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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.03.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140309027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914030902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914030902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-09
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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-Iben- » Ausgabe » für Lripiig an» Vorort« »urch unser« reüaer unüSpe-iteur»rmaItoglt»tn»tzou«g«drochtr monotUch I.L3 M.. vi«r1ry»hrUch r.7S M. Set »er »eschüftostrU«, unser» Zlliole» un» stuogodelteUen adgrholtr monatlich iM.virrtryährUch 3M. vurch »i« Polti innerhalb veutschlan», un» Ser »rutsche« Kolonie» monalllch iZ» M.. vteNeijührUch 4.r» M., auoschUrAUch postdrstellgel». va» LeipzigerLagedlat» erschein« Werktag» Lmal.Sonn»u.Zrirrtag» »mal. 3n Leipzig, »en Nachbarorten an» »en lprtcn mit eigenen ZMalrn wir» »te fldenSouogad« noch am sibrnü »co Erscheinens i»o hau» geliefert. Serliner Neüaktioni 3n »en Zelten >7. Zernsprech-f-nschlug: MoabitNr.4»7. /irntsblLtt desRates und despolrzeuunLes der Stadt Leipzig ««»aktion »n» SeschSstsNeller ?ohanni»gaff« Nr.». » Zernsprech.sinschluS Nr. 1«b»r, t«»»3 un» l4b»4. ISS. Jahrgang k"» Inserat« an» Leipzig un» Umgebung »>« 1spaItig»p»titz»il«r3ps.,Si,Neklome,eiIel m., von ou»würt» 3» Vs.. Reklamen M., «lein, sln,eigen »iepetttzeil, nur S0ps.b.wl«»,rb»t.Nab..3aserat» von S,HSr»«n im amtlichen Seil Sie Petit» zril, 3» ps. «eschüst»»»,eigen mit piatzoorschrist im Preise erhöht. Nadatt »ach karls. Silage«:ch»samtaufl.sm.üa»raus«n»ou»schl.pos»,edlihr. Ma,^,«,»R»aohm,: lohanni»,ässe,,bei sämtlichen Liltaien »»»Leipzig« Sägeblatt«» un» allen Rnnoncen-Expeüitionen »«» 3n» un» ^uolan»«* *. Seschüftostelle für Verlln u. »ie pr. Sranöendurg: vtrektionWalter Zlirgrl. verlla w. I». MargarethenstraS« ». Zernsprech-flnschiug: Luho« 5»7t. Nr. 124. Monisg, »en s. Mürz. 1S14. Vas Wichtigste. * In Genf Iain cs bei Ausführung eines chauvinistischen Theaterstückes zu deutsch feindlichen Kundgebungen. i,S. Nachr. v. Tage.) * Bei den spanischen Gen. rulrotoivahlen ereigneten sich heftige Z n s a in in e n st ö ß e. (S. Ausland.) * Aus Bayern svivie ans dein Rhcin- gebiet wird über H o ch w a s s e r berichtet. (S. Nachr. v. Tage.) Der Nachfolger Kopp s un» »er deutsche Kurienkardinal. Wie uns ans A o in berichtet wird, glaubt inan inl Vatikan nicht an eine Berufung des Prinzen Max voll Sachsen auf den Bres lauer Bischofssitz und noch weniger glaubt man an eine Berufung des Bischofs Schulte von Paderborn. Im Vatikan hat der Tod des Kardinals Kopp eine Nachprüfung des Standes , der tatholischeu Sache in Deutschland veranlaßt, und schon deshalb ist eine rasche Erledigung der Frage der Nachfolgerschaft nicht zu erwarten. Die Fäden, die der verstorbene kluge Kirchensürst so viele Jahre in den Händen hielt, sind ge rissen, und eS wird nicht leicht sein, sie wieder anzuknüpfen. Der Papst und seine Ratgeber sind verstimmt über das Verhalten des Zen trums im Gewcrkschaftsstreit, insbesondere na türlich über die „Kölner Richtung", sie geben aber die Hoffnung nicht auf, daß durch ein neues Machtgebot, eine Ein- und Umkehr zu erzielen sein wird. Zn den Verhairdlungen wird das Ie - suite ngesetz eine bedeutende Rolle spielen. Das Zentrum braucht gerade jetzt eine Be lebung des Parteinervs, und dazu eignet sich die Jesuitcnfragc ganz außerordentlich. Hier bietet sich zwischen Vatikan und Zentrum eine bequeme Verbindungsbrückc, denn auch der Papst ist ge willt, die jetzige Gelegenheit