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WenM für Wilsdruff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne i Nummern 10 Pf. WlM DoD, Kebenlehn md die Umseseuden. Inserate werden Montags und Donnerstags * bis Mittags 12 Nhr angenommen. Insertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. ^orstrentamt zu Tharandt. No. 2V. Dienstag, den 8. März 1892. BekauntmachuNg, die Arbeitsbücher betreffend. Mit Rücksicht auf die veränderte Fassung, welche die 107 bis 114, 146 und 150 der Gewerbeordnung durch das Gesetz vom I. Juni 1891, die Abänderung der Gewerbe ordnung betreffend, erfahren haben, wird ergangener Verordnung gemäß in Bezug auf die Arbeitsbücher, mit welchen minderjährige, zum Besuche der Volksschule nicht verpflichtete im Gewerbe betriebe beschäftigte Personen vom 1. April laufenden Jahres ab versehen sein sollen, Folgendes bekannt gemacht: 1., Nachdem die Ueberschrift des Titel Vl l der Gewerbeordnung eine Aendcrung dahin erfahren hat, daß in dieselbe auch die Bctriebsbeamten, Werkmeister und Techniker ausdrücklich ausgenommen worden sind, ist darauf zu achten, daß auch für diese Personen, soweit sie minderjährig sind, ein Arbeitsbuch ausgestellt wird. 2. Bisher waren Kinder unter 14 Jahren und noch zum Besuche der Volksschule verpflichtete junge Leute von 14—16 Jahren von der Führung eines Arbeitsbuches entbunden, da diese Personen gemäß § 137, Absatz 1 eine Arbeitskarte führen mußten. Nachdem die letztere Verpflichtung aufgehoben worden ist, tritt gemäß § 107, Absatz 1 auch für die nicht mehr zum Besuche der Volksschule verpflichteten Kinder, welche in Fabriken und diesen gleichstehenden Anlagen beschäftigt werden, die Verpflichtung zur Führung eines Arbeitsbuches ein. Die Bestimmungen des bisherigen § 137 über die Arbeitskarten und die dazu ergangenen Ausführungsvorschriftcn bleiben dagegen für diejenigen Kinder und diejenigen zum Besuche der Volksschule noch verpflichteten jungen Leute von 14 bis 16 Jahren, welche ausweislich der für sic ausgestellten Arbeitskarte bereits vor dem 1. Juni vorigen Jahres in Fabriken und diesen gleichstehenden Anlagen beschäftigt waren, so lange in Geltung, bis für sie nach Vollendung des vierzehnten Lebensjahres, beziehungsweise nach Beendigung der Schulpflicht ein Arbeits buch ausgestellt werden kann, keinesfalls aber länger als bis zum 1. April 1894. 3., Während der bisherige § 107 die Arbeitgeber verpflichtete, das Arbeitsbuch an den Arbeiter selbst auszuhändigen, hat die Aushändigung des Arbeitsbuches nach der neuen Fassung dieses Paragraphen bei Arbeitern unter Jahren an den Vater oder Vormund zu erfolgen. Bei Arbeitern über 16 Jahren hat dies dann zu geschehen, wenn der Vater oder Vormund es ausdrücklich verlangt. Mit Genehmigung der Gemeindebehörde des in § 108 bezeichneten Ortes kann die Aushändigung auch an die Mutter oder einen sonstigen Angehörigen oder unmittelbar an den Arbeiter erfolgen. Diese Genehmigung ist insbesondere in solchen Fällen zu ertheilen, wo die Aushändigung des Arbeitsbuches an den Vater wegen dessen Abwesen heit oder Erkrankung schwer zu bewirken ist oder wegen mangelnder geistiger oder sittlicher Qualification des Vaters dem Interesse des jugendlichen Arbeiters nicht entsprechen würde. Zur Aushändigung des Arbeitsbuches an „sonstige Angehörige" des Arbeiters ist die Genehmigung nur zu ertheilen, wenn der Aushändigung