; 6. Wahlkreis: Ge neralmajor v. Lebbin; 8. Wahlkreis: Gutsbesitzer v. Wezierski aus Zakrzewo. Provinz Schlesien: 3. Wahlkreis: Erblandhofmeister von Schlesien Graf v. Schaffgotsch; 8. Wahlkreis: Geh. Negierungsralh und Dircctor des Crc- ditinstituts für Schlesien Frhr. v. Gaffron auf Kunern; 7. Wahlkreis: Graf v. Schweinitz auf Hausdorff; 8. Wahlkreis: Rittergutsbesitzer v. Neibnitz auf Höcknig; 9. Wahlkreis: Rittergutsbesitzer v. Prittwitz auf Casimir. Provinz Sachsen: 4. Wahlkreis: Oberjägermeister Graf v. d. Asseburg- Meisdorf; 5. Wahlkreis: Kciegsminister a. D. General v. Stockhausen, Wirklicher Geh. Rath ».Meding auf BarskewiH; 6. Wahlkreis: Baron v. Minnigerode auf Schadeleben, Hr. v. Grote zu Schauen. Provinz Preu ßen: 1. Wahlkreis: Graf Keiserling-Nautenburg, Baron Sanden-Tussai- nen, Commerzienrath Bittrich zu Königsberg; 4. Wahlkreis: Hr. v. Be- low-Hohendorff; 5. Wahlkreis: Wirklicher Geh. Rath Graf Dönhoff-Fricd- richstein; 8. Wahlkreis: Oberburggraf v. Brünneck; 9. Wahlkreis: Ge» neral-Landschaftsdirector v. Auerswald auf Plauthen; 10. Wahlkreis: Geh. Negierungsralh v. Zychlinski auf Carlsruhe. Provinz Wcstfa- len (hat 11 Abgeordnete durch die Höchstbesteuerten zu wählen): 1. Wahl kreis: Rittergutsbesitzer v. Eller-Eberstein, vr. Tiemann 8on. zu Bielefeld; 2. Wahlkreis: Geh. Rath Frhr. v. Haxthausen, Graf Bernhard zu Stolberg zu Wiesenthal bei Breslau; 4. Wahlkreis: Gutsbesitzer Hoverweg auf Haus Nuhn, Geh. Justizrath v. Viebahn zu Soest; 5. Wahlkreis: Graf Karl v. Meerveldt. Rheinprovinz: 5. Wahlkreis: Gutsbesitzer Friedrich Scheid ler auf Schönwasser; 6. Wahlkreis: Gutsbesitzer v. Kcmpis auf Kendrich. H. Wahlen durch die Gemeinderäthe. Stadt Königsberg in Preußen: Com merzienrath Bittrich, Appellationsgerichtspräsident v. Zander; Stadt Elbing: Destillateur und Cichorienfabrikant Härtel (von der demokratischen Partei auf gestellt); Stadt Görlitz: Oberbürgermeister Jochmann; Stadt Erfurt: Stadt- ralh Frenzel; Stadt Halberstadt: Appellationsgerichtsrath Heyne; Stadt Münster: Oberpräsident v. Duesberg; Stadt Aachen: Commerzienrath Kessel kaul; Stadt Düsseldorf: Regierungspräsident v. Massenbach. — Der vom berliner Gemeinderath als Abgeordneter zur I. Kammer gewählte General superintendent Bischof vr. Neander hat diese Wahl abgelehnt.— Zu den Wahlen für die II. Kammer ist zu berichtigen, daß der Kreisgerichtsdircc- tor Nöldechen, der im franzburger und neuhaldenölebener Kreise gewählt worden war, sich für den letztern, seinen frühern Wahlkreis entschieden und die Vertretung des franzburger Kreises abgelehnt hat. Desgleichen hat sich der Frhr. v. Waldbott-Bassenheim, der im koblenzer und neuwieder Wahlbezirke gewählt worden ist, für den letzten Kreis entschieden; im erstem muß also eine Neuwahl eintreten. ^Berlin, 11. Nov. Die Eröffnung unserer Kammern steht nahe be vor und Sie gestatten mir wol, die mulhmaßliche Stellung der verschiedenen Parteien zu- und gegeneinander ins Auge zu fassen. Ich darf mich um so eher an diese Aufgabe machen, als es sich dabei nicht mehr um bloße Conjecturen handelt, sondern zum Theil um Thatsachen. Die zunächst aus die Centren und innerhalb dieser zumeist wieder auf das große landräthliche Contingent gestützte