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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.05.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190005245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19000524
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19000524
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-05
- Tag 1900-05-24
-
Monat
1900-05
-
Jahr
1900
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.05.1900
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Neclamen unter dem Redaetion-strich (4a» spalten) ÜO^L, vor den FaMiiiennachrichkrtz (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Ptei«- vrrzeichniß. Tabellarischer und ZifferNsatz nach höherem Tarif. (krtra-Beilagen (gefalzt), nur mit det Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderutla 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Au-eißen: Abend-AuSgabe: vormittag» 10 Uhk. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4tÜch Bei den Filialen und Annahmestelle« je »stik halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richte«. Druck und Verlag von E. Pol- tu Leipzig. Donnerstag den 24. Mai 1900, Die Richtigkeit unserer daraus, daß die Boeren 9t. Jahrgang. wurden, über den sich der N e i ch s t a g demnächst schlüssig zu machen hat: I. Die verbündeten Regierungen zu ersuchen: a. für die Pflege i>eS Friedens zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gesetzliche Bestimmungen über die Formen herbeizuführen, in denen die Arbeiter durch Vertreter, welche ihr Vertrauen besitzen, an der Regelung gemeinsamer Angelegenheiten betheiligt und zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei Verhandlung mit den Arbeitgebern und mit den Organen der Regierung befähigt werden; — b. insbesondere in Erwägung da rüber einzutreten, In welcher Weise durch eine weitere gesetzliche Ausgestaltung der Gewerbegerichte unter besonderer Be rücksichtigung der 88 9 (Bildung von Abtheilungen: Fabrik, Handwerk, Hausindustrie), 61—69 (Einigungsamt) und 70 Gutachten und Anträge) des Gesetzes vom 29. Juli 1890, betreffend die Gew erb ege richte, ein Weg zu dem sud a bezeich neten Ziele sich bietet. Ä H. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß ein Reichs-Arbeitsamt errichtet werde, welchem die Unter- üchung und Feststellung der Arbeiterverhältnisse im Deutschen Reich unter Hinzuziehung von Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer obliegt. ES unterliegt keinem Zweifel, daß hinter diesen Com- missionSbeschlüssen, obgleich gegen sie von nicht zu unter- chätzenden Kreisen erbeblicbe Bedenken geltend gemacht werden, die große Mehrheit des Reichstags steht. Sociale Friedensarbeit. ES ist ein eigenes Zusammentreffen, daß gerade in elnein Zeitpunkte, in welchem sich in einem so riesenhaften Verkehrsbetrieb wie die Berliner Straßenbahn die Vorzüge gegenseitigen Verstehens zwischen Arbeitgebern und Arbeit nehmern, Betriebsleitung und Angestellten so augenfällig erwiesen bat, und weiter der Beweis erbracht ist, in welchem Umfang die breite Oeffentlichkeit bei solchen Auseinandersetzungen unter Umständen in Mitleidenschaft gezogen wird, — daß gerade in diesem Augenblick im Reichstag eine Initiative zu einem positiven Abschluß gekommen ist, deren Ziel eben war, vorbeugend zu wirken und durch friedliche Annäherung der Gegensätze der Austragung der Gegensätze durch das Zwangsmittel deS Ausstandes und daS zweischneidige Hilfsmittel deS Contract- brnchS vorzubeugen. Es ist genau ein