zu benutzen, um, da ja doch mit Berlin hin und her verhandelt werden muß, auf die volle Beseitigung des Zc- snitengesetzcS zu dringen. Bischof Kopp hat, Ivie bekannt, diesen Streitgegenstand zur Seite zu rücken versucht. Er wollte sich aufs Abwarten verlegen, in der Voraussicht, daß üver kurz oder lang' im Reiche wie in Preußen Verhältnisse eintreten werden, die dem Zentrum die Er füllung seiner Wünsche erleichtern. Er meinte, eS sei nicht nötig, an dem Baume zu rütteln; die reife Frucht werde von selbst fallen. Doch man hat in R o m noch einen beson deren Trumpf iu der Hand. Der Kaiser hat wiederholt in Rom, und zwar schon vor Jahr und Tag den Wunsch anssprechen lassen, es möge ein deutscher Kuricntardinal ernannt werden. Im Kardinalsloilegium besitzen die italienischen Kirchenfürsten von jeher die Mehrheit. Daran wird die Ernennung deutscher Kardinüle gar nichts ändern, und ganz ausgeschlossen ist etwa die Beeinflussung der Papstwahl. Immerhin: wenn man in Berlin auf den deutschen Kurien kardinal aus diesen oder jenen gründen so gro ßcn Wert legt, wird man in Rom gern aus die Sache eingehen, aber — nicht ohne Gegenleistung. Und diese besteht eben in der Beseitigung des Fesuitengesetzes, wenn nicht gar noch weitere Forderungen Nachkommen. Auch die Besetzung des Bischofssitzes in Posen spielt in diese Dinge hinein. Ans polnischer Seite denkt man nicht an irgendwelche Nachgiebigkeit. Man ver langt nach wie vor einen unzweideutigen „na tionalen" Mann, einen Vertreter des PolcntumS, der über jeden Verdacht der Schwachmütigkcit erhaben ist. Um alles in der Welt keinen „Per mittler"! Die preußische Regierung ist darüber genau unterrichtet, und eS mag sein, daß sie sich von einer Verstärkung des deutschen Einflusses im Kardinalskollegium eine gute Wendung in ihrem Sinne verspricht. Aber was ein Hopp nicht erreichte, wird schwerlich irgendein anderer fertig bringen. Es ist und bleibt so: die ita lienischen Kleriker, die unn einmal den Aus schlag geben, sehen in dem deutschen Kaisertum die protestantische Vormacht. Deutsche Kardi näle, sic mögen heißen, wie sie wollen, werden immer ihr Mißtrauen erregen, oder sie müssen Beweise einer Gesinnung geben, die sie in ihren Augen reckilfertigt. Tun sie das aber — wie könnten sie dem Reiche wirklich die guten Dienste tun, die man in Berlin erwartet! Hier gilt das Wort: man kann nicht zwei Herren dienen, und war Kardinal Kopp eine Ausnahme, so waren doch auch ihm Schranken gesetzt. Das wußte niemand besser als er selbst. Es wäre nach alledem gut, wenn man sich in Berlin keinen Täuschungen bingabe. öelgien als militärischer Pufferstaat. Von hervorragender militärischer Seite wird uns aus dem Nordwesten des Reiches geschrie ben: „Bei den wohl nicht ohne französische Ein Wirkung und nicht ohne ein gewisses, leicht hervortretcndes Mißtrauen gegen Deutschland gefaßten Entschlüssen zu einer wesentlickfen Ver stärkung der Wehrkraft Belgiens hat man dort augenscheinlich etwas zu große Augen gemacht. In dem vollen neuen Rahmen wird das belgische Heer erst nach einer Reihe von Jahren mobil machen kön"en. Ursprünglich rechnete mau mit:i5 000 Mann Einstellung jährlich; 1913 kam man auf kaum über 30 000; für 1.914 beschloß man die Einstellung von 93 000 Mann. Nach planmäßiger, ursprünglich erhoffter Einstellung würde man bei dreizehn Jahrgängen auf rund 455 000 Manu — mit 28 Proz. Abgang — 127 400 Mann — kommen, insgesamt also 327 600, an Freiwilligen 12 400, im ganzen eine Kriegsstärke von 340 ÖOO Mann haben, von denen 150 ÖOO auf das Feldheer, der Rest auf Be satzungsheer und Hilfsdienste entfielen. Die heu