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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.02.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110216013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911021601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911021601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-16
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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BezuftS-^prrlv f*r «.» «sr»ru »«ch «Hm, L«!a«r »ad brxduear, ss»«l ttältch t»« Hau« ,edr»id<; tztz NW»«.. t.?S^ss »iertMtährt v«i unter» !>>luUe» ». La« «chmeftelle» »d,«dein 7Ü W»»«tl^ L^tS ^ss »>r«rlILhrl. V«rch dt, V«»! <»«»-«ld Leurtchiand« an» der deatlchrn >,I»ni»» vienelithrt. »4» ^ss, «onatl. I«r4 ^ss «»»tchl. PoslbrllrUgeld. »Geraer t» Denemeri, den Doaaallsatra, Jtalie». vareindurg, «tederia»»«, W«W vefterrrich Ua«»W. L»tzla»ü, Echwede», vch»«» ». S«»w». I» allen übrt^a Staate» anr direv durch dt» Gchchttldtiell« de» Vlalte» «rhttütch. La» Lach,,,«, Laaedlan «rtcheuu ti»al tttzltch, S»»»> » Ketrriad« «W m»W«a«. Ld»»»»m«»d«»aal,i»«, U»a»a»«pl«tz dw »ater«» rrt»«r». Mlalru, Lped.leur« »»d L»Wtz««ft»Lea, iowte LdÜtmter» »ad vneftrt-er». »t»,»l»««t»,t»prei» W, Lt«rg«n- «t,ad» tss^ d« «dead iudaad, d Nddsktw» »»d Oetchiftlkello J»d»»»>»4aft« «> S«wchw»che»i 14««^ »4«^ »EL Morgen-Ausgabe. MipMer T Ml)! alt Handelszeitung. Ämtsökatt des Aales «nd des Nolizeiamtes Ser Llaöt Leipzig. Anxeiqeu-Preis M Ander»» «w vewv, und Umqe»u»q di« -«tdaltra» SV «n> den«» Detttzeit» S di» 74 «I» d«tta >»0ain«»rtt« l ass: W, »»«»»4rt« W Nea«»« ».20 ^ss; Inter«» »»» Oedürde» n» a»MchW L«U die 74 MM breit» LetttHetl» 4t> Le«chL>r«a»»ei,rn mit ss a4»»N<t>ritte» »n» » »er Udeadau»)Lbe >ia Lrr«, erdSht. biaban »ach Lari» verlaaenedädr » ass rauten» exL. Postgeblldr. Wettert eilt» «uttrttg, Wan«» «ich» »urtdl- ae^ogen werde», tiür da« Ancheta« an d«>t>mmt«n läge» und Llttzen anr» kein« ^tarantt» übernommen. Anzeigen- Lllnah»»! L»i»tt»4pl«H «L dei jtmrliche» Kiltale» ». all« Laaonce» ttlbeditioaen oe« In» and LutlaudeL Haaot-LUIat» VerlLw Larl Laxte, Herzogi «a«. Hiiduch» dandlnn, LunowKrad« lvt tret »»»» Vr L». 4LS). Han«t-Stltäte Lrrldem Seettr,»- 4. 1 tretend«» 4S2t). Nr. 47 Vonnersiag, Sen IS. /rdrusr lSll. los. Jahrgang. Das Wichtigste. * Der Brauereiverein Leipzig beschäftigte sich am Mittwoch mit der angekündigten Absicht des Rates, bei den Stadtverordneten eine Viersteuervor lage einzubringen. Er beschloß einstimmig, dre etwa kommende Bier st euer nicht zu tragen, sondern sie unter allen Um ständen abzuwülzen. * Der Reichstag erledigte am Mittwoch in zweiter Lesung wertere Etatpositionen aus dem Marineetat. (S. Reichstagsber.) * Die Reichstagskommission für Elsaß - Loth - ringen beschloß gestern die Einsetzung eines Statthalters auf Lebenszeit. (S. Kom missionsbericht.) * Im Deutschen Landwirtschaftsrat wurde am Mittwoch über die einzuschlagenden Wege zur Entschuldung des ländlichen Grund besitzes verhandelt. Dei dem Festmahl hielt der Reichskanzler eine agrarpolitische Rede. (S. d bes. Art. und Letzte Dep.) * Zn Kiel wurde durch die Prinzessin Heinrich von Preußen die Taufe des Luftschiffes der TransatlantischenFlugexpedition voll zogen. (S. Tageschr.) * Die Akten des Durandprozesses wurden dem französischen Kassationshof überwiesen und vom Justizminister die Freilassung Durands angeordnct. sS. Ausl.) * Nach den neuesten Berichten aus Ehina über die Pest scheint diese Seuche im Abnehmen begriffen zu sein. (S. Tageschr.) Der konservative Fehüehanüschuh. Der Vorstoß, der von konservativer Seite gegen die Nationalliberalen