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rvttrrwoqs, ». i8vv. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Arabisch. Druck uud vigtllthmn d«r Herau-grb«: ^ikpflh El Reith lNtdß — verantwortlich« Redacteur: AltliUS Reichllrd!- vtertrljlhrüch LOStgr- bei mltutgeldttch«LÜ» jeruug tu'« Hau«. Durch die «Soigl-Pofl virrteltiihrlich « «-U Siujel-n« Nuackwr» 1 Ngc. Inseratenpreise: Für den Raum rin« gespaltenen Zeilr: 1 Rgr. Unter „Sing« saudt" die Zeilr L Vegr. DreSdr». den 5. Januar. — Sr. Maj. der König hat dein Leibwagcnhalter Johann Beckert die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Silber ver liehen und den zeitherigen Adjutanten Sr. königl. Hoheit des Prinzen Georg, Obersten v. d. A. Wilhelm Rudolph Woldemar von Thielau-Rüssing zum Obcrstallmeister ernannt. — Se. Maj. der König empfing am l. d, eine aus der Milte beider städtischen Eollegien abgesandte Deputation und nahm die von derselben beim Jahreswechsel ausgesprochenen Glückwünsche der Stadt Dresden huldvoll entgegen. Die De putation bestand außer den Vorständen der beiden Kollegien, Herrn Oberbürgermeister Pfotenhaucr und Hofrath Ackermann, aus den Herren Stadtrüthen Gehe und Nülke und den Herren Stadtverordneten Adv. Kretzschmar und Vierling. — Wie der D. A. Z. von hier geschrieben wird, ist der sächsische Gesandte am französischen Hofe, wirklicher Geheimrath v. Seebach, in den Grafenstand erhoben morden. — Das Ministerium des Innern macht bekannt, daß Privatpersonen als zum Gebrauche von Stadtivappen, ohne Ge nehmigung der betreffenden Ctadträthe, berechtigt nicht man schen sind. —«!?. Wie alle Jahre so murde auch Heuer das neue Jahr in besonders feierlicher Weise an der Kreuzkirche angetre ten, uw unter Anwesenheit eines zahlreichen Publikums, das mit dem ersten Glockenschlag Zwölf dem beginnenden Jahre freudig entgegenjubelte, aus den Etagen der Kreuzschule herab herrlicher Gesang in die kalte NeujahrSnacht hinaus ertönte. Unser Kreuzchor brachte in bekannter wackerer Weise zwei Vio letten und zwei Choräle zur Aufführung, was in der feierlichen Stunde, welche noch durch das Geläute der Glocken und das Donnern der Kanonen geweiht war, einen erhebenden Eindruck zu üben nicht verfehlte. — Ayi Morgen des Neujahrstages führte das Jägermusikchor die Rcveille auf. — In Bezug auf die (auch in unser Blatt übergegangene) von der Leipziger Abendpost gebrachte und bereits anderweit dementirte Nachricht, daß der Großherzog von Toscana seine am hiesigen königlichen Hofe weilende Tochter, die Erzherzogin Antoinette, von ihren Großeltern zurückgesordert habe, wird der Mitteldeutschen Voltszeitung aus Dresden geschrieben: Es ist uns nicht aufgefallen, daß Ihre den konservativen Interessen zu Dienste stehende' Leipziger Abendpost aus Unmuth über die Anerkennung Italiens Seitens der sächsischen Negierung einen gar stürmischen Anlauf gegen den Herrn Minister von Beust nahm, der ja dadurch, sowie auch in der schleSivig-holstcinischen Frage alle Sympathien in der Hofburg zu Wien verscherzt hat und wovon die treue Dienerin der österreichischen Politik, die Abendpost, pflichtgemäß Act nehmen mußte. Wenn nun auch dieses österreichische Blatt, welches in einer Handelsstadt er scheint, bis jetzt keine Worte gesundem hat für die großen Vor theile des Handelsvertrages mit Italien für unsere industriellen und commerciellcn Verhältnisse, so muß es doch den Entschluß des Königs mit preisen, daß er, trotz allen Sympathien für die entthronten italienischen Fürsten, die Volksintercssen höher stellt und das Königreich Italien anerkennt. Daß nun in Folge dessen aller diplomatische Verkehr mit dem Exkönig von Neapel aufhören muß, versteht sich ja von selbst und der Diensteifer der Abendpost braucht das uns nicht erst zu erzählen. Nie und nimmer schenken wir aber der Hiobspost Glauben, daß deshalb die nahe Verwandtschaft und intime Beziehung des Großhcrzogs von Toscana zu unserem Königshausc alle Rück sichten dadurch aus dem Auge setzen würden, die dem König und der Königin so lieb gewordene Erzherzogin Antoinette, die seit dem Tode der Mutter an unserem Hofe erzogen wurde, zurückzufordem, und zwar deshalb, weil Sachsen Italien aner kennen will, was doch factisch besteht und dessen Nichtanerken nung Seitens Sachsens doch dem Großherzog von Toscana durchaus keinen Nutzen bringen kann. Daß diese Nachricht zuerst die Aben»post bringt, ist ein sicherer Beweis, daß sie aus dem Lager stammt, dessen Interessen jenes Blatt vertreten muß und daß es selbst in Hofkreisen noch Leute giebt, deren An schauungsweise sich den veränderten Verhältnissen und Forder ungen der Zeit nicht fügen wollen und die selbst in dieser Be fangenheit alle Rücksichten vergessen, die sie ihren Beziehungen schuldig sind. Wo die Leidenschaft herrscht, da hört jedes höhere Zlnstandsgefühl aus und klammert sich noch an jeden Schein von Hoffnung, die bessere Einsicht durch Cabalc zu verdrängen sucht, anstatt sich in das Unvermeidliche zu fügen. Welcher Hoftrompeter auch in das Abcndposthorn geblasen und Allarm geschlagen, es hilft Alles nichts, man muß sich in die Zeit fü gen, dre nicht mehr die des Bangcmachens ist, wo Kunstgriffe der Neaction, Gespenster heraufzubcschwören, nichts mehr nützen, wo eö im höchsten Interesse deS Thrones und des Volkes liegt, zu, rechten Zeit die Initiative zu ergreifen, das kostbarste Vor recht der Krone, das jeder Monarch vor allen seinen Mitmen schen voraus hat, daß, wo er- das Gute will, sich die Wege von selber ebnen, die, von einer Seite zu verlegen, ein Beweis der Engherzigkeit wäre, die nichts lernen und vergessen will und nicht begreift, daß in der innigen Vereinigung des Volks mit seinem Regenten, durch zeitgemäße Staatseinrichtungen, und nicht in unkluger Stabilität, die den Forderungen der Zeit keine Rechnung tragen will, das Glück der Völker und der Regenten liegt. Je mehr das geistige Leben eines Volkes er wacht und die sich bildende öffentliche Meinung erstarkt, desto klüger muß der Egoismus denken lernen und die alten Marot ten abstreifen, die nicht mehr dem Geist der Zeit, den verän derten Bedürfnissen und erhöhten Ansprüchen des Volkes ent sprechen, dessen Interessen über denen einzelner Personen stehen, die edle Regungen des Herzens zu ersticken suchen und nicht begreifen, daß Dynastien ihre frische Kraft aus jedem Proeeß schöpfen, der den Volkskörper verjüngt, damit die Stämme nicht altern und die Wurzeln verwelken, wie Ihnen ja das Beispiel der Bourbonen in Frankreich, Spanien und Italien den deut lichsten Beweis geliefert hat. Daher rufen wir den bange- machemvollendcn Allarmisten das Sprichwort Talleyrand's zu: „Vor Allem nur nicht zu großen Eifer." Furcht und Schwäche lehren lügen. — 8. Die Vorstellungen im Eleventheatcr sind jetzt fast regelmäßig stark besucht und die Darstellenden haben unter der Leitung ihrer Lehrerin, der Frau Director Nesmüller, in kurzer Zeit wesentliche Fortschritte gemacht. Tie anfängliche Aengst- lichkeit hat einer gewissen selbstbewußten Sicherheit Platz ge macht, die ihren guten Eindruck auf den Zuschauer nicht ver fehlt. Eine durchgängig'recht gelungene Vorstellung war die am k. Januar, wo man außer einem Prolog, Neujahrsgruß von Zschaler. drei Stücke: „Das verlorene Kind", „Fehlgc- schöfsen" und „Der lustige Matrose" zur Ausführung brachte, vorzüglich ward im crsteren die Kinderrolle zur trefflichen Wir kung gebracht, während auch die Darsteller der übrigen Rollen sich mit Ernst und Eifer ihrer Aufgabe widmeten. Die steiri schen Arrangements und Ausstattung sind elegant und zweck entsprechend. — DaS Sächsische Wochenblatt vom 20. Deeembcr be richtet: „Im vorigen Monat ist in einem Dorfe bei