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Dresdner Journal : 29.09.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189909298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990929
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990929
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-09
- Tag 1899-09-29
-
Monat
1899-09
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 29.09.1899
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BezuzSPrelS: Für Druden vierteljährlich: 2 Mark S0 Pf., bei den Kaiser lich deutschen Postanftalten vierteljährlich »Mark; außer halb de» Deutschen Reiche» Post- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: »0 Ps. Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend». Fernspr.-Aaschlub:Nr 1295. Dresdner Journal. Alnkündi«ungS«ebühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift SV Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile 5V Pf. Bei Tabellen- und Zisfernsatz entsprechender Aufschlag. Herausgeber: Königliche Expedition deS Dresdner Journal- DreSden, Zwuigerstr. so. Fernspr-Anschluß: Nr. 1295. M227 18SS Freitag, den 29. September abends. Amtlicher Teil Nichtamtlicher Teil. Se Majestät der König haben dem Hoskellermeister Friedrich Bernhard Irrgang das Ritterkreuz 2. Klasse der Verdienstordens Allergnädigst zu verleihen geruht. In der näheren und weiteren Umgebung Dresdens gelangt das „Dresdner Journal" noch am Abend zur Ausgabe. So in den Ortschaften deS oberen Elb- thales bis Schandau, in denjenigen deS unteren Elbthales bis Meisten und in den an der Tharandter und Radeberger Linie gelegenen Orten. Wo in den vorgedachten Orten die Blätter den Beziehern nicht mehr zugetragen werden, wollen sich letztere mit der Post wegen AbholenS ins Einvernehmen setzen. Hierbei machen wir unsere geehrten avSwärttgen Bezieher zur Vermeidung von Unterbrechungen in der Zustellung deS Blattes darauf aufmerksam, daß die Bestellungen bei den betreffenden Postämtern einige Tage vor dem jedesmaligen Bierteljahrsschlust zu erneuern sind. Geschäftsstelle -es Dresdner Journals. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Zm Geschäftsbereiche VeS Ministerium» be« Kultus »» Sffentlichen Unterricht». Erledigt: di« ständige Lehrerstelle in Saultitz Kollator: das König!. Ministerium de- KulluS und öffentlichen Unterricht-. Einkommen: lsov M. Gehalt, 100 M. vorausgezahlte AlterSzulage, 72 M. für den Fortbildungsschulunterricht, 100 M. für Heizung der Schulstube, trete Wohnung und Gartengenuß. Gesuche sind mit den er forderlichen Beilagen bis zum 14 Oktober bei dem König!. Bezirksschulinspektor Schulrat vr Gelbe in Meißen einzureichen. Bestellungen auf das „Dresdner Journal" für das nseksl« Visn-sIZskn werden in Dresden bei unserer Geschäftsstelle (Zwinger- straße 20) fowie in der Hofmusikalienhandlung von Adolf Brauer (F. Plötner), Hauptstraße 2, zum Preise von 2 «. S0 pss. angenommen. Bei den Postaustalteu der Deutschen Reichs be trägt der Bezugspreis für diese Zeit Sozialpolitische Einseitigkeit. Zur Eröffnung der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik ist von dem Vorsitzenden, Hrn. Prof. Schmöller eine bemerkenswerte programma tische Rede gehalten worden, aus der hervorgeht, mit welchem Ernste der angesehene Verein seine Aufgaben, sozialpolitisches Material zu sammeln, zu sichten und nach seiner Art zu verwerten, ausfaßt. Mit Recht be tonte Hr. Prof. Schmöller, daß der Verein, der in erster Linie aus Gelehrten besteht, also materiell an Kunst und Wissenschaft. König!. Schauspielhaus. — Am 28. d MtS.: „Die Gefährt»«". Schauspiel in einem Akt von Arthur Schnitzler. (Zum ersten Male) — „Para celsus." Ver»spiel in einem Akt von Arthur Schnitzler. (Zum ersten Male) — „Der grüne Kakadu." Gro teske in einem Akt von Arthur Schnitzler. (Zum ersten Male.) Mit der Aufführung der drei Einakter des Verfassers der Schauspiele „Liebelei" und „Da« Vermächtnis" hat dar König! Hoftheater der jüngsten Litteratur einen be trächtlichen Schritt entgegen gethan. Sowohl nach der beite der vorherrschenden Richtung hin, die die Wirkung weniger vom dramatischen Gehalt, von der Gegenüber stellung klar herauSgearbeiteter Gestalten, von der Steigerung in den Charakteren wurzelnder Konflikte, al« vielmehr von der Stimmungsmalerei erwartet, wie nach der Seite einer gewißen Kühnheit der Phantasie stellen sich die gestern oorgefuhrten Neuigkeiten al« ungewöhn liche und in ihrer Art gegeneinander bewußt abge« stufte Werke dar. Der Eindruck, den sie hinterlaßen, ist ein sehr verschiedener, in allen dreien aber empfindet man wieder einmal, daß neben der vollberechtigten Eigen tümlichkeit de« selbständigen Dichter« die modische Vor liebe für unklare, schwankende, schillernde Probleme und für gebrochene, undeutlich bleibende, nur mit einzelnen Spitzen herau«tretende, nicht plastisch gerundete, voll sich «»«lebende Menschengestalten einen starken Anteil an der Besonderheit der Schnitzlerschen kleinen Dramen hat. Al» rin in« Gewicht fallender Vorzug muß e« gelten, daß sich die dramatische Wirkung insofern steigert, al« da« lrtzte Stück „Der grüne Kakadu" den stärksten Anteil er weckt und trotz allzu breit au.geführter Milieuschilderung durch seine lebendige Gegensätze die Zuschauer in Mitleiten den sozialpolitischen Streitfragen nicht beteiligt ist, einen sehr wohl geeigneten objektiven Boden abgeben und so leidenschaftslos wie möglich sein müsse, um erfolgreich wirken zu können. ES ist aber für praktische Sozialpolitiker, auch wenn sie weder Ar noch Halm, weder Stollen noch Schlot besitzen, nicht ganz leicht, völlig objektiv zu sein. So ist dies denn auch Hrn. Schmöller trotz seines guten Vorsatzes nicht durchweg gelungen. Wenigstens meint man dies in Kreisen der konservativen Partei, in Kreisen praktischer Po litiker, deren Urteil sich in den folgenden Auslassungen der „Kons. Korr." abspiegeln dürfte: In der Abschätzung der „beiden sozialpolitischen Gegnerschaften" bemerkte Hr. Prof. Schmöller hinsicht lich der Großunternehmer, denen er als „Offizieren unserer Volkswirtschaft" großes Lob spendete, sie feien mit wenig Ausnahmen darauf zugeschnitten, daß sie ihr persönliches Interesse mit dem Wohle des Vaterlandes gleichbedeutend hielten. Der Arbeiterbewegung gegenüber erkannte er da gegen an, daß „trotz der auf den Umsturz gerichteten Tendenzen" ein Teil der Arbeiterführer aus begabten, idealgesinnten und befähigten Männern bestehe und daß der Aufschwung der Arbeiterbewegung eines der schönsten Blätter in der deutschen Geschichte bilde. Unseres Erachtens ist dies keine objektive, leidenschaftslose Darstellung; denn darin ist den Indu striellen der Idealismus ungerechterweise abgcsprochen und ebenso ungerechtfertigtermaßen den