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- >» - ... Feierabend A«ttthalt«»ßs-Kkilask der „Sachs. Volkszeitung" M 14 Sonntag den 7. April LS0V » ÄS' Klaube — Kolfnung — Liebe. (Widmung für das Gebetbuch eines Erslkommuinkanlcn,) Der christlichen Seele und Zu eigen d-.ei heilige Triebe, Die göttlichen Tugenden, Der Glaube, die Hoffnung, die Liebe. Gib Herr, das; nichts nur der Welk Uns wahre Erkenntnis mög' rauben, Dan treu zum Taufbund nur stehn. Vermehre, o Gott, unfern Glauben. Stets ist noch von deinem Wort Das Verheihne elngelroüen. Schenk' frohe Zuvernchl uns Und stärke, o Golk, unser Honen, Verleihe die Gnade uns, Tag jeder die Tugenden übe. Entzünde in uns, o Gort. Zu dir eine heilige Liebe. Silovs LUMder, Leipzig. Aas letzte Wild des Künstlers. Novelle von A. Brey er. > Fortsetzung. s»uch»»«k »erd«le«-l 2. Kapitel. Die Pfingstrose. „Toni, Toni, wo bist du so lange gewesen?" tönte es dein Arinenschweslerchen entgegen, als eS mit hochroten Wangen ein zur ebenen Erde gelegenes Zimmer betrat. Toni eilte znm Tiich hin und schlang ihren Arm nm den Nacken der hier sitzenden jungen Dame. „Zürne mir nicht, liebe Schwester, das; ich dich so lange warten lies;; denn aber sage, Olga, leas fehlt dir d» bin ja io bleich deine Züge drücken Schmerz ans. Ist dir ivas Schlim-ms zngestoßen?" „Ja, etwas sehr, 'ehr Schlimmes. Bald nach deinem Weggange wollte ich zu Breitenields, die fertige Arbeit hintragen. Beim Verlassen des Hauses verfehlte ich die Steiiislnie. mein rechter Zuß knickte nm, und das Unglück war gesctreben. Ich nutzte nm Hilfe rufen, und nur unter dem Beistand nun rer lieben Zlnrnachbarin vermochte ich, ins Zimmer zurintznk'.bren." „Das ist aber schrecklich! Saig', in der Fuß ge brochen?" „Gottlob, nein. Frau Thiele meinte, es könne sich nur nm eine Lebnenverrenl'nng oder Zlechi'enzerrnng handeln." „Du lüttes, .mn Arzt rufen lassen sollen." „Es wild auch ohne Arzt geben. Frau Thiele bat mir kalte Umschläge gemacht, und die laben die Geschwulst fast ganz vertrieben. Auch kann ich schon wieder ein wenig aus- lreten." „Gott iei Dank!" „Wie spät haben wir es denn?" „Es fehlen nocv -nnige Minuten an zehn Ubr." ...Hör', Toni, du mutzt den Augenblick zu Frau Breiten- ield. Dort aut der Kommode liegt der Karton mit der fer tigen Stickerei, die ich. wie dn weißt, der Dame für diesen Sonnabend fest zugejogl habe. Die Rechnung liegt dabei, Geb. eile, Schwesterchen.' „Aber zu dieser späten Stunde —" „Tut nichts, die Herrscklaften sind l)eute lange auf. lvenigstens bis um Mitternacht. Frau Brcitenfeld braucht die Sachen morgen, und sie wird froh sein, daß du sie bringst. Ta guittierte Rechnung beiliegt, so bekommst du die Arbeit gleich bezahlt, und das ist tvesentlich-, denn unser Wirtsclaitsgeld ist bis auf wenige Pfennige zusammen- geschmolzen. Kommt die Stickerei nicht hin, dann werden diese Pfingsten für uns zlvei arme Mädchen nicht Fest- sondern richtige — Za sttage sein," schloß Olga mit einem Anflug von Humor in Stimme und Gebärden. Toni senkte ihre kleine Hand in die Tasche, die vor kurzem noch mit Gerd beschwert, fetzt ganz leer war. Ein unbeschreibliches Läckxln umspielte ihren lieblichen Dkund. Unwillkürlich mutzte sie die eigene prekäre Lage nnt der jener Armen vergleichen, denen sie mit dem Ertrage ihres Bettlerdebüts eine Pfingslfreude bereitet lxltte. Dock den Gedanken wies sie weit von sich, daß es vielleicht angebracht gewesen wäre, bei der Verteilung der gesammelten Spenden auch die eigene Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Wobl nxaren sie, die zwei vernxnsten Schwestern, auch arm und mußten vom Erlverb ihrer Hände sich kümmerlich durchs Leben schlagen; allein sie waren jung und rüstig und geschickt zur Aröcit, und eine Schmach wäre es ge wesen. sich in die Reihe jener Elenden zu stellen, denen Alter, Gebrechen und Kranklunt eine Anwartschaft auf Almosen verliehen. „Du willst also nicht geben, Toni? Das ist traurig!" sagte Olga mit bekümmerter Miene. „Ich gelle scholl, ich gebe schon," rief die jüngere Schwester wie aus einem Traume envack>end. „Mir zog nur etwas durch den Sinn — doch da liegt ein Brief, woher — von wem ist er?" „Weiß es nicht — habe ihn noch gar nicht angesehen. Der Postbote brachte l as Schreiben gerade, als ich so große Schmerzeil batte und da bade ist es achtlos auf den Tisch geworfen und es mittlerweile ganz vergessen." Schon hielt Tom das noch geschlossene Schreiben in den Händen. „Tu. vom Bruder Georg scheint's zu fein. Tie Hand- 'chrifl ähnelt der üinigen. Ter Aufgabeort ist aber Luzern und Georg schrieb zuletzt aus Mailand." Jetzt blickte auch Olga aus die Adresse. „Ja, ja. es ist Georgs Handschrift. Ocssne!" Das nun von Toni hastig erbrochene Schreiben hatte folgenden, für dn, zwei armen Schwestern wenig erbau lichen Inhalt: „Liebe Olga und Toni! Wie ist Euer W finden? Mir ist in letzter Zeit recht uh!echt ergangen. Bin von Mailand bis hierher zu Zuß gekommen und lüge nun im Hospital krank und elend darnieder. Meine Tage dürften bald gezählt sein. Möchte gern Euch und die liebe Heimat noch mal sehen, und seid Ihr in der Lage, mir etwas Reisegeld zu schicken, dann beeilt Euch, es mir zu übermitteln. Mit Gruß Euer Bruder Georg." Toni laue oen Brief laut vorgelesen, jetzt folgte minutenlanges Sä-wngen. Tiefer Ernst lagerte aus den Zügen der beiden iimgcn Mädchen. Ihre Blicke umflorten sich, leises Scküuchzen unterbrach bald die Stille des Ge waches.