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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000810011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900081001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900081001
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-10
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
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Die Erkenntniß der Größe der gemeinsamen Gefahr hat zunächst das Zusammengehen aller der Staaten zu Wege gebracht, die durch die Ausbreitung des Boxeraufstandes und der Befestigung der Herrschaft der fremdenfeindlichen Richtung geschädigt werden können. Wie lange diese „Einigung" aber Vorhalten wird, und ob sie nicht gleich in die Brüche geht, sobald die Ordnung im Reiche der Mitte nur nothdürftig wieder hergestellt ist, dürfte eine andere, kaum minder wichtige Frage sein. Gewisse Symptome in den Ländern, die an der Entwickelung der Dinge im Osten am meisten betheiligt sind, sprechen eigentlich nicht dafür, daß ein friedliches Nebeneinalldergehen der europäischen Staaten auch nach der Rückkehr normaler Zustände in China stattfinden kann. In Rußland und England verfolgt man mit Mißtrauen die Kämpfe der Europäer mit den Gelbgesichtern, und verhehlt nur mühsam sein Unbehagen darüber, daß auch andere Mächte zur Wahrung ihrer Rechte entschlossen in die Arena herabgestiegen sind. Begreiflich ist es, daß die allgemeine Aufmerksamkeit sich besonders auf Rußland und England richtet, die trotz angeblicher Zurückhaltung keine Anstrengungen scheuen, um der chinesischen Frage eine Wendung zu ihren Gunsten zu geben, und die beide schließlich die endgiltige Entscheidung nach blutigem Kampfe treffen werden. Beiden Regierungen waren die unerwarteten Wirren in hohem Maße unwillkommen. Rußland hat von An beginn eine eigenthümliche Stellung offenbart. Die Petersburger Presse wurde nicht müde, immer wieder die Versicherung zu geben, daß das Zarenreich mit China im Frieden lebe, und daß man sich damit begnügen werde, der Pekinger Regierung zum Siege über die Aufständischen zu verhelfen. Mit der Wiederkehr ge ordneter Verhältnisse sei die Aufgabe erschöpft, von einer Auf teilung des Reiches könne keine Rede sein. Rußland spielt die Rolle des Friedensstifters, der selbst nicht die geringsten Wünsche besitzt und lediglich dem Freunde aus den Schwierigkeiten heraus helfen will. Wie die Dinge eben liegen, ist es für das Zarenreich die zweck mäßigste Taktik, China äußerlich rücksichtsvoll zu behandeln; um so schärfere Forderungen können dabei im Stillen erhoben wer den. Die zahlreichen Verpflichtungen der russischen Diplomatie in Persien und Kleinasien, in Korea und Afghanistan, in Ma rokko und ebenso in europäischen Staaten, lassen den Wunsch nach einer möglichsten Eindämmung der chinesischen Angelegenheiten natürlich erscheinen. Die Ausnutzung der Verlegenheiten Eng lands in Afrika war gerade im besten Gange, als der Boxer aufstand dazwischen trat und die Abwickelung der Unter nehmungen bedenklich störte. Rußland hat ein dringendes Inter esse daran, die Streitigkeiten in China so rasch wie möglich und so friedlich, wie es sich irgendwie mit der Ehre verträgt, zum Ausgleich zu bringen, um nach anderer Richtung freie Hand zu bekommen. Durch die Vroclamirung der'« Freundschaft zum officiellen ChiUa bindet sich die russische Regierung nach keiner Seite. Es