sozialdemo kratischen Führern ein diesen ziemlich fernliegender Idealismus zuerkannt. Spricht aber Hr. Schmöller ausschließlich von der Arbeiterbewegung und nicht von den politischen Zielen, welche die Sozialdemokratie damit verbindet, so kann er die „beiden Gegner schaften" überhaupt nur als solche, die ihre eigenen materiellen Interessen verfechten, und mit recht verfechten, ansehen. Da aber leider bei uns in Deutschland sich die Sozialdemokratie der Führerschaft der Arbeiterbewegung bemächtigt hat, tritt der politische Charakter derselben in erster Linie hervor und in Berücksichtigung dessen ist es gänzlich unangebracht, von dem Aufschwünge der Arbeiter bewegung in so rühmenden Ausdrücken zu sprechen, wie dies der Vorsitzende gethan hat. Augenscheinlich ist Hr. Prof. Schmöller von einer einseitigen Sympa thie für den „vierten Stand" erfaßt und betrachtet das Unternehmertum mit starker Voreingenommenheit. Unseres Erachtens aber führt eine solche Stellung nahme nur dazu, daß dadurch die sozialdemokratische Arbeiterbewegung, auf derartige „wissenschaftliche" Unterstützung pochend, nur immer kampflustiger, immer unversöhnlicher und immer anmaßender wird. Hr. Prof. Schmöller äußerte ferner, es werde vielen beklagenswert erscheinen, daß eine Verschärfung der Strafgesetzgebung in bezug auf das Koalitions recht zur Zeit schwebe. In der vorletzten General versammlung des Vereins für Sozialpolitik aber stand dieser Gegenstand auf der Tagesordnung und in seinem Resumo nach der beendeten Besprechung äußerte der damalige Vorsitzende, „daß einzelne Beschränkungen des Koalitionsrechts auf der anderen Seite geboten feien, wurde ebenfalls allseitig anerkannt; nur über das Maß, wie weit solche Beschränkungen zulässig seien, waren die Meinungen geteilt Die größte Meinungsverschiedenheit blieb aber bestehen in der Frage: Sollen die Strafbestimmungen des § 153 erhalten bleiben, verschärft oder vermindert werden, darüber hat sich eine abschließende Anschauung nicht gebildet. Es wird deshalb, da die gesetz lichen Bestimmungen noch bestehen, abzuwarten sein, welche Wirkungen sie in der Zukunft haben werden. Anderseits wird nach den Erfahr ungen bei zukünftigen Streiks zu beurteilen sein, ob sich diese Bestimmungen, ihre Verschärfung oder auch ihre Beschränkung und Aufhebung als zweck mäßig erweisen." Seither sind Erfahrungen genug gemacht, um die Notwendigkeit der Verschärfung dar- zuthun; dennoch spricht sich Hr. Prof. Schmöller zwei Jahre nach dem angeführten Resums kurzweg gegen den Arbeitswilligenentwurf aus. „Wir halten es" — so äußerte der Redner ferner — „für unser Recht und unsere Pflicht, die Stimme zu erheben, daß nicht unsere egoistischen, wirtschaft lichen Interessen, sondern Maßhalten, Vernunft, Ge rechtigkeit in den Kämpfen entscheiden sollen." Tas ist ganz unser Standpunkt; allein man sollte doch auf der anderen Seite auch anerkennen, wieviel im Sinne ausgleichender Gerechtigkeit schon geschehen ist und woran es in der That liegt, daß, wie Schmöller meint, die Gegenwart der Sozialreform nicht besonders günstig sein soll. Trägt daran nicht der gepriesene „Aufschwung der Arbeiterbewegung" und deren sozial demokratische Führerschaft die Hauptschuld? Ist das stete Drängen nach ungestümen Fortschritten der Sozialreform nicht zu sehr geeignet, die planmäßige, vernünftige Entwickelung, wie sie auch Schmöller