Jabr her, seit der Reichstag der 16. Commission einen CentrumSantrag aus Errichtung von Arbeitskammern und einen freisinnigen auf Er richtung eines NeichSarbeilSamteS überwiesen hat. Zu gleich mit diesem Anträge aber ging an diese Com mission ein Antrag der nationalliberalen Abgeordneten Frbrn. v. Hehl und Bassermann, der, auf den kaiser lichen Erlassen vom 4. Februar 1890 fußend, an die ver bündeten Regierungen daS Ersuchen richtete — wie es in jenen Erlassen hieß, „für die Pflege deS Friedens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gesetzliche Bestimmungen über die Formen in Aussicht zu nehmen, in denen Arbeiter durch Vertreter, welche ihr Vertrauen besitzen, an der Regelung gemeinsamer Angelegenheiten betheiligt und zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei Verhand lungen mit den Arbeitgebern und mit den Organen der Negierung befähigt werden." Während aber der Centrums antrag eine gesonderte Organisation von Arbeitern verlangte, nahm in Ausführung dieser Bestimmung deS kaiserlichen Er lasses der nationalliberale Antrag zum Ziele, gemeinsam Arbeitgeber und Arbeitnehmer znr Erledigung gemeinsamer Arbeitsangelegenheiten zusammenzuführen, und zwar auf dem Boden der bisher geschaffenen Organisation; nämlich überall, wo Gewerbegerichte bestehen oder noch errichtet werden, besondere Abtheilungen der Gewerbegerichte zu bilden, die ausschließlich die Unternehmer von Fabriken und Fabrikarbeiter umfassen und diesen Sektionen zu nächst folgende Obliegenheiten zu übertragen: a. zur Unterstützung der Arbeiter in Fällen der Arbeits- losigkeit thunlichst Cassen einzurichten; d. Gutachten zur Förderung der gewerblichen Interessen an Staats, und Gemeindehördrn abzugeben und Jahresberichte zu er- statten; c. Wünsche und Anträge, welche die gesundheitlichen Verhältnisse der Arbeiter und die Fürsorge für Arbeiterwohnungen betreffen, zu bcrathen und den Behörden vorzulegen. Insbesondere aber sollten die Functionen dieser Ab theilungen der Gewerbegerichte als EinignngS- amt im Falle von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern dahin zu erweitert werden, daß ein gesetzlich gesicherter Verhandlungszwang eingeführt wird. Eingehend hat die Commission diese Anträge berathen, wozu dann noch ein freisinniger auf Uebertragung der Rechts fähigkeit an die Berufsvereine kam, und die Berichterstattung über diese Beratbungen dem Abg. Frhr. v. Hehl übertragen. Wie wir aus dem Commissionsbericht ersehen, ist in der Commission von dem Abg. Frhrn. v. Hehl die socialpolitische Situation, der seine Initiative gerecht zu werden beabsichtigt, in folgender Weise zusammengefaßt worden: Die Thatsache, daß die BerusSvereinigunge» der Arbeit- geb er in der neueren Zeit so außerordentlich erstarkt und oie Arbeitgeber, namentlich in den größeren Industrien, vielfach mit großem Erfolge bemüht seien, die in der Ausübung des Coalitions- rechte» liegende Macht auch ihrerseits zu benutzen, stelle der Macht der organisirten Arbeiter in zunehmendem Maße die in der Regel größere Macht der organisirten Arbeit geber gegenüber. Je mehr jene Entwickelung an Umfang gewinne, um so mehr habe sie die Folge, daß sich die getrennte Organisation der Arbeiter einerseits und der Arbeitgeber anderer seits au-breite. Hierin liege die Gefahr, daß künftighin bei großen Ausständen an verschiedenen Orten größe r Arbeitermassen gleich zeitig auf dem Kampfplätze erscheinen, di» Gegensätze sich verschärfen und über die zunächst Betheiligten hinan» weite