im preußischen Abgeordnetenhaus geschah, war kein Ausfluß einer erregten Stimmung, er war planmäßig und genau überlegt. Offenbar war er der Weisheit letzter Schluß, wie sie die Versamm lung des weiteren Vorstandes der konservativen Partei zu finden vermocht hat. Und einiger maßen systematisch wurde er vollzogen. Die „Kreuzzeitung" hat überhaupt nichts anderes mehr zu tun, als gegen die National liberalen vom Leder zu ziehen. Am Dienstag abend schlachtete sie die Nationalliberalen und Freisinnigen zusammen ein (wobei sie selbstlos, wie sie nun einmal ist, die Nationalliberalen vor dem Bündnis mit dem Fortschritt im eigensten Interesse derNationalliberalen warnte), in der gleichen Nummer außerdem noch Geheim rat Paasche im besonderen. Am Mittwoch warnte sie abermals die Nationalliberalen, sich von links umgarnen zu lassen. Am Dienstag machte, wie schon berichtet, die „Kons. Korresp." „Klar zum Gefecht". Am gleichen Dienstag griff erst Rogalla von Bieberstein, einer der agra rischen Ultras, die so verhaßte Partei an und schließlich hieb, nachdem die ganz famose und schneidige Abwehr durch den Abgeordneten Schiffer erfolgt war, der große Führer der junkerlichen Heerschau Herr von Heydebrand und der Lass mit voller Wucht nach. Wären alle diese Dinge schon am Montag zu ersehen gewesen, so dürfte die Friedensrede des Abgeordneten Lohmann gar nicht gehalten worden sein; man konnte ohnehin an ihrer Opportunität zweifeln. Wozu jemand die Hand hinstrecken, der sie sicher ausschlagen wird? Jedenfalls stehen wir vor der Tatsache, daß sie von den Konservativen nicht nur ausgeschlagen wurde, sondern daß den Nationalliberalen von ihnen klirrend der eiserne Fehdehandschuh vor die Füße geworfen wurde. Und wenn man alles andere übersehen wollte, das läßt sich nicht übersehen, daß die Seele der konservativen Partei, daß der kleine und so überaus kluge Herr auf Klein- Tschunkawe sich mit besonderem Elan auf den Standpunkt gestellt hat, den man seiner Klug heit bisher nicht recht zutrauen wollte, den man mehr al« den der Ultras, der Hahn, Kreth, Oldenburg, Bieberstein, als den seinen ansah. Nun ist jedoch durch ihn die Situation aufs gründlichste geklärt; und mehr als je ist die Notwendigkeit erwiesen, den Konservativen ein Jena zu bereiten, damit sie einiger, maßen wieder zur Besinnung kommen — falls ihnen das noch möglich sein sollte. Von den Einzelheiten des konservativen I Vorstoßes sei nur dreierlei ins rechte Licht ge setzt. Die Behauptung von einer „Allianz" der Nationalliberalen und Sozialdemo- kraten im Königreich Sachsen wird nicht dadurch wahr, daß sie von dem „ungekrönten König von Preußen" ausgesprochen wird. Wohl aber können die Nationalliberalen den ziffern mäßigen Nachweis liefern, daß bei den sächsischen Landtagswahlen die Konserva tiven in drei Wahlkreisen dazu beigetragen haben, daß dort im engeren Wahlgang der sozialdemokratisch e Mandatsbewerber siegte. Von diesen Tatsachen weiß natürlich Herr vonHeydebrand nichts, oder will er wenigstens nichts wissen. Ebenso verhält sichs mit der „mit dem Mute der Unwahrhaftigkeit" immer wieder auch von Herrn von Heydebrand vor gebrachten Behauptung, die Landwirtschafts freundlichkeit der Nationalliberalen sei nicht zuverlässig. Daß der Zolltarif nur gegen die agrarischen Ultras und nur mit Hilfe der nationalliberalen Partei zustande gebracht werden konnte, wird dabei eben ganz ver schwiegen. Es genüge, diese Art konservativer Eeschichtsklitterung niedriger zu hängen. Wich tiger scheint uns schon, dem törichten Gerede ein Ende zu bereiten, ein Bündnis der National liberalen mit dem Fortschritt bedrohe unsere