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Dresdner Journal : 05.09.1866
- Erscheinungsdatum
- 1866-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186609057
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18660905
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18660905
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1866
-
Monat
1866-09
- Tag 1866-09-05
-
Monat
1866-09
-
Jahr
1866
- Titel
- Dresdner Journal : 05.09.1866
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V 205 18«« Mittwoch, den 5. September. Abmmrmnitapretfe: Vres-nerHomMl Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann !» »»» — Nichtamtlicher TheU Wildenfels. Barsennachr Lelegrapyische Nachrichten. 4 9 2 Die Zahlen haben von jeher bei allen Völkern in der geheimen Wissenschaft eine grohe Rolle gespielt. Man bediente sich derselben, um sich von der physischen An schauung zu der abstrakten zu erheben und Lehren ge heim zu halten, die Uneingeweihten verborgen bleiben sollten. Wie die Muhammedaner die gleichen Zahlen in dem Quadrat, 2 468, als einen Talisman für gute Absichten betrachten, so schreiben sie den ungleichen, 13579, eine nicht minder magische Kraft für böse Zwecke zu. Diese Zahlen werden dann ost durch Buch staben nach ihrem numerischen Werthe auSgedrückt, so: zu verstehen feien, und diese gebiete der Prophet nach zuahmen und sich zu bestreben, Gott ähnlich zu werden. — Die neunundneunzig Namen der göttlichen Attri bute sind folgende: clamation des Präsidenten wegen der Matamoros. Schleswig-Holstein, (vermischte») Dre-dner Nachrichten. Provinziolnachrichten. (Leipzig. Riesa. Altenberg.) Vermischte». Statistik und volkswirthschaft. Fenistetan. Inserate. Lageskaleader. richte«. i» tritt 1>o,t ». ich nun den Beutel diese» Manne» raubte, auf welchem der Thronvers steht, so würde durch Verachtung der Wissenschaft und ihrer Vertreter eine religiöse Idee in seinem Herzen untergraben werden, und ich habe keine Lust, mir so etwas zu Schulden kommen zu lassen." Außer den bereits erklärten Inschriften liest man noch auf dem Rücken der Säbelklinge sechsmal da» Wort d'ckuck, das sogenannte Siegel de» Abu Said. Diese» Siegel bildet ein Quadrat, in welchem die Zahlen 1—9 in drei Reihen durch zwei horizontale und ebenso viel verticale Linien getrennt, je drei und drei so unter ein ander stehen, daß, in welcher Richtung sie auch addirt werden, die Summe immer dieselbe ist, so: lung de» alleinigen Gottes, im Gegensatz zu den heid nischen Götzen, der Thronvers genannt, derselbe, welcher mit dem Medaillon die ganze linke Seite der Säbelklinge einnimmt und so heißt: „Allah ist Gott, es ist kein Gott außer ihm, dem Erhabenen, dem Ewi gen; ihn überfällt kein Schlummer und kein Schlaf; ihm gehört, was im Himmel und auf Erden ist. Wer wird bei ihm fürsprechen ohne seine Erlaubniß? Er kennt daS Gegenwärtige und das Vergangene, aber sie begreifen nichts von seinem Wissen, außer was er will. Sein Thron umfaßt den Himmel und die Erde, und die Erhaltung derselben wird ihm nicht schwer; er ist der Erhabene, der Große." — Dieser VerS gilt den MoS« lemcn als ein mächtiges Schutzmittel gegen Zauberei, Ver lust, Schaden und