Markran städt der Fall vorgekommen, daß eine Anzahl Kühe nach einer zur Vertilgung des Ungeziefers angewendeten Abwaschung mit Tabaksbeize erkrankt, auch drei davon umgestanden sind. Durch die in Folge dessen vorgenommene bezirksärztliche Section hat sich ergeben, daß der Tod als Folge einer durch die Abwasch ung nnt der Tabaksbeize herbeigesührten "Nikotinvergiftung ein getreten ist." Das Schlittschuhlaufen hat seit einigen Jahren in Dresden unter allen Ständen viele Verehrer gefunden, nicht blos weil dasselbe wirklich ein hohes Vergnügen gewährt, son dern weil es auch der Gesundheit höchst zuträglich ist. Es ist daher das allgemeine Bedauern begründet, daß wir hierorts zu wenig Eisdecken besitzen, auf welchen die Verehrer der Winter- Gymnastik sich tummeln können. Die Gelegenheit im großen Garten liegt etwas fern und hier wie auf dem Zwingerteiche wird cs bald dahin kommen, daß nur reiche Familien daselbst fahren können. In vielfacher Beziehung sollte man daher daran denken, in welcher Weise einige Plätze für Schlittschuhläufer hergestellt werden könnten. Gelegenheit dazu dürste sich finden längst der Kaitzbach, die mit wenig Kosten und geringer Mühe nach der einen oder anderen Seite aus eine Wiese abgelaffen werden könnte. Daß ein derartiges Unternehmen ausführbar und zugleich lucrativ sei, beweist das Streben des thätigen Herrn Rietz aus der großen Oberseergasse, welcher seit einigen Jahren nicht ohne Erfolg und ohne Gewinn in seinem Garten eine Schlittschuhbahn herstellt. Die Spekulation, derartige Tum melplätze zu errichten, dürfte als nicht verfehlt erscheine». Wir machen daher Gartenbesitzer darauf aufmerksam, sich selbst einen reichen Nahrunaszweig zu verschaffen und dem Publikum eine Gelegenheit, sich ohne große Opfer von Geld und Zeit aus dem Eise bewegen zu können. Die Dresdner "Nachrichten werden gewiß sehr gern ein derartiges Unternehmen veröffentlichen. — Die lctztvcrgangene Neujahrsnacht gestaltete sich in Leipzig zu einer der unruhigsten, wie man sie seit langer Zeit nicht erlebt hat. Der Tumult und das Schreien der von Bier und Wein erhitzten Köpfe währte von Mitternacht bis früh um 8 Uhr. Die „Leipziger Nachrichten" schreiben, daß der "Nasch- markt, wohin man öfters die streitenden Parteien geführt, mehr mals polizeilich geräumt werden mußte. Die hervorragendste Schlägerei entstand in der Universitätsstraße, wobei ein Student von einem Lithograph aus Dresden mittelst eines schweren EtockknopfeS einen Schlag auf die Stirne empfing, daß er so fort zusammenbrach. Es wurde dabei der Stirnknochen schwer verwundet, und es soll Gefahr für das Leben des Unglücklichen vorhanden sein. — In den letztvergangenen Tagen sind auf zwei Straßen hiesiger Stadt, der Großcnhainer und der Earolinenstraße, zu drei verschiedenen Rialen Fenster eingcworsen worden. Man glaubt, daß dem Frevel lediglich Muthwillen zu Grunde liegt uns sucht die bisher unbekannten Thäter in Schulknaben, die sich zum Zielpunkt ihrer Steimvürfe Fensterscheiben auserseherr haben. Zum Glück ist in keinem Falle ein weiterer Schaden, außer der Zenrümmerung der Glasscheiben, herbeigeführt wor den, insbesondere leine Beschädigung des einen oder anderen Lvgisbemohners vorgekommcn. — Tie Berliner Schantmamsell, die hier als Baronin von Zeuner ausgetreten, wird sammt ihrem Begleiter', dem vormali gen lonigl. preußischen Leutnant im Ziethen-Husarenregiment Nr. 3, Earl Wackerow aus Kriegnitz, Kreis Lüben, wegen der hier verübten Betrügereien vom hiesigen k. Bezirksgericht nun mehr mittelst öffentlichen Steckbriefs verfolgt, und, da ihr Auf enthaltsort unbekannt ist, im Betretungsfalle ihre Verhaftung beantragt. — Tie Zahl der in diesem Winter abzuhaltenden öffent lichen Maskenbälle wird die Tonhalle aur 14. Januar eröffnen, dann folgt am 2. Februar ein öffentlicher Maskenball auf der „güldnen Aue" früher Stückgießers genannt, diesem schließt sich am 6. Februar ein CubscripticmS-Maskenball auf dem Lincke- scheu Bade an. — Vorgestern Abend hat in einem Logis auf der Falken straße ein Schadenfeuer staitgesundcn. Der Bewohner desselben hat vor seinem Weggang die brennende Petroleumlampe nicht ganz auSgclöscht gehabt, sondern den Docht nur ein wenig ein gedreht. Dadurch ist es gekommen, daß die Lampe gesprungen, ihr Inhalt in Brand gcrathen und das Feuer die Kiste ergriffen hat, auf der die Lampe gestanden hat. Es sind mehrere darin befindliche Bücher, nebenbei ein Holzkorb in Brand gcrathen, auch die Dielen beschädigt worden. Das Feuer wurde alsbald nach seiner Entdeckung gelöscht. Der Schaden soll nicht un bedeutend sein. — Während der Tanzvergnügen, die in den vergangenen Abenden stattgesunden und die die betreffenden Säle mehr als überfüllt hatten, sind verschiedene Kleidungsstücke, insbesondere Ueberröcke, gestohlen worden, die die Besucher der Locale, an statt sie in den Garderoben in Aufbewahrung zu geben, an sich behalten und während des Tanzes einmal abgelegt hatten. — In einer Zeit, wo die Natur uns den Schmuck der Blumen versagt und die Kunst sich bestrebt, einen Ersatz zu finden, ist eS nicht uninteressant, einem Manne zu begegnen, der sich auf diesem Felde als inventiöser Künstler zeigt. ES ist dies Herr C. de Franqucmont-Schweikert aus Paris, der sich hier (Kreuzstraße "Nr. 2 einige Zeit aufhalten wird. Derselbe ist Erfinder einer ganz neuen charmanten Art Kunstblumen, die ein großes Bouquet bilden. Sie sind aus Seide und Sil berdraht gefertigt und machen einen überaus hübschen Effect. Herr Schmettert lehrt jungen Damen diese Kunst in 2 bis 3 Stunden, worüber zahlreiche Zeugnisse aus Frankreich, Deutsch land, Dänemark, Schweden und Rußland vorliegen, unter de nen besonders die der Direktoren und Directricen höherer Töch terschulen Beachtung verdienen. Das Material zum Lernen wird vom Künstler gratis geliefert und die Arbeit ist ebenso angenehm als bildend. — Die diesmaligen Pak ti-Concerte versprechen in jeder Beziehung ganz außergewöhnliche Genüsse zu bieten und dem musikalischen Publikum Dresdens die Gelegenheit zu Vergleichen mit anderen Virtuoseu-Coircertcn an die Hand zu geben. Der phänomenalen Patn und dem Violin- heros Vieuxtcmps hat sich diesmal eine einheimische Car. pazität, der Violoncellist Grützmacher zugesellt; daS Piano- Hat einen seiner berühmtesten Vertreter Louis Brassin, dessen jüngst vollendete Burleske-Oper in Brüssel großen Erfolg hatte und um dessen Aufführung an ihn aus Wien und Berlin Einladungen ergangen sind, nnd den gesang" lichen Theil der Eoncerte wird der berühmte Tenorist Roger durch seine Mitwirkung ganz besonderen Reiz ver leihen. Wer unter unfern Lesern kennt wohl Noger nicht, wer unter ihnen hat wohl, wenn er ihn noch nicht gehört hat, doch nicht schon etwas über ihn gehört. Vor wenig Jahren bildete der ihn betroffene Unglücksfall, durch wel chen er seinen rechten Ann verlor, das Tagesgespräch, jetzt tritt er zum ersten Male nach jenem Ereignisse, das ihn seiner Bühnenwirksamkeit entriß als Coitcerlsäuger vor uns, zwar körperlich nicht mehr ganz vollkommen, aber noch immer als Gesangslitanc, an dem die Stürme der Zeit spurlos vorübergegangen sind. Noger bezaubert mehr durch die Art seines VoriragS, denn durch die Macht seiner Stimme, er ist ein Licdrrsänger, der seine Zuhörer Hinzu reißen weiß, mit vem das Publikum empfindet und dcssen Gesang von wirklichem Gefühl, nicht von theatralischer Manirirtheit übrrfließt. Die Gesellschaft trifft heute vo» Wien kommend hier ein, Herr Braisin ist bereits hier au- wesend. Das Hotel de Saxe wird voraussichtlich a« de« beiden Concertabenden der Sammelplatz der musiklieben.de« Dresdner sein. — Gestern Nachmittag verunglückte auf der Ehauffee «ßh