Volltext Seite (XML)
Machen- und Kachrichlsblatt zugleich 8WB-AWM für HWirf, MW, Berisilrrf, Nüsdorf, St. Wicu, tzmrichsort, Mariemii Wil Miilsei. Amtsblatt für de« Sta-trat ;« Lichtenstein. —-— - —-— — 4«. Jahrgang. -— Nr. 132. Mittwoch, den 11. Juni - 1890. Diese» Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtag») abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Vostanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergcspaltene KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennige« berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Zwangsversteigerung. Die im Grundbuche auf den Namen des Brauers Bernhard Weyrauch eingetragenen Grundstücke, als: 1) die Brauerei mit Schneidemühle und dazu gehörigen Feldern, Wiesen und Teichen Fol. 2 des Grundbuchs und Nr. 1b, 2, 4, 5, 246, 247, 248 und 249 des Flurbuchs für Hohndorf, nach Ausweis des letzteren 4 Acker 249 IHR. umfassend, und mit 301,ss Steuereinheiten belegt und 2) das Feldgrundstück Fol. 123 des Grundbuchs und Nr. 232 b des Flurbuchs für Rödlitz, ausweislich des letzteren 1 Acker 190 OiR. umfassend und mit 17,«4 Steuereinheiten belegt, sollen, und zwar das Grundstück unter 1 mit den zum Betriebe der Brauerei gehörigen Anlagen und Gerätschaften im Fankhäuel'sche» Gasthofe zu Rödlitz zwangsweise versteigert werden und ist der 24. Juui 1890, vormittags 11 Uhr als Versteigerungstermin, sowie der 5. Juli 1890, vormittags 11 Uhr als Termin zu Verkündigung des Verteilungsplaus anberaumt worden. Eine Uebersicht der auf den Grundstücken lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Lichtenstein, am 17. April 1890. Königliches Amtsgericht. Gehler. H o l z ü rr l L L s K. Im Lichtenfteiuer Revier sollen nächsten Montag, den 16. Juni 186«, von Vorm, halb 9 Uhr an, Versammlung auf dem Holzschiage an der Rainbuche, 40 Rm. Laub- und Nadelholz-Brennscheite und Rollen, , im 80 „ grünes fichtnes Schneidelreisig und s Neudörfler 100 Whdrt. kiefernes Reisig I Walde, im Stadtwalde und 60 „ grünes fichtnes Schneidelreisig und 50 Whdrt. Laub- und Nadelholz-Reisig von uachm. s Uhr au, Versammlung in der Franke'scheu Schankwirt schaft zu Heinrichsort, 5 Rm. buchne Nutzscheite, > - 2 „ fi. Brennscheite und Burawalde 30 „ grünes fichtnes Schneidelreisig ' ' sowie Donnerstags darauf, den 19. Juni 1890, von Vorm, halb 9 Uhr an, Versammlung an der „Schwarze» Allee", 30 Rm. Laub- und Nadelh.-Br.-Scheite und Rollen, auf der Rümpf, bei günstiger Witterung an Ort und Stelle gegen sofortige Bezahlung und unter den sonstigen vor Beginn der Auktion bekannt zu gebenden Bedingungen meist bietend verkauft werden. Die Fürstliche Forstverwaltuug. Bekanntmachung, die Gemeindeabgaben betreffend. Alle diejenigen hiesigen Bewohner, welche mit der Bezahlung von Gemeinde abgaben noch im Rückstände sind, werden an deren umgehende Abführung mit dem Bemerken hierdurch erinnert, daß allen Denen, welche dieser Erinnerung keine Folge geben, oje in Z 29 des Abgabenregulativs für Callnberg vom 27. Februar 1884 gedachten Mahnzettel werden zugesandt werden, nach Ablauf der darauf an gegebenen Zahlungsfrist aber mit der Zwangsvollstreckung vorgegangen werden wird. Callnberg, den 7. Juni 1890. Der Stadtgemeinderat. Schmidt, Bürgermeister. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 9. Juni, 1'/§ Uhr. Am Bunöesratstische: von Caprivi, von Boetticher, von Marschall u. A. Eingegangen sind: Neues Weißbuch über Ostafrika, der neue Niederlassungsvertrag mit der Schweiz, der Nachtragsetat betr. die Erhöhung der Beamten gehälter. Von dem Abg. Baumbach (freis.) wird die von demselben eingebrachte Interpellation betr. den Niederlassungs- Vertrag mit der Schweiz zurückgezogen, da dieselbe durch den inzwischen erfolgten Vertragsabschluß erledigt ist. Es folgt die zweite Beratung des Nachtragsetats, welcher für Kolonial zwecke in Ostafrika 4 890000 Mark nnd zu Bau- und Aus führungen im Auswärtigen Amte 40 OVO Mark fordert. Die letztere Position wird debattelos bewilligt. Die Bndget- kommission beantragt, die Kolonialforderung zu genehmigen. Abg. Goldschmidt (freis.): Ich bin ein Anhänger der Kolonialpolitik gewesen nnd habe für die früheren Kolonialfordernngen gestimmt. Jetzt aber geht die Kolonial politik mit starken Schritten über