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Schönburger Tageblatt ^rscheini täglich mir Nus rahm« der Tage FUlslen: in AM ad! a !d !r> burg bei Herrn und Waldenburger Anzeiger § Mittwoch de» 1«. April N 86 Kaufmann Orto Förster; in Langenchurs« dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Zugleich weit verbreitet in den Städten Psmgp Lunze«««, WchteKftein-EMnÄekg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesrmtsbezirke: Atftrldt-Waldmbrrrg, BrLmrSdvrf, SaLenLerg, St. Ggidien. Shrenham, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursvorf, Langen- kuLa-Niederhckn, Langenle«ba»Oöerhain, Rirdermiera, ObsrgrLfmhain, Oberwiera, OöerrsmksL, Orlsnitz L. S., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Nußdorf, Schlsgwitz, Schmaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, WolkenLurg und Ziegelheim. 1890- nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- Aeinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr- lich 1 Mk. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Cingef. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergaffe 2S18. Witterungsbcricht, ausgenommen am 15. April, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 750 WM. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstaud -j- 15 ° 0. (Morgens 8 Uhr -s- 2°.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 51»/o. Thau-uukt -f- 5 Grad. Windrichtung: Nordost. Daher WitternvgsaaMchten für den 16. April: Heiteres bis halbhciteres, etwas windiges Wetter mit wärmerer Temperatur. Bekanntmachung. Unter Bezug auf H 4 der hiesigen Gottesackerordnung wird hierdurch noch mals bekannt gegeben, daß das vom Eingang bis zur Halle liegende Quartier des hiesigen Gottesackers eingeebnet werden soll. Es werden deshalb alle Diejenigen, welche ein Grab zu erhalten wünschen, aufgefordert, solches bis zum 30. April an den Kirchner, Herrn Prescher, zu melden. Zugleich wird darauf aufmerksam ge macht, daß diejenigen Bäume, welche zu hochstämmig geworden sind oder durch ihr Aussehen die Würde des Ortes beeinträchtigen, bis ebendahin zu beschnerden, bez. zu entfernen sind, widrigenfalls der Kirchenvorstand selbst das Erforderliche ver anlassen wird. Das Bepflanzen der Gräber außer mit Blumen, Rosen oder Lebensbäumen ist verboten. Waldenburg, den 15. April 1890. Der Kirchenvorstand. Oberpf. Thomas, Bors. "Waldenburg, 15. April 1890. Als Fürst Bismarck bei Gelegenheit seiner Geburts tagsfeier in Friedrichsruhe von Herrn Woermann ge fragt wurde, ob er nie im Reichstage wieder erschei nen werde, wenn nicht als Kanzler, so als Abgeord neter, antwortete der Fürst nachdenklich: „Das kann wohl sein!" Diese Aeußerung stimmt mit dem über ein, was Fürst Bismarck vor einer Reihe von Jahren selbst im Reichstage gesagt hat, nämlich, es sei durch aus nicht unmöglich, daß er einst mitten unter den Abgeordneten Platz nehmen würde, wenn es ihm ver gönnt sein werde, die Würde und Bürde des Kanzler amtes niederzulegen. An diese Aeußerungen wird jetzt angeknüpft, indem die Mittheilung verbreitet wird, es werde der Versuch gemacht, den bisherigen Reichskanz ler zu bewegen, schon jetzt in einem unbedingt sicheren Wahlkreise ein Mandat anzunehmen. Die Wahl Fürst Bismarcks zum Reichstagsabgeordneten würde sehr leicht sein, denn an sicheren conservativen Wahlkreisen, die dabei in Betracht kämen, ist ja kein Mangel, aber trotzdem kann man wohl annehmen, daß Fürst Bis marck nicht daran denkt, schon jetzt wieder in die poli tische Arena einzutrelcn. Kein Zweifel, der erste deutsche Reichskanzler nun als Reichstagsabgeordneter würde