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tzhye» n. «edaktt», Gee-den-Aenstadl L Meißner Gasse 4. Mt Zeinm, erschein« Dienfta«, -»«»erfta, »nd «»nnabend fr^h- Udvnne»«««»- Preid: tzGtteIjührl.Mk.1^0. 8» beziehen durch dk kaiserlichen Post» «stalte» und durch unsere Boten. Sri freier Lieferung Hau- erhebt die ßoft noch eme Ge- duhr vou 2S Pfg. . . >--'>» j , < '1 ,.1 '? > < ',' .' '« j ächsische VochÄung. -nfernt« Verden biA Montaß, Mittwoch u. Freit»! Mittag angenounna» und kosten: dielspaltZeilelSPfl Unter Eingesandt: SO Pfg. Inserate»» Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dresden-Altstadt und DreSden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Wüller in Dresden. Annahmestelenr Die -lrnoldtsch« Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasenstein LBogler; Rudolf Mosse, G L. Daube « Ta< in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlins Frankfurt a/M. u. s. w. Ar. 35. Dienstag, den 22. März 1887. 49. Jahrgang. Zum 90. Geburtstage des Kaisers. Die Kriegsgerüchte der letzten Tage sind verstummt und trotz der Spannung, welche un leugbar zwischen den verschiedenen Regierungen besteht, haben sich doch die Abgesandten fast sämmtlicher Höfe in der deutschen Reichshaupt stadt eingefunden, um dem greisen Kaiser Wilhelm zu seinem 90. Geburtstage die Glückwünsche ihrer Souveraiue darzubringen. Selbst die politischen Gegner unseres Staats oberhauptes scheinen an diesem Tage den alten Zwist vergessen zu haben. Die Ehrfurcht, welche man einem Greise, selbst wenn er nicht an der Spitze einer Nation steht, entgegen zu bringen pflegt, läßt für heute wenigstens alle politischen Bedenken verstummen; die rein ? menschlichen Empfindungen haben die Ober hand gewonnen und so bietet sich uns das seltene Schauspiel dar, daß nicht nur das deutsche Volk unter sich, sondern mit ihm alle civilisirten Nationen einig sind in der Freude darüber, daß es dem Herrscher, der nach drei sieg reichen Feldzügen seine ganze Autorität einsetzte, um der Welt den Frieden zu erhalten, beschieden ist, an diesem Tage in erfreulicher Rüstigkeit auf sein thatenreiches Leben zurückzublicken. Und welche innige Dankbarkeit gegen den Himmel muß das Herz des Monarchen erfüllen, wenn er sich heute so verschiedener Momente in seinem wechselvollen Lebenslaufe erinnert! Das Jahr 1807 fand ihn, einen Knaben, in Memel, wohin sich nach der Katastrophe bei. Jena seine königlichen Aeltern vor dem korsischen Eroberer geflüchtet hatten. Am 22. März 1848 sehen wir den Prinzen die in Hellem Aufruhre befind liche Reichshauptstadt verlassen, um an den Ufern der Themse ein Asyl zu suchen und am 18. Ja nuar 1871 finden wir ihn in Versailles, wo er, umjubelt von den siegreichen deutschen Fürsten und Truppen, sich die Kaiserkrone auf's Haupt setzt. In der That — des Himmels Hand hat sichtlich über diesem Fürsten gewaltet; ihm war es vergönnt, Preußen aus seiner Erniedrigung zu erheben und den Traum der Deutschen zu erfüllen, indem er die verschiedenen Stämme unter seinem Scepter zu einem starken Volke vereinte. Noch freilich harrt der innere Ausbau des Reiches seiner Vollendung und diese Aufgabe zu lösen, dürfte dem greisen Kaiser Wilhelm nicht mehr beschieden sein; aber deshalb mag er, wenn auch einst seine Stunde schlägt, ge trost die Augen schließen. Ein Blick auf seinen Sohn, dessen Kinder und Kindeskinder, die heute sich um seinen Thron drängen, lehrt ihn, daß jüngere Kräfte vorhanden sind, welche das von ihm begonnene Werk fortführen werden. Was aber auch die Zukunft bringen möge — wie heute, so wird Kaiser Wilhelm auch noch von den spä testen Geschlechtern als der Gründer des neuen deutschen Reiches gepriesen werden und wenn überhaupt ein Mensch, so darf er von sich sagen: „Ich habe nicht umsonst gelebt!" Politische Weltschau. Deutsches Reich. In letzter Zeit bringt der Pariser „Figaro" über die Verhältnisse in Elsaß-Loth ringen ausführliche Berichte, die manches „Lehrreiche bieten. So erfahren wir z. B., daß die jüngst eia- gezogenen Reservisten schon nach zwölf Tagen wieder entlassen wurden, weil sich herausstellte, daß da- neue Repetirgewehr unbrauchbar fei. (?) Noch „lehr reicher" für unS als diese Mittheilung sind die Er klärungen, welche ein elsässischer ReichStagSabgeord- neter in Mülhausen dem .Korrespondenten d,S „Figaro- gemacht hat. Auf die verwunderte Frage deS Fran zosen, wie eS komme, daß inmitten der Session deS Parlarmentes alle fünfzehn elsaß-lothringische ReichS- > boten nach Hause gereist seien, ohne zuvor Urlaub r. zu nehmen, antwortete der Mülhausener Abgeordnete: „Bah, daS ist im Reichstage nicht, wie in der französi- schen Deputirtenkammer; man geht und kommt vielmehr, bleibt auS und verschwindet, wie man Lust hat. Wir ö Elsaß-Lothringer kümmern uns sehr wenig um die Sitzungen dieses kaiserlichen Parlamentes; wir pro- testiren gegen das Reich, daß mit unseren Frankreich entrissenen Gebieten gebildet wurde. WaS daS Reichs- Parlament macht, interessirt unS darum sehr wenig." Auf die Frage, warum die Protestler denn überhaupt Mandate zum Reichstage annehmen, wenn sie sich an den Arbeiten desselben doch nicht betheiligen, erwiederte jener Mülhausener Abgeordnete: „ES ist erforderlich, daß die Protestler ihre Plätze im Reichstage behaupten, um zu verhindern, daß jemals die Deutschen die betreffenden Mandate er ringen." Diese Antwort ist deutlich genug. Wenn die elsaß - lothringischen Abgeordneten offen erklären, daß sie die oben geschilderte Auffassung von den Pflichten eines Mitgliedes deS deutschen Reichstage- haben, so ist eS unumgänglich nothwendig, daß der Reichstag um diejenigen Plätze verkleinert werde, die von Leuten belegt sind, welche die allererste Voraus setzung nicht erfüllen, an welche die Verleihung deS Wahlrechte- und der Wählbarkeit gebunden ist. Di« Anwesenheit von Männern, welche solche Grundsätze, wie die obigen, öffentlich auSsprechen, sind eine ständige Beleidigung des Reichstages, die letzterer sich einfach nicht gefallen lassen darf Einen Fehler gut zu machen, ist eS nie zu spät und allem Anscheine nach war die Verleihung deS ReichStagöwahlrechteS an die Elsaß- Lothringer in Wirklichkeit ein Fehler. Der Reichstag muß unbedingt für Jedermann verschlossen sein, der nicht treu und ehrlich zu Kaiser und Reich steht. In den parlamentarischen Kreisen — so schre bt man auS Berlin — ist in den letzten Tagen die elsaß- Feuilleton. Der Legionär. Eine wahre Begebenheit au- Deutsch-Oesterreich- scbwerer Zeit von Emil König. (14. Fortsetzung und Schluß.) DeS andern Morgen- in aller Frühe schon ließen fit sich bei jenem alten Herrn, dem Grafen, melden, der dem Legionär seine Verwendung zugesagt hatte. Derselbe empfing Beide auf da- Freundlichste und war überrascht über Joseph- Verhaftung. Jndeß tröstete er sie und beschied sie auf den Nachmittag zu sich, dann hoffte er in der Lage zu sein, ihnen befriedigenden Bescheid ertheilen zu können, da Alle- von der heutigen Audienz abhinge, die sich Baron G . . . . beim Kaiser in der Angelegenheit au-gewirkt habe. Trübselig, zwischen Furcht und Hoffnung schwebend, gleichgiltig gegen die Freuden