Verletzung, kurz als ein Unterpfand des Glück». Ihn täglich nach den von dem Gesetz vor- geschriebenen Gebeten herzusagen, halten sie für beson ders verdienstlich; er wird am Siechbette für die Ge nesung des Kranken und am Grabe für die Ruhe drS Todten vorgelesen. Man findet ihn aus allerhand Ge- räthen, Waffen, Helmen, Schmucksachen und Leichen steinen. Wie tief dieser Aberglaube mit den religiösen Gesühlen in dem Herzen de» Muhammedaners festge wurzelt und innig verschmolzen ist, zeigt folgende Anek dote in einer Handschrift der königl. Bibliothek zu Dres den. Ein Raubritter hatte einst eine Karawane geplün dert und unter der Beute einen Beutel mit Geld ge funden, auf welchem der Thronvers geschrieben stand. Er ließ den Beutel in der Karawane autrufen und ihn dem Eigenthümer zurückgeben. Seine Gefährten machten ihm deshalb Vorwürfe; er aber antwortete: „Ich nehme Lea Leuten ihr zeitliches Gut, nicht ihren Glauben. Dieser Mann hat die Glaubenslehrer sagen hören, daß Gott etwas beschützt, wenn der Thronvers darüber ge lesen wordea ist oder darauf geschrieben steht. Wenn Berlin, Dienstag, 4. September, Mittag». (W. T. B ) Der FriedenSabschluß zwischen Preußen und Darmstadt ist gestern Pittag hier erfolgt. — (N -Z ) Die Großfürstin Marie von Rußland und der Herzog von Leuchtenberg haben heute Abend die Reise nach Karlsruhe rc. fortgesetzt. — Nachdem der Kursürst von Hessen im „Hotel de Prüfst" zu Stet tin Wohnung genommen hat, ist sein bisheriger Hof staat im dortigen Schlosse aufgelöst worden und sind auch schon die königlichen Wagen, Pscrde rc. nach Ber lin zurückgeschafst worden. — Der Ministerpräsident Graf Bismarck conferirte am Sonntag mit dem Bot schafter Grafen v. d. Goltz und später mit dem russischen Gesandten, v. Ubril. Auch der Prinz Nikolaus von Nassau machte im auswärtigen Amte seine Aufwartung. — Mit dem französischen Botschafter Benedetti sind auch die Ministerialdirectoren Barbier und Ozcnne wieder nach Paris zuiückgereist. — Dem „L. Tgbl." wird von hier geschrieben: Die Verhandlungen mit Sachsen sind so ziemlich ganz ins Stocken gerathen. Man sah sich auf sächsischer Seite genöthigt, neue Instructionen aus Wien zu ho len, von wo denn auch neue militärische Unterhändler angekommen sind. Hoffentlich nehmen nun endlich die Unterhandlungen bald einen rascher» und gedeihlichen Fortgang. Graf Bismarck hält bis jetzt noch zäh an den gestellte» Forderungen fest und hat sich selbst durch die lange und ernste Unterredung, die der französische Gesandte Benedetti mit ihm wegen SachsenS hatte, nicht irre machen lassen; denn, was man auch sagen mag, von französischen selbst leisen Drohungen ist nicht im Entferntesten die Rede gewesen, und Drohungen, wenn man es mit diesen versuchen sollte, dürften bei ihm die Sache für Sachsen eher verschlimmern als verbessern. Uebrigens muß man gestehen, daß Sachsen viele gute Freunde hat, die ihm gern nützlich sein möchten. Daß Oesterreich nicht aufhört, hier für Sachsen zu wirken, dürfte sehr leicht erklärlich und wohl auch vollkommen gerechtfertigt sein; von Frankreichs „guten Diensten" ist bereits die Rede gewesen, und alle Zeitungen sprechen davon; ich höre aber auch, daß selbst von England auS und von noch mancher andern Seite her Fürsprecher für Sachsen hier eingetroffen sind. Das ist für das schöne Land und seinen vielgeprüften König gewiß sehr ehrend, aber es verzögert den für beide Parteien, für Sachsen und Preußen, so dringend nöthigen Abschluß des endlichen Friedens. — Die „N. A. Z." schreibt: Der „Publicist" bringt unter Berlin, den 3l. v. M., die Nachricht, daß die königliche Regierung der Gesandten Prinzen zu Isen burg mit dem vertraulichen Auftrage nach Hannover gesandt habe, um I. Maj. die Königin Marie auf dem Schlosse Herrenhausen zu bestimmen, Ihren Auf enthalt außerhalb des Königreichs Hannover zu nehmen. Diese Nachricht ist ohne jede Begründung. Es hat weder eine Sendung des Prinzen von Isenburg zu diesem Zwecke stattgefunden, noch sind überhaupt Verhandlungen wegen eine- Wechsels des Aufenthalt- Ihrer Majestät der Königin Marie geführt worden. Ob Allerhöchstdieselbe bei irgend einer Gelegenheit er klärt hat, „nur der Gewalt" weichen zu wollen, wie der „Publicist" erwähnt, ist hier unbekannt. Jeden falls fühlt sich die königliche Regierung durch die An wesenheit Ihrer Majestät in Hannover nicht bewogen, derselben einen Zwang in Betreff des Aufenthaltes aufzulezen. — Wie die „N. P. Ztg." meldet, ist der Einzug der heimkehrenden Truppen in Berlin auf den 20. und 21. September festgesetzt. — (St.-A.) DaS Herrenhaus ertheilte in seiner heutigen (fünften) Sitzung der Verordnung vom 10. April 1866 wegen Abänderung der Tarasätze für Zucker und dem Gesetzentwürfe wegen Ausgabe von Talons zu den Rentenbriefen der Paderbornschen und EichS- feldschcn TilgungSkasse seine verfasiungSmäßlge Zustim mung, sowie infolge des 15. und 16. Berichtes der Staatsschuldencommission, für die von der Staatsschul- dentilgungskasse, der Controle der Staatspapiere rc. gelegten JahreSrechnung pro 1863 und 1864 die vor schriftsmäßige Decharge. — Die Commission des Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Lagrsgeschichte. Berlin: Tagesbericht. Die Verhand lungen mit Sachsen. Keine Verhandlungen mit der Königin von Hannover. Einzug der Truppen fest gesetzt. Kammelverhandlungen. — Thorn: Kriegs gefangene entflohen.— Wien: Hofnachrichten, lieber den Frieden-vertrag. Standrecht wegen Raub. Aus nahmezustand in Olmütz aufgehoben. Zur Seeschlacht bei Liste. — Mitterndorf: Besuch der Kronprin zessin von Sachsen im sächsischen Feldlazareth. — Triest: Der Kaiser erwartet. Die Kaiserin von Merico. — Lemberg: Eisenbahneröffnung. — München: Die auf Kriegsdauer ernannten Offiziere. Rede v. d. Pfordten's im Reichsrathe. — Nürnberg: Abschiedsproclamation des Großherzogs von Mecklen burg. — Paris: Schreiben des Kaisers an den König von Italien bezüglich Venetiens. — Florenz: Vene tianische Schuldübernahme. Note bezüglich de» Frie densschlusses zwischen Oesterreich und Preußen. — London: Das alte Kabel aufgefunden. — Bonder »»serateaammhmr ««»wärt«. kn. , tocuwiiitocütt äs« Nresäos» ckoaru»I»i «bsväs».: 11 Lva,» k'oir, N«»U>- ». N.: N Voac.»« i N.rU» U»v»>v»'»eb« ltuckk , tim»»«»»»« » liore»« Lrsioso: L. 8c»c.or^»; Q. Vr^xoin'i^vlioossubur«««, 3««»» N ». N. öuebk.; NSIviäv. övl.l.1«, N 6o., (8, kl»c« 6« I» Lours«); kr»»: k'». Üuokh.; Vi«»: ^lc.. Orrm-ix. Keraasgrder: lval^l. Lip.