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Inserate Juseraten- Auuahmestelenr Gxped.». N»d»Mo« Dresden »Neustadt N Meißner «ässe S. Die Zeitung erscheint Dienstag, Donnerstag und evnuadeud früh. Adouuemeul»- Prettr vierteljährt. M 1^0. Z« beziehen durch die kaiserlichen Pop- Anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in» HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr »on 2S Pfg. ach slsche V ochnlMMZ Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften DreSden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrimm« MüLer in Dresden. Die Arnoldische Buchhandlung Jvvalidendam, Haasen steiaLLogler, Rudolf Moste, « L. Daube L L». in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. Mr. 28 Dienstag, den 8. März 1881. 43. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der künftige Wahlfeldzug veranlaßt die politischen Führer schon jetzt zu Kund» gedungen im Reichstage, die unmittelbar darauf de» rechnet erscheinen, auf die Wähler einen tieferen Sin» druck zu machen. Dieser Nebenzweck der verschiedenen oratorischen Leistungen giebt den Debatten einen sich immer bitterer gestaltenden heftigen Eharakter, erklärt aber auch zugleich, we-halb Fürst Bismarck seine frühere reservirte Haltung aufgegeben hat und sich an den De* batten de- Reich-tageS mit ungewöhnlicher Lebhaftigkeit betheiligt. Nach der mehr persönlichen Auseinander» sehung mit dem Abg. vr. LaSker ist Fürst Bi-marck am vergangenen Freitage mit einer ganzen Reihe ziffer» mäßiger Daten gegen die Berliner Stadtverwaltung, speciell gegen die Berliner Einschätzungs-Kommission vorgegangen und hat damit gegen einen Theil der städtischen Behörden der Reichshauptstadt eine überaus peinliche Kritik geübt. Dieses Vorgehen erklärt sich einerseits durch die Absicht „den fortschrittlichen Ring" Berlin- zu brechen und damit die Hauptburg der Fort schrittspartei im Sturme zu erobern, andererseits durch den Plan, durch eine vernichtende Kritik der Bielen ver- haßten MiethSsteuer für die von ihm eingeschlagene Richtung der indirekten Besteuerung Propaganda zu machen. ES ist Lhatsache, daß in Berlin und auch anderwärts die städtischen Steuern von dem Mittelstände und dem kleinen Handwerker bitterer empfunden werden, als die EtaatSsteuern und gerade diese Kreise würden für die konservativen Anhänger drS Reichskanzlers ge» «onnen, wenn sich Nachweisen ließe, daß die letzteren eine Beseitigung der mißliebigen MiethSsteuer und Ersatz derselben durch minder fühlbare indirekte Steuern durch setzen können. Am Freitage genehmigte der Reichstag nach kurzer Debatte die Einstellung de- gegen den ultra- montanen Abg. Stötzel eingeleiteten Strafverfahren-. Die eiste Berathung deS Gesetzentwurf-, über die Für sorge für die Wittwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwattung leitete Staatssekretär Scholz mit einem Nachweise der Bedürfrißfrage ein. Abgeordneter Reichensperger-Krefeld bat die zu erwählende Kom mission, dem Gesetze rückwirkende Kraft zu geben. Abg. Lipke wünschte eS auf die Beamten deS Militärs und der Marine ausgedehnt zu sehe». Der Gesetzentwurf wurde einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen. Bei der ersten Berathung deS Küstenfrachtfahrt-Ent- wurfS erläuterte der Geheime Rath Rösigk die Vor lage dahin, daß da- Gesetz da- Recht der Küsten schifffahrt der deutschen Flagge vorbehält und aus ländischen Schiffen nur dann gewährt, wenn diese- Feuilleton. Der Herr Baron. Novelle von Ludwig Habicht. (24. Fortsetzung.