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Dienstag. Nr. 306 «. Juli 18S2 Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags ä Uhr aus- g«»-bkn. Mrei« für da« Biertel- iahr IThlr; jede «in- zelne Nummer 2 Ngr. Delltschc MgtMtiilt Zeitung. «Wahrhrit »ud Recht, Freiheit oud Scseh!» Zu beziehen durch all« Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die vLpetition in Leipzig lQuerstraße Nr. 8). Bnferttonsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die ZollvereinSconferenzen in Berlin. X Berlin, 4. Juli. In der zu morgen angksetzttn Sitzung der Zoll. vertinSconferenz wird «S entschieden werben, mit welchem Tage die Ver- tagung eintreten soll, indem außer der morgen abzuhaltenden Sitzung aller Wahrscheinlichkeit nach nur noch eine stattfinden wird, in welcher von Preu ßen der Antrag auf Vertagung gestellt werden soll, vorausgesetzt, daß man mit der Besprechung de» noch vorliegenden Materials der Vorlagen fertig werden kann. Diese nächste Sitzung wird jedoch spätestens am 10. Juli stattstndeo und bis dahin ist auch der längste Termin zur Vertagung hin- auSgeschoben. ES sehnen sich innerhalb der Conferenz alle Theil« nach die. srr Vertagung; denn daß die Thätigkeit, wie sie in den Konferenzen statt- gefunden, von keinem der Betheiligten als eine angenehme oder auch nur leibliche betrachtet worden sei, dürfte wol selbst den Befangenen klar ge worden sein. Einige Mitglieder haben schon de» hiesigen Platz verlassen. Auch jetzt noch behaupten die osficiösen Organe, daß Preußen, wenn in nerhalb von drei Wochen nach dem letztgeäußerten Wunsche von Sei ten PreußmS in der Sitzung vom 1. Juli (etwas Anderes als ein Wunsch kann die abgegeben« Form einer Erklärung nicht genannt werden) die Rück- äußerungen der Darmstädter Regierungen nicht erfolgen sollten, dann ein kurzer Präclusivtermin gestellt werden wird. SS ist das wieder die alte Phrase, hinter welcher auch nicht ein Fünkchen Wahrheit oder ein Tropfen ernster Absicht steckt; eS soll die Spannkraft der öffentlichen Meinung damit erhalten werden, die doch bereits vollkommen erlahmt ist. UeberdieS sind in drei Wochen die Ferien der Konferenz längst clngetretcn und dann kann von Stellung etwaiger Anträge füglich nicht mehr die Rede sein. Es ver lautet jedoch ein anderer Plan, den unsere Regierung zur Aussührung bringen will, der wenigstens mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat, wenngleich ich den selben keineswegs verbürgen kann. Die Vertagung wird unzweifelhaft auf un bestimmte Zeit erfolgen und zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen die fernere Einberufung von Seiten Preußens erfoderlich werden; die Absicht der diesseitigen Regierung soll nun dahin gehen, zu jenem Zeitpunkte ein neues Circularschreiben an die sämmtlichen zum neuen Zollvereine gehörigen Staaten (d. h. einschließlich der des Steuervereins) zu erlassen, worin die selben zur Fortführung der Zollconferenzverhandlungen berufen werden. In diesem Circularschreiben soll jedoch ausdrücklich hervorgehoben werden, daß die fernere Theilnahme an den Verhandlungen von der ausdrücklichen An erkennung des Septembervertrages abhgngig sei und daß die Bevollmächtig ten nur dann zugelassen werden könnten, wenn sie mit genauen Jnstruclio- nen versehen seien, auf „bindende und endgültige" Stimmenabgabe zur Re- constituirung des Zollvereins eingehen zu können. Es hat dieser Beschluß mehr für sich, da in d«r Zwischenzeit der Vertagung die Differenzen zwi schen Oesterreich und Preußen