ättiov äe« vrsiäu«» ckouruala, vrsiüsa, Ho. 7. »»lrritraprrtst: kitt äs» Raum asspattsu«« Toll«: 1 ktgr Vuvsr ät« 3 Ass» «rschttarar INglleh, mit äs» «vä ^bsuä» tttt ä«o 1°«« polnischen Grenze: Amnestirung. Ordensver leihungen. — Jassy: Ankunft de» Fürsten.-' Kan dis: Zur Lage.— New-Bork: Tagesbericht. Pro- Blokade von !» a»od»«»: Ndrlirb. «l'btt— tgjtbrliek! l „ 15 „ Üvlmtlioh:— „ 15 „ Liu»«1u» dluwwsru: 1 „ 5) regierend, V) umfassend, 7) mächtig, 8) wissend, 9) werfe, lO) mrtleidig, ll) sehend, 12) unendlich, 13) hervorbringend, 14) hörend, 15) genügend, I«) günstig, 17) erkenntlich, >8) Gott (Keöe), 19) einzig, 20) nachsichtig, 2l) herablassend, 22) been gend, 23) erweiternd, 24) lebendig, 2o) selbstständig, 20) hoch, 27) prächtig, 28) reich, 29) beschützend, 30) lobenswerth, 31) freigebig, 32) bestehend. 33) schnell, 34) beobachtend, 35) rech nend, 3«) bezeugend, 37) vergebend, 38) helfend, 39) verwal tend, 4V) Urheber, 4l) siegend, 42) fähig, 43) huldreich, 44) er fahre», 4b) belebend, 4«) ertüdtend, 47) der beste Herr, 48) der beste Seher, 49) bewahrend, 50) nahe. 51) erhörend, 52) stark, 53) rühmlich, 54) geliebt, 55) thätig, 5«) groß, 57) erhaben, 58) Ibeilnehmmd, 59) gütig, VO) schöpferisch, 61) erbend, 82) an gefleht, 63) erweckend, 64) edelmüthig, 65) Wahrheit, 6«) offen barend, 67) Licht, 68) leitend, 69) eröffnend, 70) wahrhaftig, 71) verzechend, 72) annehmend, 73) gewaltig, 74) laugmüthig, 75) versorgend, 76) mit Kraft begabt, 77) beständig, 78) rein, 79) großmäcklig, 80) dauernd, 8t) mit Ehre und Ruhm b«. gabt, 82) erst. 83) letzt, 84) offenbar, 85) verborgen, 8«) heilig, 87) Heil, 88) treu, 89) ruhig, 90) herrlich, 91) riesig, 92) stolz, 93) schaffend 94) gründend, 95) bildend, 9«) zerstörend, 97) wiederherstellend, 98) einig 99) ewia, der nicht gezeugt hat, noch gezeugt worden ist, noch seine« Gleichen hat In der Aufzählung dieser 'Namen weichen dir Mu hammedaner selbst von einander ab, und einige geben die Zahl derselben sogar bi- auf Eintausend und einen an, während andere wieder sie mit Rücksicht auf die sieben Himmel bi» auf sieben herabsrtzen. Was bei den Juden die Phylakterien, da- find bei den Muhammedanern in einem weitern Sinne des Wor tes gewtffr fromme Sprüche aus dem Koran; sie ver- treten die Stelle der Amulete und Talismane. Ei« solcher ist der 256. Vers des zweiten Eapitels, wegen der wahrhaft erhabenen, darin enthaltene» Vorstel- 3 8 Amtlicher LhcU. Dre»den, 22. August. Der Buchhändler Theodor Weigel zu Leipzig, Ehrenmitglied der kaiserl. Biblio thek zu Petersburg, hat dir Genehmigung erlangt, den ihm von 8r. Majestät dem Kaiser von Rußland ver liehenen StaniSlauSorden lll- Klaffe annehmen und tragen zu dürfen. Tagesgeschichte. * Berlin, 3. September. Ee. Maj. der König empfing heute (wie bereits in einem Theile der Auf lage unsers gestrigen Blattes telegraphisch gemeldet) den diesseitigen Botschafter am französischen Hofe, Gra fen», d. Goltz, zu einer längern Unterredung. Hieran schloß sich eine Conserenz mit dem Ministerpräsidenten Grafen Bismarck rc. — Der französische Botschafter Benedetti ist am Sonnabend nach Paris abgrreist. 