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Dresdner Nachrichten : 22.11.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187311221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18731122
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18731122
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1873
-
Monat
1873-11
- Tag 1873-11-22
-
Monat
1873-11
-
Jahr
1873
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 22.11.1873
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»lummer« l N tzliir die NKiabe «Inge» laudier Manuskripte «acht sich die «edaktto» »iiht verdtndlich. Inseraten.«nnaljme aul» Wtirt». N<u»»»»l»i, u,« V«,l»r in Hamduro, ver» Nn, «Ie„. Lcipzip. Basel, «redlau, tzranisurt a m. — LuL Na»„ in Berlin, Leldjia, Wien. Hamburg, yronisur, a. M.. Mün. chen. — vruba L La. in Kranlsurl a. M. — ke. v»i,t in Sbemiit«. — Ika- ra», surllitv. llulliae ib La. in Varls. Tageblatt Druck und Ligcnthum der Herausgeber: Liepsch k Neichardt in Dresden. Verantwort!. Redakteur: Julius Neicharbt Nusw8rtiae RimanvMM «ustrilge »an un»n»W «annten Nlrme, ». PM sonen iuftrlren wer > " ««gen tzidnumel Zadluit, durch marken oder Pastell lung. » «ilden « >><, «ar. «lusway ISnnen die Zahlung a «ul eine DreSdnerMrmd «nwcilen. Die Sir S26. Achtzehnter Jahrgang. Mitrevacteur: vr. Lmll Für das Feuilleton: »»rt«»»». Dresden, Sonnabend, 22: November 187S. TageSgeschtchte. Deutsches Reich. In der Sitzung des bairischen Abgeord netenhauses vom 20. Nov. wurde vom Kriegsminister Freiherrn v. Pranckh ein Gesetzentwurf betreffs Bewilligung eines austerordent lichen Kredits von 24 Millionen für Heercsbcdürfnisse cingcbracht. Der Kricgsnünister motivirte die Vorlage durch die Nothwendigkeit Ser betreffenden Ausgaben, welche sowohl durch das eigene Interesse Baierns veranlaßt seien, als auch durch die dem Reiche gegenüber «»gegangenen Verpflichtungen geboten erschienen. Sodann legte der Fmanzmiinster einen Gesetzentwurf vor über die Verwendung des bairischen AntheilS an der französischen Kriegsentschädigung von 90 Millionen Thalern und beantragte den davon noch nicht verwandten Restbetrag unter anderen Bewilligungen auch zur Deckung des vom Kriegsminister verlangten außerordentlichen Kredits zu verwenden. Die Cholera ist in München neuerdings wieder stärker aufge treten; am 19. sind 11 Choleraerkrankungssälle und ein Sterbefall, am 18. d. vier Erkrankungen und 2 Sterbefülle amtlich cönstatirt worden. Die „Ostd. Ztg." publicirt den authentischen Brief eines Geist lichen aus der Provinz Posen, welcher die hilflose Verwirrung schil dert, die schon jetzt durch den Widerstand des ErzbischofsLedochowSky .ntstanden ist. Zum Schluß heißt es, die niedere Geistlichkeit sehe es ein, daß der Erzbischof unterliegen müsse. Die Kirchengesctze ent hielten nichts, was dem Glauben schade, und wegen der leeren Form -er Mittheilung der Anstellung werde die Geistlichkeit ruinirt, das Volk geschädigt und seiner Hirten beraubt werden. Diese Ansicht sei hei dem CleruS in der Provinz sehr verbreitet. Frankreich. Die Minister werden, wie die „Agence HavaS" meldet, ihre Functionen sortführen, bis die Berathung über die In terpellation des linkan Centruins betreffend die Richtcinbernfung der Wahlcollegien zur Vornahme der Ersatzwahlen erledigt ist. Mit der Rcconstituirung des Cabincts würde voraussichtlich der.Herzog von Broglie beauftragt werden. . Spanien. Die zu den carlistischen Truppen gehörigen Mann schaften ausGuipuzcoa sind sämmtlich in ihrc Heimath zurückgckehrt. Der General MorioncS concentrirt seine Streitkräfte bei Viana. — Mit dem Bombardement von Cartagena