und Sehenswürdigkeiten der Haupt stadt, verbrachten sie den Vormittag und noch wieS der Zeiger der Uhr nicht ganz die bestimmte Stunde, al- fie sich bereit- wieder im Vorzimmer ihres Gönner befanden. Sie hörten im Empfang-zimmer sprechen und besorgten schon, daß der Graf vielleicht verhindert sei, sie zu empfangen, al- sich die Flügelthür öffnete und Baron G . . . . lächelnd auf der Schwelle erschien. „Ah! da sind Sie schon! Bitte, treten Eie näher, Sie werden erwartet-, rief er. Hangend und bangend io schwebender Pein be, traten fie da- Gemach. „Ihr Schützling, mein Fräulein, muß ein arger Sünder sein vor dem Herrn", sagte die Ercellenz mit verstelltem Ernst. „Mein Gott, wie meinen da- Ercellenz, sollte er wirklich etwas verbrochen haben?" stammelte Annerl erschrocken. „Allerdings! CS hat sich nemlich herausgestellt, daß der Mann ein kühner Räuber ist." „Barmherziger Himmel!' stöhnte der Vater, während die Tochter auSrief: „Nein, beim Allmächtigen, da- ist unmöglich!" „Und dach ist'- so!" lächelte der alte Graf „und darum wird er auch verurttzeilt — zu ewiger Gefangen schaft in den Fesseln der Liebe, weil er Ihnen, mein holdselige- Fräulein, Ihr Herzchen geraubt hat!" „Versteh' ich recht. Euer Ercellenz! Joseph wäre —" „Ja. Joseph oder Franz ist von deS Kaiser- Majestät, auf Verwendung diese- Herrn hier vollständig begnadigt worden " D« sank da- treue Annerl in di« Knie« und sich selbst vergessend, richtete sie den verklärten Blick empor und faltete die Hände wie zum Gebet, indeß dem Vater Freudenthränea über die gebräunten Wangen rannen. Auch die beiden Herren waren tief ergriffen. „Fürwahr", sagte die Ercellenz -um Baron, „- ist doch etwa- Göttliche- um da- schöne Vorrecht der Krone, da- Wort „Gnade" auSsprechen zu können." „ES ist übrigen- keine Zeit mehr zu verlieren, Barou!" fuhr er dann fort. „Wie ich hörte, ist der Befehl zu seiner HierherlranSportirung bereit- ertheilt. Eilen Sie, dem Armen die Qual eine-, wenn auch nur theilweisen Tran-Porte- zu ersparen und bringen Sie ihm die Kunde seiner Haftentlassung möglichst selbst! Stehen Eie auf, mein liebe- Kind", sprach er dann gütig zu Anna und reichte dem jungen Mädchen die Hand, daS noch immer wie in Verzückung zum Himmel blickend kniete, „stehen Sie auf und zögern Sie nicht länger, dem Freunde Ihre- HerzenS diese Freudenbot schaft zu bringen." Mit heißen DankeSthränen benetzte die Glückliche die Hand deS Sprechenden und stammelt« bewegt un- zusammenhängende Worte der Erkenntlichkeit. „Schon gnt, schon gut!" wehrte dieser ab, „ich sehe. Sie haben ein dankbare- Herz! Reifen Sie glücklich!" „Und nun schnell, mein Freunde!" munterte der Baron G.... im Vorzimmer auf. „Ich leiste Ihnen Gesellschaft; die Ertrapost steht schon bereit!" Und fort gingS im sausenden Galopp. Station um Station verschwand hinter dem pfeilschnell dahin» rollenden Wagen. Endlich hatte man die letzte hinter sich und schon tauchten in der Ferne die Abtei und die Thurmspiye von Melk vor Anner'S sehnsüchtigen Blicke auf. Welch' ein Unterschied zwischen der Tour- und Retourfahrt! Auch jetzt schwammen die schönen Augen deS Erb» postmeistrrS-Töchterlein in Thränen! Aber eS waren Zähren der Freude, deS Entzücken-! Während der Fahrt hatte ter Varon den Beiden auch enthüllt, weShalb er so warmen Antheil an dem Geretteten nehme. Er wäre derselbe Mann, den der Legionär Joseph Z . . . . vor den Mißhandlungen einer wüthenden, fanatischen Horde gerettet hatte. Da mals hatte er daS heilige Gelübde abgelegt, seinem Retter dermaleinst seine Edelthat zu vergelten. In--