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Wvckcmlich erscheinen drei Nnnimern. Pränumkral,«»-. Preis 22; Sgr. (h Tdlr.) vierteßädri Z Liiir., wr das ganze !>r, ohne Er- höhunq, in «Nen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin , für die Man orännmerirt auf dieses Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der ANq. Pr. StaaiS-^eitung (FriedrichSstr. Rr. 72); in der Pronin; s» wie nn Auslände hei den WodUöi'i. Poil-Aemtern. Literatur des Auslandes. 136. Berlin, Mittwoch den ll. November 1840 R u ß l a n d. Thadd. Bulgarin im Gestimmt Dwor. °) Ein Wort über die Bildung des Russischen Kaufmanns. Im Laufe des letzten Jahrzchends hat der LuruS der Waarcn- Magazine den höchsten Grad erreicht. In einigen derselben besteht oft das Hanzc Vermögen des Inhabers nur in den vergoldeten Laden-Schränken, oft aber gehören demselben sogar die theuren Schranke nicht einmal. Die Waarcn sind theils das Eigenthum der Fabrikanten und Handwerker, welche ihre Arbeiten nur in Kommission hierher geben, theils gehören dieselben den Russischen Handelsherren vom Kaushause, welche die Erzeugnisse Russischer Fabriken aus Zeit verkaufen. Die wohlthätige Errichtung der Handels-Bank erhält den schwachen Kredit jener Magazin-Inhaber, und Mancher von uns, der die Sache nicht versteht, zieht diese Magazine dem Kaufhausc vor, indem er das Aeußerc für vaS Wesen hält. Allerdings giebt es auch einige (zum größten Theil von Deutschen geleitete) Hand lungen und Magazine, die nicht nur reich, sondern auch für das Russische Fabrikwescn von Nutzen sind. Der einträglichste Gewinn dieser Magazine erwächst ihnen daraus, daß ihre gebildeten Besitzer daS Geschäft init ausgesuchtem Geschmack leiten, dem Fortschrciten des Fabrik- nnd Mannfakturwcsens in Europa folgen und die besten Sachen aus dem Auslande verschreiben, nur die auserlesensten Waarcn der Russischen Fabriken kaufen, indem sie auf diese Weise die letzteren veranlassen, sich zu vervollkommnen, und eine Menge ausgezeichneter Handwerker nach Rußland ziehen, denen sic Arbeiten nach den besten verschriebenen Mustern auftragen. Das ist der Muster-Handel, welcher die Aufmerksamkeit des Publikums ver diente, die dasselbe jenen Magazinen verweigert! Die ganze Eristcnz und der Ncichthum unseres FabrikwescnS und der gegenwärtige Russische Handel ist aber — im Kaufhause. Von zwei Punkten — den Petersburger und Moskauer Kaufhäusern — verbreitet sich die ganze Handelstbätigkcit nach allen Enden Ruß lands mW konzcntrirt hier alle Russische Gcwerbsthätigkeit. Alles, waS zu den Lebens-Bedürfnissen eines gebildeten Menschen erfor derlich, und Alles, was dem in den Rudimenten der Bildung sich bewegenden Menschen durchaus nothwcndig ist, sind et er in den un geheuren Magazinen des Petersburger und Moskauer Kaufhauses. Die Kraft und das Leben des Manufaktur- nnd Handclswesens, d. h. die Börsen-Thätigkcit und die Schlüssel des fremden Handels, sind jedoch noch nicht in den Händen der Russischen Kaufmannschaft. Nur sehr wenige derselben stehen in unmittelbarer Verbindung mit ausländischen Börsen, und wir kennen nicht Ein Russisches Hand- lungShauS, das Comtoire in fremden Ländern hätte, während doch alle civilisirte Völker Comtoire in Rußland haben; ja sogar halb wilde Asiaten reisen ihrer Bedürfnisse wegen zu uns. In tiefe Gedanken über diesen Gegenstand versunken, wandelte ich langsamen Schrittes unter den Arkaden des Kaufhauses einher und ergötzte mich an der Gewandtheit und Keckheit der Ladendiener, von denen einige sogar noch in dem jugendlichsten Alter waren. Besonders zog ein zwölfjähriger Knabe von bewundcrnswerther Schönheit meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich blieb stehen. „Bist Du ein Ladendiencr oder des Herrn Sohn?" fragte ich den Knaben. „DeS Herrn Sohn", crwiedcrte cr. Gleichzeitig trat der Herr selbst, ein schon bejahrter Mann in Russischer Tracht, mit langem Barte, auS dem Laden. „Ihr gewöhnt Euren Knaben", sagte ich, „von Jugend auf an den Handel." „Ja! Er muß scm Geschäft durchaus kennen." „Er ist aber noch in den Jahren, wo es besser wäre, cr besuchte eine Schule", entgegnete ich. „O, Herr, er kann lesen und schreiben, und an das Rechnen gewöhnen wir ihn dnrch die Rechnungen." „Und damit wäre seine Erziehung beendet?" bemerkte ich. „Nun, wozu braucht cr mehr? — Sehen Sic, cr soll wcdcr Beamter noch Gelehrter werden.... Er soll sein Geschäft kennen, und das ist genug für ihn ...." „Es giebt aber Dinge", erwicdcrtc ich, „welche weder der Ge- beißt, wörtlich nberi'cdt Packdo,. In Petersburg nnd Mockau fuhren «der die große» Kaufhäuser verzugSweise diese Be nennung. lehrte noch der Beamte zu wissen brauchen. Erlauben Sie mir eine Frage. Von woher beziehen Sie hier diesen Kaffee?" „Von der Börse", antwortete der Kaufmann gleichgültig. „Von woher kömmt er aber auf die Börse?" „Von jenseits des Meeres." „Was kostet er aber jenseits des Meeres?" „Das ist nicht unsere Sache.... Wir erhalten unsere Waarcn von den Deutschen Comtoiristen; die mögen es wissen." „Die Comtoiristen verkaufen ihn Euch aber mit Profit...." „Sicherlich nicht zu ibrcm Schaden." „Folglich würde, wenn Ihr ihn selbst verschriebet, der Profit Euch Zufällen." „Gewiß! Wir sind aber keine Briefsteller, kennen keine fremde Sprachen und wissen nicht, wohin und an wen man schreiben muß. Unser Geschäft ist einfach: wir kaufen auf der Börse unsere Waarcn, Zucker, Kaffee, Gewürz re. und lassen dann den Kaufleuten aus anderen Städten nur Particcn ab; hier aber verkauft man im Detail oder pudweise an die Gastwirthe, Konditoreien.... Sehen Sie, ich handle schon seit vierzig Jahren, habe mit nichts ange fangen und jetzt bin ich lelbständig.... und so wird es meinem Söhnchen da auf seinem Wcge auch gehen." „In vierzig Jahren", crwicdertc ich hierauf, „wird cS auch nicht so sepn, als cS vor vierzig Jahren war, und Euer Sohn wird sich schämen vor seinen Kameraoen, daß cr nichts als Russisch lesen und schreiben kann, was jetzt schon die Postillone und Bäckcrjungen können. Wir stehen Alle unter Gottes Schutz! Doch gebe Gott kein Unglück, was soll einer im Elende wohl ohne eigene Mittel anfangcn ? Lastträger werden oder ArbcitSmann. Kennt und weiß cr aber fremde Sprachen, die Buchführung, d. h. die Kunst, die kaufmännischen Bücher nach Art der Fremden zu führen, Geographie, d. l>. den Zustand und die Lage aller Länder der Erde, die Handels-Statistik, d. h. den Ncichthum und dic Produkte jedes Landes, so wird cr mit Kapital Matador an dcr Börse, ohne Kapital aber immer ein goldener Mensch für icdcn Kapitalisten sezm, wenn nämlich Euer Sohn, wie ich nicht bezweifle, ehrlich, tüchtig und pünktlich in allen Dingen ist. Dergleichen Leute nehmen reiche Handelsleute gewöhnlich bald mit in daS Geschäft und verschaffen ihnen die Mittel, ihr eigenes Hand lungshaus zu führen, wenn sic ihnen ehrlich und treu zehn Jahre lang im Comtoir gedient haben." . „Sie rcvcn da, Herr, von Dingen, von denen wir in Ewigkeit nichts gehört, noch gesehen haben", crwicdertc dcr Kaufmann; „was wir aber jeden Tag sehen, das schreckt uns ab. Wollen Sie ge fälligst einmal zusammenzählcn, wie viele Kansmannssöhne, die in Pensionen erzogen wurden und viele Wissenschaften erlernten, nicht nur den Kaufmannsstand Haffen, sondern sich sogar ihrer nächsten Verwandten schämen und, was noch ärger ist, sich mit Verschwendern, Spielern und Vagabunden einlaffen, in Schulden gerathen und ihre Erbschaft bis auf die Kopeke verprassen .... Ach, Herr, dic Gelehr samkeit ist erschrecklich ...." „Dies beweist nur, daß jene Kaufmanns-Söhnchen nicht das gelernt haben, was sie hätten lernen sollen, daß man ihre Moralität nicht überwacht und ihnen dic gehörige Achtung gegen den Kauf mannsstand eingeflößt hat. Ich kann Euch dagegen den Sohn meines Hauswirthes als Beispiel anführen, dcr als cin junger, aber gebil deter Mann schon eine Stimme auf der Börse hat und schon Ge schäfte in fremden Ländern macht. Ich will Euch dies nicht als Vorwurf sagen, aber wenn Ihr mit ihm zu thun habt, so müßt Ihr mit ihm wie mit einem vornehmen Herrn mngehen, weil cr Euch an Aufklärung überlegen ist, obgleich cr vielleicht mit Euch auS gleichem Stande ist. Die alten ehrbaren Zeiten sind nicht mehr! Wenn Ihr jetzt nach Moskau reist, in dcr Schnellpost oder dem Post wagen, so würde cs Euch unangenehm sepn, in Gesellschaft von Leuten reisen zu müssen, dic Ihr nicht versteht, obgleich sie unter einander Russisch sprechen. Pflanzt Eurem Sohne nur Religion nnd Sitt lichkeit tief in das Herz und fürchtet die Aufklärung nicht. Glaubt nur, daß Ausschweifung und wahre Aufklärung sich nicht mit ein ander vertragen können. Dcr aufgeklärte unk moralische Mensch wird sich nicht mit Faullenzcn beschäftigen. Seine Mußestunden wird er der Lektüre, dem Theater oder dcr freundschaftlichen Con- vcrsation mit verständigen Leuten widmen. Trinkgelage, Kartenspiel, Hcrumtrciben in den WirthShäuscrn sind Dinge, die cr nickt kennt; cr wird seine Zeit und sein Geld auf eine ehrenhafte Weise verwen den. Die Aufklärung verbreitet sich über alle Stände, dcr aufge klärte Kaufmann aber wird von aller Welt geachtet und ha! überall