ist verständlich, daß man zunächst für die Schädigung der Rechte russischer Unterthanen und, sollte sich die Ermordung der Ge sandten*) bestätigen, für diese grobe Verletzung des Völkerrecht- Sühne fordern wird. Die Sühne wird officiell in der Be strafung der Schuldigen und vielleicht in einigen Bürgschaften be stehen, die die Chinesen nicht allzusehr drücken. Darüber hinaus wird man schwerlich gehen. Wesentlich erleichtert würde Ruß lands Thätigkeit, sollten Herr v. Giers und die Mitglieder der Gesandtschaft sich noch am Leben und außer aller Gefapr in Peking befinden. Dann könnte man den „Schutz" des Reiches der Mitte mit vollem Nachdruck aufnehmen und die noth- wendigen Consequenzen aus dieser schon früher verkündeten Taktik ziehen. Das Bestreben, äußerlich und offioiell mit China die besten Beziehungen zu unterhalten, und es gegen seine auswärtigen Feinde zu schützen, trat breits gleich nach dem Kriege mit Japan deutlich zu Tage. Di« Intervention zu Tokio brachte es zu Wege, daß die Halbinsel Liaotong mit den KriegShäfen an den End punkten von den Japanern geräumt werden mußte, und den Chi nesen zurückgegeben wurde. Die Häfen sind officiell auch heute ihr Eigenthum, denn die späteren Verträge über Wei-hai-wei, Port Arthur und Talienwan betrafen bekanntlich eine 99jährige „Pachtung", aber käme förmliche Gebietsabtretung. Bei allen ibren Erfolgen und Errungenschaften in China hat die russische Diplomatie sich Wohl gehütet, die Form in so scharfer Weise zu verletzen, daß ein ernster Bruch mit der Regierung und den Herr schern in Peking hätte eintret«n müssen. Sie verstand es viel mehr mit großem Geschick, sich immer als Freundin hinzustellen, die den bestehenden Zustand im Reiche der Mitte erhalten wolle. Man huldigte dabei einer alten Praxis, die sich bereits früher aufs Beste bewährt hatte. Der „Schuh" der Staaten, in denen die Russen Interessen besaßen, wurde seit Langem mit besonderer Sorgfalt geübt. Mr erinnern hierbei an die Balkanländer, und zwar nicht nur an die kleinen, sondern auch an die Türkei. Die selbe war durch den bedeutsamen Vertrag von Hunkiar-Jskelessi im Sommer 1833 in ein förmliches Vasallenverhiiltniß gerathen. Rußland ging damals dir Verpflichtung ein, die Pforte gegen äußere Feinde zu schützen, und diese sperrte dafür die Darda nellen gegen fremde Kriegsschiffe, ausgenommenen die russischen. Zur Durchführung deS Vertrages, der bis zum Krimkriege seine Kraft behielt, erschien dann im Bosporus ein russisches Ge schwader und landete eine starke Armee, di« lange Zeit die otto- manischen Streitkräfte ebenso wie die der Engländer und Fran- zosen im Schach hielt. Unter der Regierung de» gegenwärtigen Zaren hat man dann ebenfalls die „Schuhpolitik" gegenüber der *) Bis jetzt ist bekanntlich nur der deutsche Gesandte v. Ketteler ermordet worden, welche» Schicksal der übrigen Gesandten harrt, ist noch ungewiß. D. Red. Türkei bis zum Kriege um Kreta mit vollem Erfolge zur An wendung gebracht. Rußland ist demnach seiner alten Tradition treu geblieben, als es nach dem Ausbruch der gegenwärtigen Wirren das Ver- hältniß zu China so beließ, wie es sich allmählich entwickelt hatte Man spricht bereits davon, es bestehe die Absicht, das ganze Reich in eine ähnliche Abhängigkeit zu Rußland zu bringen, wie etwa das Chamat Chiwa. So weit dürfte es vorläufig nicht kommen, wenn auch den Staatsmännern in Petersburg