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Diese» Blatt erscheint täglich Abend« ««» ist durch alle Post, »»kalten de« 3»- »ad Au«landr» z» beziehe». Pr«l« siir Dresdner Journal. einer gespaltea«» Zeile » Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für das Abends erscheinende Blatt werden bis IS Uhr Mittags angenommen. Inhalt. Der Reichrnberger Gewerbeverein über den Aollanschluß Oesterreichs an Deutschland. — LageSgeschichtr: Dresden: Sitzungen der zweiten Kammer; Speisung der Armen; städtischer Verein; Verzeichnis der Almosenpercipienten; Sparkassendefekte; Gestundung der Einkommensteuer; Arbeitrrvrrsammlung. Leipzig: Deutscher Verein. Zittau: Gesangfest auf dem Oybin; Lehrervrrsammlung. Altenburg. Berlin. Dessau. Hohenzollern-Sigmaringen. Gießen. Wien. Schweiz. Luzern. Paris.—Wissenschaft und Kunst: Hoftheater: „Doktor und Friseur; die Sucht nach Abenteuern; Jndienne und Zrphirin". —Feuilleton.— GeschäftSkalender. — Ortskalender.— Angrkommene Reisende. Der Neichenberger Gewerbeverein über den Zoll anschluß Oesterreichs an Deutschland. Aus Böhmen, Mitte August. Der Reichenberger Gewerbeverein hat auf die von der Regierung ergangene Aufforderung, die Behelfe, welche zur Er örterung der Frage der Aolleinigung Oesterreichs mit den übrigen Staaten des deutschen Reichs im Allgemeinen, und die Tarifsfrage insbesondere, etwa schon gesammelt worden, mit- zutheilen, oder wenigsten- die Ansichten, Wünsche und Hoffnungen der Industriellen und des Gewerbevereins bezüglich dieser wichtigen Fragen dem hohen Ministerium zur Kenntniß zu bringen, folgenden Bericht erstattet, den wir al- für die Kenntniß der Ansichten der böhmischen Fabrikanten über diese Frage sehr wichtig hier folgen taffen. Die Berathungen über die Vor- und Nachtheile des Anschluffes Böhmens und überhaupt Oesterreichs an das deutsche Reich in Hin sicht auf Aolleinigung haben nach den verschiedenen Hauptzweigen der Industrie stattgefunden. Die Gewerbsthätigkeit Reichenbergs und der Umgegend umfaßt hauptsächlich die Erzeugung a) von Tüchern, b) von wollenen und halbwollenen Waaren, e) von Baum wollengarn und derlei Waaren, 6) von GlaS und Glaswaaren. »6 s. Die Tuchmacherzunft und die Tuchfabrikanten haben sich in ihrer Versammlung am 22. Juli für die Aolleinigung mit dem deutschen Reiche ausgesprochen, unter der Bedingung: 1) daß sich da- Zollgebiet über alle Staaten des neuen Reichsbundes aus dehne, 2) daß der neue Zolltarif durch angemessene Schutzzölle die Konkurrenz nichtdeutscher Manufakturen bethätige, 3) daß für die zur Fabrikation nöthigen Rohstoffe, für Oel, Farbewaaren u. s. w. die möglichst billigen Eingangszölle festgesetzt würden. »6 b. Die Fabrikation von wollenen und halbwollenen Waaren, nämlich von Thibet, von thibetähnlichen Stoffen, von Merino aller Gattung, von gemischten, aus Baumwollen- und Kämmgarn erzeugten Stoffen haben sich ebenfalls für die Aolleinigung unter dec Bedingung erklärt: 1) daß der neue Zollverein alle Staaten des deutschen Reich- umschließe, 2) daß der jetzt in den Aollvereinsstaaten bestehende Zolltarif einem neuen, mehr auf ftaatswirthschaftlichen Principien beruhenden Tarife Platz mache, 3) daß für die üster- reichitzhenFabrikanten eine UebergangSperiode von 12—18 Monaten stattfinden müsse, damit sie da- zur Erzeugung erforderliche rohe