soll» dem Vernehmen nach» am 24. November begonnen werden. Die Belagerungsbatterien sind vollendet, es werden noch 5000 Mann an Verstärkungen erwartet. Amerika. Der Ministcrrath des Präsidenten Grant har über daS Verlangen Spaniens, daß ihm in der VirginiuSfragc betreffs der zu leistendenGcnugthuung ein wcilcrerAufschub gewährt werde, berathen und ist einstimmig der Ansicht gewesen, daß die Dringlich keit der Situation keinen iveitcrcn Aufschub gestatte. Die Londoner „Times" schlügt eine gemeinschaftliche englisch-amerikanische Besetz ung der Hauptpunkte Kubas vor. In den der Washingtoner Negierung nahe stehenden Kreisen wird angenommen, daß betreffs CubaS eine kriegerische Verwickelung noch werde vermieden werden. — Ein in Baltimore abgehaltcnes Monstrcmecting sprach sich für genügende Gcnugthuung Seitens Spaniens, und wenn dies nicht der Fall, für Besetzung Cubas aus. Ncnkstc Telegramme der Dresdner Nachrichten. Wie», 20. Nouember, Abends. In der heutigen Sitzung des LKkSwirthschaftlichen Ausschusses des Abgeordnetenhauses machte rer Minister des Innern, Lasser, die Mittheilung, daß bis jetzt 80 Actiengesellschaften zu liquidiren beschlossen hätten. Weitere Liqui dationen ständen aber in Folge der an die Actiengesellschaften er lassenen Aufforderung, ihre Geschästsbilanz pro ultimo September c. vorzulegcn, jedenfalls noch zu erwarten. Ncw-Nork, 20. November. Der amerikanische Consul in Santiago hat der Negierung osficiell mitgethcilt, daß bis zum 13. d nicht mehr als 53 Gefangene von der Besatzung des „BirginiuS" erschossen worden seien. — Die Senatoren Summer und Camcron haben einen öffentlichen Aufruf erlassen, in welchem sie das ameri tanische Volk ausforderir, der spanischen Republik, welche um ihre Existenz kämpfe, seine Sympathien zuzuwendcn. Locales nnd Sächsisches. — Der Erbgroßherzog von Oldenburg ist vorgestern Abend, 5 Uhr von Berlin kommend hier eingetroffcn, und am Bahnhofe init Königl. Equipage abgeholt worden. ^ — Die am hiesigen Hofe beglaubigten fremdländischen Ge sandten werden aus Anlaß des Thronwechsels in der nächsten Zeit neue Accreditivc ihrer Souveraine erhalten. Diejenigen Gesandten, welche am Hose in Berlin leben, werden sich zur Uebcrgabe ihrer neuen Beglaubigung»!chreiben hierher verfügen. — Der nach Leipzig berufene Prof. vr. Mommsen hat sein neues Amt, wie die Voss. Ztg. erfährt, ohne Gehaltserhöhung ange nommen. Vielerlei spricht dafür, daß in dem berühmten Historiker der Entschluß, Berlin zu verlassen, reifte, als die Berufung eines politischen Brochurcnschreibers, wie v. Treitschke, auf einen ordent lichen Lehrstuhl der Geschichtswissenschaft an der Berliner Universi tät nicht mehr abzuwcnden war. Was uns so viele heftige Angriffe einbrachte, die Meinung, daß die Berufung Treitschke's nach Berlin dieser Universität keinen Vortheil zuwenden würde, beivahrheitet sich überraschend schnell. — Die Volkszeitung erhielt folgende Zuschrift aus HubertuS- burg, 18. Nov.: Zu meiner sehr großen Uebcrraschung leseich so eben in der heutigen Nummer Ihres Blattes eine der „Mittelrh. Ztg." entnommene Notiz, wonach mein Gesundheitszustand zu großen Bedenken Veranlagung gebe, wenn ich nicht bald aus dem „Kerker" erlöst werde. Dem gegenüber kann ich Ihnen versichern, daß mein Gesundheitszustand ein so ausgezeichneter ist, wie seit vie len Jahren nicht, und nur die gezwungene Ruhe sehr wohl bekom men ist. Sie würden mich sehr vcrbindm, wenn Sie denigcmäß die gebrachte Notiz berichtigen wollten. Hochachtungsvoll A. Bebel. — In der vorvergangenen Nacht reiste der Director Renz mit seinem ganzen Künstlerpersonal und