tigen Fehlstellen an Mannschaften zwingen, ein schließlich der Kaders, die Friedensstärke der .Kompagnien auf 116 Köpfe, gegen eine ge plante Kriegsstärke von 290 Mann, zu halten. Dabei solt das Friedens-Infanterieregiment s) das aktive Regiment der gemischten Brigade, b) das Regiment „bis" (beide zusammen die Feldtruppcn mit den jüngsten 6 Aushebungs jahrgängen bildend), o) das Regiment „ter" für BesatzungSzwcckc, mit der Reserve entnommenen Kaders, aufstellen. Die aktive Kompagnie, die sich im Kriege verdoppelt, hat im Frieden einen ersten und einen zweiten Hauptmann und vier Leutnants. Mangel an Vollzähligkeit der Mann schaften machte, nach offiziellen belgischen An gaben, für die Zeit vom 15 12. 13 bis 15. 12. 1 l die Bestimmung notwendig, daß die Batail lone des aktiven Regiments der Brigade bei der Mobilmachung mil den bestehenden Kom pagnien und den Jahrgängen 1909, 11 und 13, die des Regiments „bis" ans nengebildcten Kompagnien mit den Jahrgängen 1907, 08, 10 und 12, Jahrgang 1906 als Reserve dienen soll, die Bataillone des Regiments „ter" entstehen sollen ans den Jahrgängen 1001—05, und die Juhresklassen 1899 und 1900 die Ersatzforma tionen aufstellen. 'Nach der „Belgique mrlitaire" vom 18. I. 14 kommt eine mobile Kom pagnie auf nicht mehr als 155 bis 170 Mann. Vom 1. April ab haben die Batterien vier Geschütze. Dann hat man pro gemischte Brigade drei Batterien, während die Divisions- Artillerie-Negimenter planmäßig eine Abteilung Flachbahn-Kanonen, zwei solche leichter Feld haubitzen (eine davon drei reitende Batterien umfassen sollend) zunächst nur auf eine Abtei lung kommen und leichtes Feldhaubitzmaterial heute so gut wie noch gar nicht vertreten ist. Von den Besatzungstruppen und einer Ka vallerie-Division von sechs Regimentern mit je vier Eskadrons, drei reitenden Batterien, fünf Radfahrerkompagnien, einer radsahrendcn Pio nier-Kompagnie abgesehen, solt die Fcld- armee nach vollendeter Neugliederung am 15. 12. 1917 bestellen aus: Sechs Divisionen, je zusammengesetzt aus drei bis vier gemischten Brigaden, jede davon bestehend aus zwei In fanterie-Regimentern aktiven und „bis" Stan des mit drei Batterien, je einer Maschinen gewehr-Kompagnie, einem Zug Gendarmerie, da zu ans einem Regiment Feldartillerie, einem Kavallerie-Regiment, zwei Kompagnien Genie, sechs Train-Kompagnien. In Wirklichkeit fehlt, wie oben angegeben, an diesen Stärken noch sehr viel. Die 3. und 4. Division, Lüttich und Na mur, jede zu vier gemischten Brigaden, deren Führer und Kommandanten der großen Festun gen Lüttich und Namur sind, haben ihre 4. gemischte Brigade als K^ern der Besatzungstrup pen abzngcben; der Rest der Division kann aber, wenn die Festungen armiert sind und die Um stände es zulassen, ins Feld nachrücken. Die DivisionS Kavallerie kann bei Unterstellung unter denselben Befehlshaber zu Brigaden, möglicher weise auch Divisionen, unter Zufügung von rei tender Artillerie, vereinigt werden. Um das noch Fehlende — außer Mannschaften, zwei Drittel der Abteilungen der Divisions-Artillerie — zu nennen, sei vermerkt, daß die 2. Division überhaupt noch kein Kavallerie-Regiment hat, die nach dem Gesetz vom 30. 8. 