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Dresdner Journal : 23.08.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187408239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18740823
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740823
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-08
- Tag 1874-08-23
-
Monat
1874-08
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Journal : 23.08.1874
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W1SS. Somtag, de» N. August. 1874 ^donaemeottprslsr I» >»»,«» ä«ut»ok«u iLUrlivd:. . . . S I'dlr HjLUrliod: 1 Idir. lb LivLvlovllummsru: 1 L«»»»rd»>däs, ssolsvds» ltvivd« tritt ?o«t iiu<> 8t«wp«1»u»odl»s tuvuu. laserstkuprslssr l^ür tjso Kaum einer ^e,p»lt«o«u ?t-6tr«Isi 8 Unter „Uiu^e>«duttl" äi« b rrsedslnoa r IH^lick mit ^ninlddm» äsr 8ovv- uv6 Koiettsxv, ^b»n6» Mr «iso folxsväso Us^-. ZreMerÄMmal. Verantwortlicher Redacteur: Commisfionsrath'I. G. Hartmann in Dresden. 1o,er»ten»»n»dme LAlpiig: F>. Lruneiotetter, 6vmn>i«>iovLr ä«s " Urvmtner ^onrnttlu; ebenätt» : HA«, /-o,» u. L ^>«Aer, S*mdnrz-I«r!i». Mt«-L»tp,tU-L»»»I-Lr«,l»a-rr»L»1Art » N.. et ^e-Airr, I«rUn Vien-Lmodnr^-kr^-l^tpUiA- knmIg- tArt » N >vn<L»o: LsrUn F. /tete-meA«-, /»raiieir^»»^,//. utiLreckt, Lr«««»: L.Lc/tlotte, vr,» I»n: lMre»u; <N»«ouUt»: F> 1 «<At, 7r»L'- sturt » H.: L ^aeArr seke u. F <7. Lrrrmann'ectis SSrUl»^ /nvD Lmmov-r: O. Lc^Eier, k»rt>: Kuttig et' (7o , Alutt^^r,' et Oo., ÜÄeiei »ineencrn - /irerrei«, Vt»n: /tt Oxp,1,t. Uerniistxederr Küuhxl. Ux^eeiitiou cteu Ureutlner ionrnal«, i>reoxieu, Un.r^«rvtl>ensf>„^<> -io. 1. Amtlicher Theil. Verordnung, die Veranstaltung einer Ergänzung-wahl für die I. Kammer der Ständeversammlung betreffend. Nachdem durch das Ableben des Besitzers des Ritter gutes Pnetitz, Earl Sahrer von Sahr, eine der in K 03 bei Nr. l3 der Berfassungsurkunde und § 10 des Wahlgesetzes vom 3. December 1868 bezeichneten Stellen der Oberlausitz in der I. Kammer zur Erledig ung gekommen ist, so haben die Bethriligtm eine neue Wahl zu bewirken. Es wird daher die Vornahme dieser Wahl unter Bezugnahme auf die an den Landesältesten deshalb ergehende besondere Verfügung hiermit ange ordnet. Dresden, am 20. August 1874. Ministerium des Innern, v. Nostitz-Wallwitz. Fw. ? »> > Nichtumtlicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Tagesgeschichte. (Berlin. Posen. Metz. München, c Weimar. Wien. Paris. Bologna. Madrid. London. Kopenhagen. Rio-de-Janeiro.) Dresdner Nachrichten. Provinzial-Rachrichten. (Leipzig. Grimma. Crim mitschau. Annaberg.) Vermischte-. Statistik und BolkSwirthschaft. Sächsische Bäder. EinaesandteS. Feuilleton. TageSkalender. Inserate. Beilage. Telegraphische Witterungsberichte. Börsennachrichten. Inserate. Teltyraphilche Nachrichten. Wien, Sonnabend, 22. August. (Tel.d.Dresdn. Journ.) Die Entscheidung deS russischen CabinetS über die Anerkennung der spanischen Regierung ist eingetroffen. Neber den Inhalt dieser Ent- schcidung verlautet, daß sich Rußland vorläufig noch nicht zur Anerkennung der Madrider Regie rung entschlossen habe. Paris, Freitag, 21. August, Abends. (Tel. d. Dresdn. Journ.) König Ludwig von Bayern ist heute Abend 8 Uhr im strengsten Jncognito unter dem Namen eines Grafen Berg über Straßburg hierselbst eingetroffen und von dem deutschen Bot schafter, Fürsten Hohenlohe, empfangen worden. Se. Majestät nahm sein Absteigequartier im deut- scheu Bvtschaftöhotel und wird hier einen 8tägigen Aufenthalt nehmen, welcher lediglich künstlerischen Zwecken gewidmet ist. (Vergl. die „Tagesgeschichte" unter München.) Brüssel, Freitag, 21. August, AbendS. (W. T. B.) Der Conseilsprüfident, Minister ohne Portefeuille, Graf de Thrux de Meylandt, ist heute Morgen gestorben. Madrid, Freitag, 