Pferden», mittelst eines 60 Achsen starken Extrazuges von Wien kommend durch die hiesige Stadt. Nach einstündigem Aufenthalte im Leipziger Bahnhöfe wurde die Reise nach Berlin fortgesetzt. — Gestern Mittag hat sich im Gasthaus zur Stadt Breslau in der Neustadt ein circa einige 20 Jahre alter Mann mittelst eines Revolvers erschossen. Wie man hört, ist dieser junge Mann erst in der Nacht vorher dort eingetroffcn und soll sich als ein 8tuck. pkil. B. aus Halle in das Fremdenbuch eingeschrieben haben. - Ein wahrer Wundermann weilt gegenwärtig wieder in unserer Stadt, dessen sich ohne Zweifel viele Leser noch von srü bereu Jahren her lcbbait erinnern werden, der blinde Kopirechncr Paul Chybiorz ans Oesterreich-Schlesien. Seine staunenswerthen Leistungen im Kopfrechnen waren so enorm, daß sie damals all gemeine Bewunderung erregten und denen deS vor etwa :roJah ren vielbewunderten Koptcechners Daje würdig zur Seite standen. Er führte z. B. Stücke wie Folgendes aus. Er ließ sich zwei be liebig lange Zahle», von :D. 40 oder mehr Ziffern (bis zu 100 konnte eS gehen» langsam vorsagen, die er bann nicht bloS sofort auswendig wußte, sondern auch, ie nachdem man rS verlangte, entweder addirte oder subtrahirte und daS Resultat sogleich ver sagte. Ebenso staunenswert!) waren seine Leistungen im Multi- pliztren, Dividiren und WurzelauSziehen. Der lernenden Jugend, die Io gern an die Ziffern sich hält, so daß der Kops durch die leichte Ziffcrnhilse endlich leicht ziemlich zahlensaul wird, kann ein solches Beispiel lehren, wie weit es der Kops durch Hebung und Ausdauer bringen kann. Wir möchten daher diese Productionen allen UnterrichtSanstalten ohne Ausnahme, höheren und niederen, auiö Angelegentlichste empfehlen, und auch Gesellschastcn und Vereine aller 'Art werden ihren Besuchern nicht leicht etwas Be- wnndcrnSwerthcrcö vorlühren können. Außer Ebhblorz und Dase düritc unser Jahrhundert schwerlich noch eine dritte Persönlichkeit dieser Art cnuzinvcisen haben. Via» wird ihm aber entgegen kom men müssen, da seine übertriebene Bescheidenheit in späterer Zeit durch harre Schicksalöschläge sich zu solcher Schüchternheit gestei gert hat, daß er wohl kaum von selber alle Gelegenheiten sich zu prodnziren anffuchc» und ausfindcn wird. Seine Wohnung ist Schrclbcrgasse Nr. 8. - In Braun'S Hotel setzen heute Sonnabend zwei Vertre ter der orientalischen Zauberei ihre aus angenehme Smnentäu« schung berechneten Kunststücke fort. Monsieur Chnkri Ben, ein Sohn der cnropäischcn Türkei, Ivricht ein gebrochenes, leidliches Deutsch, da» sich bei seinen überraschenden Productionen recht anmuthlss giebt Er iüh« sich and seine Leistungen leicht und ungezwungen vor? e» sieht aus, als seien seine Kunststücke ohne Weiteres nachMML«. uüd döch sind Ne die Frucht sahrelai fortgesetzter Stühlen. HM aWchend M dirMkffchen Spie... den Gipfel seiner Leistungen aber bildet die Nvriührung keS „Vogel Straiiß", den der Chinese Azezi darslellt. Er führt mit einem breiten Degen ein Ei in den Schlund, setzt auf das Schwert eine 25 Piuiid schwere Kanonenkugel, feuert ein Gewehr ab und verschluckt noch 5 andere Degen. Auch das Kugelspicl führt Herr Azezl höchst elegant durch. ES verlohnt sich wohl, ein Stündchen diesen Orientalen bei Ihren Productionen zu folgen, zumal die Pausen von dem Orchester der Glrod'schen Schützc»- capelle glücklich ausgesüilt werden. — Oesient11che Gerichtssitzung am 19. und 20. November. Der Handarbeiter Johann Heinrich Hclbig. welcher mitunter die schöne Freiheit dcö Handelns und ThunS mit der Unsrciheit hinter Gcsängnißmaurr» zu vertauschen liebt, hatte sich in der ersten