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Wöckentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerations- Preis 22j Sgr. (f Thtr.k vierteljährlich, 3 Thaler für das ganze Jahr, ohne Er Höhung, in allen Tkeilen der Preußischen Monarchie. für die Man pränumerirt auf diese» Beiblatt der Mg-Pr. Staats- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post - Acmtcrn. Literatur des Auslandes. 113. Berlin, Freitag den 20. September 1833. Frankreich. Napoleon als Architekt. Lin Beitrag zur Charakteristik Napoleon's. (Aus der Revue üe Ruriti.) Die Steine erheben, suchen und nähern sich mit erneuter Thä- ligkeil rings um unsrre im Bau unterbrochenen Pariser Denkmäler. Das Budget dieses Jahres hat der Stimme der Architektur Gehör ge schenkt. Die Säule aus dem Vcndümc-Platze, welche unsrre Dichter mit einer Königin in Trauer vergleichen könnten, die ihre Stirn mit einem neuen Diadem schmücken soll, ist mit einer Statue gekrönt werden, welche das Ange der Phantasie niemals ausgehörl hat aus ihrem Gipfel zu sehen. Ls ist dies ein von den Herren Pcrcicr und Fontaine sehr günstig gewählter Augenblick, um ein Wert heraus- zugcben, welches nicht allein die Architektur, sondern auch die Ge schichte intcressirt; wir sprechen von derParallele zwischen den vorzüglichsten Hauptstädten Europas, ein prachtvolles Werk, weiches von schönen Zeichnungen begleitet sehn wird. Vitruv wollte, Laß der Architekt zugleich Schriftsteller und Zeichner, Naiursvrfcher und Mathematiker, Geschichlskundiger und Philosoph sehn sollte. Dies Alles sind die Herren Perrier und Fontaine in ihrem Werke. Wenn man liest, was sic mir wahrem Künstler-Enthusias mus erzählen und beschreiben und in den angcsügten Plänen ihre Ideen deutlich ausgefuhrl sieht, so überzeugt man sich besonder« bei Lem Auszählcn der vielen Denkmäler, durch die Paris seil dreißig Jahren verschönert worden ist, daß die beiden Architekten Navoleon's würdig waren, seine großartigen Entwürfe zu verwirklichen. Nachfol ger der Philibert Delorme, der I. Goujon, der Pcrranlt u. f. w. wußten sie dem Helden, der Paris zur Hauptstadt Europa'« machen wollte, beständig zu beweisen, daß die Französische Kunst nm der Französischen Tapferkeit und seinen riesenhaften Plänen gleichen Schritt hielt. Wir wollen durch einige Auszüge einen Begriff von dem schö nen Werke geben und zuvorderst schildern, wie dec Palast de« Kö nigs von Rom sich gestaltet haben würde, wenn da« Glück nicht müde geworden wäre, Napoleon zu folgen, als er das Russische Ge biet betrat. Es ist merkwürdig, wahrzunehmcn, wie sich der General Bo naparte, ans Aegypten zurückgetehn, zuerst mit dem bescheidenen Landbause Malmaison begnügt; und wie dann nach Marengo, nach dem Konkordat von Lyon, nach der Einnahme von Wien sich da« Programm seiner Architekten immer anders gestaltete, je nachdem es daraus ankam, für einen ersten Konsul oder für einen Kaiser Ein- richtungcn zu treffen. Es bandelte sich nun nicht mehr bloß darum, Malmaison zu vergrößern, sondern auch um die Ausbrsseriing der Schlösser der Tuilericcn, des Louvre, El. Cloud, Fontainebleau, Compicgnc, Rambouillet, Versailles, der beiden Trianons n. s. w., nnd endlich auch um die Erbauung eines Palastes, der mit den, Ludwig s XIV. welleisern sollte, des Palastes des Königs von Rom! Wir lassen nun die Herren Percier und Fontaine selbst sprechen: „Die Lage und der allgemeine Plan des Palastes des Königs von Rom würden schon einen großen Vorzug vor Versailles gehabt haben. Der Eingang von der Südseite würde im sanften Abbange links und rechts von dem Pont d'Jcna bis nach dem Vorhose geführt worden sehn, von wo qus jeder Seite de« Hose« die Wagen unter einer bedeckten Säulenhalle bis an den Fuß der beiden großen Trep pen hätten fahren können. Zwischen diesen Kolonnaden nnd den Dicnstgrbänden würde auf der einen Seite der Hof der Minister, ans der anderen der der Prinzen gelegen haben. Zwei andere große längliche Hose, von Gebäuden umgeben, würden zur Hälfte für die Küchen, Speisekammern u. s. w/und zur anderen Hälfte für die Pferde, Remisen n. s. w. bestimmt gewesen sehn, wobei auf geräu mige Wohnungen für die ganze Dienerschaft des Prinzen Bedacht genommen worden war. Alle diese Seiten- und Nebengebäude wür den mit dem Haupt-Palaste durch große Gallericen in Verbindung gestanden haben. Zn kleinen einzelnen Pavillons vor den Rampen hätten die Portiers und Aufseher gewohnt. Eine große Halle, in glei cher Höhe mit der zweiten Rampe, würde im Winter alle Orangen bäume tind exotische Gewächse aufbewahrt haben. Der Haupt-Palast hätte die Gestalt eines großen Parallelogramms, in dessen Mittelpunkt rin großer Saal zu den Festlichkeiten eingerichtet worden sepn würde. Zwei kleine Höfe, links und recht« von diesen! großen Saal, würden die Treppen, die