den anfänglichen Rahmen hinaus, und da mache ich nicht mehr mit. An den Unter nehmungen in Ostairika hat lediglich die ostafrikanische Ge sellschaft ein Interesse, das Deutsche Reich aber nicht. Geht die Sache so weiter, so können wir sogar in die Lage kommen, den Besitz dieser Gesellschaft als Kronkolonie übernehmen zu müssen. Der Deutschen Ehre geschieht durchaus kein Ab bruch, wenn wir uns ans Ostafrika zurückziehen, und für den Schutz wer dort ansässigen Deutschen in angemessener Weise sorgen. Das halte ich für das Beste. Angesichts der großen Ausgaben, die uns bevorstehen, kann ich die Verant wortung für die Folgen der Bewilligung der hier geforderten Summe nicht übernehmen, und werde darum gegen die Vorlage stimmen. Abg. Dohrn (freis.): Auch ich werde gegen die Vor lage stimmen, weil die Kosten für unsere Kolonialpolitik gar zu sehr anschwellen. Bisher hat dieselbe uns keinen Nutzen gebracht, sie hat nicht einmal unseren Exporthandel in nennens werter Weise gehoben. Nur die seit längerer Zeit von der ostafrikanischen Küste fern gehaltenen Elfenbein-Vorräte haben infolge des plötzlichen Anlangens an der Küste ein Empor schnellen der Export- und Jmportziffern verursacht. Gegen über den recht kläglichen Leistungen der deutschen ost afrikanischen Gesellschaft ist die hier geforderte Summe, welche doch in der Hauptsache der genannten Gesellschaft zu Gute kommt, eine ganz enorme. Lassen Sie doch die Herren der ostafrikanischen Gesellschaft in die eigenen Taschen greifen, wie es die englischen Kolonialgesellschaften thun. Wenn nun aber die ostafrikanische Gesellschaft prosperierte, so würde dadurch infolge des überseeischen Plantagenbaues die in ländische Landwirtschaft vielfach geschädigt werden. Ostafrika ist auch ungesund. Nicht allein der vr. Fischer, sondern anch zahlreiche Forschungsreisende haben übereinstimmend die jenigen Gegenden Ostafrika's, welche für uns in Betracht kowmen, als in höchstem Maße besundheitsschädlich geschildert. Eine Garantie dafür, daß das in Ostafrika angelegte deutsche Kapital eine gute Rente giebt, kann Niemand bieten. Für diese Vorlage ein gutes Wort einzulegen, bin ich aber um so weniger im Stande, als sich die Finanzlage des Reiches in der letzten Zeit so ungünstig gestaltet hat, daß wir auf alle irgendwie entbehrlichen Ausgaben verzichten müssen und deshalb stimme ich gegen das Gesetz. Graf Mirbach (kons.): Dis ostafrikanischc Gesellschaft ist ein deutsches Unternehmen, das gefährdet war nnd den Schlitz des Reiches bedurfte. Da konnten wir nicht zurück stehen, und was einmal angefangen ist, muß anch fortgeführt werden. Das afrikanische Klima mag ja sein Unangenehmes haben, aber das schreckt doch auch andere Völker nicht. Sie wissen ja, wie sehr die Engländer nach afrikanischem Besitz streben. Die KolonialpoliUk sollte nicht als Parteisache be handelt werden; anch in meiner Fraktion ist das Interesse für dieselbe manchmal nnr gering, aber wir sind trotzdem einig, für die Vorlage zu stimmen, weil die deutsche Ehre hier in's Spiel kommt. Ich persönlich wünschte wohl, im Interesse unserer Landwirtschaft wäre die Frage der Kolonial- politik ein paar Jahre znrückgesetzt worden. Aber ich sehe doch ein, daß die Erwerbung eines größeren überseeischen Gebietes für uns nur möglich ist, wenn wir jetzt in Ostafrika vorgehen. Deutschland hat die Mission, für Kultur und Ge sittung in Ostafrika einzntreten, nnd es ist ein Verdienst der ostafrikanischen Gesellschaft, durch den Vertrag mit dem Snltan von Zanzibar die ostafrikanische Küste in den Machtbereich der deutschen Regierung gebracht zu haben. Major Wißmann hat die ihm übertragene Aufgabe sehr prompt und mutvoll erledigt. Wir müssen uns nun aber bereit finden lassen, das Gewonnene festznhalten, und da ist es ein großer Fehler, wenn, wie es geschehen ist, die ostafrikanische Gesellschaft diskreditiert wird. Nnr die Wahrung des Ansehens des deutschen Namens kann uns Vorteil bringen. Ich hoffe, die Vorlage wird mit großer Mehrheit bewilligt werden. Abg. Haußmann (Volkspartei): Es ist zu bedauern, daß wir über die Znstände in Ostafrika immer noch nicht im Klaren sind nnd nicht wissen, wie sich die Verhältnisse in Zukunft dort gestalten werden. Welche Mittel sind nun noch erforderlich? Soll