Kreise in Mitleiden schaft gezogen würden. Die Arbeitsstreitigkeiten könnten unter solchen Umständen kaum mehr al» private Streitigkeiten zwischen Arbeit geber und Arbeiter angesehen werden, in die die Staatsgewalt sich unter keinen Umständen einzumischen habe. Mit Recht könne man hieran» ein« Befugniß und »Ine Ver pflichtung für die Einmischung de» Staate» durch gesetzliche Er weiterung der Aufgaben und Pflichten der EtnigungSSmter obleiten. Wenn e» der Gesetzgebung gelänge, gemeinschaftliche Organi- sationrn und Stellen im Sinne der kaiserlichen Erlasse zu schaffen, wo solche vermittelnde Hilf« rasch gefunden nnd in vertrauen»- voller Weis« in Anspruch genomme« werde« könnt«, so würde dadurch rin« wesentlich« Lrleichterung in der Behandlung der au» dem Arbeit»vertrag entstehenden Differenzen herbei geführt werden, von de« unter den Bestimmungen de» eng- tischen Ooueiliatiou Hot in den Jahren 1897/99 behandelten Streitfällen seien nicht wenigrr al» 45,4 Proc. vor AuSbruch von Streik» durch vorautgegangene gemeinschaftliche Verhandlung beigrlegt worden. Ein nicht minder großer Nutzen der vorgeschlagenen gemeinsamen Organisation sei darin zu finden, daß dieselbe in der Richtung einer Abschwächung und Minderung bestehender Gegen sätze und in der Herbeiführung d», wünschrn»werth«n Fühlung zwischen Arbeitgeber nnd Arbeitern günstig zu wirken geeignet sein würde. DaS Ergebniß der CommissionSberatbungen war, daß diese Anregungen in folgendem Antrag zusammengefaßt Nuß zu knacken bekommen. Daß die Vereeniging besetzt babe, bezeichneten als falsch, sich weiter also iüdlich vom Vaal in Stellung Die „Lorer". Der „Welt-Corr." wird aus Peking, 10. April, geschrieben: Die fremdenseindlichen Serien, welche in den Provinzen Schantung und Dschihli ihr Wesen treiben, machen wieder von sich reden. Durch die Entsendung des neuen Gouver neurs von Schantung, Uüansbihka!, der mit großer Truppen macht in der Hauptstadt Tsinanfu einzog, haben sich die Banden dieser Secten, der „Großen Messer-Secte" und der „Rothen Faust-Secte", mehr nordwärts, nach dem Nord osten Schantungs und nach Süd-Dschihli verzogen. Be sonders die „Rothe Faust", auch „die Boxer" genannt, macht dort eifrig Propaganda. Durch Anwendung von Zauber formeln und Geheimkünsten erklären sie Jeden, der ihr Gefolgsmann wird, hieb- und schußfest machen und mit über menschlichen Kräften (z. B. der Fähigkeit zum Einreißen europäischer Wohngebäude mittels einfachen Stricke») versehen zu können, und sie finden bei der abergläubischen Lehren leicht zugänglichen Bevölkerung großen Anhang. Selbst Unfälle, die bei den Behexungen vorkommen und ost den Tod der trotz aller Zauberkünste doch verwundbar Gebliebenen herbei führen, schrecken von weiterem Zulauf nicht ab. Bis nach Tientsin haben sich die „Boxer" gewagt und noch vor Kurzem ganz nahe bei der Stadt, unter den Augen der Fremden, ihre Hebungen abgebalten. Nach neuesten chinesischen Zeitungs nachrichten sollen sogar in den Reiben der Pekinger Feld truppen sich Mitglieder dieses GebeimbundeS befinden. AIS ihr Programm predigen die genannten beiden Secten offen Verfolgung der Christen und Vernichtung der Ausländer. Von den fremden Vertretern in Peking sind sofort, als das immer stärkere Umsichgreifen der Bewegung und die danzzt wachsende Unsicherheit im Lande sich bemerkbar machte, die nachdrücklichsten Vorstellungen bei der chinesischen Regierung erhoben worden. Diese haben auch den Erfolg gehabt, daß durch kaiserlichen Befehl die