ministerielle Partei wird sich gleich bei Eröffnung der Kammern vier bis an die Zähne gewaffneten Gegnern gegenüber befinden, die nichtsdestoweniger, wie an und für sich bedeutungslos, auch im Falle gemeinschaftlichen Operirens der Regierung nur augenblickliche Verlegenhei ten bereiten dürften. Solche Allianz würde schließlich nur immer wieder zur Ursache gesteigerten Vertrauens gegen das Gouvernement werden. Jede Vereinigung so feindlicher und widerstrebender Elemente, wie äußerste Rechte, Rechte, Linke und Ultramontane, würde einer Vereinigung von Feuer und Wasser gleichen; die Flamme prasselt auf Augenblicke höher und scheinbar gefährlicher auf, aber es ist das Aufflackern vor dem Erlöschen. Drei die ser vier Parteien haben sich bereits gefunden und werden Hinfort versuchen, ob das Bündel mehr vermag als das Neis. Sollte indeß die Kraft dieses Associationshebels wieder zu schwach befunden werden, um die unbequeme Persönlichkeit des Hrn. v. Manteuffel aus dem Sattel zu heben, so wird man endlich nicht anstehen, die immer noch zu kurze Lanze mit der eiser nen Spitze des Ultramontanismus vorzuschuhen und dann in majorom Doi Zloriam die oft abgeschlagene Attaque nochmals wiederholen. Diese Allianz (für deren Möglichkeit, in Bezug auf die Kreuzzeitungspartei und Ultra- montanismus, das Jahr 1848 die Beweisführung übernimmt) ist nur in einem Falle gefährlich: wenn ihr Auftreten einer Ueberrumpclung glcickt. Ja mehr noch: der Tag ihres Abschlusses muß nicht nur der Tag ihres Angriffs sein, nein, auch ihr Angriff selbst muß Eins sein mit ihrem Siege. Ihr Pfeil muß treffen. Ihre Situation ist schlimmer noch als die des Tell, sie hat nicht nur nicht „keinen zweiten zu versenden", sondern ihr Pfeil springt tödtlich auf den Schützen zurück, wenn er nicht trifft. Von einem wohl vorbereiteten Gegner zurückgeschlagcn, würde diesem unnatürli chen Bündnisse die höchste Unpopularität auf dem Fuße folgen und die öf fentliche Meinung (im Falle des Sieges leicht umzustimmen) würde über die Besiegten ihr Verdammungsurtheil sprechen. Ist Hr. v. Manteuffel vor bereitet? Ich glaube, ja. Es deckt ihn die Devise seines Schildes und wird zum Schilde selbst: „Ein freies Volk unter einem starken Königthume und — der Protestantismus sans Kein Kompromiß nach jener Seite hin, kein Bündniß, das selbst im Siegesfalle die Keime ernsterer Niederlagen in sich trägt und vor allen Dingen keine galvanische Belebung von längst Tod» tem und Abgeschiedenem, d. h. kein Zurückschrauben unserer gesammten staat lichen Entwickelung zu einer blos ständischen Monarchie. Berlin, 12. Nov. Das Ergcbniß der Wahlen zur I. Kammer ist soeben aus allen Wahlbezirken berichtet. Von den namhaft gemachten Ab geordneten gehören allerdings eine große Anzahl zur Farbe des Mandats des vr. Stahl, der sieben mal gewählt worden ist. Welche Befürchtungen und Hoffnungen sich auch an diese Erscheinungen knüpfen mögen, gewiß ist, daß dieselben keine Aenderung in den Folgerungen hervorgebracht haben, welche in officiellcn Kreisen auf den Ausfall der Wahlen zur II. Kammer für die Parlcistellung in der Kammer selbst und namentlich für die Aus gabe des Ministeriums bezüglich der bevorstehenden Verhandlung begründet wurden. Das