7 6 5 1 Herrenhauses für HandelS- und Gewerbeangelegenheiten hat auf unveränderte Annahme de- Gesetzentwurf- wegen Erhöhung des StammcapitalS der preußischen Bank angetragen. — Das Abgeordnetenhaus hat heute die De batte über das Jndemnitätsgesetz fortgesetzt. Der erste Redner ist der Abgeordnete ve. Achenbach. Er spricht für den Eommftsiovsautrag. Der Abgeordnete Gurrst hat verlangt: Zuerst das Mimfterverautwortlichkeitsgesey und dann die Indemnität. Ich frage Hrn Gneist: Was soll daS Mtllisterveraviwortlichkeitsgesetz gegen die Präfectenwirthschast welche er bei uns an ollen Orten sieht, nutzen? Hat daS Mi- «isterverautworUichkectSgesetz in Frankreich 1848 vor der Prä- fecteuwirthschaft bewahrt, hat es den Thron vor der Revolu tion geschützt? Nur der Geist der Nation ist die sicherste Stütze und wir können stolz daraus sein, daß dieser Geist der Nation bei uns iu reichlichem Maße vorhanden ist. Ich be schwöre Sie, meine Herren, geben Sie den Widerstand gegen die Indemnität auf und losten Sie uns zusammenwirken, ge meinsam, nm aus dem Boden der Verfassung neue und bester» Verhältnisse wieder herzustelleo. (Lebhaftes Biavo rechts, Zi schen links.) Abg. Frhr. v Hoverbeck wendet sich zunächst gegen die Aeußeruugeu der Reouer, welche am Soanabcud für den Com- misslonSantrag gesprochen haben. Unsre Forderungen waren von jeher sehr maßvoll Ich für mein Theil hätte gewünscht, die frühere Majorität wäre noch entschiedener ausgetreten. Abg. Itt Gneist hat meines Erachtens den Rechtsstandvunkt klar entwickelt. Für seinen Hinweis auf die großen Gefahren, die uns erwachsen, weun wir nicht consequent und unbedingt die Verfassung schützen — auch gegen das Jndemnitätsgesetz — haben wir ihm dankbar zu sein. (Bravo links — Widerspruch rechts.) Läßt das Volk von der bisherigen strikten Geltend machung seines Rechtes ab, so wird es au seiner sittlichen Würde Einbuße erleiden Der Hr. Ministerpräsident Hal am Sonnabend sich iu milder Form geäußert, auch ich werde in gleicher Weise aus seine Rede eingehen. Er sagt: die Fluth ströme jetzt zu seinen Gunsten; aus Fluth kommt Ebbe, und ich will wünschen, daß den Ministern diese Stimmung, wie sie jetzt herrscht, immer bleiben möge. Mir scheint, als hätten die auswärtigen Fragen mit ihren großen Verlegenheiten wesent licher dazu belgetragen, das Gesetz vorzulegeu, als die Freude am Gesetz selbst. Der Hr. Minister sagt, er glaube nicht, daß ein Gerichtshof des Staates das Ministerium verurtheilt, weun es augeklagt wird- Das glaube ich auch, denn einer der An geklagten besetzt den Gerichtshof, und reichen die gewöhnlichen Richter nicht aus, so giebt es ja noch Hilfsarbeiter sürs Ober- tribunal. (Bra-o links. Zischen rechts!) Indemnität würde ich ertheilen können, wenn die Regierung in ihrer ganzen Po litik , namentlich auf dem Gebiete der Bcrwaltuug, zeigt, daß sie ernstlich das Recht will Davon sehe ich nichts Noch jetzt schmachten Männer im Gefängnisse, die blos Das für die aus wärtige Politik forderte«, was die Regierung selbst ausgeführt hat. Wir erwarten Amnestie, aber vergeblich, und die Regie rung fordert trotz Alledem Indemnität. Ich kann sie nicht