die völlige Unter werfung des Reiches der Mitte als letztes Ziel vorschweben mag. Dieser Zeitpunct liegt einstweilen in weiter Ferne. Zunächst würden sich die Russen damit begnügen, die Mongolei dem Be stände des Zarenreiches anzugliedern, oder sie in der gleichen Weise zu „pachten", wie es seiner Zeit mit Port Arthur geschah. Die Erwerbung dieser Provinz wird schon längst von der Peters burger Presse energisch gesondert, und der geplante Bau einer Eisenbahn von Peking nach Kiachta über Kalgan beweist, daß die Regierung diesem Wunsche Rechnung zu tragen gedenkt. Denn die neue Linie müßte direkt die Mongolei durchschneiden, die dadurch ebenso wie die Mandschurei dem russischen Einfluß unterworfen würde. Sind beide Provinzen, die Mandschurei und die Mongolei, in die unmittelbare Einflußsphäre des Zaren reiches gezogen, so bedarf es nur eines Blickes auf die Karte, um darzuthun, daß Letzteres thatsächlich über das ganze nördliche China gebietet. Dann könnte auch Korea nicht lange widerstehen und würde bald in die gleiche Abhängigkeit von Rußland ge rathen. Das Alles würde natürlich erst dann geschehen, wenn der Boxeraufstand niedergeworfen ist, und eine gesittete Regierung in Peking herrscht. Darauf wird man in Petersburg zunächst ge wiß sein Hauptaugenmerk richten. Dann aber kommt die Gegen rechnung, die mit unfehlbarer Sicherheit vorgewiesen werden und ebenso sicher bezahlt werden wird. Von wem hätte Rußland etwas zu befürchten? Die Engländer sind noch immer in Transvaal gefesselt und werden wahrscheinlich nicht so bald an großen Actionen, die auf eine Ausbreitung in China hinziclen, theilnehmen können. Eine andere Gegnerschaft aber hat das Zarenreich nicht zu fürchten. Und so könnte es sich ereignen, daß der anfänglich unwillkommene Boxeraufstand durch die geschickte Handhabung der „Schutztaktik" eine Machterweiterung für Ruß land bringt, die seine Vorherrschaft in Mittel- und in Ostasien endgiltig besiegelt und die Engländer für immer auf die zweite Stelle im Orient verweist. Graf Waldersee. Neber den Casseler Aufenthalt deS Generalfeldmarschalls Graf Waldersee wird noch gemeldet: (-) Caffcl, 9. August. (Telegramm.) GrafWalder- see ist heute Vormittag wieder abgereist. Er wurde von dem Kaiser nach dem Bahnhöfe begleitet, wo das Ofsicier- corpS erschienen war. Als Graf Waldersee den Zug bestieg, brachte der Kaiser ein Hurrah auf den „Ober st- commandirenden in China" aus, in das auch das Publicum begeistert einstimmte. (Wiederholt.) Ferner meldet unS eine Berliner Depesche: 6. Nl. Berlin, 9. August. (Privattelegramm.) Gräfin Waldersee begleitet ihren Gemahl nach China. Der Antritt der Reise Beider erfolgt wahrscheinlich schon heute. (Wiederholt.) lieber die Aufnahme der Wahl des deutschen General feldmarschalls zum Höchstcomniandirendcn der chinesischen Expeditionskorps im AuSlande verbreitet Wolff's Bureau folgende Telegramme: (-) Wien, 9. August. (Telegram m.) Sämmtliche Blätter äußern sich sehr sympathisch über die Ernennung deS Grafen Waldersee zum Oberstcommandirenden in China. Die „Neue Freie Presse" bezeichnet die Ernennung als einen bemerkcnSwertben Erfolg der Slaatskunst des Grafen Bülow. I» der Annahme des deutschen Oberbefehlshabers liege auch eine hoch zu veranschlagende Anerkennung ver deutschen Kriegskunst. Das „Neue Wiener Tagblatt" erklärt: Seit Jahrhunderten ist der Name Walcersee in Schwung unv Uebung. Dieser