be fürwortet, zu erschweren? Wenn nun Prof Schmöller seine Rede mit folgenden Worten schließt: „Wir stehen nicht an, zu erklären, daß wir eine geld aristokratische Regierung für die denkbar schlechteste halten würden. Aber in Preußen find wir weit da von entfernt. Der gute Genius wird uns bewahren, daß wir in Preußen in diese Bahn kommen. Auch unser Verein wird dahin wirken, daß wir wieder in die Bahn der Sozialreform der Zeit von 1881 bis 1890 kommen", so stimmen wir ihm vollständig bei. Der Hinweis Schmöllers auf die Sozial reform der Zeit von 1881 bis 1890 ist näm lich insofern sehr vielsagend, als jene sozialpolitische Periode, die für die Arbeiterschaft so großen Segen gebracht hat, zugleich die deS Sozialistengesetzes, des Niederhaltens des bewunderten „Aufschwunges der Arbeiterbewegung" gewesen ist. Deutschland aus der Pariser Welt-AuSstellung 190V. Der „Malin" hat einen, von uns schon kurz er wähnten bemerkenswerten und sehr sympathisch ge haltenen Aufsatz über die Beteiligung Deutschlands an der Pariser Welt-AuSstellung veröffentlicht. Wir entnehmen ihm folgendes: Unsere Nachbarn haben seit langer Zeit eingesehen, daß der wirtschaftliche Kampf, wenn auch weniger blutig, al- die anderen, doch ebenso erbittert ist, und sie bereiten ihn seit dreißig Jahren vor und liefern ihn täglich mit der ihnen eigenen Methode und Hartnäckigkeit. ES war also ganz natür lich, daß sie darauf hielten, im ersten Range in der großen Revue der friedlichen Krieger der Arbeit zu erscheinen, die in Pari- bald abgehalten werben wird. Zu diesem Zwecke haben sich dreitausend Industrielle und Handeltreibende, die zusammen mehr als 20 Millionen Frc» dafür einsetzcn, unter der Ober leitung deS Kaiserlichen Kommissars Richter, der mit einer hervorragenden Intelligenz eine allgemein anerkannte Kompe tenz verbindet, ans Werk gemacht. Die Bedingungen, unter denen im Jahre 1900 die Aus stellung der auswärtigen Erzeugnisse stattfinden wird, begünstigen übrigens die Anstrengungen Deutschlands. Denn eS will doch hauptsächlich der Welt eine große Vorstellung von den bei ihm seit dreißig Jahren erzielten Fortschritten geben Im nächsten Jahre werden nun die fremden Nationen nicht in Sektionen, sondern in Klaffen und Gruppen ausstcllen, sodaß die Ver gleiche der Erzeugnisse der verschiedenen Länder, da dieselben neben einander ausliegen werden, sich sehr leicht anstellen lassen werden Die Kollektivausstellungen, die daS Merkmal deS nächstjährigen großen AlbeitssesteS bilden werden, sind über dies den Deutschen besonders günstig, da deren Charakter be kanntlich aus Solidarität und Disziplin, den mächtigsten Aktions mitteln, besteht Deutschland hat deshalb in höherem Grade noch, als die anderen Nationen, aber auch mit mehr Disziplin, diese Formierungen in tiesen Massen angenommen. Seine Nahrungsmittel-, seine chemische Industrie sc ine Präzi- sions- und chirurgischen Instrumente seine Gewebe, sein Buch ¬ schaft zieht. Was man auch zu Gunsten des geistreichen Einfall« und der feinen EinzelauSführung sagen mag, ihr dramatischer Erfolg wird doch allezeit darauf beruhen, daß da» Urelements aller dramatischen Wirk ung: der sichtbare, fühlbare, spannende Gegensatz, ihre Grundlage bleibt Durch alle drei Einakter Schnitzler« zieht sich der Wechsel von Schein und Sein als roter Faden hindurch, aber nur im „Grünen Kakadu" gewinnt er