21. August, Nachmittag-. (W. T. B I Der „Iberia" zufolge hat Serrano gestern die Creditive für den spanischen Gesandten in Pari- unterzeichnet. Der Carlistenführer Tristany hat gestern die feste Stadt Puyrerda (Catalonien) zur Uebergabe aufgefordrrt und heute mit der Beschießung der selben begonnen. Tagesgeschichte. * Berlin, 21. August. Ihre Majestäten der Kai ser und die Kaiserin haben gestern in Schloß Ba belsberg den Botschafter der Pforte, Aristarchi Bey, zur Entgegennahme eines von ihm überbrachten Portraits des Sultans empfangen. — An Stelle des zum Bri gadier avancirten Flügeladjutanten Obersten v. Hymmen ist Se. königl. Hoheit Prinz Wilhelm von Württem berg mit der Führung des Gardehusarrnregiments, un ter Stellung ä I» »nitv desselben, beauftragt worden.— Die „Nat.-Ztg." schreibt: „Wie vorauszusehen war, lehnt Fürst Bismarck jede Theilhabrrfchaft an dem Aufsehen erregenden Artikel der „Nordd. AUg. Ztg." über die Freisprechung des Capitäns Werner ab. Wie sich herausstellt, ist in der Angelegenheit auch noch insofern stark geflunkert worden, als die erwähnte kaiserliche Ordre, welche angeblich das Verfahren des Capitäns Werner gemißbilligt haben soll, gar nicht an diesen, son dern an die kaiserliche Admiralität gerichtet worden ist. Eapitän Werner steht also auch in den Augen des Kaisers als schuldlos da. Um so deutlicher freilich liegt der Widerspruch der beiden Ressorts des auswärtigen Am tes und der Admiralität des Reichs zu Tage." (Die „ N.A. Z." hatte in ihrer Kritik des kriegsgerichtlichen Urtheils von „Lücken unsers militärischen Gewohnheitsrechts zur See" und von einem „Abhilfebedürfnisse" gesprochen, da das auswärtige Amt, obgleich es „officiell" den „Wunsch" kundgegeden, „in dem Verfahren gegen Capitän Werner in der Qualität eines Zeugen informatorisch vernommen zu werden", es in einem „eminent politischen Falle nicht vermochte und nach den bestehenden Vorschriften nicht durchzusetzen vermochte", sich „zu den Acten zu erklären.") Die „Spen. Ztg." bestätigt, daß die kaiserliche Ordre, welche nach der „Nordd. Aüg. Ztg." neben der Bestä tigung des frrisprechenden Urtheils das Verhallen des Seemanns gemißbilligt habe, nicht an diesen selbst, son dern an die Admiralität gerichtet worden, und fügt hinzu: „ Das ändert die Sache sehr zu Gunsten Wernetts. Ueder die Frage der Reichstagseröffnung sind in den letzten Tagen widersprechende Nachrichten verbreitet worden. Selbstverständlich, sagt die „Nat.-Ztg.", könne ja selbst von einer Entscheidung noch gar nicht die Rede sein, sie höre aber mit Bestimmtheit, daß nach wie vor dir zweite Hälfte des October in Aussicht genommen sei. Dieser Annahme stehe der Umstand zur Seite, daß Fürst Bismarck habe melden lassen, er gedenke gegen den 20. October, noch vor Beginn des Reichs tages wieder in Berlin einzutreffen. — Zur Ein führung der Reichsmarlrechnung schreibt die „D. R.-C.": Nachdem durch das neue Münzgesetz es dem Ermessen der einzelnen Staaten anheimgestelll wor den ist, die Einführung desselben schon, wenn es thun- lich, zum 1. Januar 187» erfolgen zu lassen, ist in neuerer Zeit diesen Intentionen des Gesetzes von einer sehr großen Zahl von Regierungen entsprochen worden. Außerdem sind aber von denjenigen Regierungen, welche noch nicht durch definitive Erlasse für die Jnkrasttretung dieses Gesetzes zu dem genannten Termine bisher Sorge getragen haben, derartige bindende Erklärungen hier tingetroffen, daß schon jetzt mit Bestimmtheit angenom men werden kann, daß die angestrebte Münzeinheit in dem gesammten Territorium des deutschen Reichs mit dem 1. Januar des nächsten Jahres zur Wahrhell wer den wird. Es sind infolge dessen innerhalb des Bun desraths bereits diejenigen Schritte in Aussicht genom ¬ men, welche nach den Bestimmungen dieses Gesetzes er forderlich sind. Der Bundesrath wird sich mit dieser Angelegenheit schon bald nach seinem Zusammentritt, der voraussichtlich in den ersten acht Tagen des Monats September erfolgen wird, zu befassen haben. — Die pharmaceutische Enqustecommission ist am vo rigen Dienstag durch den Director des Reichskanzleramtes Geh. Rath Eck, der sie auch eröffnet hatte, geschlossen worden, nachdem die Protokolle festgrstellt waren,, Die Auslassungen der einzelnen Mitglieder sind stenographisch ausgezeichnet worden und sollen gedruckt den Mitgliedern rugestellt werden. Das Prüfungsreglement, welches die Dubcommission der Enquste vorgelegt hat (es ist im Wesentlichen das preußische, nur mit einigen Modifica- tionen), wnrde von letzterer vn lllvr angenommen. Auch wird von kundiger Seite versichert, daß die Concessions- bedingungen mehrfach modificirt worden seien. Hosen, 19. August. Die hiesige königl. Regierung hat neuerdings 19 katholischen Geistlichen, welche sämmtlich die den Staatsgesetzen Hohn sprechende Er- gebenhritsadresse an das hiesige Domcapitel unterzeichnet haben, die Localschulinspection abgenommen und, wie der „Osts. Ztg." von hier geschrieben wird, dieselbe weltlichen Schulmännern übertragen. Wie man hört, soll dieselbe Maßregel gegen alle geistlichen Schul- mspectoren, welche durch Unterzeichnung der genannten Adresse ihre staatsfeindliche Gesinnung kundgegeben haben, in Anwendung gebracht werden. Metz, 19. August. Ueber die Physiognomie des Kriegsschauplatzes schreibt man der „))t.A.Z.": Wie seit dem letzten Kriege, so waren auch dieses Jahr an den Gedächtnißtagen der bei Vietz stattgehabten Schlachten die betreffenden Schlachtfelder zahlreich be sucht. Auf letzteren trifft man gegenwärtig nur noch wenige Spuren des Kaucpfes. Die abgebrannten Ge bäude sind fast ausnahmelos wieder aus der Asche er standen und die umgehauenen Obst- und Alleebäume durch Neupftanzungen ersetzt. Auf jedem der Masfen- und Einzelgräber, welche an einzelnen Stellen, z. B. unweit der bekannten Schlucht, so zahlreich sind, daß sie der Gegend das Aussehen eines riesigen Kirchhofs geben, ist ein massives, weiß angestrichenes Kreuz an gebracht, welches außer den Worten: „Hier ruhen am 18. August gefallene Krieger" und dem Bildniß des eisernen Kreuzes noch eine fortlaufende Nummer trägt, mit Hilfe welcher sich der Inhalt des betreffenden Gra des feststellen läßt. Im Laufe des Jahres 1872 wur den nämlich sämmtliche Gräber tiefer gelegt, sowie die an feuchten oder sonst ungünstigen Plätzen beerdigten Leichen an bessere Orte verlegt. Bei dieser Gelegenheit nahm man eine Urkunde aus, in welcher, so weit es möglich war, der Inhalt eines jeden Grabes ausgezeichnet wurde. Die Grabhügel wurden auch bei Einzelgräbenr in solchen Größenverhällnissen und so dauerhaft ange legt, daß die Änstüsse der Zell ihnen auf eine Reihe von Jahren hinaus nichts anhaden können. Noch fügen wir bei, daß auf vielen Gräbern Bäume, meist Eichen, gepflanzt wurden. München, 21. August. Eine von heute Nachmittag datirte Depesche von „W. T. B." meldet: Der König ist gestern Abend hier eingetroffen, um dem Kaiser von Oesterreich, welcher eben erst von Possenhofen hierher zurückgekehrt war, einen Besuch abzustatten, und hat sich heute Morgen wieder nach Schloß Berg begeben. Da gegen geht der „Allg. Ztg." nachstehende Privatdepesche zu: Se. Majestät der König hat gestern Nacht 11 Uhr in Pasing den Courierzug nach Augsburg bestiegen und die Reise nach Stuttgart rc. fortgesetzt. P- Weimar, 21. August. Seiten der großherzogl. Staatsregierung, Departement des Innern, ist eine Verordnung, betr. Versammlungen zu politi schen Zwecken, erlassen worden, welche um so zeit gemäßer genannt werden kann, als