Schutzzollpolitik. Hier wird ein mal übersehen, daß der Fortschritt von seinem Radikalismus auch in dieser Frage abzusehen gelernt hat und nur noch ein allmähliches Abbauen der Schutzzölle befür wortet. Vor allem aber wäre doch zu einer solchen Bedrohung nötig, daß der Reichstag nicht einmal (denn er müßte und würde, wenn die Schutzzollpolitik durch seine Zusammensetzung gefährdet wäre, unzweifelhaft aufgelöst werden), sondern zweimal eine freisinnig-sozialdemokra tische Mehrheit erhielte. Wer das ernsthaft für möglich hält, der ist ein politischer Kindskopf, mit dem wir uns auf weitere Unterhaltungen nicht einlassen. Was den Herren von der Rechten und dem Zentrum ein Zusammengehen der liberalen Parteien so unsympathisch macht, ist vielmehr das Folgende: Es ist zu erwarten, daß dann nicht mehr eine klerikal-konservative Mehrheit einseitig den Zolltarif diktieren kann, sondern vielmehr der gemäßigte Liberalismus am Werke beteiligt werden muß und daß viel leicht sogar die radikalen Agrarier ihre agita torisch so wirksame Pose des „Alles oder Nichts" aufgeben und sich zu einer positiven Mitarbeit verstehen müssen. Wer diese Folgen als Reichs unglück ausschreit, wird sich nicht wundern dürfen, wenn man bei ihm selbstsüchtige Motive, keine vaterländischen, vermutet. Aber der Liberalismus wird auch aus an dern Gründen gefürchtet: Herr Rogalla von Bieberstein hat dem Abgeordneten Loh mann die Frage entgegengeschleudert, wie er dazu käme, sich um Ostelbien zu kümmern? Er entstamme doch dem Westen?! Auf diese ver fassungswidrige, staatsgefährdende reaktionäre Auffassung der Abgeordnetenpflichten (Artikel 83 der preußischen Verfassungsurkunde „die Mit glieder beider Kammern sind Vertreter des ganzen Volkes") hat der Abgeordnete Schiffer schon gut erwidert. Er hätte, einmal beim Zitieren, derselben Rede Bismarcks, der er das Wort entnahm, „daß Hyperkonservative sich unter Umständen im politischen Effekt von den Sozial demokraten nur mäßig unterscheiden", auch noch einen anderen Tadel an die dem Fürsten da mals sehr nahestehenden Konservativen entneh men können": „Wer sich auf dieser Seite der Kirchturmspolitik, des Lokalpatriotismus, des Provinzialpatriotismus stellt, der, glaube ich, erfüllt die Aufgaben, die ein Mandat eines Abgeordneten an ihn stellt, doch nur partiell mit viel Schatten und wenig Licht." Wenn endlich Herr von Heydebrand seiner seits wieder auf die Reichsfinanzreform zu sprechen gekommen ist — sonst wird von der konservativ-klerikalen Mehrheit anderen Leuten ein Vorwurf daraus gemacht, wenn sie das Thema aufs Tapet bringen — so» ist das wohl der beste Beweis für das schlechte Gewissen der Herren in diesem Punkte. Man kratzt sich nur dort, wo es einen juckt, und daß die Mehrheitsparteien diesen brennenden Juckreiz nur auf die Agitation der Minderheit«, Parteien zurückführen, ist in der Tat zu gütig. Wa rum zerstören sie dann aber nicht die „liberalen Legenden" durch Verbreitung der auf die Dauer stets siegreichen Wahrheit? Nein, Fürst Bülow hatte schon recht: das Land hat mehr und mehr erkannt, daß, wenn die Haltung der Kon servativen eine andere gewesen wäre, die Finanzreform in einer nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ befriedigenderen Weise ohne Sprengung des Blocks, ohne Wechsel in der Regierung, ohne Preisgabe der Errungenschaften und Hoff nungen des Wahlkampfes vom Januar 1906 07 des schönen Aufschwungs von damals sehr wohl zustandekommen konnte." Und wenn jetzt die Haltung der Konservativen in der Tat eine Entwicklung erzeugt hat, die erbittertste Partei gegensätze geschaffen, unnatürliche Parteigrup pierungen hervorgerufcn