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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS- Preis 22z Sgr. Thlr» viertelMrlich, Z Thlr. für daS' ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. z r n a g a für die Man pränumerirt aus dieses Beiblatt der Wz. Pr. StamS- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straß- No. 34>; in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post-Acmtern. Literatur des Auslandes. Berlin, Montag den 10. Angnst 183» Aegypten. Alexandrien und die Griechische Flotte. 1827. Die westliche Kiiste Aegyptens ist so niedrig, daß, wenn cs in einer Entfernung von sechs Meilen von dem Verdeck einer Korvette betrach tet wird, cs nur ein grauer Streifen am Horizont zu sehn scheint, teffen Bedeutung wohl der erfahrene Seemann, kcinesweges aber das in den Enthüllungen der Geheimnisse des dunkeln Meeres noch unge- übte Ange eines Neulings erraihen kann. So wie man aber dem Lande näher kommt, erhebt es sich allmäsig, dehnt sich in die Breite und füllt einen Theil des Horizonts aus. Ganz nahe daran bemerkt man zwei Wahlstät- ten, auf welchen stch Land und Meer zu bekämpfen scheinen. Hier hat das Meer seinen Gegner besiegt und sich in seinem Schoße eine Bai aus- gehöhlt, und dort blieb das Land Sieger und schob eine lange Spitze in seines Gegners Gebiet hinaus. Diese beiden Kampfplätze stellen stch dem Auge in den beiden Häfen von Alexandrien dar. Der neue Hafen ist an der östlichen Seile der Küste, und wird von seinem Damm nur schlecht gegen Lie Meercswogen geschützt, die ihm der Nordwind oft zuwälzt. Hier kämpft Lie Wüste nicht mehr gegen das Meer; sie erniedrigt vielmehr ihren Strand und senkt ihre Küste wie ans Demuth vor ihm, so daß es ohne Kampf und Gegen wehr sich hineindrängell kann. Selten ist hier mehr als Ein Handels schiff zu erblicken, und einige kleine Fahrzeuge, welche bisweilen am Quai anlegen. Die Häuser dahinter, welche die Aussicht hemmen, sind armselig und schlecht; und die ersten Menschen, die man zu Gesichte bekommt, sind einige halbnackte Araber, welche bei einer SPiffsladung Gurken oder Wasser-Melonen hingckauerl liegen. Kei» anderes Ge räusch ist zu hören, als das Rauschen des Meeres, und keine andere Bewegung zu sehen, als eben diese. Und dabei eine glühende Sonne mit blendenden Strahlen, die alle Farben in einander vermischen und dem Auge seine Sehkraft rauben, so daß man beim ersten Anblick glau ben muß, es sch dies ein elendes Dorf mit einer Bucht, wohin nur die vom Sturm verfolgten Schiffe ihre Zuflucht nähmen. Doch hinter Liesen elenden Hütten dehnt sich eine unermeßlich große Stadt aus. Hier gelangt man zuerst in das Quartier der Franken, welches groß, belebt und von gefüllten Basars Umgeben ist; dann kommt man in das Türkische Quartier, welches uneben, still und traurig ist; aus diesem tritt man auf einen großen Platz, wo Kaufleute ihre Waarcn feil bie ten und Bettler in langer Reihe auf kleinen Erdhügeln sitze», die wie Gräber aussehen. Bon diesem Platze führt ein von Soldaten bewach tes Thor weiter; und hier stellt sich dem Auge ein ganz anderes Schau spiel dar. Kanonen, Taue, Waarcnballcn, Schiffe, die neu erbaut, und Schiffe, die ausgebcsserl werden, steigende und fallende Segel, und ein ganzer Wald von Mastbäumen, zwischen welchen eine Unzahl von Käh nen hin und her gleiten, Alles voller Leben und Tbätigkeit; hier erst ist Ler Ort, wo eigentlich die Hauptstadt Aegyptens anfäugl, und ich möchte sagen, hier endet sie auch.' Zm Hintergründe des Hafens, in dem westlichen Theile, liegen das Zeughaus und das Zoll - Amt. So vollkommen auch das erstere die Mittel darbictct, beschädigte Schiffe auszubeffern und unbrauch bare wieder in Stand zu setzen, so ist cs doch unzureichend, die kleinste Flottille daraus zu armiren, und nur einige kleine Fahrzeuge von gerin gem Umfange können hier erbaut werden. Weiter abwärts sind die Waaren - Niederlagen', und noch weiter unten ist das Schiffswerft. Hier sind die Meereswogen niemals aufgeregt; hier ankern die Fregat ten und zeigen ihre beschädigten Flanken; hier werden sie mit bewun dernswürdiger Schnelligkeit durch das Feuer und die Eisen der Kalfa terer von ihren Reisewunden geheilt und stehen, mit neuer Kraft aus gerüstet, zu ferneren Unternehmungen da. Am ganzen Quai entlang liegen die bemannten Schaluppen aller Nationen, um Waarenballen und Kisten ein- und auszuladcn. Kom mende und gehende Lastträger stoßen an einander, und zwanzig verschie dene Klcidertrachten erscheinen zugleich dem Auge und eben so viele Sprachen ertönen zugleich dem Ohr. Hat man sich nun »och zwischen den auf dem Sande hingelagertcn Geschützen, Ankern, Tauwcrken und Planken hindurchgewunden, wo man überall den befehlenden Türken und den arbeitsamen Araber erblickt, so kann man von der wahren Physiognomie dieses Quartiers einen Begriff haben. Zn der Mitte die ses ungeheuren Raumes erhebt sich ein nach allen vier Seiten offener Kiosk, in welchem die Zoll-Beamten ihren Sitz habe». Sie scheinen in ihren Arbeiten ganz verlieft zu seyn; aber es entgeht doch ihrem Scharfblicke nichts, und die Rauchwolken, die ihrem Munde und ihre» brennenden Pfeife» entsteige», verhülle« ihnen auch nicht die ge ringste Kleinigkeit. Auf dem Quai, in dem Hafen und längs dem gan zen Gestade ist Alles ihrer Kontrolle unterworfen, die eben so streng wie ihr äußeres Ansehen ist. Dieser Kiosk ist, wie der Leser bereits bemerkt haben wird, das Zoll-Amt des Pascha. An der Rordseite des Hastns tritt eine Eldzunge hervor; sie dehnt sich dann gegen Westen etwas aus, verengt stch bald wieder, und endet in eine Spitze, die von Klippen umgeben ist, welche ihr zum Schutze die nen. Diese wird die Spitze der Feigenbäume genannt und trägt auf ihrem Haupte ein mit furchbarem Geschütz bekröntes Fort. Zm Mittel punkt liegt der Palast des Mehmed Ali, der von hier aus bald den Blick auf dem Hafen ruhen lassen und sich seiner Macht und seines Besitzes erfreuen und bald ihn über das Meer hinaus schweifen lassen kann, welches eben so gränzenlos und unerschöpflich ist, wie die stolzen Pläne seines herrschsüchtigcn Herzens. Zu scincn Füßen ist ein Lager für seine Elite» - Garde formirt, welches die ganze Spitze der Halbinsel cinnimmt und den Palast von der Stadt trennt. Ls ist dies die Citadellc von Alexandrien. An der Westseite dieser Spitze fließt das Meer, und vier Meile» davo» erhebt stch ein Vorgebirge, welches den Seeleuten, deren Schaluppen öfters dort anlegen müffcn, um frisches Wasser cinzunclnne», sehr bekannt ist. Es wird durch eine befesiigte kleine Insel vcrthcidigt, die man die Spitze oder die Znsel des Mara- bout nennt. Zwischen dieser Spitze und der der Feigenbäume ver sperrt kein sichtbarer Gegenstand den Hafen, und