er- theilen! (Lebhaftes Bravo links — Zischen rechts.) Abg. Lasker: Die Regierung soll gegenwärtig um des halb von den Folgen der budgetlosen Regierung befreit werden, weil sie eben emgefteht, sie könne aus der Lückeutheorie nicht herauskommen Drei Wege giebt es, dem Zustande abzuhelseu: Die Strafe, die Guade und das Gesetz. Den ersten Weg will das Haus nicht, den zweiten kann es nicht einschlage«; nach meiuer Ansicht tann es nur deu dritten Weg beschreiten, weil eben das RechtSgefühl des Volkes befriedigt ist. Der Kampf hat sich bisher darauf gestützt, daß man der Ansicht war, daS Volk könne die Lasten nicht tragen, welche der Militäretat fordere. Die Gegenwart zwingt mich jedoch, zu gestehen, daß für mich 40—50 Millionen keine Rolle gespielt hätten, wenn ich geahnt, daß die Sache so zur Entscheidung kommen würde, wie sie eben entschieden ist. Die Militärreorgaoisation steht uns nicht mehr rm Wege, da diese Angelegenheit durch da- Norddeutsche Parlament erledigt werden wird. Will man nur den Kredit und nicht die Indemnität bewilligen, so tritt der Credit an Stelle des Budgets von 1866 und man gelangt auf den Boden der Verfassung. Nur durch Einigkeit gelaugt man zur Freiheit, darum empfehle ich Ihnen die Genehmigung der Indemnität, um zuerst die Einigkeit zu schaffen und durch sie die Freiheit zu erlangen. Eine große Zeit muß auch ein gro ßes Geschlecht finden. (Bravo!) Abg. Schulze (Berlin): Die großen Erfolgt nach außen ändern die Verhältnisse im Jauern nicht; sie haben zwar eine versöhnliche Stimmung erweckt, aber dcvor die Staatsregie- rung nicht mit dem alten System gebrochen, können wir nicht zur Versöhnung kommen. An dem alten System ist nichts ge ändert, und d,es alte System nimmt sich überaus kleiulich ans, gegenüber der großen Zeil nnd den großen Erfolgen. Es heißt: das sei eine Zeit, daß man einer neuen Aera eutgegen- schreitet, und wir sollten diese neue Aera freudig begrüßen ? Ja, meine Herren, ich sehe noch keine solche neue Aera. Wer hat denn diese großen Erfolge erreicht? Doch nur das Volk; und darum darf man keinen Mißbrauch mit diesen großen Er folgen treiben. Das Versprechen des Ministerpräsidenten stellt ein Entgegenkommen iu jeder Art iu Aussicht, wir sehen aber bis jetzt noch nichts davon. Da können auch wir nicht von unserm Standpunkt abgehen, und ich hoffe, die Wider standskraft des Volkes wird uns stützen, wird wie 1813 an dem Rechte festhaltev. Die Wahrung uuserS Rechtes im Innern ist keine Lähmung der Kraft PreußeuS noch außen. DaS Volk läßt sich durch die Glorie nicht betdören, sein Recht auf- zugebeu. Ich bin überzeugt, die große Mission Preußen« hätte sich erfüllt, hätte sich das Ministerium nicht vor die Maiultme gestellt. (Bravo link«, Zischen rechiS.) Ler Friede im Jnveru wird voükvmmner sein, weun das Volk au seinem Rechte sesthält, und er wird deu äußern Erfolgen die Krone aussetzeu. Darum fordere ich Sie ouf, lehnen Sie die Ju- demnctät ab und helfen Sie dazu, der Staatsregieruug klar zu machen, auf welche Weise der Conflict allein gehoben wer den kann. Das ist mehr werth, als wenn Sie dem Ministe rium einen Credit von imhrern Hundert Millionen gewähre». (Lebhaftes Bravo liuks, wiederholtes