13 möglichst bald zu ernennenden 105 Generale und Stabsoffiziere, 735 Subalternoffizicre und 120 „Gleichgestellte" bei weitem noch nicht erreicht sind. Das Heer des von Frankreich so zur Be schleunigung veranlaßten „Pufferstaates Bel gien" stellt also in seiner befohlenen Neuglic- Vas Drama »es Knut Hamsum. Unser Berliner Schauspiclrescrent schreibt: Wer bei Knut Ha ms nm in den Kammer spielen war, der war sozusagen nicht im Theater. Längst ist das „Theater" im Theater der Fein schmecker verpönt. Doch mit Knut Hamsnms Schauspiel „Liv et ivold" (ganz irreführend ins Deutsche übersetzt: „Vom Teufel ge holt") ist das noch was anderes. Als ob einer das Gesetz der Schwere aufgehoben hätte, sind hier die dramatischen Naturgesetze ignoriert. Nicht aus , sfekthaschendem Eigensinn, nein, aus Bedürfnis. Die Vielfältigkeiten des Stückes wer den kaum nacheinander, werden nebeneinander entwickelt. Die dramatische, die tragische Macht, die da waltet, ist in keiner der handelnden Per sonen hauptsächlich verkörpert, steht unkörpcrlich über acten: das Leben mit seinen unaufhaltsamen Verwandlungen. Und von dem überaus natür lichen Dialog sagt zutreffend Kart Morbnr- g er, der ein übler Sprachmeister und Uebcr- fetzer und doch ein feiner Kopf ist: „Man muß icharf aufhorchcn, um diese Fülle seelischen Le bens, das unausgesprochen zur Geltung kommt, herauszuhören, aber hat man Hamsums Sprache zu hören gelernt, dann wird man fast verwirrt von diesem Ehoral der Untertöne." Und ver wirrt auch von dem Reichtum psychischer Reize, Beobachtungen, Wahrheiten, unscheinbarer und doch bedeutsamer Ereignisse. Zuschauer, die sich aus der Verwirrtheit nicht zurechtfinden, werden ärgerlich. Man könnte vielleicht sagen: sic ver stehen den Dichter nicht. Jedenfalls behalten sie das bezahlte Recht, unbewegt zu schweigen oder auch den Beifall der Ergriffenen abznleh- nen. Mau kann kaum widersprechen, wenn sie die vom „Theater" emanzipiert zu sein glaub ten!) sagen: „Ein schlechtes Stück." Denn nach Brauch und Herkommen genügt Knut Hamsums Schauspiel nicht. Im Mittelpunkte steht Fran Jnlianne Gihlc. Doch die Hauptperson ist sic nicht. Im Gegen teil! Das gerade ist das Tragische dieser Frau zwischen zwei Altern, die verzweifelt um die Rechte der Juäend und der Liebe kämpft, daß sie vom üppigen Gastmahl weggcdrängt, in die Ecke geschoben, zur Nebenperson gemacht wird. Wer int es ihr? Niemand. Es geschieht. Es wird erlebt mit derselben Gewißheit, mit der im Frühherbst die Blätter zu fallen beginnen. Sic wird „vom Leben geholt" — wie der Original titel des Dramas lautet. Der Uebcrsetzcr hat für das „Leben" den „Teufel" eingestellt. Das ist deutlicher, und auch wieder unklarer. ES deutet auf einen gewissen Hüllenanspruch, auf diabolische Sünden der Fran hin. Doch der Teufel Leben wartet der Gerechten wie der Ungerechten. Frau Julianne hat wenig seelische Ressour cen für die beschaulichen Wcntcrtage. ^hr Ele ment ist der Sekt eines ranschsrohen Künstlcr- licbeSlebenS. Sie stieg vom Brettl und sie hei ratete einen Mummelgreis, der als Urphilister schon in jungen Jahren verschimmelt gewesen war. Jetzt wird sie von ihrem letzten Lieb haber verlassen, und kein neuer bleibt im Fang netz. Die Art, wie Herr Alexander Blumen schön, ein miserabler Egoist, sich von ihr löst, ist namenlos roh. Sein Mißwert läßt au dem heruntergekommenen Weibe Züge einer vorneh meren Natur erkennen. Solche Brutalität ist ge wiß in der Wirklichkeit zu finden. Und wenn der Dichter anch einen anständigeren Mann und gelindere Formen gewählt hätte: das Leben selbst bliebe doch immer das Brutalste — und eben diese Brutalität sollte snmbolisicrt werden. Das Wesentliche des Dramas ist die Jugend. Ein kraftstrotzender Amerikaner und ein süßes, blondes Norwegermädchcn sind die Jugend. Sic gehen am Alter, das ihnen den Platz an der Sonne nicht gönnen will, zugrunde. Dieser Kampf zwischen den Jah reszeiten der Menschheit, tragisch nach zwei Seiten, ist ein hauptsächliches Leitmotiv auch in den epischen Meisterwerken Knut Hamsums. Noch andere Gestalten drängen