hat: Wen trifft die Schuld? Nur die Konservativen, und sie sollen dereinst ihr „Philippi" erleben! irchenstaat anbrechen geworden. Die Heu- Die rümilche Frage. Was vor dem 20. September 1870 ,,römische Frage" hieß, ist seitdem erledigt. Die Könige von Italien aus dem Hause Savoyen sind in den Qurinalpalast eingezogen, Rom ist di« Hauptstadt des geeinigten Reiches geworden, das in wenigen Wochen das Jubelfest seines SOiährigcn Bestandes feiern soll. Daß ein Tag der Wiederkehr für di« entthronten Herr schaften und also auch für den Kirchenstaat anbrechen werde, ist sehr unwahrscheinlich geworden. Die heu tigen Ordnungen sind fester gegründet als das Ein tagswerk Napoleons I. Indessen besteht eine „römische Frage" tatsächlich fort. Dre uralte Stadt oietet der Welt das sonder bare staatsrechtliche Schauspiel, daß sie z w e i Sou veräne in ihrem Weichbilde birgt. Der P a p st ist in dem vatikanischen Stadtteile .auf dem rechten Tiber ufer unabhängiger Herrscher geblieben, sogar in Brandfällen dürfen die staatlichen und städtischen Sicheryeitsorgane jenen Bezirk nur mit seiner aus drücklichen Erlaubnis betreten. Sonderbar ist das Verhältnis der beiden Gewalten im höchsten Grade. Diese Exterritorialität ist nicht im entferntesten mit derjenigen zu vergleichen, die die Gesandtschastshäüfer in den Residenzen genießen. Man denke: ein Er oberer nimmt einem Fürsten seine Hauptstadt weg, verzichtet aber auf einen Angriff gegen dessen Palast, obwohl der Besiegte noch «ine bewaffnete Schutztruppe behält. Darauf erklärt der Sieger den Friedens zustand, erkennt die Unabhängigkeit des anderen in seinem Wohnbezirke an und setzt ihm sogar Revenuen aus, die aber verschmäht werden. Dazu spielt der Gegner den Kriegsgefangenen, trotzdem seine Be wegungsfreiheit in keiner Weise beschränkt ist! Aber es kommt noch anders. Fremden Besuchern von fürstlicher Stellung wird es unmöglich gemacht, an beiden selbständigen Höfen ihre Besuch« abzu statten. Einem katholischen Prinzen bleibt der Vati kan verschlossen, wenn er vorher im Quirinal abge stiegen ist. Die umgekehrte Reihenfolge ist noch nickt ausprobiert, würde aber zweifellos denselben Erfolg haben: Selbstachtung und noch mehr Rücksickt auf die öffentliche Meinung verbieten es dem König von Italien, einen East des Vatikans in Visite zu emp fangen. Die Folge ist, daß katholische Herr scher, und seien sie dem König noch so eng ver bündet, Rom überhaupt meiden, dag die internationalen Umgangsformen gegenüber Italien einfach ausgeschaltet sind. Protestanten gegenüber wurde der päpstliche Anspruch bisher nicht erhoben. Die Herrscher Deutschlands und Englands haben regelmäßig ihrer Höflichkeitspflicht bei dem Ober haupte der katholischen Kirche, dem ehemaligen In haber des Kirchenstaates, genügt, während sie im Quirinal als Gäste weilten. In diesem Jahre wird es anders. Es hat dem Papste gefallen, das Jubel jahr Italiens als ein Trauerjahr zu behandeln. Sogar die regelmäßigen Pilgerzüg« sollen fern gehalten werden, um die Stadtrömer empfinden zu lasten, daß ihre Fremdenindustrie an den Erinne rungen Les papa-vo hafte und nicht an den politischen Festen der kirchenräuberischen Eindringlinge. Auch der Deutsche Kaiser würde diesmal nicht im Vatikan empfangen werden, wenn er im Trauerjahre in die ewige Stadt käme, um seinen Verbündeten an seinem Eedächtnistage zu begrüßen. Wir wißen nicht, ob die Absicht bestanden hat. Es liegt so vieles Unausgeglichene zwischen Deutsch land und Italien vor, daß es recht gut möglich ist, eine Teilnahme an den Jubiläumssestlichkeiten sei niemals in Aussicht genommen worden. Die persön liche Herzlichkeit