Name offenbart, daß man für eine Action großen Stils auch einen verantwortlichen Leiter von historischem Zuschnitt gewonnen hat. (-) Parts, 9. August. (Telegramm.) Die Blätter sprechen einmüthig die Ansicht au-, daß die großen Talente und daS Ansehen des FeldmarschallS Graf Waldersee seine Ernennung zum Generalissimus der verbündeten Truppen in China zur Nothwendigkeit gemacht hätten. Die natio nalistischen Organe werfen der Negierung vor, daß sie, indem sie als Obercommandirenden der französischen Truppen nicht einen General gewählt, dessen Wahl sich Allen auf gedrängt habe, sie Kaiser Wilhelm Gelegenheit gegeben habe, die Initiative zu ergreifen, woraus Deutschland ungeheuere moralische Vortheile ziehen werde, die Frankreich hätten zu fallen müssen. Der „Figaro" bemerkt, cS sei nicht un möglich, daß Kaiser Wilhelm den Grafen Waldersee erst nach dem Einvernehmen mit gewissen Cabiuettcn gewählt habe. „GauloiS" glaubt, diese Maßnahme sei mit Zustimmung Frankreichs und Rußlands getroffen worden. (Wiederholt.) Der „Voss. Zig." entnehmen wir noch folgendes Pariser Stimm»» g«bilv: * Parts, 9. August. Graf Waldersee'S Sendung nach China ist, wenn nicht für Vie Regierung doch für die öffent liche Meinung Frankreich» eine große Ueberraschn ng. Man war hier Wochen lang durch unwidersprochene, mit unter sogar halbamtlich scheinende ZeitungSmeldungcn im Glauben erhalten worden, die Mächte hätten Frankreich den Oberbefehl angeboten, eS schwebten hierüber Unterhandlungen zwischen den Cabinetten u. s. w., daher eine gewisse Enttäuschung, die sich übrigen» eher durch wortlose» Verzeichnen der Nachricht, al» durch Unmuth«- Lußerungen kundgiebt. Nur die Nationalisten üben keine Zurückhaltung, so sagt „Eclair": „Wenn kein Franzose den Oberbefehl hatte, so wäre ein russischer General für da« verbündete Heer, rin englischrr Admiral für dir verbündeten Geschwader die uns genehmste Lösung gewesen. Man bat sie nicht zu verwirklichen verstanden. DaS unseren Soldaten auferlegte Opfer, unter den Befehlen eines deutschen Generals zu stehen, wird von der öffentlichen Meinung Frank reichs als eine Thatsache ausgenommen werden, welche die französische Regierung uns hätte ersparen können." „Libre Parole" klagt bitter, daß eie Regierung aus Angst vor dem Siegeslorbcer Negiers Anerbieten, nach China zu geben, abgewiesen babe. „Wäre Negrier geschickt worden, so hätte man ihn ganz selbstverständlich zum Oberbefehlshaber er nannt, aber mit einer freimaurerisch jüdischen Regierung und einem Verrathsministerium sind wir nur noch eine Macht zweiten Ranges, — weniger, nur noch ein Mitglied des veutschen Bundes. Wir müssen noch stolz daraus sein, daß man uns erlaubt, fünszehntausend der Unsrigen abzuschicken, damit sie sich in China unter den Befehlen eines deutschen Generals lödtcn lassen, der 1870 gegen unS gekämpft Hal. Wird der bittere Kelch nicht bald bis zur Neige geleert sein?" Vie wirren in China. Neber den Kampf um Peitsaug und die Einnahme des stark befestigten Platzes wird unS noch gemeldet: * Tientsin, 5. August. („Rcutcr'S Bureau".) Tas Treffen vci Peitsaug begann heute früh 3 V, Uhr. T>c Chinesen wnrvrn aus Sen Bcrschan.ungrn ver trieben. Tic Russen verloren 590 Tobte, Sic Eug- länbcr 50, auch Sie Tcntjchcn nnd Japanrr hatten große Verluste, die noch unbekannt sinv. Ter Weg nach Peking wird nnnmchr jur offen gehalten. (Wicbcrholt.) * Tokio, 