seit Aufhebung des Bundesbeschlusscs vom 13. Juli 1854 über das Vereins wesen, die im Jahre 1868 erfolgte, das Vereins- und Versammlungswesen einer Regelung entbehrte, deren Nichtvorhandensein mehrfach in letzter Zeit schmerzlich empfunden worden ist. Die nunmehr publicirte Ver ordnung, welche, da das Vereinswesen selbst der Com- petenz des Reiches überwiesen ist, sich nur mit der po lizeilichen Regelung der Versammlungen beschäftigt, setzt kraft des den Polizeibehörden innerhalb ihrer verfassungs mäßigen Zuständigkeit gesetzlich verliehenen Strafandro- hungsrechtrs fest, daß öffentliche Versammlungen zu po litischen Zwecken und Versammlungen von Vereinen zu solchen Zwecken, auch wenn der Verein seinen Sitz außerhalb des Großherzogthums hat, oder Versammlun gen von Delegirten von Vereinen bei der Ortspolizei- behörde 12 Stunden vor der Abhaltung anzumelden sind. Die Polizeibehörde ist befugt, sich m diesen Ver sammlungen vertreten zu lassen, dieselben aufzulösen und die Anwesenden zur sofortigen Entfernung aufzufordern. Störungen der augemeldeten Versammlungen hat die Polizei, wenn der Vorsitzende dies nicht vermag, zu rügen und zu verhindern, auch ist sie befugt, die Störer herauszuweisen und die Freiheit des Versammlungsrech- tes durch geeignete Maßregeln zu schützen. Zuwider handlungen gegen diese Anordnungen werden entweder mit Geld bis zu 150 Reichsmark, oder mit Haft bis zu 6 Wochen bestraft. * Wien, 21. August. Bekamlllich hat der Handels minister vi. Banhans 'in jüngster Zeit die Verwen dung von Frauen im Postdienste gestattet, nachdem im Staatstelegraphendienste mit der schon früher begon nenen Zulassung von Telegraphistinnen vollkommen be friedigende Erfolge erzielt wurden. Wie die „W. Z." heute in ihrem nichtamtlichen Theile berichtet, soll nun mehr auch an die Frage der Verwendung von Frauen im Eisenbahnbetriebsdienste gegangen werden, indem der Handelsminister die Generaltnspection der österreichischen Eisenbahnen aufgefordert hat, diese Frage mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des gedachten Dienstes in Oesterreich in Erwägung zu ziehen und eventuell Anträge über die 'Normen zu erstatten, welche den öster reichischen Bahnverwaltungcn in dieser Richtung vorzu zeichnen wären. r»? Pari-, 20. August. In Saint-Ma.lv hat die Anwesenhell Mac Mahon's doch zu einem uner warteten Auftritt geführt. Nach eiuer Revue über die Truppen empfing der Marschall die Behörden. Der Präsident des Handelstribunals, HovinS, hielt eine An rede, worin er sagte, daß die allgemeine Stagnation des Geschäftes blvs der mangelnden Dauerhaftigkeit der politischen Einrichtungen und dem Mangel an einer be stimmten, definitiven Regierung zuzuschreiben sei. Der Marschallpräsident antwortete, der Redner täusche sich. Es existier in Frankreich eine bestimmt de- finirte Regierung, die seimge nämlich. Die Re gierung sei entschlossen, noch 6^ Jahre die Ordnung aufrecht zu halten. Was die Stockung der Geschäfte angrhe, so leiden auch die benachbarten Länder, wie England und Deutschland, unter derselben. Ob man von diesen sagen könne, daß sie keine definitiven Regie rungen haben? Man fragt sich, was Mac Mahon veranlassen konnte, so ungnädig auf die Rede des Han- delsgerichtspräsidenten von Samt-Malo zu antworten. Die Anrede desselben soll überdies keineswegs einen ver letzenden Charakter gehabt haben; vielmehr wiederholte er nur, wie es scheint, was schon im letzten Winter bei Mac Mahon's Besuch im pariser Handelsgericht der Präsident desselben, Herr Daguin, und was erst vor ein paar Tagen in Vians der Vertreter des General raths, Herr Lemonnier, dem Präsidenten der Republik gesagt hatten. Diesen beiden Rednern antwortete Mac Mahon mit einem Danke, und wie man sich erinnert, gab er