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2tu» «rUer wett. * Die deutschen Truppen in Kiuutschau werden wahrscheinlich demnächst wieder blutige Arbeit be kommen, da in Südschantung neue Christenver- solgungen ausgebrochen sind, wobei die katholische Missionsstation Tschinn'ng zerstört wurde. * Berlin, 14. August. Die Bautischler und Ein- setzer Berlins erklärten den Generalstreik. * Am Sonnabend wurden im Prozeß Dreysus die öffentlichen Verhandlungen wieder ausgenommen. Man sah ihnen mit außerordentlicher Spannung entgegen, denn man erwartete bedeutsame Vorgänge im Gerichtssaale. Sollte doch der ehemalige Prä sident der Republik Casimir-Perier und der frühere Kriegsminister General Mercier, einer der Urheber des an Dreysus begangenen Justizverbrechens, ver nommen werden. Und jene Erwartung ist nicht getäuscht worden.— Die Aussage Merciers, welche laut Angabe der Nationalisten zweifellos die Ber- urteilung von Dreysus herbeisühren sollte, führte den völligen Zusammenbruch des Mannes herbei, dem Frankreich den Dreyfushandel verdankt. Statt des versprochenen Keulenschlages brachte Mercier lauter abgedroschenen Klatsch vor, wovon das meiste gar nicht zur Sache gehörte. Als Hauptzeuge be- -zog sich Mercier auf den Fälscher Henry. Trotz Esterhazys Geständnis bezeichnete Mercier unter allgemeinem Gelächter der Zuhörer Dreysus als den Urheber des Bordereaus. Sonst brachte Mercier auch nicht Len Schein eines Beweises, dagegen mußte er das Verbrechen der Uebermittelung von Geheim akten im Beratungszimmer an die Militärrichter eingestehen, wodurch seine Strafverfolgung sicher ist. Mercier verläßt den Saal unter Geheul und Rusen: .Schurke! Bandit!" Draußen brüllten die Antise miten: „Es lebe die Armee!" Unter den Zuhörern herrschte ungeheuere Erregung. Allgemein gilt seine Zeugenaussage als eine völlige Niederlage oer Re visionsgegner, welche mit Mercier ihren Trumpf aussptelten. — Unter Bewegung im Saale erscheint Casimir-Perier, die Rosette der Ehrenlegion im Knopf loch. Er geht in wiegendem Gang an die Barriere und giebt seine Personalien an. Die Erregung ist hoch gesteigert, denn man weiß, daß Percer alles ohne Zurückhaltung sagen wird. * Rennes, 14. August. Der Verteidiger Labori wurde heute Morgen auf dem Wege zum Kriegs gericht durch einen Schuß in den Rücken ziemlich schwer verwundet. * Paris, 14. Aug. ISO Delegierte der Patrio- tenliga beschlossen, eine Versammlung abzuhalten, um gegen die Verhaftung Derouledes Einspruch zu erheben. * Paris, 14. Aug. Gerüchtweise verlautet, Derou- lede und Genossen hätten im Einvernehmen mit General Mercier, dessen Aussage vor dem Kriegs gericht in Rennes zu einem sensationellen Zwischen- falle führen sollte, einen Handstreich geplant gehabt. * In den Kreisen der Nationalisten, welche vom General Mercier für Dreysus belastende Enthül lungen erwartet hatten, ist man äußerst enttäuscht. In der Bevölkerung giebt sich ein deutlicher Um schwung zu Gunsten Dreysus' kund. * Parts, 14, Aug. Die Verhaftung des Präsi- denten der Antisemitenliga, Guerin, der sich in deren Hause oerschanzr hat, hat noch nicht vorgenommen werden können. Die Wasserleitung en, das Gas und der Fernsprecher sind ihn abgeschnttten worden. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. LS. Jahrgang Mittwoch, den 16. August 1899 Nr. 131 1. L -'M ii 4^ Es soll abgewartet werden, bis Geurin sich ergiebt, damit nicht das Leben der Polizeiagenten aufs Spiel gesetzt werde. — Während des gestrigen Abends veranstalteten Antisemiten ernste Kundge bungen gegen die Juden — Vor dem Hause der Antisemitenliga haben sich zahlreiche Neugierige angesammelt. Die Thüren und Fensterladen des Hauses sind geschlossen. Aus der Dachgallerre halten mit Karabinern bewaffnete Mitglieder der Liga Wache. Jules Guerin erklärte, er sei zum äußersten entschlossen, sein )aus sei eine uneinnehmbare Festung. 