Zischen rechts.) Mioister des Jnaeru, Graf zu Eulenburg: Vor Jah re» habe ich Ihnen schon gesagt: Lasten Sie ab von dem Be streben, die Miltärrcorganisalivn zur Budgetfrage zu machen. Jetzt ist mellle Warnung zur Wahrheit geworden. Glauben Sie mir, es lag nicht in der Möglichkeit, ander« zu handelu, denn wir kämpften für eine gute Sache und mußten so han deln. Wir waren fest überzeugt, daß die Stellung, die Preu ßen in Deutschland einnohm, keine ihm gebührende war. Wir waren damals von gewißem Gioßmachtskitzel durchdrungen! (Heiterkeit) Wenn solche Ausführungen, wie der Abg. Lasker sie heute gethan, fallen, dann ist es Zeit, die Hand zum Frie den zu bieten und um Indemnität zu bitten. Hätte» wir vor eioem Jahre darum gebeten, daun wäre es keine Versöhnung gewesen, dann waren wir die Besiegten. Jetzt sind wir stark, stärker als früher, und darum können wir jetzt die Haud bie ten. So schwarz, wie Hr. Schulze die Zustände im Lande sieht, sind sie uicht. Sie sprechen von Garantien: gewähren Sie uns d.e Indemnität, bewilligen Sie unS den Credit, so zwingen Sie dadurch die Regierung, Ihnen mehr euigegenzn- kommcn, als Sie denken. Es ist kein bloser Waffenstillstand, welchen wir verlangen, sondern die Indemnität, um bereu Ertheilnng wir Sie angehen, soll, wie Sie aus dem Muude de« Hrn. Ministerpräsidenten vernommen haben, wirklich die Präliminargrundlage zu einem wahren, dauerhaften und frucht baren Frieden sein zwischen der Regierung und der Volks vertretung. (Bravo! auf beide» Seite» des Hauses.) Der beantragte Schluß der Debatte wird abgelchut. Es folgt (an Stelle des Grasen Bethusy-Huc) der Abg. v. Vincke (Hagen): Kaum ist die Adresse beschlossen, so höre» wir geharnischte und lange vorbereitete Reden, die nicht Ver söhnung wollen. Die Zusammensetzung des Hauses beweise die Veränderung der öffentlichen Meinung Redner vergleicht die von Schulze und einigen andern Abgeordneten vor den Wah len erlassene Erklärung m,t den Worte» der Adresse und mrt seiner heutige« Rede. Ter Vorredner habe der preußischen Nation den Großmachtkitzel austreibeu wollen, die preußische Nation habe bewiesen, daß sie eine Großmacht sei; was der Natiunalvcrein vergebens versucht, habe die Regierung und da- Heer erreich». Mao wüste auch des großen Geschickes der aus wärtigen Politik gedenken. Tapfer se» das Volk immer ge wesen, aber eine auswärtige Politik habe Preußen seit Friedrich dem Großen erst jetzt wieder, eine Politik, die die Gelegenheit ergreife, die Erfolge ansuütze uud im Siege Mäßigung zu be- wakrcu wisse Los von Oesterreich, da« sei stets das Ziel des Ministerpräsidenten gewesen. Weun er auch nur Gelegenheiten benutzt habe, so sei dre bisherige Geschichte unsrer Diplomatie nur eine Reihe von unbenutzten Gelegenheiten. Auch diese auswärtige Politik habe beigetragen, einen Umschwung der dffemlichen Meinung herbeizufülre«. Redner führt zum Be weise frühere Aeußerungen verschiedener Mitglieder (Wagener, Schulze-Berlin) aus dem stenographischen Berichte an. Mau möge letzt die abgemachten Dinge ruhen lasten und den Weg mit der Regierung zosammengehen zur Lösung der Aufgabe« der Gegenwart. Sehe man die Nörgeleien fort, so werde mau