Hälfte dieses Jahres in Pieschen bei HandelSmann Earl August Hartmann eingemicthet und war temsclben dadurch ca. 20 THE. schuldig geworden. Hartmann wurde ecklich, drängte und Helbig stellte endlich einen Wechsel aus 60 Tblr. auö; die überflüssigen 40 Thlr. waren nur dazu geschrieben, um den ziem lich Insolventen Hartmann etwas Credit zu verschaffen. ZurRea- lisirung kam daS Papier nicht; den» cS wurde »aß, Niemand konnte cs niehr lesen und endlich war es gar verschwunden. Hclbig ging bann nach Scrkowltz ans Arbeit in einen Steinbruck); Hartmann besuchte und mahnte ihn einige Mal, aber vergebens. Endlich erfuhr Hclbig hon seinem ehemaligen Ouarlierwitth, daß derselbe ein neneö „Papier", ans Hclbig lautend, von seinem Sohne batte ansertigm lassen; daS war dem Stclnarbelter gar nicht recht. „Nim, IS daS ane Dummheit", meinte er. Dieser neue Wechsel war übrigens bereits auSgcgeben. als Hartmann die Mitlheilung an Hclbig mackste, nnd zwar als Pfanbstück an den Victnaliciihäiidler Fritzsche für 4 Tblr. 20 Ngr. baaresGeld und verschiedene Schnäpse, saure Gurken u. s. w. AIS am Ver falltage Hartmann das Papier nicht einlöste, begab sich Fritzsche zu dem angeblichen Aussteller, den Restaurateur Helbig aus der Louiscnstraße; hier wurde ihm der Staar nu» gehörig gestochen und alS Hartmann ein paar Tage später In seinem Bübchen er schien, wurde derselbe von ihm arrctirt. Nachdem die Königl. Staatsanwaltschaft <St.-A. Reiche-ElsenstuM nnd die Verthei- digung (Adv. Robert Fränzell gesprochen, sprach das vom Ge- rlclstSrath Einert präiidirte Schöffengericht sein llrtheil. Es lautete auf 2 Monate Gelängniß. — Die Vcrhauvlung wider den der widernatürlichen Unzucht angeklagten Johann Georg Schnitze von hier, fand unter Aauschluß der Ocffemlichkeit statt. — Eine Zrlcsterlnnen der schaumgeborenen Göttin, Namens Sophie .. .»schied. Lippen war der Stadt verwiesen worden. SlberDres- den, wo sic so manche» Iüiigiingöherz batte höher schlagen machen nnd so iiiancben Beutel geleert hatte, war von solcher Anziehungs kraft für sie, daß sie beschloß, den Dekreten der Polizei zu trotzen und wieder einzuzlcbc» in die königl. Stadt an der Elbe. Einst athmete sie Dresdner Nachtluft aus der Königöbrückcr Straße; da nahte sich ihr ein männliches Wesen. „Mein schönes Fräu lein, dürft' ich wage», Arm und Geleit Ihr anzutragen?" DaS moderne Gretchc» hätte nun von Herzen gern gesagt: „Bin weder Fräulein, weder schön, kann ungclcit' nach Hause gehn"; aber 'S ging leider nickst, denn dcr Anredenbe war ei» GenSdarm! Also nolons voloim mußte sich Madame Lippert bequemen, mit auf die Rhänipaasse nnd von da, escoctirt von 2 Mann. - hin ter die Frauenkirche zu pilgern. Der Einführung hinter Schloß und Riegel widersetzte sich aber die Kleine gewaltig, schimpfte in der beliebten Welse und vergaß sich sogar so weit, einem der SO cherhcitSorgane eine gehörige Backpfeife zu stecken. Wenn sie früher gewünscht, in Dresden bleiben zu können, so wurde Ihr dies erfüllt. Vierzehn Tage Gefängnis: hat sie zu verbüßen. — „Spielt nicht mit Strelcbvölzchen!" diese Lehre wird sich wohl der Baugewerke Carl August Pangc aus Dorna merken. Der selbe arbeitete in einer Baubude auf hiesiger Streblenerstraße. Maurer und Zimmerer haben stets die unvermeidliche Pfeile oder die Cigarre Im Munde, daS ist bekannt; auch Pange machte keine Ausnahme davon. So brannte er sich denn auch eine» Ta ges seine Pipe an und wart unachtsam datz noch brennende Schwe» »clbölzchrn von sich. Dasselbe fiel auf einen Hausen Hobclipäne, dieselben gerletden sofort ln Brand und dav Ende vom Liebe war. <1 Woche Gelängnlß) wurde