40 Mitglieder der Liga, welche sich im Hause befänden, seien entschlossen, dasselbe eher in die Lust zu sprengen, als sich zu ergeben. * Parts, 14. Aug. Der Präsident des Vereins der royalistischen Jugend, Godefroy, sowie der Ge neralsekretär der Patriotrnliga wurden verhaftet. * Paris, 14. Aug. Es sind wegen des Staats streichkomplottes weitere Verhaftungen vorgenommen worden. Die Zahl wird auf zwölf angegeben. * Rennes, 14. August. Das verbreitete Gerücht, General Mercier sei verhaftet, ist erfunden. Es find Maßnahmen getroffen worden, um Kundgebungen zu verhindern. * Paris, 14. Aug. Nach hierher gelangten Mel- düngen, ist die Stadt Montechrifti ^aus Haiti um zingelt Die Revolution zugunsten von Jimenes breitet sich aus. * New'Aork, 13. Aug. Die Zahl der bei dem Orkan aus Portorico ums Leben Gekommenen wird niemals bekannt werden, allein man weiß, daß sie 2000 überschreitet. Viele Ueberlebende starben vor Hunge'. Man befürchtet eine Epidemie. * Der französisch englische Zwischenfall bei Fol kestone hat in Frankreich große Erregung hervor gerufen. Die Kammer wird sich bei ihrem Zusam- mentritt damit zu beschäftigen haben. * In Cilli dauert die Aufregung der Bevölke rung fort. Aus den Straßen lassen sich keine Slv- venen blicken. * Wie den „Times" aus Tokio gemeldet wird, sind die Gerüchte von hinein Bündnis zwischen China und Japan völlig grundlos. * Kopenhagen, 14. August. Der Vorstand des Arbeitgcbervereins hat beschlossen, baldmöglichst, spätestens am 21. d. Ni-, die Aussperrung aus mehrere Fachverbände, gegen 15 000 Arbeiter auszudchnen. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Funke, Aue s Erzgebirge.! Redaktion u. Expedition: Au«, Marktstraße. ein ab- St. die 8 Aus Kahla i. Thür, sind der Kassierer und der Kontrolleur des dortigen Spar- und Vorschußver eins seil Mittwoch verschwunden. Die Geldschränke waren bei de: gerichtlichen Oefsnung leer. 8 Eitle Motorwagen-Fernfahrt Berlin-München wird Ende September oder in den ersten Tagen des Oktober stattfinden. 8 Der „Meteor" des Kaisers siegte am Freitag in der Wettfahrt der großen pachten, veranstaltet vom Royal Victoria Uacht Club. . tz Eine besondere Auszeichnung durch den Kaiser ist dem Portepeesähnrich Panitzki vom Pionier bataillon Nr. 18 geworden. Der Kaiser verlieh ihm für das ganz vorzügliche Bestehen der Offiziers- Prüfung aus der Kriegsschule einen Ehrensäbel. z Bei Nürnberg erschoß ein Former seine Ge liebte. Das Motiv ist Eifersucht. Der Thäter ist eill fleißiger, unbestrafter Bursche. Er gab 5 Schuß auf das Mädchen ab und blieb so lange am Ort, bis der Tod eingetreten war; dann stellte er sich der Polizei mit den Worten: „Im habe mein Mädchen erschossen!" und legte zugleich den Re volver auf den Tisch. Das Mädchen hatte 12 Mk. Geld bei sich; da sie nur 10 Mk. Verdienst hatte, glaubte Distler, das Mädchen sei aus falsche Bahn geraten. 8 Steckbrieflich verfolgt wird die 27jährige Frei- frau Ida von Grabow, die vor einiger Zett in einem Berlin«: Prozeß wegen Verletzung des Brief- geheimnisses als Zeugin auftrat. Frau von Grabow wird der schweren Urkundenfälschung beschuldigt. Sie ist di« Tochter eines Handwerkers, Mit außer- ordentlicher Schönheit und bestechendem Auftreten begabt, hatte sie ihren jetzigen Gatten, der damals als Offizier im actioen Dienst stand, so bezaubert, daß er trotz des Widerspruchs seiner Familie die Geliebte heiratete. Es ist das dieselbe Dame, die man vor Jahressrist in Lübben vergeblich in der Spree als Ertrunkene suchte. 8 Sehen Sie, das ist ein Geschäft, das bringt noch was ein. -- Die Deutsch - Amerikanische Pe- troleumgesellschast hat im Jahre 1898 bei einem Aktienkapital von 9 Millionen Mark eine Reinem- nähme von rund 6 Millionen Mark gehabt. Der 'Verdienst blläust sich somit auf 66 2/gv/o. 8 Hofzahnarzt Dr. Schneider aus Erlangen ver giftete sich in Jena auf dem Fuchsturm. 