die Achtung des Auslandes über die Auerkennnng der Armee hinaus uicht gewiuoeo, und dem üdrigeu Deutschland den Ein tritt in den engen Verband mit uns nicht einladend mache». Die versöhuliche Thronrede nach dem Siege sei die That eines deutschen Königs, man möge in die gebotene Hand einschlageu. Die Verfassung müsse man bewahren, aber die Feststellung der Indemnität sei die beste Sicherung der Verfassung. Eiu chat- sächliches Entgegenkommen liege in der Anerkennung des bis her altcrirten VerfaffungSrechles, das sei ein Ausangen bei dem wichtigsten Punkte, die andern würden Nachkommen, wie au« deu Rede« der Minister obzunehmeu. Was den Mangel eiueS Verantwortlichkeitsge etzes augehe, so gebe es doch neben der Möglichkeit der Strafe des Geldverlustes ein Moment der per- söulichen Ehre und einer moralischen Verantwortung. Eine große praktische Wirkung verspreche er sich von dem Mmifter- verantwortlichkeitsgesetze nicht. Genützt werde durch Ablehnung deS Gesetzes weder dem Lande, noch der Verfassung, am wenig- sten der ablehnenden Partei. Es handle sich letzt um die Exi stenz des Vaterlandes, wenn mau den Frieden herstelle; dies Gefühl möge leitend sein. Der Schluß der Debatte wird nun angenommen und der Referent Abg. Twestcn erhält das Schlußwort, in welchem er die Debatte resumirte und die Commis sionsanträge vertheidigte. Derselbe schließt seine Rede mit folgenden Worten: „Wenn wir di» Ertheilung der Indemnität ablehne«, dann wäre ein Bruch da, eiu vollstäudiger, uie wieder gut zu machen der Bruch zwischen der Regierung und diesem Hanse. Ein Feuilleton. Die arabischen Inschriften t» der ßöutgl. »tmäldegalrrie und dem «rüuen «rwölde, eiu Beitrag zu deu Katalogen beider Kunstsammlungen von Lari H. Schier. (Schluß au« Nr. 204.) Das zweite Medaillon enthält einen Anruf Gotte- unter den folgenden sieben Namen: „O Herr der Herrschaft! O Höchster! O Barmherziger! O Strahlender! O Gütiger! O Mitleidiger! O Vergelter!" — Der Muhammedaner ruft Gott un ter mehrer« Namen an, wie ibm ausdrücklich im Koran geboten ist. „Gott hat die schönsten Namen", heißt es im 7. Kapitel, „ruft ihn mit denselben an." Diese Namen aber bedeuten nicht- Andere- al» Gotte- Eigenschaften und Vollkommenheiten und haben im Orient zu ähnlichen Streitfragen Veranlassung ge geben, wie im Abendlande von den Nominalisten und Realisten über die Universalien aufgeworfen worden sind. E» würde zu weit führen, die muhammedanische Lehre von den Eigenschaften Gotte» hier auseinander zu setzen. Während Gott seinem abstracten Wesen nach schlechthin „Er", nämlich „Gott" heißt, zählt man nicht weniger als neunundneunzig Attribute, durch welche diese» Wesen sich offenbart, und bezeichnet sie mit ebenso viel Namen, ohne den sogenannten groben, unaugsprech baren Namen, mit welchem nach der Tradition Christ»» seine Wunder that. In der Ueberzeugung, sich dadurch den Eingang in da» Paradie» zu eröffnen, betet man diese Namen fortwährend her und bedient sich dazu eine» Rosenkränze». Geistiger faste« Ander« den Sinn enA» Gebot» auf, indem sie lehre», daß unter den Na« m«l Gotte» seine Eigenschaften, seine Vollkommenheiten
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