Provinzialobrigkeiten von Dschihli und Schantung angewiesen worden sind, gegen die fremdenfeindlichen Secten einzuschreiten. Die beiden Gouverneure, der Generalgouverneur Hülu von Dschihli und der Gouverneur Manshihkai von Schantung, haben nunmehr sehr ausführliche Proklamationen erlassen, in welchen das Treiben der geheimen Gesellschaften als ver werflich bezeichnet und jede Mitgliedschaft untersagt und mit Strafe bedroht wird. Der Gouverneur von Schantung bat sogar seiner Proclamation eine in Knittelversen gefaßte Ansprache beigefügt, welche dem Volke von Dorfschulzen und Bütteln, besonders an Markttagen, vorgesungcn und erklärt werden soll. Auch Kinder sollen zum Absingen der Verse angebalten werden, damit sich der Inhalt der Prokla mation leichter einprägt und der Zweck derselben bester er reicht mird. Bei der Vorliebe für das Theatralische, die im Chinesen steckt, gewiß eine gute Absicht; aber ein wirklicher nachhaltiger Erfolg läßt sich davon nicht ohne WetereS ver- prechen. Der Werth chinesischer Proklamationen kann über haupt nicht skeptisch genug betrachtet werden. Denn eS bleibt raglich, ob die erlassene Proclamation auch tatsächlich iberall die erforderliche Verbreitung findet und ob die Ver breitung in der richtigen Weise betrieben wird und nicht etwa durch die auSführenven Organe, sei e« auS Eigen macht, sei eS in Folge geheimer Instruction, nur pro form« erfolgt oder gar mit anderem Commentar begleitet wird. Dies Alles liegt im Bereich der Möglichkeit. Die Regierung und die Beamten haben kein großes Interesse daran, eine hauptsächlich und au»drücklich gegen die Fremden gerichtete Bewegung vollständig lahm zu legen. Sie werden höchsten» so viel dagegen thun, daß ein Einschreiten der fremden Mächte verhütet wird. Selbst wenn daher dem Sinn und Zweck der Proclamation entsprechend verfahren und die Ruhe wirklich wieder heraestellt wird, so kann die» immer nur vor übergehend sein. Die Friedensstörer werden sich für eine Zeit zurückziehen und stille verbalten wüsten, um dann bei nächster sich bietender Gelegenheit von Neuem hervorzutreten.*) Die Mandarine und Literaten begünstigen nicht nur vielfach di« fremdenfeindlichen Bewegungen, in zahlreichen Fällen sind sie e« selbst, welche da« Volk gegen di« Fremden aufreizen. Sir fürchten für ihre Macht und ihren Einfluß im Lande *) Wie wir meldeten, find mittlerweile einige Leiter der Boxer bewegung verhaftet und Truppen qegen di« gefährlichen Banden ausgebotrn worden — vielleicht nur ut aliguiä koeiuv rickeatur. Di« Red. und setzen Alles daran, den Fremden den Aufenthalt daselbst zu erschweren. So sind auch die Unruhen, durch weiche unsere Eisenbabnarbeiten in Schantung unlängst gestört wurden, auf die fremdenfeindliche Haltung der Localbebördcn zurückzuführen. Gestützt auf die abergläubische Furcht der chinesischen Bevölkerung und deren Abneigung gegen alle fremden Neuerungen, besonders sofern dabei ihr Grund und Boden in Mitleidenschaft gezogen wird, ist eS für die Beamten ein Leichtes, Stimmung gegen das deutsche Eisenbahnunternebmen zu machen. Es ist keineswegs aus geschlossen, daß solche Vorkommnisse beim weiteren Fortgang der Arbeiten sich wiederholen werden, und eS wird großes Geschick erfordern, dieselben in jedem Falle möglichst rasch und gütlich beizulegen. Andererseits aber wird man mit Sicherheit darauf rechnen können, daß die Haltung der chine sischen Bevölkerung wenigstens den industriellen Unter nehmungen gegenüber sich mit der Zeit ändern wird. Es braucht