8 Berlin, 12. Aug. Eine Zottstrase von einer halben Million Mark soll der Inhaber eines hie- sigeil Exporthauses zahlen. Der Prozeß wird in den nächsten Tagen vor dem Schatzgerichtshos von Canada verhandelt werden. Ein Berliner Export haus, das aber inzwischen sein hiesiges Geschäft ver kauft hat, hatte an eine Firma in Canada Waren gesandt, die in den Zollfakturen zu niedrig bewer tet waren. Die Anklage wird, wie der „Confektio- när" meldet, erhoben, weil diese Firma vom Mai 1895 bis Februar 1896 116 falsche Fakturen zum Import ihrer Waren bei der Verzollung benutzt haben soll. Die von der kanadischen Anklagebehörde eingeforderte Strafe beträgt 141 768 Dollars. Die kanadische Regierung hatte vor einiger Zeit einen besonderen Vertreter uach Berlin gesandt, um die Angelegenheit hier an Ort und Stelle zu unter suchen. 8 Potsdam, 10. Aug In der Nacht zum Mitt- woch wurde von städtischen L teuerbeamten Fleischschmuggler unter besonderen Umständen gefaßt. Der wohlhabende Schlächtermeister suhr gegen Abend in seiner Equipage über Lange Brücke zum Thore hinaus und that so, als ob er eine Spazierfahrt mache. Nun verlautete, daß St. schon öfter Fleisch nach Potsdam einge schmuggelt habe ; man wollte wissen, daß er, um die Sache recht unverfänglich zu machen, cine Per son in Offiziersuniform aus den Wagen gesetzt habe, weshalb die Steuerbeamten ein wachsames Auge auf ihn hatten. Als St. nun Nachts mit seinem Fuhrwerk in die Stadt zurückkehrte, fuhr er im vollen Trabe bei der Steuerabfertigungsstelle aus der Langen Brücke vorbei, woraus sofort einige Steuerbeamre auf Zweirädern seine Verfolgung aufnahmen. St., der dies bemerkte, hieb nun auf seine Pferde ein, um aus dem Bereich der Ver folger zu kommen und jagte wieder zum Nauener Thor hinaus. Kurz vor Nedlitz wurde er aber eingeho.t und nun stellte es sich heraus, daß er zwei geschlachtete Kälber, ein Rind und andere Fleischwaren, zusammen über acht Zentner, in seiner Equipage hatte. Das Fleisch wurde beschlagnahmt. St. wird über 800 Mk. Steuerstrase zahlen müssen. 8 Die Behörden zu Fiume verhafteten bei Pre- lucca den aus dem Gefängnis entsprungenen ge fährlichen Anarchisten und Falschmünzer Giooanoli. 8 Der auf derFerienreise sich befindliche Hochschüler Oblehowski, der Sohn eines Gymnasiallehrers aus Posen, stürzte von der Ruine Lchreckenstein bei Aussig ab. Er erlitt Bein- und Nippenbrüche und wurde ins Spital gebracht. 8 Die Stadt Humacay aus Portorico ist durch, den Orkan, der in voriger Woche Westindien heim suchte, gänzlich zerstört worden; nur zwei Hänse find stehen geblieben: 64 Personen sind ümgekom men, 200 wurden verletzt. k^o st e t nur SO Pfennige Aus Aue und Umgebung. Aue, den 15. August 1899. — Verband deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig. Dienstag, den 22. August, außerordent liche Generalversammlung im Hotel „Erzgeb. Hof". — Se. Majestät der König hat dem Amts, straßenmetster Plagewitz in Kamenz das Verdienst, kreuz verliehen, Erscheint täglich Nachmittags, außer an Sonn- n. Feiertagen. — Preis pro Monat frei ins Hau» 20 Psg., auswärt» 25 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Ter Zeitspiegel" 5 Psg. mehr. — Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr l Mk. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Inserat« die einspaltige Pctitzcile 10 Psg-, amtliche Inserate die Corpus-Zeile 2b Psg., Reklamen pro Zeile 20 Pfg. Bei 4 maliger Ausnahme SV«/« Rabatt. — Bei größeren Inseraten u. mehrmaliger Aufnahme wird entsprechend höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten und Landbriefträger nehmen Bestellungei« an. Anerthal« Zeitung erscheint jetzt täglich, 'x.W, W AuMW -Muntz. Tageblatt für die Stadt Aue und Umgehung