heran. Man könnte sic Episodenfiguren nennen, wenn nicht jede eine Hauptbedeutung für sich hätte. Der Musikus, der von Stufe zu Stufe sank, der Leutnant, dem der Alkohol den Verstand, doch nicht einen Rest von Menschenwürde verbrannt hat, so daß er sich wenigstens redlich erschießen kann: sie sind Sputgestalteu einer Gro teske, die sich von anderen Grotesken dadurch unterscheidet, daß sic das Leben ziemlich un verzerrt gibt. Allerdings nur eine Seite des Lebens, nur die Seite, die der Pessimist Knut Hamsum sieht. Ein Stück ohne .Helden und Heldin mit sie ben Hauptrollen. Es forderte und fand in den Kammerspielcn sieben Mcisterspiclcr. Und einen achten Künstler über den sieben: den Regisseur Max Reinhardt. Wie Ger trud Eysoldt die animalische Begehrlichkeit gibt, weiß mau. Doch diesmal war da noch etwas anderes: ein kitschiges Wesen, dargestcllt von hoher Kunst, eine halb lächerliche, halb trau rige Lebeusgicr, banale Wut uud aus dem Morast wie Nebel aufsteigendes weicheres Gefühl. Ru dolf Schildkraut (der Amerikaner): prall von jauchzender, reifer und kindlicher Mann haftigkeit. Johanna Termin: ein Bild des Maicngarlens. Glorre.ch die tragikomische Irras: Viktor Arnold, der einfältige Greis, den der Dichter einem schonungslosen Hohn aussetztc; Alexander Moissi, der Nachtmusikant, eine irisierende Gestalt, als Hütte E. T. A. Hofsmann sic schweißbedcckt geträumt; uud Paul Bicus- feldt, der törichte Leutnant, der Selbstmörder. Alfred Abel bringt niederträchtige Worte so talt wie kaum einer; seinem Ehrenmann Blumen schön fehlte nur ein Tropfen Blut. Hermann Xien7.I. Kunst un- Wissenschaft. * Als Preisausgabc für die Paul Z. Möbius- Stiftung war für das Jahr 1913 das Thema zur Bearbeitung gestellt: „Die Erfolge der operativen Behandlung beim Morbus Baiedowii." Ats Preis richter fungierten die Herren Prof. Dr. Bruns-Han nover, Geheimrat Lehmann-Dösen lbei Leipzig) und Prof. Strümpell-Leipzig. Unter iechs eingegangenen Bewerbungen erhielten den Preis zu gleichen Teilen die Herren Dr. Bruno Glajerseld in Berlin und Sanitätsrat Dr. O. Klinke in Lublinitz-O.-S. Außer dem wurde Herrn Dr. Schadelbauer in Eossenjaß eine ehrenvolle Erwähnung für seine Arbeit zu erkannt. * Strindbergs „Ostern" im Königlichen Schau ¬ spielhaus zu Dresden. In seinem Passionsjpiel „Ostern" verkündet Strindberg das Evangelium vom Leiden, von der Demut und Liebe. Eine Familie, deren Oberhaupt Mündelgelder unterschlagen hat und darum ins Gefängnis gekommen ist, lernt in ihrem Unglück das Kreuz tragen, und erst dann ist alles Leiden vollbracht und bricht der Auserstehungs tag an. da sie in Demut ihr Unglück auf sich nehmen, nicht mehr hochmütig gegen die Menschen sind und den Nächsten nicht mehr richten. Diese tief-innerliche Seelenhandlung, bei der die Fabel so ganz zurück tritt vor den inneren Geschehnisien, ist von starker, religiöser Sehnsucht erfüllt, und Haydns Musik, welche jedem Akt vorausgeht, steigert die Stimmung zur höchsten Andacht. — Die darstellerischen Leistungen waren hervorragend und hielten sich alle auf gleicher Höhe. Jenny Schaffer als E.eonore war von einer bezaubernden kindlichen Weichheit und Zartheit, neben köstlichster Naivität stand zu weilen weltferne, religiöse Verzückung, neben kindlicher Angst und quälenden Kämpfen die höchste christliche Demut und friedvolle Ergebung. Emil Lindner verkörperte den komplizierten Charakter des Elis und gab der Gestalt das Schwankende, Zerrissene und Zermarterte, wobei er manchmal allerdings zu stark in seinem Spiel auf trug. Klara Salbach war zuerst die unruhige, sich selbst täuschende Mutter, bis sie zuletzt sich