Herrn Daguin ausdrücklich Recht, indem er hin zufügte, daß die Organisirung seiner Gewalt dringend erforderlich sei. Diese Organisirung läßt aber noch heute auf sich warten. Vermuthlich hat der unglückliche Hovins auch nichts Anderes sagen wollen, als daß eine Befesti gung des Septennats dem Lande erwünscht wäre; ver muthlich beabsichtigte er, dem Staatsoberhaupte damit etwas Angenehmes zu sagen, und er mag sich nicht wenig gewundert haben, als ihm das allerhöchste Donner- Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Refidenztheater. Fleißig einstudirt und bei einem für diese Jahreszeit befriedigenden Theaterbesuch wurden am 21. August zwei Novitäten gegeben: „ Becker's Geschichte", ein Liederspiel von Jacobson mit Conradi'scher Musik und „Castor undPollux", ein Schwank nach dem Französischen von Poly Henrion. Indessen läßt sich leider von beiden Piecen keine Bereicherung jenes Repertoires verzeichnen, das eine lebendige Zugkraft auf das Publicum auszuüben ver mag. Der letztgenannte Verfasser hat in andern Leistun gen sein Talent für die leichtgeschürzte Situationskomik glücklicher ausgebeutet und eine natürliche Zeichnung nach dem Leben besser inne gehalten. Hier machte sich bei der Ausführung der harmlosen Grundidee ein ge wisser Zwang geltend, der wie immer den Darstellern eine erheiternde Wirkung erschwert. Diese wurde der Pattie des Doctor Moll zugetheilt, gespielt von Herrn Patow, dem es mißlang, das ein wenig scherzhafte und in seinem Humor nicht neue Bewegungselement dieser Figur ungequält zur Geltung zu bringen. Am besten stellte Herr Temme den alten Gärtner Jacob dar. Das Jacodson'sche Liederspiel ist in der armseligen Erfindung so gesucht, wie sein Titel, und seine Vor stellung hält sich bei allem Fleiß nur über dem Wasser durch die überraschend frugalen Anforderungen, welche das Publicum des Residenztheaters an musikalische und gesangliche Leistungen stellt. Aber wie ein übergesun der, alles Dargebotene willig verdauender Magen für den Koch zwar sehr angenehm ist, jedoch die Kochkunst schwerlich hebt, so bietet auch das gutmüthige Ohr zwar den Vortragenden große Bequemlichkeit, hält aber dem Geschmack eines Kunstinstituts keine aufwärts steigende Richtschnur vor. Die intelligente, strebsame Dirrction dieser Bühne hat alle Ursache, sich in dieser Beziehung von ihren Besuchenr etwas gewähltere musikalische An sprüche zu wünschen, die sich vottheilhafter von denen unterscheiden, die beim Alles nivellirenden Glase Bier im Victoriasalon erhoben werden. Das kleine Lustspiel von Schweitzer: „Cousin Emil" wurde von Fräul. Bensberg und den Herren Bauer und Karl im leichten Ton und mit natürlicher Frische gespielt. O. B. Ein Ball beim Prinzen v. Wales. Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen nachträglich von einem Feste erzähle, das durch seine glänzende Eigen- thümlichkeit wohl einen schildernden Rückblick recht- fertigt. Es ist nun zwölf Jahre her, daß die Königin von England dir Wittwenhaube trägt, die bei ihr mehr als das in diesem Lande übliche äußere Zeichen bedeutet. Von Jahr zu Jahr hoffte das Volk, schwarzer cra^o werde endlich verschwinden und wieder einem könig lichen Schmuck Platz machen. Gewerbtreibende pflegten mit Neid auf das französssche Kaiserreich zu blicken, in dessen Pracht und Luxus sie nicht das Eitelkeitstreiben einer verweichlichten Nation, sondern dir würdigt Re- »räsentatton einrs großen Volkes sahen. Es wurde ge- pöttelt und geklagt; der Hof zog sich immer mehr in eine innersten Gemächer zurück. Mitten in der Saison reiste Ihre Majestät plötzlich nach dem geliebten Schott land, wo sie im weit entlegenen Norden Remtniscenzen feierte und nur dann und wann durch einen Minister- rath an die Gegenwatt erinnert wurde. Ein