nur erst, wie dies in anderen Tbeilen Chinas bereits der Fall ist, das Verständnis: sich Eingang verschafft zu haben, daß aus der Eisenbahn und dem damit wachsenden Handel und Verkehr dem Einzelnen selbst Nutzen erwächst. Siebt der Chinese Geld oder Gewinnst, dann weichen alle anderen Bedenken. berg ein, daS übrigens kaum noch Spuren der Boeren- Occupation zeigt. Auf den Lagerplätzen der Boeren liegen Conservenbllchsen, Stroh, Papier uud dergl. umher; ver schiedene Gräber, darunter das des Commandanten Swane- poole, sowie ein großer Stein mit den eingemeißelten Wertet«: „Zur Erinnerung an da» TranSvaal-Commando, December 1899", sind die letzten Zeichen davon, daß der Feind hier gehaust hat. In Stormberz hörte ich, daß für die nächsten 14 Tage keine weitere Vorwärtsbewegung von Bloemfontein zu er warten sei, und deshalb entschloß ich mich, auch eine Woche nach Capetown zu geben, um Rast und Ruhe zu suchen. Tie 700 Meilen südwärts legte ich in 48 Stunden in- miserablen Eisenbabnzügen zurück, und fand, daß Capstadt zur Zeit ein wenig erbauliches Gepräge trägt. . Jntrigue, Skandal- und Gerüchtemacher« sind die un erfreuliche Signatur deS TageS, und wenn die Stadt auch in Friedenszeiten ein angenehmer Aufenthaltsort sein Mag, so ist sie jetzt jedenfalls ein Hexenkessel, in dem alle bösen Leidenschaften brodeln und schäumen. Im „Mount Nelson Hotel" findet man, wenn man über haupt da« Glück hat, noch ein Ammer zu erhalten, den ganren Luxus einer erstklassigen europäischen Karawanserei, aber ohne deren Comfort, was in Anbetracht der Ueberfüllung des HauseS nicht verwunderlich ist. In diesem Hotel, in seinem großen Garten, und überall in der Stadt, findet und trifft man alle Welt und Jedermann, und gewöhnlich auch Jeder manns Frau, und zwar ganz besonder» die Frau. Bisher hatten wir bei der Natal-Armee geglaubt, daß Lord Roberts' Operationen im Freistaate ein Muster militä rischer Geschicklichkeit und Kenntniß gewesen seien, und daß French einer der ersten Reitergenerale des Jahrhundert« sei. All da« wurde jetzt in Capetown richtig gestellt, und ich er fuhr zu meiner Enttäuschung, daß „der Feldmarschall dies und jene« getban habe, wa« kein Mann mit gesunden Sinnen rc. ...", oder daß „General Frenck einfach voll ständig ...", und nun gar Lord Kitchener! Capstadt, oder um gerecht zu sein, da- importirte sociale Capstadt, ist auf Kitchener ganz besonder« schlecht zu spreche«. Da« wirkt zuerst sehr verblüffend, aber die ganze Stadt von Amateur-Strategen und klatschenden Weibern über laufen zu sein, die übrigen« in 24 Stunden mehr Neuigkeiten und Nachrichten fabriziren, al- alle KriegS- correspondenten auf dem Kriegsschauplätze zusammengenommen. Wenn das gesellschaftliche Milieu bereits unangenehm ckuf die Nerven fällt, so ist der politische Ausblick und da« Parteizetriebe kaum erfreulicher. Einige jener großartigen britischen Patrioten, die demonstriren, aber nicht fechten gehen, und nichts mit den braven Freiwilligen in unseren Volontair- corpS zu thun haben, hatten sich, al« ich ankam, gerade dadurch ausgezeichnet, daß sie den Premier, Mr. Schreiner^ in den Straßen anheulten und auSpsifffen, — die Holländer, von denen einige ohne eigenes Nisico die Republiken zum Kriege anzefeuert nnd sich bei der Nachricht von den britischen Niederlagen schmunzelnd die Hände gerieben hatten, schweigen jetzt oder wispeln höchstens einige süße Versicherungen vvn Loyalität rc. — alles nach dem einen breiten Princip: „Wer gewinnt, ist mein Freund!" ES ist heute vollständig unmöglich, in Capstadt einen richtigen Eindruck von unfern Südafrikanern zu gewinnen; eS ist viel zu viel Schatten auf dem Bilde und nur im Negierungsgebaude fand ich einen Mann ohne Illusionen, den unermüdlichen vielgeplagten Proconsul. Ich eile lieber wieder zurück in die gesunde» Atmosphären deS Krieges! Bevor ich auf der Eisenbahnfahrt nach Bloem- ontein weit gekommen war, befand ich mich inmitten der großen, unaufhörlichen Vorwärtsbewegung, die da« Heer nach dem Freistaate strömen läßt, und alle Stationen waren voll von Truppen, Pferden nnd Kriegsmaterial. Lord Kitchener hatte gerade angeordnet, daß bis auf Weiteres alle Truppen von Springfontein aus nach Bloemfontein marschiren müßten, damit die Eisenbahnlinie für das Commissariat frei bliebe, und so zogen denn die endlosen Colonnen von Fußvolk, Reiterei und Artillerie, längs deS Schienenwege« nordwärts, unauf haltsam nordwärts. In und um Bethany, wo ich den Zug verließ, um für die Nacht ein Bett zu finden, lagerte die ganze dritte Division unter ihrem Führer, General Gatacre, dem ich vom Sudan her bekannt war und von dem ich natürlich gern einige« über die Stormberg-Affäre und andere« gehört hatte. Ich fand ihn in einem Neinen Wellblechhause nahe der Station und wurde freundlichst empfangen. Im Laufe einer längeren Unterhaltung drückte der General die Hoff nung aus, daß die „dunklen Tage" jetzt vorbei seien. Ich fand ihn sehr verändert, die vier Monate ununter brochener Mißerfolge und Enttäuschungen hatten die eiserne Natur diese« energischen Mannes, den ich am Nil und an der indischen Grenze al« einen der glänzendsten britischen Soldaten gekannt habe, gebrochen und seine frühere, unver gleichliche Thatkraft ermüdet und vielleicht gelähmt. Aber er war voll guter Hoffnung für die nächst« Zukunft, zumal, wie er mit frohem Aufleuchten in dem ernsten Gesichte er wähnte, daß jede Aussicht auf recht baldige oder sofortige Action vorhanden sei. Am anderen Morgen war er seine« Eommando« ent hoben und nach Engtaud zurückbeordert, ei» gebrochener ruinirter Mann. Ich will nicht die Weisheit oder Gerechti^eit seiner «it- frrnunz diScutiren, da man sich auf Lord Robert«' Urtpeil verlassen kann und muß, aber wenn unser Kriegsmiuisteriuor »« sich zur Regel machen will, Generäle nicht wegen Unfähig keit, sondern wegen Mangel an Erfolg»» abzusetzen, so werden ihm Schwierigkeiten erwachsen, wenn e« Männer brauch», um in Brigade- nnd Divifion«-Eommanbo« für England zu kämpfen, da Jedermann, der die Chance» He« Kriege« kennt, sich in Zukunft in einer solche« StlÜNnL unsicher fühlen würde. Durch unser« unsvmpathisch« Art der DiSciplin ist bereit« viel J»it,at»p< in jüngeren Officieren gedampft oder gänzlich »„»ich,et worden und sie wird in gleicher Weise unter dem I höheren Truppenführern wirken. Wir werden, wie vorher, Der Krieg in Südafrika. -i>. Nun wissen« die Engländer und Alle, die mit ihnen an der Standhaftigkeit der Boeren nach schweren Schlägen gezweifelt haben: der Krieg wird durchgekampft. Dem Vertreter der „Daily Mail" hat man e« in Pre toria versichert, waS allerdings nicht viel heißen will, da dieser in der letzten Zeit sich schlecht unterrichtet erwiesen und noch eben erst die fette Ente von der Uebergabe Mafe« kings aus der verhungerten Stadt batte auffliegen lassen, aber die gut informirten amerikanischen Blätter melden: * New York, 23. Rat. (Telegramm.) An Veant- wortnng der Anfrage, ob Transvaal den Frieden nach suche, telcgraphirte Präsident