der Umbertozeit hat sich nicht auf das Verhältnis zu dem Sohne vererbt, obgleich das Bündnis aufrechterhalten ist. Dem höfischen Brauche entspricht es ja nicht, daß der Kaiser ins Mittelmeer reist, ohne eine Begegnung mit Viktor Emanuel HI. zu erstreben, die während der Festzcit natürlich nicht außerhalb Roms stattfmden dürfte, da der König in die Mitte seines Volkes und an den Platz gehört, wo das Denkmal seines Großvaters, des Ztaatsgründers, eingeweiht werden soll. Aber eigen- tümlich erscheint es, daß in zeitlichem Zusammen- Hang« mit dem herausfordernden Auftreten der Kurie die Absage verkündigt wird! Wenn Rücksichten auf den Vatikan im Spiele sein sollten, wäre die Unterlassung recht anfechtbar. Ihre politischen Folgen sind nicht abzusebcn. Sicher ist daß PräsidentFallieres in dreiem Jahre nach Rom kommen wird: ihn bindet ja nichts als ein« intime — Feindseligkeit an die Kurie. Nach den außerordentlichen Liebenswürdigkeiten der eng lischen Thronrede darf man auch wohl einen Besuch König Georgs nach seinem Krönungsfeste er warten. All«, muß Zusammenwirken, um dre Be- ziehungen der Westmächte zu Italien und seinem Volke fester zu knüpfen. Es mag ja fraglich er scheinen, ob es unserseits richtig ist, dem kühlgewor denen Dreibundsgesellschatter weiter nachzulaufen. Aber di« Frage muß um ihrer selbst willen beurteilt werden, unabhängig vor den diplomatischen Ge pflogenheiten des vatikanischen Machthabers Hat man noch ein Interesse, die Entfremdung Italiens nicht weiter gehen zu lasten, so soll man es auch unter laßen, die Empfindlichkeiten der Italiener zu rügen. Das geschieht aber sicher, wenn ein protestan tischer Herrscher es wieder zweifelhaft werden läßt, ob die römische Frage für ihn als endgültig ge löst gilt. Wenn die persönlichen Gefühle des alten Kaisers Franz Josef am Tiber gewürdigt werden, so ist man dort doch nickt geneigt, dem „protestan tischen Kaisertums" die gleiche Duldung zuzug«stehcn. Neber üie SntlchulLung öes lsnülichen Grunübekitzes hielt am Mittwoch im Deutschen Landwirt schaftsrate der Generaldirektor der ostpreußischen Landschaft Geh. Oberregierungsrat Dr. Kapp einen hochinteressanten Vortrag. Ter Referent hat vor einigen Jahren die Wege gewiesen, wie in der Praxis das Entschuldungsproblem zu lösen sei. Er konnte in seinem Vortrage bereits über gesammelte Erfahrungen bei der Entschuldungsaktion der ost preußischen Landschaft berichten und tat dies unter größter Spannung der Zuhörer. Einleitend bemerkte der Redner, die wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältniße der ent- schuldungsbedürftigen Landwirte sind so mannig faltig, daß verschiedene Wege beschritten werden mußten, um zu dem gewünschten Ziele zu kommen. Nach drei Systemen soll die Entschuldung betrieben werden: 1) durch Gewährung erweiterter land schaftlicher Kredite unter Eintragung der Verschuldungsgrenze, 2j durch Gewährung von Zwangsamorti sations-Hypotheken seitens der Bank der ostpr. Landschaft ohne Eintragung der Verschuldungs grenze, 3) durch die Lebensversicherung der Lebens versicherungsanstalt der ostpr. Landschaft ebenfalls ohne Eintragung der Verschuldungsgrenze. Jeder landwirtschaftlich Assoziierte kann sich eines der Systeme frei wählen. Das erste System will die teuren und kündbaren Privathypotheken durch billige, unkündbare Landschaftsdartehen tunlichst er setzen. Dieses Ziel soll erreicht werden durch Ge währung eines erweiterten landschaftlichen Kredites, der aber nur in Frage kommt unter der Bedingung, daß eine Belastung des Gutes mit Privathypotheken zuverlässig und dauernd verhindert wird. Der Meliorationskredit soll die