eine so interessante Erscheinung sein, wie sie die Parlamentsgeschichte noch nicht geboten hat, und eine führende Rolle würde ihm vom Tage seines Eintritts an zufallen; aber Fürst Bismarck ist bejahrt und wenn er den Reichstag auf sucht, dürfte er es nur thun, wenn er hierfür eine zwingende Nothwendigkeit erblickt. Die Dinge können sich wunderbar gestalten und der Foliant der Bis marckreden mag künftig eine bemerkenswerthe Fort setzung recht gut noch erhalten, aber heute, so kurze Zeit nach seinem Ausscheiden aus dem Posten des er sten Reichsbeamten, liegt kein Anlaß, wenigstens kein sichtbarer, vor, sofort wieder das Wort im parlamen tarischen Kampf zu nehmen. Bismarck ist gegangen; er hatte im Reichstage zahl reiche Gegner, aber auch von diesen Gegnern giebt ihm die große Mehrzahl doch wieder gern das Zeugniß, daß er ein ganzer Mann war. Weder der Volksver treter, noch der Volksvertretung ist es würdig, und es entspricht sicherlich auch nicht den Ideen des neuen Reichstages, wenn man die Thätigkeit des ersten Staats mannes der Jetztzeit, der zur Existenz des Reichspar- lamenies selbst am meisten beigetragen, hinterher bis ins Kleinste zergliedern wollte. Das wäre unrühmlich und des deutschen Reichstages nicht würdig. Die Aera Bismarck ist zu Ende, die Thätigkeit des deutschen Reichstages gilt der Zukunft. Es ist ja nun vjt der Fall gewesen, daß gewesene Premierminister wieder Abgeordnete geworden sind, aber von allen die- Ministern war keiner ein Bismarck. Wenn Herr von Caprivi am Eckplatze des Bundesrathstisches im Echsiage sitzt, Fürst Bismarck unten im Saale zwi schen den Abgeordneten, nach wem werden sich die Blicke der meisten Abgeordneten richten? Die Frage bedarf keiner deutlichen Antwort. Im Gange der Debatte, bei Abstimmungen, immer würde der Abg. Fürst von Bismarck die leitende, für viele Volksvertreter auch die bestimmende Person sein, wenigstens zum Beginn der Amtsthätigkeit des Herrn von Caprivi. Fürst Bismarck schätzt seinen Nachfolger sehr hoch Beide sind in der herzlichsten Weise und als die besten Freunde geschieden. Schon darum wird der alte Reichskanzler sich hüten, dem neuen die Geschäfte zu erschweren und das würde, fürs Erste ganz gewiß, durch seinen Eintritt in den Reichstag geschehen. Fürst Bismarck wird zweifellos thun, was die Reichsregie rung heute thut und was alle Parteien thun, er wird abwarten. Wir haben einen neuen Reichskanzler und einen neuen Reichstag, ob und wie sich Beide vertra- gen, das muß die Zeit ergeben. Es kann über Er warten gut gehen, aber es kann auch das Gegentheil eintreten und bei Allem darf nicht vergessen werden, daß Reichskanzler von Caprivi einen Hintermann hat, der da heißt: Kaiser Wilhelm II. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Unser Kaiser machte am Montag Vormittag einen längeren Spaziergang im Thiergarten, conferirte dann mit dem Reichskanzler von Caprivi und hatte eine Besprechung mit dem Chef des Civilcabinets. Am Nachmittage empfing der Kaiser den österreichischen Generaladjutanten Generalmajor von Bolfras von Ahnenburg, welcher das Antwortschreiben des Kaisers Franz Joseph auf das neuliche Schreiben Kaiser Wilhelms über den Rücktritt Fürst Bismarcks und die künftige deutsche Politik überbrachte. Der öster reichische General wurde zur Tafel gezogen. Die Kai serin Friedrich ist Montag Abend mit ihren Töchtern zu längerem Aufenthalt nach Homburg gereist. Der Kaiser hat folgende Cabinetsordre erlassen: „Ich bestimme: Die militärische Action, welche in der Zeit vom 6. September 1888 bis zum 10. Juli 1889 an der Ostküste von Afrika