Ministerium wird vor Allem gemäß den Voraussetzungen, unter denen die Annahme der Verfassung von Seiten der Krone erfolgte, die Aenderung derselben nicht anders als auf verfassungsmäßigem Wege zu lassen. Unter genauer Begrenzung der Interessen des allgemeinen Wohls und der einzelnen Stände werden natürlich auch die besondern Rechte der Ritterschaft ihre Berücksichtigung finden. Auf das entschiedenste ist aber jedes Ansinnen zu- rückzuwcisen, welches die Verfassung etwa zu Gunsten einzelner Stände oder Fractionen stehen lassen oder zustutzen möchten. Es kann keinem Zweifel unterlie gen, welche Aufnahme das hier erwähnte ministerielle Programm in unserer II. Kammer nach ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung finden wird. Schon die Liste der gewählten Deputirten ergibt eine Majorität von etwa 36 Stim men, welche sich in allen Vcrfassungsfragen der Opposition mit Einschluß der äußersten Rechten, auf das entschiedenste gegenübcrstellen würde. Im Hinblick hierauf kann allerdings der in diesen Tagen von der Kreuzzeitung ausgestoßene Angstruf, daß die muthmaßliche Physiognomie der II. Kammer ein Uebergehen des Schwerpunktes der Verhandlungen in diese im Gegen sätze zur vorigen Session befürchten lasse, nur als aus der Richtung jener Opposition kommend, bezeichnet werden. Ob dieselbe in den neuesten Wahl ergebnissen einen Trost für ihre Bcsorgniß gefunden, und inwiefern ihre physiognomischen Wahrnehmungen in dieser Beziehung sich stichhaltig erwei sen, wird besser als die Zusammensetzung eben die Thätigkeit der Kammern darlegcn. — Das berliner Correspondenz-Bureau tritt einem Gerüchte entgegen, welches in diesen Tagen verbreitet werde und von einer Verständigung des Ministerpräsidenten Hrn. v. Manteuffel mit der ritterschaftlichen Partei spreche. Das Gerücht sei durchaus grundlos. Die ritterschafcliche Partei beabsichtige, wenn Hr. v. Manteuffel nicht mit ihr sein wolle, ge gen ihn auch in der Kammer zu sein; an anderweitigen Jntrigucn gegen Hrn. v. Manteuffel habe es sicher schon zeilher nicht gefehlt. Um so mehr werde also in den nächsten Kammern eine Scheidung der conservativen Partei von der blos ritterschaftlichen ebenso sehr zur Nothwcndigkeit, als regierungs seitig ein bestimmtes positives Programm der Negierung. Bonn, 8. Nov. Der hiesige Korrespondent der Zeitung für Nord deutschland erzählt, indem er die rheinischen Wahlen betrachtet, folgen den bemerkcnswcrthen Vorfall: Einer der Redner erzählte beiläufig, daß der ehemalige berliner Abgeordnete und Exstaatsprocurator Schornbaum in Bonn lebe, sich mit Naturwissenschaften befasse, im vorigen Jahre natur wissenschaftliche Vorlesungen gehört habe, und daß die Regierung den Rec tor der Universität unmittelbar veranlaßt habe, Hrn. Schornbaum zu ver bieten, fernerhin naturwissenschaftliche Kollegien in Bonn oder Poppelsdorf zu hören. Die kleine Thatsache machte den größten Eindruck und ein ultra- conscrvativer Wahlmann sprang augenblicklich hervor und sagte, die Thatsache müsse erfanden sein. Als ihm versichert wurde, er brauche nur zum Rector Bauerband zu gehen und zu fragen, der werde ihm die Wahrheit der Thatsache i bekunden müssen, erhob sich augenblicklich der Starkgläubige und sagte: