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chönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme van Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Ps., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. —— UN- Waldenburger Anzeiger. Amtsblatt für de» Aadtrath zu Waldendarg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe; in Rochsburg bei Herrn Luchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. ——- Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidren, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. S7. Freitag, den 29. April 1887. Witteruugsansfichte« für den 29. April: Bei schwacher südwestlicher Lnftbcwegung theils heiter, theils bewölkt mit Neigung zu Gewitterbil-ung. Temperatur wärmer. Bekanntmachung. Die im laufenden Jahre erforderliche Lieferung von 164 m eisernen Barrisr- riegeln für die Hofer Straße L., Abtheilung 5 und 6 (Lippoldsruhe-Mülsen- Lichtenstein) und 300 m dergleichen für die Thonstraße (bei Waldenburg) soll an den Mindestfordernden vergeben werden. Diesbezügliche Preis-Offerten, zu denen Blankets vorher bei der unterzeich neten Bauverivalterei entnommen werden können, sind bis 7. Mai dieses Jahres, Vormittags 10 Uhr, bei der letzteren einzureichen. Zu dieser Zeit wird die Oeffnung der eingegangenen Offerten in Gegenwart etwa erschienener Bewerber stattfinden. Die Auswahl unter den Bewerbern bleibt Vorbehalten. Zwickau und Glauchau, am 26. April 1887. Königliche Straßen- und Wasserbauinspection. Königliche Bauverwalterei. Döhucrt. vr. Weruer. Bekanntmachung. Der sich erforderlich machende Umbau eines 60 w langen Ufermauertractes in Oberlungwitz soll an einen geprüften Maurermeister vergeben werden. Diesbezüg liche Preis-Offerten, zu denen Blankels vorher bei der unterzeichneten Bauverwal terei entnommen werden können, sind bis 7. Mai dieses Jahres, Vormittags 10 Uhr, bei der letzteren einzureichen. Zu dieser Zeit wird die Oeffnung der eingegangenen Offerten in Gegenwart etwa erschienener Bewerber stattfinden. Die Auswahl unter den Bewerbern bleibt Vorbehalten. Zwickau und Glauchau, am 26. April 1887. Königliche Straßen- und Wasserbauinspection. Königliche Bauverwalterei. Döhnert. vr. Werner. "Waldenburg, 28. April 1887. Die Schuebele-Angelegenheit will noch immer nicht zur Ruhe kommens alle Zeitungen, die man zur Hand nimmt, sind voll davon. Eine bemerkenswerthe Beurtheilung dieser Angelegenheit lesen wir im Wiener „Fremdenblatt", dessen Beziehungen zum auswärtigen Minister Oesterreich-Ungarns bekannt sind. Vielleicht wird, so heißt es dort, gerade die Assaire Schnebele, die im ersten Augenblick als ein düsterer Punkt am Horizont aufgetancht ist, nicht ohne wohl- thuenden Einfluß auf die deutsch-französischen Beziehun gen, oder vielmehr auf die Stimmung in Frankreich verlaufen. Die Behandlung dieser Angelegenheit von deutscher Seite, das strenge Ueberprüfen ihrer recht lichen Natur und jene Erklärungen, welche nach den Versicherungen der Pariser Blätter der deutsche Ge schäftsträger in Paris abgegeben hat, werden schließ lich doch die dortige öffentliche Meinung von dem Wahn befreien, als würde Deutschland nach einer Provozirung Frankreichs fahnden. Bei allen übrigen Beurtheilern der Politik des Fürsten Bismarck könnte eine Zumuthung dieser Art nie Boden fassen. Denn überall, wo man die Geschichte der letzten Jahre kennt, weiß man, daß Fürst Bismarck, so oft er das Inte resse Deutschlands wahren, oder dessen nationale Zwecke mit kräftiger Hand der Verwirklichung näher bringen wollte, kleinliche Mittel verschmäht hat. Die Form seiner Politik entsprach überall der Größe ihrer Mission. Die Ziele und die Entschließungen des Fürst kanzlers sind nie von Zufälligkeiten abhängig gewesen, und ihnen wurde nie ein bestimmender Einfluß auf das Programm des Kanzlers eingeräumt. Der Herr Schnebele wird sich nicht rühmen können, durch sein Erscheinen auf deutschem Boden und die daran ge knüpften Vorfälle den Gang der deutschen Politik und damit Ereignisse von wichtiger Bedeutung beeinflußt zu haben. Mit Zufälligkeiten solcher Art hatte Fürst Bismarck nie gerechnet. Wird solches auch den Fran zosen klar geworden sein, werden sie zur Ueberzeugung gelangt sein, daß die Friedenspolitik des deutschen Reiches auf festen Grundlagen basirt, und nur daun ein Ende finden konnte, wenn die Sicherheit des deut schen Reiches vor Gefahren gestellt würde, zu deren Bekämpfung die Staatskunst 'allein nicht mehr aus reichen würde, dann ist vielleicht auch eine tiefere Be ruhigung des französischen Volksgeistes zu erwarten, welche einer Besserung der deutsch-französischen Wechsel beziehungen nur in hohem Maße förderlich wäre. Die ,',Pol. Corr." läßt sich aus Berlin schreiben, das nächste Thatsächliche, was die Öffentlichkeit in der Angelegenheit Schnebele zu erwarten hat, dürften Nach richten über mehrere Gerichtsverhandlungen sein, zu denen der Fall Anlaß geben zu sollen scheint. Wir verstehen dies dahin, daß schon verschiedene Anklagen gegen elsässisch-lothringische, neuerdings unter der Be schuldigung des Hochverraths verhaftete Persönlich keiten, wobei auch Schnebele eine Rolle spielt, so weit vorbereitet sind, um die Verhandlung in kurzer Zeit erwarten zu lassen. Politische Rim-schau. Deutsches Reich. Der Kaiser hatte am Dienstag Nachmittag eine einstündige Unterredung mit dem Reichskanzler. Mitt woch Vormittag empfing derselbe den Herzog von Ujest und arbeitete mit dem Geh. Rath von Wilmowski. Nachmittags unternahm der Kaiser wieder eine Spa zierfahrt. Der deutsche Kronprinz setzt seine Kur in Ems mit bestem Erfolge fort. Sein Aussehen ist ganz vortrefflich. Indessen legt sich der Kronprinz nach wie vor die größte Schonung auf und nimmt weder Vorträge entgegen, noch ertheilt er Audienzen. Kaiser Wilhelm begeht am 6. Juni sein 70jäh- riges Jubiläum als Chef des Königs-Grenadier-Regi- ments (2. Westpreußisches) Nr. 7. Von dem Regi ment werden zur Feier des Ereignisses große Vorbe reitungen getroffen. Der deutsche Kronprinz wird sich Mitte Mai von Ems zu mehrwöchiger Cur nach Kessingen begeben. Auch ein Besuch des Prinz-Regenten von Bayern ist in Aussicht genommen. Botschafter Herbette hatte in Sachen Schnebele Dienstag eine zweite Unterredung mit dem Grafen Herbert Bismarck. Er übergab eine Abschrift der Briefe des deutschen Polizeicommissar Gautsch an Schnebele. Die Pariser Blätter machen Skandal, weil das deutsche Actenmaterial über die Verhaftung noch nicht eingetroffen war. Die Verzögerung erklärt sich aus der genauen Untersuchung, welche die Unrich tigkeiten der französischen Behauptungen zur Genüge ergeben wird. Einzelne Pariser Blätter schlagen Ver geltungsmaßregeln gegen die in Paris lebenden Deutschen vor, so die Entziehung der Unterstützungsgelder an die deutschen Armen. An eine befriedigende Lösung des Zwischensalles wird nach wie vor festgehalten, doch treten die Gerüchte von einer päpstlichen Vermitt lung stärker als bisher auf. Der Bundesrath hält heute Donnerstag seine übliche Wochen-Plenarsitzung ab. Die Branntwein steuervorlage steht noch nicht auf der Tagesordnung. Heute beginnt auch die Budgetcommission die Be- rathung des Nachtragsetats. Die Kunstbuttercommis sion hat die Berathung des Gesetzentwurfes beendet. Von dem Gesetzentwurf betr. die Fürsorge für die Hinterbliebenen der Militärpersonen hat die bezügliche Commission die ersten 4 Paragraphen angenommen. Die Einbringung des neuen Zuckcrsteuergesetzes im Bundesrath wird binnen Kurzem erwartet. Zur Vorgeschichte der Occupation von Bos nien und Herzegowina durch Oesterreich-Ungarn wiederholt die „Nordd. Allg. Ztg." gegenüber den An griffen russischer Blätter, daß der Occupation russisch- österreichische ohne Mitwirkung und ohne Wissen Deutsch lands gefaßte Verabredungen zu Grunde lagen, welche schon im Jahre 1876 vereinbart und im Jahre 1877 vertragsmäßig sanctionirt wurden. Damals bereits, also lange vor dem türkischen Kriege, sind die später in Wirksamkeit gesetzten Abmachungen bezüglich Bos- nien's und der Herzegowina zwischen Oesterreich und Rußland direkt getroffen und wie gesagt ohne Mit wirkung und ohne Wissen Deutschlands. Die Ver handlungen, welche mit jenem vom damaligen russischen Botschafter in Wien geschlossenen Vertrage endigten, sind unter der Leitung und Verantwortlichkeit des Fürsten Gortschakow und unter directer Betheiligung namhafter russischer Staatsmänner geführt worden, welche jetzt das gute Einvernehmen beider Länder da durch zu stören bestrebt sind, daß sie vor der öf fentlichen Meinung Rußlands der in dieser Sache gänzlich unbetheiligten deutschen Politik die Verantwor tung für Ergebnisse auszubürden suchen, die sie selbst herbeigeführt haben. Wohl nicht ganz ohne Bezug auf die über den Fall Schnebele in Paris entstandene Erhitzung schreibt gestern die „Post", die es von Zeit zu Zeit übernimmt, den Optimismus bezüglich unserer Lage etwas zu däm pfen: „In allen Theilen des Volkes verbreitet sich mehr und mehr die Erkenntniß, daß es eine wunder gleiche Kraft war, die den Frieden so lange erhalten hat, und daß die Gefährdung des Friedens nicht von den Fehlern oder dem Ehrgeiz irgend einer Re gierung ausgeht, sondern von einer inneren Er krankung der beiden großen Nationen im Westen und Osten. Dieser Zustand legt der deutschen Nation die Last einer immer schwereren Waffenrüstung auf. Das ist unwillkommen und beklemmend. Wir haben uns gleichsam zum Trost eine Redensart angewöhnt, die man anfängt, gegen uns zu kehren. Wir ver sichern fortwährend, daß wir rüsten und wieder rüsten, lediglich um dcn Frieden zu erhalten. Natürlich sagen nun die Andern: das können wir auch, und heute ver sichert jede Regierung, sie ströme über von Friedens liebe, und um dieser Liebe zu genügen, müsse Volk und Land in Waffen starren. Es wäre gut, wenn wir die Dreistigkeit uns angewöhnen wollten, die Lage kühl und nüchtern zu bezeichnen, wie sie ist. Dann