Kröger an die „World": Das «eracht tftnnwatzr. Krüger, Pretoria. («e»ter- meldnng.) * Pari«, SS. Mai. (Telegramm.) „New York Hcrald" veröffentlicht folgende Depesche au« Pretoria: Nach zweitägiger Verathnng beschlossen die Präsidenten Krüger nnd Steijn nnd alle hervorragenden Beamten nnd Generale beider Republiken, den Krieg sortzn- setze», falls sich England nicht zu annehmbaren Friedens bedingungen verstehe. ES ist nicht wahrscheinlich, das; Pretoria vertheidigt wird. Tie Frau deS Staatssekretärs Rett; ist mit »er Familie nach Delagoa abgeretft, andere veamtensamilien folgen. Gewiß, die Boeren sind auch heute noch, und heute erst reckt bereit, Frieden zn schließen, sonst hätten sie ihre Dele gation nicht nach Washington geschickt, aber nur unter ehren vollen Bedingungen, nnd Roberts sowohl wie Buller werden noch manche harte Vorhut das festere wir gestern schon Auffassung ergiebt am Rbenostersluß, geben und sich verschanzen. Daß die Boeren den Vonreenen- Paß aufgegeben haben und nur in einigen schwachen Com- mandoS noch am Botba-Paß, westlich von New Castle sieben sollen, ist natürlich nicht minder irrig. Andernfalls dürften sie, da die Engländer sonst geradezu einladen würden, ihnen in den Rücken zu fallen, nicht bei LaingSnek und Majuba General Buller stellen wollen. DaS ist aber ihre Absicht, wie auch ans folgender Nachricht hervorgeht: * Dundee, 23. Mai. (Telegramm.) Eine nndatirte Depesche au« New Castle besagt, daß die Eisenbahn schnell wieder hergestellt und daß an der Waschbank-Brücke Tag und Nacht gearbeitet wird. In New Castle wurde nach dem Abzug aer Boeren eine Stadtgorde gebildet. Ein an» dem Oranje- Freistaat in New Castle eingetroffener Farmer berichtete, daß die Boeren am LaingSnek weitere Verstärkungen er- halten haben, und daß ihre Zahl jetzt etwa 5000 beträgt. Trotzdem hält man e» für unwahrscheinlich, daß diese ernsten Widerstand leisten werden. (Reutermeldung.) DaS ist eine echt Buller'sche Wahrscheinlichkeitsrechnung. — Sonst wird noch gemeldet: * London, 23. Mat. (Telegramm.) Nach der letzten vom Krieg-Ministerium veröffentlichten Liste beträgt der Gesammt- verlust de» britischen HeereS bi« zum 19. Mai 2OK14 Mann. Hierin sind die gegenwärtig in den Ho-pitälern untergebrachten zahlreichen Kranken nicht eingerechnet. * London, 23. Mat. (Telegramm.) Di« Blätter erklären, die Antwort de» Präsidenten der vereinigten Staaten von Nord amerika Mac Kinley an di» Delegirten der Boeren sei so au-gesallen, wie die britisch« Regierung von dem Oberhaupt« einer befreundete» Nation erwarten durste. Jntrignen i» «apftadt und »«der««. Di« „Morning Post' bringt heut« wieder einen der glänzend geschriebenen Berichte ihre« jugendlichen Krieg«- correspondenten Winston Spencer Churchill, derselbe ist datirt Bloemfontein, de» 18. April, und lautet im AuSzuge: „Bon East London nach Ourenstown ist nur eine kurze Nachtreisr; die Stadt liegt gerade jenseit« der Krieg-zone und blieb b,«b«r vor den Gräueln de« Kriege« bewadrt, Dank der Gunst de« Schicksal« und Dank General Gatacre. Da« benachbarte Moltrno, wo der brave Montmorency begraben liegt, hatte dagegen rin reguläre« Bombardement durcbrumachen, und in Sterkflroom sprechen leere Laufgräben, die Nolbe-Kreuzflagge über dem Hospital und eine Reihe frischer Gräber auf dem kleinen Kirchhof« davon, daß der KriegSgott vorüber geschritten ist und Tod und Verderben hinter sich zurückgrlaffen hat. Unser Zug dampft in Storm-
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