volle Verkörperung. Der Welt, in der Schnitzler seither mit Vorliebe ver weilte, steht da« Schauspiel „Die Gefährtin" am nächsten Ein Wiener Professor, der soeben seine Frau begraben hat, wird aus der Starrheit seiner trostlosen und doch des reinen heiligen Schmerze« baren Stimmung — denn die Tote ist ihm nur kurze Zeit Geliebte und niemals Gefährtin gewesen — durch eine Freundin aufgeweckt, die kommt, um sich Briefe der verstorbenen Frau zu er- bitten Professor Pilgram macht in einem Satz für Satz mehr vom Unglück seine« Leben« enthüllenden, sehr fein durchgeführten Zwiegespräch mit der Besucherin dieser klar, daß er sehr wohl weiß, daß seine Frau ein Liebes verhältnis mit seinem Assistenten vr. Hausmann unter halten und daß er nur nie begriffen hat, warum die beiden Menschen nicht ehrlich vor ihn hingetreten sind und die Freiheit, sich anzugehören, von ihm gefordert haben Ehe die Besucherin Olga Merholm dem Aermsten da« Warum davon enthüllen kann, langt vr. Hausmann von Scheveningen an, scheinbar ganz freundschaftliche Teil nahme und Sorgfalt für den Professor. Wie er aber diesen auffordert, ihn, der nochmals nach dem Seebad zurückgeht, dorthin zu begleiten, da verrät er nach und nach, daß ihn dorthin ein andere« Interesse zieht, daß er sich verlobt hat, daß er seine Braut schon längere Zeit kennt und liebt. Und nun schmettert Professor Pilgram den Entlarvten mit dem Wort nieder, daß er ihm ver ziehen hätte, seine verstorbene Frau zu seiner Geliebten gemacht zu haben, aber ihm nie vergeben werde, daß er sie zur Dirne herabgewürdigt. Er werft rhm Verachtung«, voll die Thür; Frau Olga Merholm aber nimmt wieder da« Wort, zieht eine letzte Binde vom umschleierten Auge de« Professors und sagt ihm, daß die Verstorbene noch viel, viel weiter von ihm getrennt gewesen sei, al« er ahnt, daß sie gewußt hat, daß vr. HauSmann durch keine echte Leidenschaft oder Neigung an sie gefesselt, und mit der Rolle, die sie im Leben des jungen Mannes spielte, eben auch zufrieden gewesen sei. Darnach verabschiedet sich die Freundin, und Pilgram bleibt nach ihrer und de» Ver fasse c» Meinung „befreit" zurück Daß er, wenn er der Rechte ist, nun erst vor der Qual der dunklen Frage steht, ob nicht er, gerade er selbst die Schuld daran ge tragen hat, daß die Verstorbene so und nicht anders ge worden ist, da« fällt weder Schnitzler noch Frau Olga Merholm ein. Mit fünf oder zehn peinlichen Fragezeichen schließt das kleine Drama, eine in Scene gesetzte Novelle, die überall hinter sich zurück-, über sich hinausweist, was ja tausend fach im Leben der Fall ist, aber für den Dramatiker so ungünstig wie möglich bleibt. Die schwere, trübe Stimmung eine« Herbstabends und eines BegräbniStageS geht hin durch und wird vollkommen erreicht, die Gestalten und ihre Beziehungen, bi« auf den Zusammenstoß zwischen Pilgram und HauSmann, bleiben wie im Nebel, und alle Kunst, die Frau Salbach (Olga Merholm) und die Herren Wiens (Professor Robert Pilgram) und Franz (Doktor Alfred HauSmann) aufwandten, beseitigte diesen Totaleindruck nicht Das Der»spiel „Paracelsus" richtet seine Spitze gegen da« prahlerisch sichere Glücksgesühl wie gegen allen aesunden, vermeintlich die Dinge beberrschenden Realismus. Der wackere, in Arbeit und Genuß gleich rüstige BaSler Waffenschmied Cyprian, der mit etlichem Recht den fahrenden Wunderdoktor Theophrastu« Paracelsus