9. August. (Telegramm.) Tic ver bündeten Streitkräfte gingen in der Rächt zum 4. b. M. zum Angriff gegen dir etwa 3 Meilen nördlich von Tientsin stehenden chinesischen Truppen vor. Ter Uampf begann am nachiten Morgen 3','. Uhr früh. Nach .stündigem Gefechte wurde Ser Feind geschlagen nud Peitsaug besetzt. Ter Plan ging Sahin, Satz die eng lischen nnd japanische» Truppen 12 009 Manu stark vom rechte» ftfcr des Peiho-FlnfseS ans vorrücken sollten. Sic 5000 Mann zählenden Russe» »»s Franzose» vom linke» Ufer. Tie Letzteren konnte» nicht weiter gelangen wegen Ser vom Feinde herbeigeführteu Ucbcrschwcm- muug des Terrains. Tahcr wurde die Besetzung von Peitsaug lediglich von den (rugländern und Japanern nnlcruommeii. Tic Berbündctett werden jetzt auf Vaugtsun marschiren. Darin, daß der Weg nach Peking nun offen sei, wird man sich Wohl gewaltig täuschen. Zum Mindesten werden sich den Alliirten, wenn nicht früher, so doch bei Iangtsun bedeutende chinesische Streitkräfte in den Weg legem und es wird noch manchen blutigen Strauß geben, ehe Peking er reicht ist. Sckwn bei Peitsang waren die Verluste der Ver bündeten verhältnißmäßig sehr empfindliche. Peking. AuS Wien, 9. August, wird uns telezraphirt: DaS Ministerium des Aeußcren erhielt von dem öfter reichi sch- ungarischen Geschäftsträger in Peking, vr. von Rostborn, eine vom 4. d. M. datirte chiffrirte Depesche, die von dem Ministerium für authentisch gehalten wird. Sie besagt: Das österreichisch-ungarische Gesandtschafts gebäude ist mit dem Inventar und dem Archiv am 21. Juni verbrannt. Wir vertheidigten seit dem 20. Juni gemein sam mit dem französischen Detachement das Gesandtschafts gebäude, das unausgesetzt auS Gewehren und Geschützen be schossen wurde. Ein Tbeil dieses Gebäudes wurde durch Minen zerstört. Wir beklagen folgende Verluste: Fregattenkapitän Thoiyanu und drei Matrosen sind todt, Boyncburg und zwei Matrosen schwer verwundet, jedoch außer Gefahr. Seit dem 16. Juli blieben die Angriffe der Chinesen ob ne eine intensivere Wirkung. Die chinesische Regierung sucht uns zur Abreise nach Tientsin unter sicherem Schutze zu bewegen, wir sind jedoch auf dieses Anerbieten bisher nicht ein gegangen. Shanghai. Die „Times" melden aus Shanghai vom 8. d. M.: Hier werden am 12. d. M. drei indische Regimenter zum Schutze der Niederlassungen in Shanghai gelandet. Der Taotai von Shanghai erhielt die Versicherung, die Be setzung sei nur eine zeitweilige, so lange die Unruhen im Norden andauern. Der Taolai sprach die Hoffnung aus, die Anzahl der Truppen werde nur auf das unbedingte Er forderniß beschränkt werden. Mandschurei. General Grodekow berichtet an den russischen Kriegs minister aus Chabarowsk vom li. d. M.: Das Detachement des Generals Rennenkampf, daS abgevrdnet war, um die geschlagenen Chinesen zu versolgen, kehrte gestern nach Aigun mit zwei den Chinesen abgenommenen Miirailleuscn und 9 Fahnen zurück. Die Chinesin flohen. Um den Erfolg Nennenkamps's weiter auszuuützen, wurde eine neue Ver- folgungScolcnne von vier Schwadronen Kosaken mit zwei Geschützen nachgeschickt. * Brüssel, 9. August. (Telegramm.) Der Kriegsminister hat die Militärbehörden angewiesen, dem mit der Bildung eine- Expeditionscorp- für Lhiaa betrauten General Berstraete die Er füllung seiner Aufgabe nach Möglichkeit zu erleichtern. (Wiederholt.) Tie chinesische Alotte. Von fachmännischer Seite wird