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Zur Belebung -er Wirtschaft 1. Entlastung äer Wirtschaft t Um- Gletch- Äläßnahmen auf dem Debiete der Steuerpolitik und des Tarifrechtes — Mittwoch» äen 7. September 1932 Die neue Notverordnung: Der Verordnung wird von der Regierung eine um- fangreiche Erläuterung mit auf den Weg gegeben, der wir folgendes entnehmen: Alle seitherigen Bemühungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben keinen durchgreifenden Erfolg gehabt. Die NeichSregierung mußte sich daher zu weitgreifenden und einschneidenden Maßnahmen entschließen. Diesem Kampfe gegen die Arbeitslosigkeit soll neben anderen in Vorbereitung befindlichen Maßnahmen die Verordnung vom 4. Septemder 1932 dienen. Die bisherigen Erfah rungen haben ergeben, daß eine noch so große Ausweitung der öffentlichen Aufträge für sich allein niemals ein solches Maß an Arbeit schaffen kann, wie es zur wirksamen Be kämpfung der Arbeitslosigkeit erforderlich ist. Neben einer Erweiterung des Programms für öffentliche Arbeiten, dessen Bedeutung durch die Maßnahmen der Regierung durchaus anerkannt wird, müssen deshalb wirksame Maß. regeln zur Belebung der Privatwirtschaft treten. Die Regierung trifft diese Maßnahmen, weil sie überzeugt ist, daß die Privatwirtschaft noch immer den besten Weg für eine rationelle Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürf- nisse der Menschen darstellt und daß es deshalb darauf an kommt, die in ihr schlummernden Kräfte zu wecken. Alle Maßnahmen der Negierung haben den Zweck, die wirt- schaftliche Not des deutschen Volkes nach Kräften zu be heben und zu lindern. Dieses Ziel würde nicht erreicht werden, wenn die ergreifenden Schritte im späteren Ver lauf zu wirtschaftlichen Rückschlägen führen könnten. Des- halb muß alles vermieden werden, was die Stabilität der Währung irgendwie beeinträchtigen könnte. Die wirtschaftlichen Bestimmungen der Verordnung sind in enger Zusammen arbeit mit der RetchSbank ausgearbeitet worden. Die Lebenshaltung und die Konsumkraft der breiten Schichten der Bevölkerung ist infolge der Deflation tief gesunken. Diese Entwickelung läßt sich wirksam nur bekämpfen durch eine grundlegende Besserung der Lage des AibeitsmarkteS. Die Verordnung gewährt deshalb der Wirtschaft nur dort Erleichterungen, wo eins unmittelbare Belobung der Pro duktion und damit des Arbeitsmarktes mit Sicherheit zu erwarten ist. Hieraus erwächst der Privatwirtschaft die Verpflichtung, alles zu tun, um zunächst den ProduktionS- apparat für die zu erwartenden Aufgaben instandzusetzen. Sie muß sich ^dieser Verpflichtung bewußt sein und danach H^Bet der jetzigen Wirtschaftslage M <», den nach Er- retchung de» Tiefstand«» der Kris« zu erwartenden natür lichen Aufschwung der Wirtschaft vovzubereiten. Hierzu dient zunächst da» umfassende Programm für die Vornahme öffentlicher Arbeiten» das mit der neuen Verordnung verbunden ist. Der Oeffent- lichkeit ist nicht genügend bekannt, daß die ursprünglich hierfür vorgesehenen Mittel inzwischen sehr erheblich er- höht worden sind. ES kann auf einen Gesamtaufwand der öffentlichen Stellen für solch« Zwecke von nahezu Mil- ltonm RM. in den nächsten Monaten gerechnet werden. Die Einsetzung dieser Mittel wird sam werdende Nachfrage nach ^iM Pr^Mon-mitteln btrnarruken und damit einen weit über den "rew aer ve» teiligten Wirtschaftszweige hinauireichenden belebenden Einfluß auf die gesamte Wirtschaft auSüben. Die Beschöftigungsprömie, )2,ber sich die Regierung trotz mancher Bedenken ent- schlossen hat, wird insbesondere den kleineren und mittleren Betrieben, die verhältnismäßig zahlreiche Arbeiter beschäf- «gen, zugute kommen. Sie bietet einen starken Antrieb auf erweiterte Einführung der Kurzarbeit. Sie wird wet- ter eine billigere Kostenberechnung ermöglichen, damit Preissteigerungen vorbeugen und die Verbreiterung des Absatzes fördern. Die BeschäftigungSprämte bedeutet schließlich eine, sehr fühlbare Entlastung aller öffentlichen der Gemeinde von —sich nicht ausreichend auSwtrken können, solange die Unternehmer mit ständig steigenden Verlusten arbeiten müssen. Die vorgesehenen Steuererleichterungen, die sich nicht auf Einkommen»- und Vermögenssteuern, sondern ausschließlich auf unmittelbar aus der Produktion ruhende Steuern beziehen, sollen die Voraussetzungen da- für schaffen helfen, den Umfang der Produktion zu erhöhen und die Arbeitsgelegenheiten dadurch zu vermehren. Die Beseitigung der Beförderungssteuer für ein Jahr wird sich in völliger Höhe in zusätzlichen Aufträgen der Reichsbahn auSwtrken. Die Milderung der Umsatzsteuer wind nur deshalb gewährt, weil diese Steuer nur diejenigen trifft, die Umsätze machen und dadurch die Erzeugung fördern. Die Herabsetzung der Grundsteuer — neben der Bereit stellung von bis zu 50 Mill. RM. als Zuschuß zu Repara- turen für den HauSbesttz — soll in erster Reihe dazu dienen, die finanziellen Voraussetzungen für die Wiederherstellung der seit Jahren stark vernachlässigten städtischen und länd lichen Gebäude zu schaffen. Die für ein Jahr gewährten Steuererleichterungen sind ein Vorgriff auf die Steuer- ertrüge künftiger Jahre. Dieser Vorgriff ist unbedenklich. Die in Betracht kommenden auf «ine Reihe von Jahren verteilten Beträge sind, gemessen am Umfange des Reichs- Haushaltes, verhältnismäßig unbedeutend. Ferner ist da mit zu rechnen, daß die Steuereingänge nach Ueberwindung der Wirtschaftskrise reichlicher fließen werden und daß dann di« geplante Reform der öffentlichen Verwaltung sich in einer wesentlichen Senkung der Ausgaben auSgävirkt haben wird. Von der Privatwirtschaft wird erwartet, daß ft« durch Vergebung von Rrparaturausträgm, Durchführung urtvo- ter und öffentlicher Arbeiten und sonstig, zusätzlich« P„. dultion die ArbeitSmögltchketten bald und rrhebltchWgwt. Dazu bedarf sie in den meisten Fällen neuer zusätzlicher Kredite. Di« Unterlage hierfür bieten di« Gteuergut» scheine. Diese werden deshalb »um Lombard L«t der RetchSbank zugelassen. Sie werden darüb«r hinaus aber auch al» Unterlage für zusätzlichen Diskontkredit Lot den Banken und bet der Reichrbank dienen. Ferner wekdm sie an den Börsen gehandelt werden. Da» Wtrtschaftspvoaramm kommt in erster Linie dem mittleren und kleineren Betrieben zugute, weil sie am frühe, ten und stärksten an der Belebung der Wirtschaft beteiligt ein werden. Der Hilfe für den gewerblichen Mittelstand dienen auch die Bestimmungen der Verordnung, nach denen erhebliche Beträge für langfristige Kredit« an mittlere und kleinere Betriebe sowie fttr gewerbliche Kreditgenossen schaften und Konsumgenossenschaften, di« da» Depositen geschäft betreiben, zur Verfügung gestellt werden. Für di« Landwirtschaft wird die Notverordnung in doppelter Hinsicht erleichternd wirken. Der unmittelbaren Entlastung dient die Ausgabe von Steuergutscheinen in Höhe von 40 v. H. de» Steuer- betrageS bet der Grundsteuer und di« Aufhäung der Um satzsteuer für pasteurisierte Milch. Darüber hinaus hat di« NeichSregierung grundsätzlich die Anwendung von Kontingenten zur Entlastung de» deutschen Markte» von übermäßiger landwirtschaftlicher Einfuhr beschlossen. Zur Durchführung dieser Kontingen tierung, die mit größter Beschleunigung erfolaen soll, wird mit den hauptbeteiligten Ländern in Verbindung getreten werden. Ferner wird auf ein« fühlbar« Ermäßigung der Zinslasten htngearbettet. Die» gut nicht nur für den Per sonal-, sondern auch für den Realkrvdit. Dies« Maßnah men müssen schnell in Gang kommen, da gegenwärtig SO Prozent de» Kleinbesitzes, 70 Prozent de» Mittelbesitze» und 80 Prozent de» Großbesitz«» ihre Zinsen nicht mehr au» dem Betriebsreinertrag zahlen können, sie vielmehr au» der Substanz leisten. Zu den einzelnen Abschnitten der Verordnung ist fol- gende» zu bemerken: Wie in der Einleitung auSgeführt, ist für die Wirt schaft eine Entlastung, und zwar insbesondere auf der Pro- duktionSstufe, unbedingt geboten. Eine solche Entlastung war schon in dm Programmen früherer Regierungen an gekündigt, aber niemals verwirklicht, meist sogar in ihr Gegenteil verkehrt worden. Nun ist aber eine sofortige Herabsetzung von Steuern bet den noch immer sinkenden Einnahmen und bet dem gegenwärtigen Stande.der Ar beitslosigkeit bet allen sich aus ihr ergebenden Folgerungen nicht möglich, da die öffentlichen Lasten einen sofortigen weiteren erhr-bltchen Ausfall nicht vertragen würden. Auf der anderen sette würde aber der Wirtschaft im Sinne der einleitend dargelegten Ziele der NeichSregierung auch nicht gedient sein, wenn ihr lediglich für die Zukunft Steuer senkungen in Aussicht gestellt würden, ohne ihr sofort greif bare und verwertbare Unterlagen für ihren Geschäftsbetrieb in die Hand zu geben. Hier war ein Ausgleich zwischen den Jnteresien der öffentlichen Hand und denen der Wirt schaft erforderlich. Dieser Ausgleich ist durch das System der SteurrgiMelne gefunden worden. Solch« Steuevgiutschetne erhält jeder, der in der Zeit vom 1. Oktober 1932 bis zum 1. Oktober 1933 gewisse Steuern zahlt. Sie können in den Jahren . 1934 bis 1939 in einem noch näher zu erläuternden Um fang für Reichssteuern in Zahlung gegeben werden. Gleich- ettig bieten sie aber mit sofortiger Wirkung - und darin liegt das Entscheidende - geeignete KrM neue Geschäfte. Der Staat erleidet Ao im^ keine Steueretnbußen, versieht aber die Wirtschaft mit einem wertvollen Kredtttnstrument, da» geeignet ist, bi» bedarf», zur Durchführung zu bringen. , Mer Kayltel w 1^ept. Die Verordnung, die nach der Ä durch den Reichspräsidenten heut« abend der Oeffentlrchkett übergeben wurde, trägt den Titel „Ber. ordnung zur Belebung der Wirtschaft". Sie ist in vier folgende große Abschnitte gegliedert: 1. Maßnahmen zur Entlastung der Wirtschaft, 2. Sozialpolitisch« Maßnahmen, 8. Kreditpolttische Maßnahmen, 4. Finanzpolitisch« Maßnahmen. Dazu kommt dann noch di, zweite Verordnung, die nicht vom Reichspräsidenten, sondern von f "" . enthält vor allem die Regelung der ^den Kosten der Krisen-^nd^h^fahrtS^nttchützun^ Fragen und hat mehr den Charakter einer > Beschäftigungsprämie allein würde sich nicht auSrä MS Maßstäbe für die Aushändigung von Steuergut. scheinen sind besonder» produktionshemmend« Belastungen gewählt worden, die Umsatzsteuer und die Realsteuer, Grundsteuern und Gewerbesteuer. Die Realsteuern können nach ihrer besonderen Stellung im Steuersystem auf den Reinertrag keine Rücksicht nehmen und müssen daher gerade in krisenhaften Zeiten die Produktion besonders belasten. Das gilt in erster Linie für die Gewerbesteuer; e» gilt aber, jedenfalls gegenwärtig, in weitem Umfange auch für die Grundsteuer. Die Umsatzsteuer soll allerdings bestimmungs gemäß im Enderfolge auf den letzten Konsumenten abge stellt werden. In allen den Betrieben, die »hn« Gewinn oder sogar mit Verlust abschließen, bleibt aber die Umsatz steuer im produzierenden Betriebe stecken und belastet da- durch die Produktion unmittelbar. Dadurch rechtfertigt sich auch die Einbeziehung der Umsatzsteuer, die auf dem derzeitigen hohen Satz von 2 Prozent auch rächt mrf un beschränkte Zeit bestehen bleiben kann, in bi« Maßstäbe für di« Aushändigung der Gteu«rgutsch«tne. Gteuergutscheine sollen in Höhe dorr 40 Prozent in der Zeit vom 1. Oktober 1982 bl» 30. September 1938 ällig gewordener und entrichteter Umsatzsteuer, Gewerbe teuer und Grundsteuer gegeben werden. Wer also in der vaglichvn Zett 1000 RM. Umsatzsteuer, 200 RM. Grund teuer und 400 RM. Gewerbesteuer zählt, bekommt 840 Reichsmark Steuergutschetn«. Ist «in Steuerpflichtiger in dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf Ausgabe «ine» Steuergutschetn«» entsteht, mit Steuern im Rückstand«, so kann die Ftnanzkafle den auSzugebenden Stemrgutschein direkt behalten und al» Sicherheit t. S. der ReichSaLgtLen- ordnung behandeln. Da- wird z. «. drum in Frage koml men, wenn jemand von 1200 RM. Umsatzsteuer, di« er an sich zu zahlen hat, nur ISO NM. bezahlt. Denn dievov- au»s«tzung str di« Aushändigung von Sttu«vsutsch<in«n Auer Tageblatt --"E Anzeiger fiir -as Erzgebirge —""""""" "Ech" V-k-m-mochung-n »« «.». Mnkgnich., 2r. Jahrgang erordnung, di« nicht schließlich ein« sehr fühlbare Entlastung aller öffentlichen der, Reichsregierung Haushalte, besonders der Haushalt« der Gemeinde von v»»«rn uno yar mryr oen «Lyaraner einer! T"?WA"gSverordnung zu den Ermächtigungen, die der Reichspräsident der NeichSregierung in seiner Verordnung