Kapelle, das Theater und alle Verbindungen des inneren Dienstes erleuchtet haben." „Der große Audienz- oder bhrensaal würde die ganze südliche Seile eingenommen haben; in dem nördlich liegenden Theil de« Pa lastes würden auf der einen Seite die Zimmer dcS Kaisers, aus der anderen die der Kaiserin gewesen sepn. Der mit Mauern umgebene Garten, der sich terrassenförmig über die Ebene erhoben hätte, würde sich bi« zu dem Boulevard erstreckt haben, über den eine Brücke in Form eines Triumphbogens nach dem ersten Park der Ebene geführt hatte, von wo maii durch die Fasanerie und Menagerie nach dem Boulogncr Gehölz gelangt wäre." „Difs war der allgemeine Plan, den der Kaiser selbst angege ben batte, und nach dem mehrere Erd- und Maucrarbeiten bereit« begon nen waren. Diejenigen, welche sich diesen im Umsange dem von Ver sailles gleich kommenden Palast aus einem Hügel, der den schönste» Theil der Hauptstadt beherrscht, denken können, werden unsere An sicht lhcilcn, daß dieses Gebäude das außerordentlichsie Denkmal un seres Jahrhunderts gewesen sepn würde. Sie werden es auch ent schuldigen, daß wir mehrere Jahre bindurch an dle Verwirklichung eines so schönen Traumes glauben konnten, und sie werden nicht umbin können, zu bedauern, daß wir später dazu verurtheilt wurden, unser eigenes Werk zu cnlsteUen. Ein Blick ans unsere Pläne wird ihnen zeigen, daß wir gezwungen waren, eine Arbeit zu unternehme», die, indem sie unsere Illusionen zerstörte, der gänzlichen Vcrzichtlci- stung aus einen Plan, der uns so sehr geschmeichelt hatte, nur kurze Zeit voranging." „So unheilvoll auch der Russische Feldzug im Jahre 1812 sür Frankreich gewesen war, so halte doch diese« furchtbare Ereigniß die Ausdehnung uitd die Pracht unserer Pläne nicht vermindert. Die Arbeiten an dem Palaste waren nicht aufgcgeben, nur etwa« langsa mer betrieben worden i nnd dieser Umstand, der bei jedem Anderen vielleicht von übler Vorbedeutung gewesen wäre, gab uns im Ecgen- thcil die Ueberzeugung, daß der Kaiser, so vielen Hindernissen zum Trotz, fest entschlossen sey, da« begonnene Werk fonzusetzeu. Aber im folgenden Jahre nach der Niederlage bei Leipzig mußte Alles ver ändert, Alle« mvdifizirt werden, und e« kam nun nicht mehr darauf an, einen Palast sür den König von Rom, eine große Residenz sür einen mächtigen Sonverain, sondern ein kleine« SanS-Souci, einen stillen Aufenthalt für einen Rekonvaleszenten zu bauen." „Als sich Napoleon nach zwei erlittenen Niederlagen so aus drückte, wollte er wahrscheinlich in dem Schicksale Friedrich« de« Gro ßen, obgleich sehr von dem seinigen verschieden, etwa« Analoge« mit dem seinigen finden. Da« Schloß, welche« jener philosophische Fürst sich bei Berlin unter dem Namen SanS-Souci hatte bauen lassen, schien ihm ein Modell sür dasjenige zu sepn, auf welches sich zu be schranken ihn die Umstände zwangen. Wir führten seine Befehle aus." „Unsere Pläne waren kaum beendigt, der Kaiser halte sie ge billigt, und wir trafen eben einige vorbereitende Anstalten zur Aus führung, als die Einnahme von Paris, die Abdankung des Kaiser«, seine Verbannung nach der Jnsei Elba allen unseren Täuschungen und allen unseren Hoffnungen ein Ende machte. Am Z1. Mai 18l4 wurden da« Reich Napoleons und der Palast, welcher der Wohnsitz seiner Macht und seines Ruhmes werden sollte, aus immer zerstört. Denn wir dürfen das, was nachber noch geschah, nicht zu der Zahl der sür jene« Gebäude unternommenen Arbeiten rechnen." „Obgleich wir nach der Rückkehr von der Insel Elba und wäh rend der hundert Tage den Befehl erhielten, die Arbeiten von Chail- lol wieder auszunebmen, und obgleich eine ziemlich bedeutende Anzahl von Arbeitern dabei beschäftigt wurde, so war es uns doch unmög lich, uns noch einmal de» Illusionen des entschwundenen Traumes zu überlassen. Wir konnten uns nicht dazu bewegen, an die Rückkehr eines in der Geschichte unerhörten Glückes zu glauben. Wir waren überzeugt, daß Alles vorbei sey, und doch mußten wir die uns gege benen Befehle aussübrcn. Unsere Bemühungen und die von ganz Frankreich in jener verhängnißvollen Epoche können als die Wirkun gen der letzten Bewegungen des ungeheuren Kolosses betrachtet werden, den alle Mächte Europas vereinigt umgestürzt hatte», und den ste vernichtet zu haben glaubten. Er batte sich allein, ohne Hülfe, wieder aufgerichtet und die Mittel gesunden, sic noch einmal besorgt zu machen. Erst nach einer vierten Niederlage, nach der Schlacht bei Waterloo, konnte Europa von der gänzlichen Vernich tung einer Macht überzeugt seh», zu deren Untergang es sich mit seltener Eintracht verbunden hatte." „Es kömmt uns nicht zu, irgend eine Betrachtung über die Ur sachen oder über die Folgen einer so ungeheuren Reihe von Un glücksfällen zu wagen. Der Mann, der als erstes Opfer derselben