man wird leicht zu glauben geneigt, daß das Meer, welches man so ungehindert eintreteir und das Becken füllen sicht, auch hier seinen Sieg »der das Land da- vongetragen und keinen Widerstand mehr zu erleide» habe; allein, in dem sich die Wüste hier abspülen und gegen Süden zurückdrängcn läßt, weicht sie doch nur allmälig; das Meer hat stch nur ihrer Oberfläche bemcistert; aber aus seinem Grunde erheben sich Steinklippen bis unter den Wasserspiegel, welche die Wogen brechen und ihre Macht hemmen, und, die zugleich des HafcnS Schauren und seine Schildwachcn sind. Zwischen diese» bunt durch einander bingcstrculcn Klippe» sind nur drei Wege zur Durchfahrt geebnet. Die Loolsen leiten die Schiffe mit aller Behutsamkeit hindurch s können cs aber dennoch nicht verhindern, daß sich manches Fahrzeug seine Flanken an den Klippen verwundet. Dct kleine Durchgang ist nur eine Kanoncnschußwcitc von dem Fort dcr Feigenbäume, nach der füdlichni Richtung, entfernt und sehr eng und gefährlich. Die große Durchfahrt, eine halbe Meile westlich, ist 200 Toiscn breit und nimmt ihre Richtung »ach Südwest. Die dritte Fahrt ist die breiteste und führt dcr Spitze von Marabout, dcr sie sehr nahe kommt, vorüber, bis sie sich mit Len beiden aiidereii wieder ver einigt und in den Hafen ausläuft. . Am Eingänge dieses Hafens, zur Nordseitc, gehen die fremdem Kriegsschiffe vor Anker, und tiefer hinein liegt die Flotte des Pascha und dehnt sich bis zur Küste aus; die ganze südliche Länge der Küsie aber, bis nahe an die alten Katakomben, ist mit Kauffahrtei-Schiffe» besetzt, welche die Rhede oft so dicht bedecken, daß das Meer mttcr ihnen beinahe verschwindet. Ehemals war dieser Hafen ausschließlich nur den muselmännischen Schissen reservier, und dcr neue Hasen war dcr einzige Sichcrheitsplatz für die christlichen Schiffe; jetzt aber ist dieser Gebrauchest' wie viele andere politische und religiöse Unterscheidungen im Orient, gänzlich er loschen. Die Europäischen Kriegsschiffe ziehen ungehindert in den alten Hafen ein, so wie die Türken ohne Furcht und Scheu in die Schank- und Wirthshäuser des Franken - Viertels cintreten. Jedoch ist noch ein Uebcrrest des alten Gebrauchs vorherrschend, der nämlich, daß kein Han delsschiff in dem alten Hafen ankern darf, bevor es sich einige Zeit in dem neuen Hafen aufgehalten hat. Wahrscheinlich hat Mehmed Ali dieses Gesetz seines Zoll-Amtes wegen beibehalten. Indessen wird der Aufenthalt in dem neuen Hafen so viel als möglich abgekürzt. Es war am Ende des Monats Mai 1827s als'die Französische Korvette „la Bictorieuse" hier anlangte und den Beschl über die Fran zösische Station in Alexandrien übernahm. Der Sommer goß seine Hitze in Slrömm ans; die Straßen der Stadt waren brennend und erstickend; die von den weißen Dächern der Häuser abprallenden Son nenstrahlen blendeicn die Augen, und die endlose Sandcbcne mir ihrer kreideweißen Oberfläche,erregte Schwindel, sobald man den Blick einige Zeit darauf haften ließe Die Hitze war in einiger Entfernung vom Ufer so groß, daß sie den kühlende» Windesbauch des Meeres despotisch niederschlug und t-Lei» herrschend ihren glühenden Scepter über die ganze Gegend schwang. In dcr That mußte sie sehr groß seyn, da selbst kein Franzose wagte, ihr zu trotzen, ob-lcich es in einem etwas unebr- erbieligen Sprüchworle der mittäglichen Länder heißt: Um Mittag sicht