einerseits, und auch die Stellung zwischen Oesterreich und den Darmstädter Regierungen andererseits ausgeglichen wer- den sollen. Mit der Ausgleichung dieser beiden Parteien ist dann aber auch gleichzeitig die Differenz zwischen Preußen und der Darmstädter Coalition beseitigt und man wird dann um so mehr Veranlassung haben, jenem Cir cularschreiben Preußens unbedingt Folge zu geben. — Der Allgemeinen Zeitung, die in der Zoüfrage neuerdings einen eigen- thümlichen Ton anschlägt, schreibt «anausBerlin vom 30. Juni: In Krei sen, die unmittelbar an der Sache betheiligt sind, spricht man heute und gestern, unzufrieden mit dem langsamen Sangt der Zollconferenzen oder vielmehr mit der in Aussicht stehenden Erfolglosigkeit derselben, von ent scheidenden Schritten, die man hier thun wolle, um einen festen Anfang zur Neugestaltung der Zollverhältniffe zu erlangen. Diese Schritte sollen in nichts Anderm bestehen als in baldiger Vorlegung der Frage an die Con- ferenz, ob sie dem Vertrage vom 7. Sept, ohne weiteres beizutreten ge- neigt sei oder nicht. Ich bin nicht im Stande, di« Ausführung dieses Planes zu verbürgen, aber schon daß man mit demselben umgeht, schien mir wichtig genug, Ihnen ungesäumt Nachricht davon zu geben. — Bon „gut unterrichteter Seite" wird der Frankfurter Postzeitung „ver bürgt" mitgetheilt, „daß Hr. v. Bismark-Schönhausen allerdings in der Zoll - und Handelsqngelegenheit Anträge seiner Regierung mit nach Wien genommen und, nachdem zwei Conferenzen mit dem Grafen Buol-Schaucn- stein zur Eröffnung von Verhandlungen in dieser Frage nicht führen konn ten, neue Anträge seiner Regierung überreichen wird. Eine baldige Rück kehr des Hrn. v. Bismark-Schönhausen zum Sitze deS Bundestags dürfte deshalb nicht in Aussicht stehen." Frankfurt a. M., 30. Juni. Nach einem nur erst vagen Gerücht würde in kurzem ein Antrag in der Bundesversammlung gestellt werden, mit England in Unterhandlungen einzutreten, welche die Anlegung von Strafkolonien in Australien oder Canada für die Deportation ge wisser Kategorien von Sträflingen aus den deutschen Bundesstaaten zum Zwecke haben würden. Schon vor längerer Zeit war ein solches Projekt bei mehren deutschen Regierungen in Vorschlag gebracht worden. (N. C.) Einem frankfurter Schreiben der Leipziger Zeitung zufolge hat die niederländische Regierung an sämmtliche deutsche Bundesregierungen eine Circularnote erlassen, in welcher ein umfassender Plan dargelegt wird, um den Zug der Auswanderung aus Deutschland in eine neue Bahn, nach den überseeischen Besitzungen der Niederlande, hinzulenken. Die Dor- schläge, welche die niederländische Regierung zu diesem Zwecke macht, stel le», wie man versichere, den Colonisten sehr erhebliche Vortheile in Aussicht. Das Projekt, deutsche Strafkolonien jenseit des Meeres anzulegen, dürfte durch diese Vorschläge eine neue Richtung erhalten und statt Australien oder Canada nun Holländisch-Guiana, die Colonie Surinam, vorgezogen (zur Co lonisation oder Deportation?) werden. Man hoffe, daß die diesfälligen Unter handlungen unverweilt in raschen Gang kommen werden. Dem Vernehmen nach werde die Bundesversammlung dieselben führen. — Auch dem NürnbergerCorrespondenten wird aus Frankfurt a. M. vom 2. Juli geschrieben, daß allen Bundcstagsgesandten bereits ihre In structionen behufs der Schlußabstimmung über das von Oesterreich und Preußen mit Dänemark abgeschlossene Arrangement zugekommen seien und daß allem Vermuthen nach in der BundeStagssitzung am 3. Juli die Umfrage