^ Dein gewohnte- Mißtrauen brütet doch die wunder lichsten Vorstellungen auS, bemerkte der Baron, der durch den Eifer mit dem sein Freund seine Auseinander setzungen vortrug, nun doch zu größerer Antheilnahme an dielen Erörterungen mit fortgerissen wurde. Mir erscheinen sie gar nicht so sonderbar, al- sie Dir Vorkommen mögen, war Brückenburg'S trockene Entgegnung. Bedenke doch, lieber Gustav, wie würde eine völlig unberechtigte Person »S wagen, hier al- Erbin aufzutreten. Dem Kühnen lacht da- Glück; ich will auch gar nicht einmal behaupten, daß sie nicht die Wittwe Deine» LetterS ist, aber ich möchte nur wissen, wie sie die» plötz lich geworden ist? Hier liegt jedenfalls ein düstere» Geheimniß zum Grunde, irgend eine Tragödie. Al ber Baron nicht gleich etwa- entgegnete, fuhr der Graf eifrig fort: Mir war e- schon aufgefallen, daß die schöne Wittwe un- ungern von ihrem verstorbenln Manne sprach und leicht darüber hinwezglitt, wenn ich über Deinen Vetter Nähere- erfahren wollte. Wenn ich nun die heftige Neigung bedenke, die sie für ihren Kammer diener hegt und die sie schon lang« empfunden haben muß, dann kommen mir ganz eigevthümllche Gedanken. Du willst doch nicht sagen, daß sie meinen Vetter Recht durch StaatSvertrag oder durch kaiftrliche Ver ordnung mit Zustimmung de- BundesralhS eingeräumt worden ist. Abgeordneter Schlutow, der Vertreter der Stadt Stettin, trug unter Hiuwei- auf die vor jährigen Verhandlungen seine Bedenken gegen den Ge setzentwurf vor und trat für die volle Freiheit der Küsten schifffahrt rin. Die- veranlaßte den Reichskanzler nicht für den materiellen Inhalt der Vorlage, sondern für die Berechtigung der Bundesregierungen, selbst »inen vom Reichstage abgelehnten Gesetzentwurf wieder vor zulegen, mit Nachdruck einzutreten, da die Regierungen, die bestehen bleiben, während die Reichstage wechseln, ihre Politik nicht auf eine Session, nicht einmal auf eine ganze Legislaturperiode, sondern mindesten- auf ein Menschenleben einrichten müssen. Hier aber liege noch gar kein definitiver Reich-tag-abschluß vor, sondern nur ein Kommissionsbericht, aber selbst wenn ein defini tiver Beschluß deS Reichstage- vorläge, wären die ver bündeten Regierungen doch in der Lage, eine Vorlage wieder einzubringen, da ja der Reichstag sich nicht be denke, einmal gefaßte Resolutionen, auch wenn auf ein Entgegenkommen de- BundeSrathS nicht gerechnet werden könnte, zu wiederholen. Abg. Loewe erkannte diese Recht der Regierung und auch die Nothwendigkeit eine- solchen Gesetzes an, bedauert« jedoch die geringe Rück- sichtSnahme auf lautgewordene Wünsche deS Reichstages. Auf eine Aeußerung d«S Abg. Karsten bemerkte der Reichskanzler, daß die russische Zollerhöhung nicht eine Gegenmaßregel gegen die deutschen Zölle, sondern lediglich eine Maßregel tm Interesse der russischen Finanzen sei. Bei Berathung de- Gesetzentwurf- übe» Besteuerung her Dienstwohnungen tadelte Abg. Reichensperger den LuxuS der Dienstwohnungen der Reichsbeamten und fand die Einschränkung Ler MiethSsteuer auf ein Zehntel deS Einkommens unberechtigt. Fürst Bismarck erklärte sich mit einem Satze von 20 Proc. einverstanden, erging sich aber in einer längeren Kritik der Berliner