Material vom Ausland« zu gleichen Zollsätzen beziehen könnten, wie sie in den übrigen zollvereinigten deutschen Staaten bestehen werden, 4) daß der definitive Anschluß erst nach 5 Jahren ausgesprochen, bi- dahin aber nur provisorisch betrachtet werde. Nebenbei halten »S diese Fabrikanten für sehr wichtig und zuträglich, daß ihren Fabrikaten angemessene Rückzölle bei der Ausfuhr gewährt würden. »6 c. Die Industriellen der verschiedenen Baumwollenbranchen des Bunzlauer und Leitmeritzer Kreise- haben ihre Meinungen nach den verschiedenen Zweigen ihrer Gewerbthätigkeit gesondert. Die Baumwollspinner besorgen bei einem verhältniß- mäßigen, die englische Konkurrenz paralisirenden Schutzzölle durchaus keine Nachtheile aus einer Aolleinigung mit Deutschland, erwarten vielmehr einen viel gesicherteren Abzug ihre- Fabrikat-, indem nach den letzten statistischen Ausweisen von 1845 der deutsche Zollverein kaum K seines Baumwollgarnverbrauchs selbst producirt hat. Für eine Aolleinigung spricht sich diese Branche aber nur dann au-: 1) Wenn die politische Einigung der zum deutschen Bund« bisher gehörigen öfterreischen Provinzen mit Deutschland wirklich zu Stande kommt und vorangeht; 2) wenn ein zweckmäßige-, den Erfordernissen und Zuständen angemessenes Schutzzollsystem für alle Zweige der Baumwollindustrie durchgeführt undaufrechterhalten wird; 3)wenn alle Binnenzölle, namentlich die FlußschifffahrtSzölle unbedingt auf gehoben werden; 4) wenn der EingangszoU für rohe Baumwolle auf daS Minimum der Kontrole herabgesetzt wird, z. B. 2^ Sgr. pr. Centner; 5) wenn der EingangszoU für einfache rohe Baumwoll garne wenigstens auf 5—6 Thlr- pr. Centner festgestellt, geschlichtete angelegte Ketten oder Zettel, ferner doublirte oder gezwirnte Garne mit einem circa 20 Procent höheren Eingangszolle belegt werden; 6) wenn auf feinere Nummern über Nr. 60 «in dem größeren Werth«, den vermehrten Kosten und Arbeitsaufwande entsprechender höherer Schutzzoll bestimmt wird; 7) wenn, um der Weberei jede Konkurrenz im Auslande zu ermöglichen, für ausgehende Baumwollwaaren ein zum Garnzoll im Verhältniß stehender Rückzoll oder AuSfuhrSprämie festgestellt wird; 8) wenn als UebergangSperiode kein längerer Zeit raum, als es der Ausgleich der relativen Interessen unumgänglich erfordert, angenommen wird; 9) wenn als Versuchsperiode für die Zolleinigung ein Zeitraum von 3 Jahren bestimmt wird. Doch könnten auch während dieser Zeit nach konstattrtem Erforderniß einzelne Tarifsänderungen stattfinden. Bonden Färbern wurde die Herabsetzung der EingangSzölle auf das Minimum der Kontrole für sämmtliche zur Färberei nöthigen Rohstoffe und jene Färbe- und chemischen Materialien, die da- In land entweder gar nicht oder nicht in gehöriger Qualität zu liefern vermag; ferner die Erhöhung des EingangSzölle- um wenigsten- 50 Procent auf gefärbte Garne gegenüber den rohen, so daß, wenn die rohen 6 Thlr. pr. Centner zahlen, für gefärbte wenigsten- 9 Thlr. im Eingänge entrichtet werden müßten, — al- Bedingung für die Aolleinigung aufgestellt, im Uebrigen schlossen sie sich den Bedingungen der Baumwollspinner an. Die Weber entwickelten divergirende Ansichten. Die Erzeuger von farbigen Hosen- und Rockstoffen wünschten, daß Alle- io owtu quo bleibe;.dafür haltend, daß die benachbarte sächsische und schlesische,