desselben an die Mutter Gründe der vorbezeichneten Art oder andere triftige Gründe entgegenstehen, und endlich an den Arbeiter selbst nur dann, wenn dies auch bezüglich der sonstigen Angehörigen desselben der Fall ist. 4-, Nach der neuen Fassung von § 111, Abs. 2 sind künftig zur Vornahme der daselbst vorgesehenen Eintragungen in das Abeitsbuch auch die hierzu bevollmächtigten Be triebsleiter ermächtigt. Dieselben haben aber ihre Unterschrift mit einem das Vollmachtsverhältniß ausdrückenden Zusätze zu versehen. 5 ./ Im Hinblicke auf die Acnderungen, welche die 107 bis 114 und die Einrichtung des Arbeitsbuches mit dem 1. April dieses Jahres erfahren, werden sich auch diejenigen minderjährigen Arbeiter mit einem den neuen Bestimmungen entsprechenden Arbeitsbuche zu versehen haben, welche bereits vor jenem Zeitpunkte in Beschäftigung getreten sind. 6 ., Ein Arbeitgeber, welcher den Bestimmungen der W 106 bis 112 der Reichögewerbeordnung zuwider einen Arbeiter in Beschäftigung nimmt oder behält, oder welcher außer dem in § 146, Ziffer 3 vorgesehenen Falle den Bestimmungen dieses Gesetzes in Ansehung der Arbeitsbücher zuwiderhandelt, wird nach § 150 mit Geldstrafe bis zu 20 Mark, eventuell mit Haft bis zu 3 Tagen für jeden Fall der Verletzung des Gesetzes bestraft. 7-, Die Ortsbehörden werden veranlaßt, auf vorstehende Bestimmungen die Arbeiter und Arbeitgeber in geeigneter Weise aufmerksam zu machen und ihren voraussetzlichen Bedarf an Arbeitsbüchern mit thunlichster Beschleunigung anher anzuzeigen. Sollten dieselben mit einem den ersten Anforderungen genügenden Vorrath an Formularen nicht versehen sein, so wird es sich empfehlen, zunächst diejenigen Arbeiter zu berück sichtigen, welche in eine neue Beschäftigung eintreten, und sodann unter den übrigen diejenigen Kinder und jungen Leute, welche in Fabriken und diesen gleichstehenden Anlagen beschäftigt sind. Meißen, am 29. Februar 1892. Königliche Amtshauptmannschaft. V. LLir« BekanntMKchung. Mittwoch- Sen K. Marz 1882, Bormittags 11- Uhr, findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des BezirksansNMsFs Statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 3. März 1892. Königliche Amtshauptmannschast. V. Zur Handwerkerfrage bringt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" folgenden offen bar aus Regierungskreisen stammenden oder doch wenigstens die Anschauungen der preußischen bez. der Reichsregierung wieder gebenden Leitartikel: Gehören auch die Handwerkersragen weniger in den Land tag als vielmehr vor den Reichstag, so muß doch dankbar aner kannt werden, daß der preußische Handelsminister die ihm in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 26. Februar gebotene Gelegenheit, über seine eigene Stellung zu den auch auf dem letzten H""dwerkertag besprochenen Fragen sich auszusprechen, nicht von der Hand wies. Freiherr v. Berlepsch trat zunächst der vielfach in der Presse wie in Versammlungen colportirten und beharrlich gegen die Regierung verwertheten Behauptung entgegen, es sei den Handwerkern gelegentlich der Geltendmachung ihrer vermeintlich berechtigten Forderungen von Vertretern der Regierung schroff begegnet worden. Als einem hohen Staatsbeamten in den Verhandlungen mit den Handwerkern gesagt wurde, daß, wenn die Staatsregierung den Forderungen des Handwerks in Bezug auf den Befähigungsnachweis nicht nachkommen werde, das