al« einen Gaukler und halben Lump geringschätzt, muß durch dessen hypnotische Künste erfahren, daß auch in seinem wohl geordneten Hause und in der Seele seine« schönen Weibe« handel, sein rollendes Material rc. werden imponierend« Zu sammenstellungen aufweisen. Abgesehen von diesen Kampf einheiten werden die deutschen Aussteller in der Mafchinrn- galerie und in der Dreißigmetergalerie sehr inttreffantr Muster ihrer metallurgischen Industrie ausftellen. Vier große Dynamo maschinen, die zusammen 5900 Pferdekräste entwickeln, werden für einen großen Teil de» MarsseldeS Licht und Krast liefern. Die Fundamente zu dirfer riesigen Anlage sind bereit» be gonnen und werden eine Tiese von sechs bi» acht Metern er- rrichen. Ein französischer Werkmeister sagte vor einigen Tagen zu dem Generalkommifsar Picard, als dieser die angesangene Arbeit besichtigte: „Ich bin stolz darauf, an einer solche« Arbeit mitwirken zu können." In der Drrißigmeter-Galerie haben die Deutschen bereits vor der Eröffnung der Ausstellung einen Sieg davongetragen. Dies« Galerie soll bekanntlich un geheuere Maschinen aller Art ausnehmen, die hauptsächlich von Engländern, Amerikanern, Belgiern und Deutschen ausgestellt werden. Diese Maschinen werden nun mit Hilfe eine- deutschen Krahn-, der 25 m breit und 18 m hoch, 25 000 dx mit einem Male aufheben kann, an Oct und Stelle gebracht werden. In derselben Galerie wird man deutsche Holzschneide- und Werkzeug maschinen in Thätigkeit sehen können. Seine- industriellen und kommerziellen Gelingen» von vornherein sicher, hat Deutschland aber für 1900 noch andere, fehl ehrgeizige Absichten. Es will beweisen, daß eS nicht mehr das Land ist, in dem man „billig und schlecht" arbeitet. Die Jury wird im nächsten Jahre entscheiden, ob eS da- schwierige Problem gelöst hat, billig und gut liesrrn zu können. Deutschland will hauptsächlich gegen den Ruf, eS arbeite geschmacklos, reagieren und bereitet in dieser Hinsicht den Besuchern der Ausstellung Ueberraschungen vor, wie un» ein Angestellter det deutschen BeneralkommissarS neulich mit geheimnisvollem Lächeln er klärte Bisher haben wir in diese uns versprochenen Geheim nisse trotz unserer Bemühungen keinen Einblick zu erhalten ver mocht. Jedenfalls werden wir diese Ueberraschungen an der Esplanade de» Invalides, wo die Ausstellung der Kunstgegen stände staltfinden wird, und in dem deutschen Hause am Quai d'Orsay, in dem außer den EmpsangsrSumen für den AuS- stellungskommiffar Säle für kleine Kunstausstellungen reserviert sind, suchen müssen. Wir werden also im Jahre 1900 in Paris ein moderne-, von dem, klassischen'der Bajonette, de- Bier», des Sauerkraut- der Würste und de» Vergißmeinnicht- ganz verschiedene- Deutschland, ein Deutschland Ln cko aieols zu sehen bekommen, da» industriell und künstlerisch von leidenschaftlicher Lebenskraft beseelt ist. Al» typisch heben wir noch hervor, daß eS nur wenig Kneipen in der deutschen Ausstellung geben wird, sodaß uns da» Vergnügen der Bierreisen nicht blühen dürste. Ater wir beklagen un» darüber nicht, denn wir finden somit Gelegenheit, unsere Nachbarn besser kennen zu lernen. Wir werden bester begreifen, besonders nachdem wir die wirtschaftliche Größe Deutschlands, von der die Bücher den meisten Franzosen bisher nur eine abstrakte Idee zu geben vermochten, mit eigenen Augen gesehen haben, daß die