zur Wahrheit und Ergebung durchnagt. Und zu diesen weichen, schwachen Menschen bildete Wahlbergs Lindquist einen kräftcaen Gegensatz. Die Aufführung erzeugte eine tiefe Wirkung und land am Ende starken Beifall. Allerdings würde das Werk an einem kleinen Kammerspiel-Theater noch einen viel tieferen Eindruck Hervorrufen, da hier im Schau spielhaus der Raum zu groß ist für die Darstellung io feiner, innerer Seelenvorgängc, und infolgedessen auch der meist gedämpfte Dialog recht schwer ver ständlich war. Or. k. Xäler. * Bom Deutschen Künstlertheater in Berlin. Gestern fand eine Versammlung der Sozie- räre und Anteil eigner des Deutschen Künstlertheaters statt. In dieser Versamm lung wurde eingehend Bericht über die Geschäfts lage des Theaters erstattet. Bei dieser Gelegenheit wurde einstimmig fcstgcstellt, daß die in der letzten Zeit über das Theater verbreiteten ungünstigen Be richte unzutreffend sind. * Riedel-Verein zu Leipzig. Am Bußtage abends Uhr wird der Riedel Verein in der Thomaskirche die Graner Messe von Liszt, sowie Bruckners 13«). Psalm zur Aufrührung bringen. Diese beiden Meister sind von größter Bedeutung für den Fort schritt der geistlichen Musik im 19. Jahrhundert ge wesen, für beide war Beethovens Missa jolemnis der Ausgangspunkt; beide haben in individueller Weise mit genialem Blick die Zukunftskeime der religiösen Kunst Beethovens erkannt un- weiterentwickelt. Der Riedel-Verein ist stets für die geistlichen Werke Liszts (die Graner Messe wurde bereits 1 869 in Leipzig aufgefiihrt!) und Bruckners mit zielbewußter Energie eingetrcten und Leipzig ist der einzige Ort in Deutschland, wo inan diese Werke wirklich gründlich kennen lernen kann. Daß diese echte, reine Kunst gerade heute, da das öffentliche Musikleben immer äußerlicher und sensationell zu werden beginnt, am besten geeignet ist, wieder zu einer Vergeistigung un^ Verinnerlichung des künstlerischen Genießens zu führen, ist zweifellos. — Solistisch wirken in diesem Konzert mit: Frau Cahnbley-Hinkcn und Fräulein Negrini, sowie die Herren Dornay und Dr. Wolfgang Rosenthal. Die öffentliche Hauptprobe findet Diens tag i/>8 Uhr in der Thomaskirche statt. * Zur Herkunft des albanischen Wortes Mbret wird uns von fachmännischer Seite folgendes mit- aeteilt: Den Prinzen von Wied bezeichneten die Blätter teils als Fürsten von Albanien, teils als den König des Landes. Ist er aber dessen Mbret. so ist er schließlich noch mehr als König, nämlich sogar dessen Kaiser. Denn die Etymologie des Wortes 'Mbret führt auf nichts Geringeres, als auf das lateinische Wort Imperator. Manchem mag es sonderbar erscheinen, wie man aus Imperator zu Mbret gelangen kann. Wenn man sich aber ver gegenwärtigt, in welcher unverfrorenen Weise die Albanier lateinische oder überhaupt romanische Wörter zusammenziehen, so kann man an die Verwand lung von Imperator zu Mbret schon glauben. Bei spielsweise machen sie aus lat. butmlous „Bauer" dultz, aus lat. vLcito ein lat. bonoro ein näoroi. lat. .'Utero ein ockrroi, lat expc-cbto ein pesolUoi, lat. po1s»tL8 ein pwelnet lat. meäieu-r ein mjetz und dergl. mehr. „Furchtbar schwer" sei das Wort Mbret auszusprechen, bekommt man wohl dann und wann zu hören; aber das stimmt nicht, denn dasselbe Individuum, das hierin eine entsetzliche Schwierigkeit erblickt, beginnt in der nächsten Minute vielleicht einem Satz flott mit mbr (wenigstens wenn er gut sächsisch redet). ..Mbrudcr kammer klohm!" sagte neulich mein Nachbar in der Elektrischen zu seinem Gegenüber. „Ja, dem Bruder kann man glauben", bestätigte der Andere.
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