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Dienstag. Nr. 55. 14. Mai 1878. Weißerih-Aeitung. Amts-Klatt für die Königs. Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königs. Kerichts-Aemter und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redacteur: Cärl Ichne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich drei Mal: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Zu beziehen durch alle Post- Anstalten nnd die Agenturen. — Preis vierteljährlich 1 Mark 25 Psg. — Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 10 Psg. für die Spalten-Zeile, oder deren Nanni, berechnet. Amtlicher Theis. A i o n. Montag, den 3. Juni ds. Zs., von Vormittags 9 Uhr an, sollen an hiesiger Königlichen Gerichtsamtsstelle, Zimmer Nr. 6, verschiedene Möbel, Haus- und Küchengeräthe, Frauen- Kleidungsstücke und dergleichen mehr, gegen sofortige baare Bezahlung an den Meistbietenden öffentlich versteigert werden. Ein specielles Verzeichniß der Auctionsgegenstände ist am hiesigen Gerichtsbrete auSgehängt. Dippoldiswalde, am 8 Mai 1878. Königliches Gerichtsamt. Klimmev. . Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichlsamte soll Donnerstag, -en LL. Juli L878, das Friedrich August Schmelzer'» hier zugehörige HauS- und Garten-Grundstück Nr. 211 des Katasters für die Stadt Dippoldiswalde, Nr. 233 des Grund- und Hypothekenbuchs für Dippoldiswalde, welche« Grundstück am 6. Mat 1878 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 10779 Mark gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Dippoldiswalde, den 9. Mai 1878. Königliches Gerichtsamt. Klimmer. Bekanntmachung. Auf Folium 68 des Handelsregisters für den Gerichtsamtsbezirk Dippoldiswalde, die Firma „Landerwerbsgesell schaft Zimmer L Co. zu Elend" betreffend, ist heute zufolge Anzeige vom 16. April d. I. und Registratur vom 6. Mai 1878 verlautbart worden, daß die Hausbesitzerin Frau Johanne Rosine Fischer aus der Gesellschaft geschieden und der Haus besitzer Herr Friedrich August Ullrich Mitinhaber der Firma ist. Dippoldiswalde, den io. Mai 1878. Königliches Gerichtsamt. Klimmer. Ein Attentat auf den Kaiser Wilhelm, ein ruchloses und unsinniges Verbrechen, das man kaum für möglich halten sollte, ist am Sonnabend Nachmittag Zi/r Uhr verübt worden! Durch glückliche Fügung der Vor sehung aber ist der Kaiser völlig unversehrt geblieben! Als er in Begleitung seiner Tochter, der Großherzogin von Baden, im offenen Wagen von einer Spazierfahrt heimfuhr und den Fahrweg Unter den Linden passirte, feuerte ein hagerer junger Mann in grauem Sommerrock und schmutzigem Calabreser aus einem Revolver zwei Schüsse auf den Wagen des Kaisers und lief dann nach dem Promenadenwege, wo er sofort festgehalten wurde. Der Kaiser rief in ruhigem Tone: „Galt das etwa mir?" und im selben Moment warf sich auch schon die Großherzogin von Baden über ihren Vater, um dessen Person mit dem eigenen Körper zu decken. In höchster Erregung stürzten die Passanten auf den Ver brecher, und als diesem Lynchjustiz drohte, suchte ein Arbeiter ihn zu retten, ward aber mit ihm verhaftet. Der Verbrecher heißt Emil Hödel, genannt Lehmann, ist 20 Jahr alt, aus Leipzig gebürtig und Klempnergeselle. Er hat in Schkeuditz bei Leipzig wiederholt Volksversammlungen veranstaltet und in diesen socialdemokratische Reden gehalten. Auf die Frage, welcher Partei er angehöre, antwortete Hödel wörtlich: „WaS ich für einer Partei angehöre, brauche ich vor Euch nicht zu sagen; die Noth treibt das arme Volk dazu, daß ihm weiter nichts übrig bleibt, als sich todtzu- schießen!" Auch während der übrigen Vernehmung benahm er sich sehr dreist. In seiner Wohnung (Stallschreiberstr.), die er seit 26. April bewohnt, fand man die Photographieen von Liebknecht, Bebel, Most und Hasenclever, sowie social demokratische Schriften. Der zweite Verhaftete, der 19 Jahr alte HaüSdiener Krieger, soll zwar mit dem Hödel schon Vormittags Unter