heute aus 8 Thlr. " :hbo daß die Holzscheuer nlcderbrannte. Der erstinstanzliche Bescheid'rrthrtlen Geldstrafe hcrab- , t. — Der Restaurateur des SchlachtvichhosS. Florian Thiel, merkte zu seinem Leidwesen, baß seit einiger Zeit seine Gäste sich ln beunruhigender Weise verminderten. Was mag daö sein? dachte er: ist mein Culmbachcr nicht gut, mein Lager nicht süffig, mein Essen nicht genießbar? KeinS von Allen; Alles proper. Aber ein Grund muß doch da sein, der die Abnahme der Gäste erklär». Herr Thiel glaubte ihn in Folgendem gesunden zu haben: Er erfuhr nämlich, daß die Wirthin der Saazer Hopienblüthe. Frau Marie Louise Becker, einem ihrer Gäste erzählt habe: „Ja, die Thiel, die kämmt ihren Kindcrnin dcrKücheaus dem Anrichtetische die Läuse auö den Haaren." Achnlich hatte sich auch ihr EhegesponS, Herr Becker, gegen Dritte geäußert. Herr Thiel wurde, was ihm Niemand verdenken wird, darob allerhöchst indlgnlrt, ging InS GerichtSamt. denuncirte und verlangte außerdem noch einen Schadenersatz von — 2000 Thlr.!!! Man muß gestehen. Herr Thiel, der durch jenes bösartige Gerücht täglich ca. 8 Thlr. verlor, hielt sich mit dieser seiner Forderung in den bescheidensten Grenze». Schade, daß nur der erkennende Richter hier kein Einsehen hatte, derselbe erkannte jedem der Beckerschen 10 Thlr. Geldstrafe zu; was die Buße von 2000 Tblr. betrifft, so wurde Thiel aus den Clvilweg verwiesen. Herr Florian war mit dieser Entscheidung durchaus nicht zufrieden; er bestand aus seinen 2000 Thlr., wie Sbylock aus seinen Schein. Das Fünsrlchter-Colleglum verwarf jedoch seinen Einspruch. — Ein Nachspiel der Dlttmann-Walster- schen Gesängnift-Affaire bildete heute einen Gegenstand der Tages ordnung. Der Volksbote hatte über den ehemaligen Oberdiener Adolph Hermann Heinze, jetzt Grenz - Sluiseher im Elsaß, einen Artikel gebracht, In welchem demselben in gewohnter Weise mitgcsplclt wurde: die Folge davon war Verurtbeilung des Redactcur Daschner zu 10 Thlr. Geldstrafe, aber Freisprechung WaisterS. Plötzlich kommt nun dieser mit einer Gegentenuncia- tion gegen Heinze. weil dieser ausgesagt hatte: Walsler hätte ihn einmal srcunbschaftlichst ersucht, ihm doch Mittheilungen über die Geheimnisse von Nr. 9 aus der Landhausstraße zu machen; er (W., Mirde daraus schon einen hübschen Artikel sabriciren und daß brächte Geld. Heinze, im Bollbewußtsein seiner beamtlicheu Integrität, habe aber dem social-demokratischen Lockvogel seinen breiten BourgcoiSrücken zugedreht und sich mit verächtlichem Schwelgen entfernt. Waistcr erklärt diese ganze Geschichte für eine gemachte, eine Lüge und da Heinze selbst nichts zu weiterer Bestärkung seiner Behauptung Vorbringen konnte, so wurde er zu 3 Thlr. verurtheilt, wobei es heute auch blieb. — Angekündigte Gerichtsverhandlungen: Heute den 22. November Vormittags 9 Uhr Hauvtverhanv» lnnq wider den Schuhmacher und Handarbeiter Johann Carl Louis Voigt von hier und Grvvssen wegen Diebstahl». — W4tter«ngS-«e»b«chtung am 21. November, Mittag». Bsmmrclerstand nach Otto L Bösolt hier: 28 Paris. Zoll — L. 4M gestern gefall«» >/-L.s. — Thermometer nach Reaumur: 5 Grad über Null. — Die Schloßthurmsahne zeigte West- Wind. — Himmel ganz bewölkt, regnerisch. Feuilleto«. K-j- Herr Musikdirektor Mannsfeldt, welcher sich um die Pflege guter Musik schon so oft dankbare Anerkennung erworben hat und der sletö bemüht ist. durch Vonührung älterer wie neuerer Werke bildend ans sein Publikum zu wirken, wird in sei nem heutigen Sinfonie-Conccrt ein Stück zur Aufführung brin, gen, daS auch In weiteren Kreisen Interesse erregen dürfte. DaS «tück heißt „Concertante