Handwerk genöthigt wäre, sich an die Sozialdemokratie anzu schließen, erwiderte der Betreffende allerdings, daß, wenn es wahr sei, daß die Handwerker deshalb, weil einzelne Forderungen hon ihnen von der Staatsregierung nicht erfüllt werden, sich sofort an die Sozialdemokraten wendeten, es um diejenigen Handwerker nicht schade sein würde, die das ohne Weiteres thäten. Im Uebrigen glaubte er bestimmt, so setzte er hinzu — und in diesem Theil der Antwort liegt zweifellos deren Schwerpunkt — daß die Handwerker dies nicht thun würden. Eine Zuweisung der Handwerker an die sozialdemokratische Partei ist in keiner Weise erfolgt. Eine schroffe Abweisung der Handwerker durch die Regierung ist sodann von den falschen Freunden der Ersteren daran er kannt worden, daß der Herr Staatssekretär des Innern im Reichstag hinsichtlich der Frage der Stellung der verbündeten Regierungen zu der Forderung des Befähigungsnachweises eine deutliche Erklärung abgegeben hat. Kurz und schroff, meinte Frhr. v. Berlepsch, sei dies nicht geschehen. Herr v. Boetticher bringe den Handwerkern das allerleb hafteste Interesse entgegen und sei, wie der Handelsminister auf das Ernsthafteste bemüht, den zweifellosen Uebelständen, die sich für den gewerblichen Mittelstand im Laufe der Zeit herausgestellt hätten, abzuhelfen. Es sei aber gerade im Interesse der Handwerker selbst viel wichtiger, daß dieselben hinsichtlich des Befähigungsnachweises eine klare Antwort erhalten, als daß sie wie dies bisher geschehen sei, Jahre lang hingehalten würden und nicht wüßten, welche Stellung die maßgebenden Kreise zu dieser Frage einnehmen. Könnte nachgewiesen werden, daß wirklich der obligatorische Befähigungsnachweis den Handwerkern das bringe, was sie hofften, nämlich die Möglich keit, die Concurrenz, des Großkapitals zu überwinden und den Handwerkern eine gesicherte Existenz zu geben, so würde man sich für denselben zu^ entscheiden haben; die Erhaltung unseres gewerblichen Mittelstandes sei eine der wichtigsten Staatsauf- gabcn, so daß jedes Mittel ergriffen werden müsse, welches den erstrebten Erfolg mit herbeizuführen verspreche. Seiner (des Ministers) Ansicht nach aber werde der obligatorische Befähigungs nachweis dein Handwerk nicht nur das Erhoffte nicht bringen, sondern ihm zum allerempfindlichsten Schaden gereichen. In Oesterreich sei der bewußte Nachweis seit nahezu zehn Jahren eingeführt. Alle Nachrichten aber, die über die Wirkungen der bezüglichen Bestimmungen vorlägen, gingen dahin, daß dem Handwerk in keiner Weise damit geholfen sei. Ist gesagt worden, die Folge der deutlich abgegebenen Erklärung bezüglich des Befähigungsnachweises werde die sein, daß sich das Handwerk eng zusammenschließt, um seine Inte ressen zu vertreten, so darf die Hoffnung bestehen, das Hand werk werde sich überlegen, ob es nicht andere Mittel gebe außer halb des obligatorischen Befähigungsnachweises, auch im Wege der Gesetzgebung, um den zu Tage getretenen Schmerzen und Leiden zu Hilfe zu kommen. Was das Handwerk braucht, ist nach der Ansicht des Herrn Handelsministers, in erster Linie ein Zusammenschließen zu Genossenschaften um Das zu er gänzen, was dem Einzelnen an Kapital fehlt, durch gemein samen Bezug von Roh-Materialien, vielleicht auch durch andere gemeinsame Einrichtungen. Insbesondere muß die Creditfähig- i keitJ im, Zusammenschluß zu Genossenschaften zu heben per-