Mieths- steuer, die schwerer drücke als Korn- und Petroleum- steuern. In Pari- sei besser und billiger zu leben al» in Berlin, wo vor Aufhebung der Schlachtsteuer eben falls billiger zu leben war. Er habe sich durch seine von Runge, Hagen rc. gezeichnete höhere Einschätzung in Berlin fortschrittlich angehaucht gefühlt. (Abg. Struve — Ober-Amtmann in Berlin, früher national liberal, jetzt Secessionist — ruft: „schamlos!") BiSmarck fährt fort: „DaS ist ein unverschämter Ausdruck." Der Präsident fragt: „Ist der Ausdruck schamlos gebraucht?" Der Reichskanzler antwortet: „Ja, von einem Herrn, der selbst keine Scham hat!" Abg. Struve erklärt: „Ich habe ihn gebraucht!" Der Präsident ruft Struve zur Ordnung. Auf eine Anfrage Struve's nimmt Füist Bis marck den von ihm gebrauchten Ausdruck zwück. Forcken- ermordet hat? fragte der Baron heftig und richtete, trotz der Dämmerung ganz betroffen, die gutmütigen blauen Augen auf den dicht neben ihm reitenden Freund. Muß sie eS den gerade selbst gethan haben? ent gegnete Brückenburg mit seinem gewohnten scharfen Lone. Aber Iwan kann ihr ja diesen Dienst geleistet haben und seitdem find diese Beiden noch inniger und uuzertrennlicher mit einander verbunden. Deshalb darf sie auch nicht dulden, daß dem treuen Burschen irgend eine Demüthigung widerfährt. Gräßlich, murmelte Rosenberg, und dennoch ist vielleicht Dein furchtbarer Verdacht nicht ganz ohne Berechtigung. ES freut mich, daß selbst Deine sorglose Natur meine Grübeleien nicht ganz al- Trugschlüsse zurückweist. Eine Frau, die sich an ihren Bedienten wegwirst, scheint mir zu Allem fähig, bemerkte der Baron und vrrrieth damit wieder, auS welcher Wunde er noch blutete. Die Freunde ritten jetzt langsamer den einsamen Waldweg dahin und der Graf begann nach kurzer Pause von Neuem: Je länger ich darüber nachdenke, je mehr Beweisgründe entdecke ich für meine Bermuthung. Die Frau Deine-Vetter» hat sich in den hübschen Burschen verliebt, al- Pariserin und besonder- al- Bühnenkünst lerin hat sie von der Heiligkeit der Sh« nicht gerade die stärksten Vorstellungen. Vielleicht haben e- die beiden Liebenden etwa- zu arg getrieben and Bloomhau» ist dahinter gekommen. Run mußte sich die schöne Frau entscheiden und sie zog den stattlichen Kammerdiener vor, da galt e» freilich, den onb,qu«m«n Gatten au» dern Wege zu räumen. Da- Ehepaar lebte damal- in Italien, Vein Vetter ist in Neapel gestorben, wie sie deck rechtfertigte darauf die Berliner Verwaltung BiSmarck gegenüber. Die MiethSsteuer bestehe hier seit 1815, habe alle Angriffe überstanden und sei unentbehrlich. Die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer in Berlin sei durchaus geeechtfertigt gewesen. Die Einschätzung zur MiethSsteuer erfolge nach einer Methode, die jede politische Rücksicht-nahen« au-fchließe. Loew« (Berlin) schloß sich den Ausführungen Forckendeck'- an. Nach einer kurzen Replik deS Reichskanzler- ging auch diese Vorlage an eine 14-gli«drige Kommission. Fürst BiSmarck scheint die Gelegenheit benutzt zu haben, um mit den in Berlin anläßlich der Hochzeit deS Prinzen Wilhelm anwesenden deutschen Bunde»» fürsten eingehende persönliche Unterhaltungen über seine Politik zu pflegen. Nachdem er, wie schon erwähnt, eine eingehende Besprechung mit dem Könige von Sachsen gehabt hat, begab sich der Reichskanzler am Sonnabend Abend in später