stattfinden werde. Daß die Ratification zu Stande kommen werde, stehe außer Zweifel. Nicht wenige Bundesregierungen haben indes sen, obwol sie ihre Beistimmung erklären, doch zugleich ihr Bedauern dar über kundgegeben, daß man in der Vereinbarung Dänemark zu weit gehende Zugeständnisse gemacht, Manches außer Acht gelassen und verschiedene Sti- pulationen nicht in genügender Weise für Dänemark verbindlich und präcis aufgestellt habe. Namentlich die Mittelstaaten sollen diese Ansicht in be stimmter Fassung kundgegeben haben. Wie ferner verlaute, habe die Re gierung von Koburg-Gotha ihren Gesandten beauftragt, dem mit Däne mark vereinbarten Arrangement nicht zuzustimmen. — Die Preußische Zeitung meldet aus Frankfurt a. M. vom 30. Juli: Wenn die Augsburger. Zeitung meldet, daß die Reorganisation des Bundesarmeecorps nach den Bestimmungen derBundeskriegsverfaffung in den nächsten Wochen zum Beschluß und zur Durchführung gelangen werde, so ist diese Nachricht eine völlig ungegründel«. Der Militärausschuß hat sich bisher mit der Reorganisation des Bundesarmeecorps noch gar nicht beschäftigt. Dagegen schweben allerdings Verhandlungen wegen Erhöhung der von den einzelnen Staaten zu stellenden Contingente. Diese haben jedoch bisher ein Resultat noch nicht geliefert. — Dem NürnbergerCorrespondenten schreibt man auS Frankfurt vom 30. Juni: Um aus den Wirren, in welche unsere Verfassungsange legenheiten durch die Wandlungen der letzten Jahre gerathen sind, end lich herauszukommen, hat sich der Senat veranlaßt gesehen, sich mit dem Ansuchen an die Bundesversammlung zu wenden, daß sie sich darüber aus» sprechen möge, in welchen bestimmten Punkten und in wieweit die Aende- rungen, welche in der Verfassung Frankfurts theils erst beabsichtigt, theilS schon eingeführt sind, den Bundesgesetzen und dem Geiste derselben wieder streitend erscheinen. Dasselbe Ansuchen ist zu dem gleichen Zwecke auch von Seiten des Senats von Hamburg an die Bundesversammlung er gangen. Die betreffenden Eingaben dieser beiden Regierungsbehörden sind bereits dem Bundespräsidium übergeben und dürften schon in der nächsten BundeStagssitzung dem politischen Ausschüsse zur Berichterstattung über wiesen worden. (Unser Hamburger R:-Correspondent hat hereits berichtet, daß von Seilen des Bundestags Monita an den Hamburger Senat ergan gen seien. D. Red.) Berlins 4. Juli. Der politische Ausschuß des Bundestags hat die Berathungen über die, seiner Prüfung überwiesenen beiden Bundespreß- gesetz entwürfe beendigt. Bekanntlich unterscheiden sich diese beiden Ent- würfe wesentlich dadurch, daß der preußische in dem Bundespreßgesetze nur allgemeine Normen feststellen will, während in dem österreichischen Entwürfe ein vollständig ausgearbeitetes, paragraphirteS und detaillirteS Gesetz vor liegt. Der letztere hat in dem politischen Ausschuss« die Majorität erlangt und der bairische Gesandt« ist mit dem Berichte beauftragt worden. — Der König wird heute Abend zwischen 10 und 11 Uhr in Potsdam zurück erwartet. Mit ihm zugleich wird der Ministerpräsident vom Rheine zu rückkehren. Die Königin ist schon heute Abend von Pillnitz in Potsdam wieder eingetroffen. 6 Berlin, -4. Juli. Glaubhaftem Vernehmen nach fährt die östcrreichi- sche Regierung fort, den Plan, in Wien ein großes Waffenarsenal, das bis zur Armirung von 400,000 M. ausreichend erweitert werden soll, hcrznstellcn, in ernsthaften Angriff zu nehmen. Die Ausführung desselben würde wol auch mit einer verstärkten Befestigung Wiens Hand in Hand