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Voigtländi scher Anzeiger. Sechs nnd fünfzigster Jahrgang. Redigirl von Advocat C. Wieprecht. Truck und Verlag von C. Wieprechts seel. Wiltwe in Plauen. Jährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt 25 Ncugroschen. — Die Jnsertionsgebühren werden mit 1 Neugroschen für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhaltniß des Raumes. — Mittwoch. 25. Juni 1845. Welthandel. Wie von Leipzig, so sind auch von vielen andern Städten aus Adressen an die Abgeordneten v. Itzstein und Hecker ergangen. In Betreff der Ausweisung dieser Abgeordneten har das Berliner Polizeipräsidium unlängst eine Bekanntmachung! erlassen, aus welcher hervorzugehen scheint, daß diese Ausweisung eine Folge der von denselben gegen den Kell ner des betreffenden Gasthofs bei Vorlegung des Fremden buchs gctbanen Aeußerung: „sie hätten keine Pässe bei sich" gewesen sei. Nachdem nun diese Bekanntmachung von Hecker gehörigermaßen widerlegt worden ist, so hat auch v. Itzstein folgende Erwiderung erlassen: „Es war zu er warten, daß die kgl. preuß. Behörden endlich den dringen den Aufforderungen aller öffentlichen Blätter Deutschlands entsprechen, und eine Erklärung über Veranlassung und Grund der Ausweisung der badischen Bürger vr. Hecker und v. Itzstein aus Berlin und den preußischen Staaten geben würden. Bis jetzt ist nun, wie das Frankfurter Journal vom 10. d. M. Nr. 158 nach Berliner Blättern zeigt, unterm 6. Juni durch das Polizeipräsidium Berlins etwas Derartiges erfolgt. Was über diese merkwürdige „Erklärung" und über die darin enthaltenen Unwahrheiten zu sagen ist, hat bereits mein Freund Hecker in der Mann heimer Abendzeitung vom 11. d. M. vorgetragen. Ich beschränke mich deswegen auf die einfache Bestätigung der Thatsache, daß wir weder in Leipzig, Dresden, noch in Köthen, und eben so wenig in Berlin und Potsdam nach einem Passe befragt wurden ) was ich für einen wirklichen Fortschritt zu der vielbesprochene»; Einheit unsers deutschen Vaterlandes erkennen zu dürfen — glaubte. Auch ist rich tig, daß wir mit ordnungsmäßigen Pässen, wie wir Dieses in unserer Erklärung ck. ä. Mannheim vom 31. Mai, gesagt haben, versehen waren, und ich muß mich wundern, wenn das Berliner Polizeipräsidium nur einen Augenblick geglaubt haben sollte, daß wir eine Reise nach Nord- deutsckland, Holland und Belgien ohne die erforderlichen Legitimationsurkunden unternehmen würden. Uebereinstim- !mend mit vr. Hecker erkläre ich ferner die Behauptung, baß w»r dem Kellner des Gasthofs des Hotel de Bran- denbourg zu Berlin gesagt hätten, wir führten keine Pässe und brauchten keine, für eine grobe Unwakrkeit, wobei ich zugleich Hecker's Angabe als richtig bestätige, daß ich dem Polizeirath Hofrichter bei der Darstellung meines Erstaunens über die gegen uns ausgesprochene Ausweisung und über seine Verweigerung der Angabe irgend eines Grundes für dieselbe bemerkt habe: „wir seien mit den erforderlichen Pässen versehen!" Man beachtete freilich Dieses, wie jede andere Einsprache, nicht, sondern bestand auf dem alsbal digen Vollzüge des Befehls durch Benützung des ersten Bahnzuges nach Leipzig. So giebt also die Erklärung des Berliner Polizeipräsidiums, indem sie sich nur auf eine, und zwar unrichtige Angabe eines Gasthofkellners und auf den von ihm gefertigten Nachtzettcl stüzt, gar keinen Aufschluß über eine hochwichtige Maßregel, welche keineswegs die Ausgewiesenen allein, sondern die Ehre Badens, die Einheit Deutschlands und die Rechte seiner Bürger betrifft, und es bleibt diese Ausweisung eben des wegen unerklärbar, und jedenfalls eine höchst betrübende Erscheinung für Jeden, der einigen Werth auf die Einheit Deutschlands und die freie Bewegung seiner Bewohner legt. Es ist aber auch die Erklärung des Berliner Poli zeipräsidiums höchst kränkend für die Ausgewiesenen, welche durch dieselbe auf den Grund eines Nachtzettels förmlich einer Unwahrheit bezüchtigt werden, während sie, für Wahr heit und Recht als Ziel ihres Wirkens handelnd, in ihrer