der Besitz der ostasrikanischen Gesellschaft eine Kronkolonie werden oder nicht? Ich will es dem Reiche gar nicht verwehren, Kultur und Gesittung in Afrika zn ver breiten, aber Sie sollen sich dann nicht einbilden, ein solches Unternehmen mit 4 Millionen durchznsetzen. Dazn sind Jahr für Jahr viele Millionen nötig, solche Ausgabe» können wir aber angesichts der Militärforderungen unter keinen Umständen machen. Die Ehre unseres Landes ist in Afrika nicht engagiert. Wäre dem so, so würden wir unbedenklich die Konsequenzen ziehen. Aber die der Negierung zugefallene Aufgabe ist es, und wir müssen uns hüten, durch neue Unternehmungen die Ehre Deutschlands engagieren zu lassen. Lassen Sie die ost afrikanische Gesellschaft bezahlen! Daß die Kolonialpolitik eine Forderung nationaler Empfindungen ist, kann ich nicht sagen. In Süddeutschland steht nian der KolonialpoliUk entweder völlig gleichgiltig oder direkt abgeneigt gegenüber. Wir haben also keinen Anlaß, für die neue Forderung zu stimmen. Staatssekretär Frhr. v. Marschall: Es ist seltsam, hier die Kolonialpolitik der Regierung unklar nennen zu hören, in demselben Momente, wo diese Politik im Auslands als einsichtig, energisch md zstlbewußt anerkannt wird. Haben Sie denn nicht gelesen, wie in England von unserer Kolonialpolitik gesprochen wird? In den weitesten Volks kreisen findet die Politik der Regierung Anerkennung und Beifall. Ein festes Programm anfzustellen, hält die Reichs regierung nicht sür zweckmäßig, weil cs sonst leicht geschehen könnte, daß wir eines Tages wieder von vorn anfangen müßten. Wir werden durchaus ruhig vorgehen und uns vor aller Uebersttirzung hüten. Davon können Sie überzeugt sein. Abg. vr. Bamberger (freis.): Der Abgeordnete Graf Mirbach hat davor gewarnt, die ostafrikanische Gesellschaft zu diskreditieren. Der Kredit eines Unternehmens ist aber erst recht nicht von der Reklame abhängig, die man für dasselbe macht, und ich behaupte, daß Kaufleute, die auf die Reden aus den Parlamenten hin etwas borgen, Bankerott machen werden. Ob man Geld in Kolonialunternehmungen anlegen soll, wissen am wenigsten gerade die Kolonialenthusiasten. Am besten wissen es die Leute, die Jahr aus, Jahr ein in diesen Dingen Erfahrung sammeln. Die beste Art, sich und dem Lande zu nützen, hesteht darin, Geschäfte zn machen. Solche Geschäfte kann man aber auch in Deutschland machen, und es ist ein Irrtum der neueren Zeit, sich einzubilden, man müsse fremde Länder besitzen und Soldaten nach dort schicken, um Geschäfte zu machen. Wenn wir die bereits auf gewendeten Millionen, die Gewehre und Kanonen in Afrika lassen und nns von dort zurückziebeu, dann werden wir noch immer ein gutes Geschäft machen nnd viele Millionen sparen, die wir anderweitig besser gebrauchen können. Wo man das nationale Empfinden für die Kolonialpolitik fachen soll, weiß ich wirklich nicht. Bisher glaubte ich, es sei in Süddeutsch land zu Hanse, aber Herr Hanßmann hat »ns ja das Gegen teil versichert. Jedenfalls können solche Empfindungen auch irre führen. In der Kolonialpolitik ist nur Berechnung am Platze, aber keine Begeisterung. Der Ruhm für die Thate« in Ostafrika gebührt vielmehr unserer Marine, als dem Major Wißmann, der ja von seinem anfänglichen Prinzip der absolnten Vernichtung nnd Unterdrückung der Araber anch znrückgckommen ist. Lassen Sie es genng sein an der unerschwinglichen Militärlast in Europa und laden Sie dem Volke nicht auch noch unerschwingliche Koloniallasten ans. Abg. Szipio (natlib): Die Vorwürfe, welche hier gegen die ostafrikanische Gesellschaft erhoben wurden, sind nicht gerechtfertigt, dieselbe hat ihre Schuldigkeit in vollemUmfange gethan, nnd es ist auch nicht zweifelhaft, daß sie unter ge sicherten Verhältnissen dem deutschen Reiche gute Dieiiste leisten wird. Afrika bietet wertvolle und vielfach verwend bare Rohprodukte für Handel und Gewerbe, Soll denn Deutschland allein nicht daran profitieren, während die Eng länder das Aeußerste aufbielen? Das Interesse für die deutsche Kolonialpolitik ist in weiteren Kreisen verbreit-«. Der deutsche Kolonialverein zählt heute 18000 MitMdder, ein Zeichen, daß der Kolonialpolitik wirklich große Nllnahme gewidmet wird. Hierauf wird die Weiterb^atung auf Dienstag Mittag vertagt.