für 2 Solo-Violinen mit Begleitung dcö Orchesters" nnd ist von Mozart. KlavicrspiÜer werden darin sofort die bekannte reizende v-ckur Sonate für zwei Claviere wicdererkennen und zur Erklärung sei gesagt, daß die Mannsicidt'sche Programm-Nummer eine für 2 Violinen von Ferd. David mlt vielem Glück gefertigte Bearbeitung ist, die Instrumentation aber vom Meister Julius Rietz herrnhrt. Vermischtes. * Eine Held«n der Pflicht. Die „Gazetta d'Emilla" erzählt folgenden Zvg heldenmüthiger Aufopferung von Seite eines WcibcS. Wenn man dle Station Riola verläßt, zieht sich die Eisenbahn von Bologna nach Porretta längs des RenoflusscS hin. den sie auf einer, schönen Brücke übersetzt, um dann in die Schluchten von Casale zu treten. Hier steht ein Häuschen mit der Nummer 45, die Wohnung eines Wächters, Namens Loreuzo Alberti, mit seinem Weibe und drei Kindern. Wie die Sicherheit- des Heeres von den vorgeschobenen Feldwachen, so hängt auch hier das Heil Vieler von der Wachsamkeit dieser Soldaten der Arbeit ab, aber nur selten ist ihnen vom Schicksal ein Strahl des Ruhmes vergönnt.- In der Nacht vom 6. aus den 7. Sep tember zogen sich schwere schwarze Wolken über den Slppennin und der Regen schoß in Strömen herab. Die Gewässer schwollen an und der Wildbach Cortecchio nagte. Felsen und Steine mit' sich führend, an dem Damme der Straße. Der Wächter, wetzhev die Zerstörung derselben voraussah und befürchtete, in seiner Zso- lirung kein Signal geben zu können, versperrte die Thür seiner. Hütte und begab sich zum nächsten Wachthäuöchrn. Di? dkek Kinder schliefen, die Mutter wachte unruhig. Die Rückkehr des Mannes ließ aus sich warten, und da sie wußte, daß eö noth- wendig sein würde, dein nächsten heraufkommenden Zuge ein Signal zu geden, stellte sich ihr dle ganze Gefahr der Lage vors Auge. Ohne Zeit zu verlieren, kleidet sie sich »m, zündet die Laterne an, bewaffnet sich mit Petarden zuin Signalisirey unff läßt sich halbnackt vom Fenster der Hütte herab. Von einer un gestümen Welle nmgeworsen, stürzt Rosa Alberti, verliert Laterne und Petarden, richtet sich aber wieder auf, setzt blutend, aber un erschrocken den gefährlichen Weg fort, pafftrt die bereits mit Schutt und Trümmern bedeckte Brücke und trifft dort auf ihren Mann. Sie läßt ihn dort zur Bewachung dcö herabkommcndcn ZlmcS» läuft auf der Poststraße zur Station Riola und zeigt dem Sta- tionschci die Zerstörung der Straße an. Die Direction der Eisen- bahngcscllschast bewilligte der brave» Frau für ihre hochherzige That einstimmig eine Belohnung von lOltz) Lire und ließ ihr Benehme» durch einen eigenen Tagesbefehl dem gesanimten Per sonale der oberitalienischen Bahnen bekannt geben. Die Regier ung aber schmückte die Brust der Heldin mit der Medaille für bürgerliches Verdienst, und es läßt sich nicht bezweifeln, daß ihr auch die Behörden von Vergato nnd Porretta die verdiente Ehre erweisen werben. * Neu dürste cs sei», was einer Dame In Graudenz die ser Tage passirte. Dieselbe erhielt von außerhalb einen Brief, in welchem ibr ohne Inhaltsangabe 10 Thalcr in zwei Kassen anweisungen L 5 Thalcr zugescnvet wurden. Der Brief war in einem ein,ach verklebten Couvert eingeschlossrn. Er kam auch richtig hier an. Belm Entfalten fehlte ln demselben nur die Geldeinlage. Statt Derselben befand sich aber am Schluß deS Briefes von fremder Hand, mit einem Biaustiit geschrieben, fol gender Vermerk: „Dank für dle 10 Tbaler! Künstlghtn vorsich tiger sei» und Geldeinlage bcclarlren!" Der Dieb hatte sich also nicht gescheut, über den Inhalt des Briefes noch Quittung z»,
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