Stunde noch in da- nieder» ländische PalaiS zum Großherzog von Baden, mit welchem er bi- gegen 11 Uhr im Gespräch verblieb. Das Arbeiter-Unfall-VersicherungSgesetz, da» In» nungSgesetz und die Wehrsteuer find vom BundeSrathS- Plenum acceptirt worden und gelangen nun an den Reichstag, der diese Vorlagen noch vor Ostern in erster Lesung erledigen und den Kommissionen überweisen soll. Die Gerüchte über die Auflösung deS Reichstages ent behren jeder Grundlage. Feldmarschall Graf v. Moltke hat, wie wir der „Nat.-Ztg." entnehmen, an den in Nizza lebcnden Russen Goubarow, KomitL-Mitglied de» Verein- zur Reform der internationalen Gesetzgebung, einen Brief gerichtet, in welchem er di« in dem b«kannt«n Schreiben an Professor Bluntschli ausgesprochenen Ansichten auf recht hält. Die Geschichte unseres Jahrhunderts beweise, daß Deutschland niemals den Krieg erklärt habe. Deutschland habe jetzt seine Einheit erreicht, also kein Br- dürfniß. sich in einen abenteuerlichen Krieg zu stürzen; «S sei aber stet- bereit zur Vertheidiqung. Er hege den Wunsch, daß diese Nothwendigkeit sich niemals geltend mache. Dieser Brief darf gleichzeitig als die Wider» legung der Versuche betrachtet werden, dem berühmten Feldherr» einen Widerspruch nachzuweisen zwischen seinem Schreiben an Professor Bluntschli und einem früheren an einen sächsischen Landmann. Auch der Angriff, welchen daS Haupt ter Neuvlthvdoxen in Deutschland Professor Luthardt in Leipzig gegen den Feldmarschall Grafen Moltke richtete, findet darin seine Abfertigung. Herr Luthardt, hatte die auS dem Munde eines Ortho doxen doppelt auffallende Aeußerung gethan, daß der Krieg „gegen GotteS Ordnung" sei. Oester*.-Ungar. Monarchie. In Wien ist l in der Nacht zum Freitage der ehemalige Kmanzminister i ui behauptet, und dort soll das Gift wohlfeil sein. Bielleich täusche ich mich, vielleicht bin ich auf der rechten Fährte' Ich sträube mich noch immer, an diesen Abgrund von Schlechtigkeit zu glauben, sagte der Baron mit gepreßter Stimme. Sie hat mich durch ihren Geist, ihre Schönheit völlig geblendet und zuletzt muß ich er fahren, daß sie mit ihrem Bedienten ein zärtliches Ber- hältniß unterhält. Ich würde all' Deinen scharfsinnigsten Auseinandersetzungen nicht geglaubt haben, wenn mich nicht der Augenschein darüber belehrt hätte Wir haben die schöne Frau und ihre Angelegen heiten mit viel zu großer Noblesse behandelt, meinte Brückenburg; nach dem heutigen Auftritte ist «S Zeit daß wir die Dinge etwa- nüchterner auffaffen. Einer solchen Person gegenüber fallen alle Rücksichten. Du hast al» nächster Agnat ein Recht zu fordern, daß sie über ihre Erbberechtigung die vollgiltigsten Beweise antrttt. Bisher hat Niemand ihr die nvthigen Doku mente abverlangt, um zu sehen, daß wir e» wirklich mit der Wittwe de» Baron Bloomhau- »u th»n haben. Wäre e» nicht unritterlich jetzt mit solchen For derungen hervorzutreten? äußerte der Baron seine Be denken. Versprich e» mir, da» Alle» in meine Hände zu legen, sagte der Graf und reichte dem Freunde seine Rechte, die dieser herzlich drückte, denn e» kam ihm wieder einmal zum Bewußtsein, wie fest und treu Brückenburg zu ihm hielt, den alle Welt für kalt und herzlo» hielt. . Ich muß e» wohl, wenn Du e» wünschest, entgeg nete er deshalb, im eigenen Bewußtsein, daß er dem Grafen selten widerstehen konnte. Nur heut morgen