un» ar» London unter den« 5. Juli geschrieben: Urber die wirkliche Stärke der chinesischen Landarmer», deren Gesecht-wertb, Ausbildung und allgemeinen Zustand ist ein Urtheil beute kaum möglich, dagegen ist Henauer fest zustellen, welche Strcitkräfte da» Himmlische Reich eventuell zur See gegen bie Alliirten au-senden kann. Die chinesische Flotte ist an sich durchaus keine quantit« vögllgeadle, und di« fünfzehn Schlachtschiffe, sowie di« zwei Torpedo kanonenboote, aus denen sie jetzt besteht, sind, besonders in chinesischen Gewässern, ein recht gefährliches In strument. Vor der Einnahme der Forts von Taku verfügte die chinesische Flotte noch Uber vier in Deutschland gebaute Torpedobootzerstörer, die mit die schnellsten, wenn nicht über haupt die schnellsten in der Welt waren. Diese guten Fahr zeuge wurden indessen schleunigst von den westlichen Bar baren gekapert. Die mächtigsten und gefährlichsten Schiffe der chinesischen Flotte sind die „Hai-Chi" und die „Hai-Tien", zwei Schwester schiffe, die erst anderthalb Jahre alt sind, und an Schnellig keit, Mobilität und Bewaffnung kaum von den besten Schiffen europäischer Flotten übertroffen werden. Die beiden Schiffe baden bei einer Länge von annähernd 400 Fuß und einem Deplacement von 4300 TonS nur einen Tiefgang von 18 Fuß und erreicken die bohe Geschwindigkeit von 24 Knoten. Sie führen zwei achtzöllige Schnellsenergeschütze, die hinter sechs Zoll soliden Stahles in ihren Positionen stehen, dazu fünf Torpedotuben. Ihre zweiten Batterien sind mit zehn der bekannten und geschätzten 4,7 Schnellsenergeschütze ausgerüstet. Der geringe Tiefgang dieser Schiffe, ihre schwere Acmirung und vor allen Dingen ihre Schnelligkeit machen sie zu sehr wünschenL'werthen Beutestücken, die denn hoffentlich auch den Weg der Torpedobootzerstörer gehen werden. Nach diesen beiden vorzüglichen Schiffen kommen drei Schwesterschiffe, die zwar kleiner, aber in ihrer Art nickt weniger werlbvoll sind. Es sind das die „Hai-sbei", die „Hai-sbew" und die „Hai-Jung", die bei 3000 TonS Deplace ment und über 300 Fuß Länge nur 16 Fuß Tiefgang haben. Sie machen jede 20 Knoten die Stunde. Ihre Bewaffnung besteht aus drei sechszölligen Krupps iu deu Hauptbatlerien und acht 4,7-Geschützen in den Zwcilbatterien. Numero sechs in der Reibe der chinesischen Flotte ist die „Hi-Ilug". Sie hat 2200 Tons Deplacement, ist 250 Fuß lang und hat 18 Fuß Tiefgang. Sie führt zwei 8 zöllige Geschütze, acht 4,7 und eine Torpedotuben. DaS Schiff ist ebenfalls neueren Datums — vollendet 1896 — und macht 21 Knoten die Stunde. Die „Hi-Iing" war ursprünglich als Schwesterschiff der „Nan-Schuen" und der „Nan-Tin", die beide bereits 1881 gebaut waren, gedacht, diese beide» machen indeß nur 15 Knote» und sind auch sonst in mancher Hinsicht heute veraltet. Nach der „Eoo ching", die die Größe der „Hi-Iiug" bat, aber nur 15 Knoten macht und nur drei sünfzöllige Krupps führt, kommen dann wieder drei Schwesterschiffe, die „Huau- Chi", die „Huan-Ching" und die „Huan-Tai". Das erste und vas letzte dieser Schiffe haben gleiche Bewaffnung: drei siebenzöllige Krupps in den ersten und sieben Vierzigpfünderu in den zweiten Batterien. Tas zweite Schiff bat zwei acht zöllige Schnellsenergeschütze in den ersten Batterien und sechs 5,9 zöllige in den Zweitbatterien; sie machen zwischen 15 und 16 Knoten. Dann hat die chinesische Flotte noch, eine Anzahl kleinerer