Deutschen nur deSyalb mit einer un» ost be unruhigenden Sorgfalt den Krieg vorbereiten, weil sie ebenso sehr, vielleicht noch mehr als wir den Frieden dringend not wendig haben." Tagesgeschtchte. Dresden, 29. September. Se. Majestät der König trafen heute vormittag H11 Uhr von Strehlen im Residenzschlosse ein, nahmen militärifche Meld ungen, sowie die Vorträge der Königs. Swats- minister, der Hosdepartementschefs und des König!. Kabinettssekretärs entgegen und erteilten alsdann noch mehreren Herren vom Zivil Audienz. Ihre Majestät die Königin beabsichtigen Aller- höchstsich Sonnabend, den 7. Oktober d. I. vormittag 10 Uhr 45 Min. zur Beiwohnung der Weihe des „König Albert-Stifts" nach Plauen i. V. zu begeben und vom 7. zum 8. Oktober im „Wettiner Hof" da selbst zu übernachten. Am 8. Oktober 11 Uhr vor mittags werden Allerhöchstdieselbe von Plauen nach Sigmaringen zu einem mehrwöchentlichen Besuche bei Ihrer Königl. Hoheit der Frau Fürstin-Witwe von Hohenzollern abreisen. Die Ankunft daselbst wird am 9. Oktober 1 Uhr nachmittags erfolgen. Im Aller höchsten Gefolge werden sich befinden: Hofdame Gräfin Reultner v. Weyl, Hoffräulein v. Abeken und Oberhofmeister Wirkt. Geh. Nat v. Malortie, Ex- cellenz. Dresden, 29. September. Das heute ausgcgebene 13. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes Ding« vorgehen, von denen er nichts geahnt hat Die traumwandlerische Wahrheit, zu der Paracelsus Frau Justina treibt, die sich übrigens auch gegen den Wunder- thäter selbst wendet, macht Meister Cyprian klar, daß seine Klarheit eben keine ist, daß Wahn und Wirk lichkeit, Trauin und Leben geheimnisvoll ineinanderspielen, offenbart dem Junker Anselm, der mit frevler LiebcS- Werbung die Frau des Waffenschmieds bestürmt, daß er bester thut, deren ledige Schwester Cäcilia, die ihn lrebt, zu he,raten, und verdeutlicht Frau Justina, daß sie Gott danken kann, unter Cyprian« Dach geborgen zu sein. Das Ganze bewegt sich in der gewollten Unklarheit, der wechselnden Beleuchtung von rechts und link«, die man jetzt vornehmer Symbolismus tauft; die Gestalt deS Theophrastus Paracelsus, der Betrüger und Betrogener zu gleich ist, läßt einen bestimmten Eindruck gar nicht auf kommen Die wenig dankbare Rolle hatte an Stelle des plötzlich erkrankten Hrn Blankenstein Hr. Froböse über nommen; er gab dem fahrenden Mystagogcn ein Gesicht und Gepräge, daß er völlig zum Gauch wurde, den man über seine Schwelle lieber gehen als kommen sieht, wenn man auch nicht eben Meister Cyprian ist. Die übrigen Mitwirkenden waren Frau Basts (Justina), Frl. Gasny (Cäcilia), die Herren Gunz (Cyprian), Dettmer (Junker Anselm) und Swoboda (Doktor Copu«), die die zum Teil sehr hübschen Einzelheiten de« Vertspiel« zu beifälliger Wirkung brachten. Viel bedeutender, innerlich reicher, äußerlich straffer, eindringlicher und überzeugender al« die beiden ersten Stücke zeigte sich, wie gesagt, da« dritte, die Groterke „Der grüne Kakadu" Der „Grüne Kakadu" ist ein Wein keller, den der ehemalige Schauspieldirektor Prosp^re hält, in dem er seine frühere Truppe allabendlich zu wunder baren, ohne Podium und Souffleur vor einem höchst vor nehmen, au« Herzögen, Vicomtes und Chevalier« bestehenden Publikum stattfindendrn Ausführungen vereinigt Di« Schauspieler dieser Spelunke stellen mit Aufgebot aller
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