solcher Ministerrath war das Entsetzen Aller, dir daran Theil nehmen mußten, alte Männer, w^e unsere Minister meistens sind, hatten sie eine Reise zu unternehmen, wie es leicht keine unbequemere giebt, — erst lange Eisen bahnfahrten, dann im Wagen über Stock und Stein bis aufs wildromantische nördliche Schloß. Bei der Tour, zu der sich einstmals Alles drängte, vermißte man selbst die Habituüs; die Damen wollten sich auch den populärsten Prinzessinnen nicht vorstellen lassen, wer konnte der loyalsten aller Aristokratien ihre Königin er setzen? Vian harrte der Zeit, wo England wieder einen Hof haben würde, nicht nur dem 'Namen nach, sondern in der That. Hoffnungsvoll richteten sich alle Augen auf das krouprinzliche Paar, das auch wirklich die Absicht zu haben scheint, allen Erwartungen zu entsprechen und eine neue Aera einzuweihen. Diese Saison war ganz besonders brillant, und so Manches traf zusammen, dies herbrizuführen. Der zweite Sohn der Königin führte seine Braut heim und sein hoher Schwiegervater, der Beherrscher aller Reußen, hat uns einen Besuch gemacht. Darauf fingen wir an, die Hände in den Schooß zu legen und uns auszuruhen — die beiden Opernhäuser wann geschlossen, das französische Theater, von der Censur, die sich in England nur auf die Moral erstreckt, zu Tode chicanitt, ward bankrott, die meisten Theater feierten — London war müde, sehr müde, und wir sehnten uns nach Landluft, nach Seeluft, nach irgend welcher Luft. Da aber rief der Prinz v. Wales noch einmal Halt! Er hat nach dem brillanten Feuerwette der Saison noch für das Bouquet gesorgt, wenigstens für die Großen seines zukünftigen Reiches. Ein glänzender Hal costuinä sollte Alles beschließen und auch Alles übertreffen, was London derartiges je gesehen. Schon vor Monaten hatte der Prinz einen theilwrise aus Künstlern bestehen den ComitS gebildet, bei dem er selbst die Leitung über nahm. Und endlich versammelten sich die 6000 Gäste im Marlborough-House, des Prinzen Residenzschloß, das sich schon seit Wochen in den Händen von Schaaren von allerlei Arbeitern befand, die auch das Ihrige zum bevorstehenden Feenmärchen beitragen mußten. In drei Sälen wurde getanzt und 6 Quadrillen sollten aufgeführt werden. Um 'LH Uhr war die von Diamanten strahlende Menge im mittelsten Ballsaal ver sammelt und harrte gespannt des Augenblicks wo sich die Flügelthüren öffnen und die hohen Paare eintreten sollten um sich zur ersten, zur venetianischen Quadrille aufzusteUen. Endlich spielte das ungarische Qrchester die Polonaise, der Zug fetzte sich in Bewegung, voran Lord Colville, als Kammerherr aus der Zett Elisabeth's gekleidet, den weißen Stab in der Hand und von sechs Mann Garde in goldgeschnütten Röcken und mit gepu dertem Haar, wie Anno 1745, gefolgt. Dann kamen die beiden ältesten Söhne des Prinzen v. Wales als Pagen in weißem Atlas und Gold, nach Bilden! in der Nationalgalerie costumitt. Endlich am Arm des Marquis v. Harrington erschien die reizende Prinzessin v. Wales, die Anführerin der italienischen Quadrille. 'Nach heutiger Mode sind die Toiletten der Damen mit ihren Calabreserhüten sehr malerisch, dagegen die Anzüge der Männer unserer Zeit höchst geschmacklos; deshalb fiel auch der Gewinn bei letzteren, gleichviel ob mit der Pracht der altitalienischen Mode gekleidet oder mit der Herrlichkeit der Stuatt's und Georg's, bedeutend mehr ins Auge. Das venetianische Costum der Prinzessin war aus kirschrothem Sammet und blauem Atlas zusammengesetzt und fast ganz mit orientalischen Perlen bestickt — das engan schließende schwarze Sammthäubchen strahlte im Glanze der wunderbarsten Juwelen. Vis - ö - vis tanzte mit Lord Dunmore die Herzogin v. Teck in Weiß und Gold und
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