und langsamerer Schiffe. Zunächst die „Pai-kin". Sie ist 200 Fuß lang, hat nur 14 Fuß Tiefgang, macht aber bei einem Deplacement von 1500 Tons nur 9 Knoten die Stunde. Sic führt zwei 6;öllige Armstrongs in der ersten und sechs 5zöllige in deu zweiten Batterien. Schließlich sind daun noch vorhanden: Die „Kwang-Tinz", Deplacement 1000 Tons, lang 240 Fuß, Tiefgang 11',4 Fuß, Bewaffnung drei 4,7 Schnellfeuergeschütze und vier Torpedotuben. Sie ist 1890 gebaut unv macht 16—17 Knoten die Stunde. Ihr Deck ist mit einzölligen Platten gedeckt. Zur selben Classe gehört die „Fee-Jing". Sie ist ebcnfaUs 1890 in Stettin gebaut, 250 Fuß lang und bat nur eine» Tiefgang von 12»,r Fuß. Sic trägt eine neunzöllize Krupp in der Hauptbatlerie, sowie ferner zwei vierzöllige, ihre Geschwindigkeit beträgt nicht weniger als 21 Knoten, und das Deck ist mit zwcizölligcn Skahlplatten geschützt. Die Besatzung beträgt rund Hundert Mann. Die beiden Torpedoboote schließlich, die den Rest der chinesischen Flotte ausmachen, sind von je 870 Ton». Sie sind reichlich 250 Fnß lang, Habers nur 10 Fuß Tiefgang und machen trotzdem '23 Knoten die Stunde. Ihre Bewaffnung besteht aus zwei Torpedotuben, einer 3,9 zölligen Canet- Schnellseuerkanone und drei zweieinbalbzölligen. Außerdem existirt noch ein sagenhaftes Kanonenboot, das ungefähr zur Zeit des deutsch-französischen Krieges das Licht der Welt erblickte. ES wiro iu den chinesischen Listen noch mit großem Stolze als diensttüchtig aufgesührt, wird aber Wohl nur für vie eigene Besatzung gefährlich sein. Damit ist die Liste der chinesischen Kriegsschiffe, die für einen Seekrieg in Betracht kommen können, erledigt. Wenn man diese Flotte nun auf ihren Gefechtswerth hin ansehen will, muß man zweierlei im Auge halten: erstens, daß die Schiffe sehr wenig Tiefgang haben und verhältnißmäßig lang sind. Dadurch können sie eine große Anzahl Truppen an Deck tranSportiren und außerdem in Gewässer gehen (wie bei Taku), in die die europäischen Schiffe mit ihrem größ'rcn Tiefgang ihnen unter keinen Umständen zu folgen vermögen. Zum anderen darf aber nicht außer Acht gelassen werden, daß diese Armada von Clnucsen geleitet und vor allen Dingen verwaltet wirv. Wie viel von der ursprünglichen Ausrüstung noch vorhanden, und wie viel von den Herren Commandeureü versetzt ist, Weiß Niemand außer ihnen, ebenso, wie viel Pulver rc. von den Mandarinen anderweitig verwendet wurde. Eine hübsch« Illustration zu den Anschauungen, die man in China von dem Zweck und Vortheil dieser kostsvieligen Kriegöwerkzeuge hat, ist folgende wahre Geschichte: Als die oben zuerst erwähnten Kriegsschiffe „Hai-Chi" und „Hai- Tien" von England funkelnagelneu in China eintrasen, wollte cs der Zufall, daß die Kaiserin-Wittw« gerade einen neuen Palast balle bauen lassen. Jemand überzeugte sie, daß elektrisches Licht den Palast besonder« verschönen würde, und bie alte Dame wollte sofort Glühlampe» haben. Ihre genialen Eunuchen wußten Rath. Die beiden Kriegsschiffe mußten ihre elektrischen Einrichtungen hergeben, natürlich nur leihweise. Nach einer Weile wollt« Tsi-Est allergnädigst nicht- mehr von dem Lichte der fremden Teufel wissen und befahl, daß e» wieder abgeschafft werde. E» wurde also an geordnet, daß die geborgten Maschinerien rc. wieder an Bord der Kri«z«schiffr gebracht würden, aber di« Eommandante»
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