Ertrags fähigkeit eines Gutes steigern und dadurch die Mittel beschaffen, um den durch die ver stärkte Tilgung gegen früher etwa hervorgerufenen Mehrbetrag an Lasten zu decken. Er kann nur be- pfandbrieften Gütern bewilligt werden. Die Ein tragung eines Pfandbriefdarlehens ist nickt nur Voraussetzung für die Bewilligung eines Meliora tionskredites, sondern auch für dessen fernere Be lastung — die Gesamtsumme der zur Gewährung von '/«-Darlehen und von Meliorationskredit auszu gebenden Pfandbriefe und Schuldverschreibungen ist bis auf weiteres auf 10 Millionen Mark bemeßen. Die ostpreußische Landschaft hat im Herbst 1908 die Entschuldungstätigkeit ausgenommen. Es sind bis jetzt 10 407 tia, die 76 Besitzern gehören, unter die Verschuldungsgrenze gebracht. Die Be sitzungen sind im ganzen auf 7322 818 ./( landwirt schaftlich taxiert. Von der landschaftlichen Be leihung entfallen 4 881 375 auf den V,- und 1142 900 ./» auf den '/«-Kredit. An Spannungs kredit sind im ganzen 601700 bewilligt, davon 590 700 .»i zu Entschuldungs - und nur 11000 zu Meliorationszwecken; nach erfolgter Tilgung der Nachhypotheken ruhen nur noch land schaftliche Kredite auf dem Besitz. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die gesamten Jahresleistungen in den bisher vorliegenden 76 Entschuldungsfällen von 346720 auf 360085 also nur um 13365 ge ¬ stiegen sind, das sind 32 pro Morgen. Gleich zeitig sind die Zinsleistungen von 325 541 auf 300 432 zurückgegangen, die Tilgungsbeiträge da gegen von 21 180 auf 59 653 ./t gestiegen. Das Entschuldungsverfahren unter Eintragung der Verschuldungsgrenze wurde bisher vom Klein- und Mittelbesitz in weit höherem Maße in Anspruch ge nommen als vom Großgrundbesitz, trotzdem ist man sich darüber klar, daß es wegen der Beschränkung der Verschuldungsfreiheit nie das Entschuldungs mittel der großen Maße werden wird. Die ost- preußische Landschaft hat deshalb gleichzeitig auf solche Entschuldungsmaßregeln Bedacht genommen, die ohne Beschränkung der Verschuldungs freiheit die Kapitalansammlung im Wege der Zwangstilgung wirksam sicherstellen. Das zweite Entschuldunasverfahren will nun neben der Landschaft auch die Bank der ostpreukischen Landschaft in den Dienst der Entschuldung stellen. Die Bank soll berechtigt sein, innerhalb der land- schaftlichen Taxe sichere, kündbare zweitstellige Hypo theken zu gewähren, unter der Bedingung, day der Besitzer sich verpflichtet, der Bank das Amortisatrons- guthaben seines'Pfandbriefdarlehens ru verpfänden und es ihr zwecks Tilgung der Bankhypothek zur Verfügung ,u stellen, zuglerch aber auch die Bank hypothek selbst mit bis 1 Proz. zu tilgen. Recht erfolgreich ist die Landschaft mit ihren Be» strebungen gewesen, die Lebensversicherung als Schuldentilgunasmittel zu verwerten. Die Levens versicherungsanstalt der Landschaft hat ihren Betrieb am 15. November 1910 ausgenommen. Damit ist zum ersten Male in Deutschland an die Stelle des xrivatwirtschaftlichen Betriebes eine Anstalt des öffentlichen Rechts getreten. Die Lebensversiche rung verhindert zwar nicht eine weitere Ver schuldung des Gute», gewährt aber denjenigen Pfandbriefsckuldnern die sich nicht entschließen können, die Verschuldungsgrenze eintragen »u laßen, ein ungleich wirksameres Schuldentilaunasmittel, als es bisher zur Verfügung stand. Die Verwendung der landwirtschaftlichen Tilgungsbeiträge zum Erwerb einer Lebensversicherung als Entichädigungsmittel macht es erforderlich, daß bei einer möglichst niedrigen Tanfprämie eine möglichst hohe Versicherungs summe garantiert wird und ferner, daß die
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