stattgefunden hat, gilt im Sinne des 8 23 des Gesetzes betr. die Pensionirung und Versorgung der Militärpcrsonen des Reichsheeres und der kaiserlichen Marine als ein Feldzug. Für die Betheiligung an demselben ist dem Stabe des Kreuzergeschwaders, sowie den Besatzungen Meiner Kreuzerfregatle „Leipzig", Meiner Kreuzerkorvelten „Sophie" und „Carola", Meiner Kreuzer „Möwe" und „Schwalbe" und Meines Avisos „Pfeil" ein Kriegsjahr in Anrechnung zu bringen. In demselben Sinne ist die am 18. December 1888 auf den Sa- moa-Jnseln ausgeführte militärische Action für die Besatzungen Meiner Kreuzerkorvette „Olga", Meines Kl-uzers „Adler" und Meines Kanonenbootes „Eber" als ein Feldzug anzusehen. Wilhelm." Das Armee-Verordnungsblatt veröffentlicht kaiser liche Ordres betr. die Befugnisse der Kavallerie- Jnspecteure und betreffend die Uniform der Feldartille rie; die letztere besagt: Die Feldartillerie erhält durch gehends zum Waffenrock den schwedischen Aermelauf- schlag. Entsprechende Abänderungen der vorhandenen Bestände an Waffenröcken Haden nach Maßgabe der den Regimentern zur Verfügung stehenden Mittel zu 'erfolgen. Die Stäbe derjenigen Regimenter, zu welchen reitende Artillerie gehört, tragen die Uniform und Ausrüstung der reitenden Artillerie. Der Reichsanzeiger veröffentlicht eine Bekanntmachung betr. die Ausführung des Reichsgesetzes über die Jn- validitäts- und Altersversicherung der Arbeiter. Eine am Sonntag in Saarlouis abgehaltens Berg arbeiterversammlung beschloß, am 1. Mai nicht zu feiern, weil es eine socialdemokratische Demonstration sei. Auch in vielen anderen Bezirken sind ähnliche Beschlüsse gefaßt. Trotzdem die Forderungen achtstündiger Arbeitszeit und höherer Löhne abgelehnt worden sind, ist am Mon tag doch die gesammte Belegschaft der Grube Wild steinsegen bei Beuthen wieder angefahren. Auf der Henckel'schen Radzioukau-Steinkohlengrube in Schlesien haben die Bergleute die Arbeit nieder gelegt. Sie fordern kürzere Arbeitszeit und aber malige Lohnerhöhung. Die Verwaltung hat die For derung abgelehnt. In Köpenick ist der Tischlergeselle Biene, welcher beschuldigt war, den Gendarm Müller erschossen zu haben, aus der Haft entlassen, weil er einen that- sächlichen Alibi-Beweis vorbringen konnte. Die Köpe nicker Sccialdemokraten wollen für Biene eine Geld sammlung veranstalten. Die Zahl der Streiks in Deutschland ist augen blicklich größer als je zuvor, aber deutlicher und deut licher dämmert auch die Erkenntniß auf, daß.an ein Durchbringen der übertriebenen Forderung in diesem Jahre absolut nicht zu denken ist. Der energische Widerstand der vereinigten Arbeitgeber macht sich eben falls geltend in dem Lohnkampfe, und veranlaßt manche gewerbliche Kreise, die gleichfalls an einey Ausstand dachten, zur reiflichen Ueberlegung. Täuscht nicht Alles, so stehen wir vor dem nahen Beginn eines Umschlages in dem Streikfieber. Die Arbeiterwelt sicht ein, daß mit Güte weiter zu kommen ist, als mit dem vom Zaun gebrochenen Streik. Da ssocialdemokratische „Berliner Volksblatt" gesteht ganz offen ein, daß bei der von den Berliner Radikalen geplanten Feier am 1. Mai die Verkürzung der Arbeitszeit Nebensache, die Demonstration aber Hauptsache ist. Es heißt in dem Blatt: „Was soll am 1. Mai geschehen? Hier und dort sind große Feiern angeregt worden. Vielleicht wird man sie ver bieten. Dieser offizielle Festlärm macht aber nicht das Erhebende an der Feier aus. Nein, die Thatsache, daß zu derselben Stunde die Räder auf dem weiten Erdenrunde stillstehen, und zwar auf Geheiß des simplen, unbedeutenden Arbeitsmannes, der einmal sich