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AMbliM TaaMntt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. UNd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. 30 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und dis Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^22S. Freitag, den 1. October 188«. Das auf das dritte Vierteljahr 1880 fällige Schulgeld ist spä testens bis zum 10. October n. o. an hiesiger Rathsexpeditionsstelle zu bezahlen. Schulkassenverwaltung Waldenburg, den 30. Sept 1880. Versteigerung. Donnerstag, den 7. October d. I., Nachmittags 3 Uhr sollen auf hiesigem Rathhaussaale 1 Schreibsecretair, 1 runder und I Sopha-Tisch, 1 Rahmenuhr und 1 Gebett Betten nebst Bettstelle gegen sofor tige Baarzahlung versteigert werden. Waldenburg, den 29. September 1880. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Scharf. *Waldenbnrg, 30. September 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Kaiserin hat an das Präsidium des gegen wärtig in Frankfurt versammelten Bereinstages des deutschen Landesvereins unter dem Rothen Kreuz aus Baden-Baden folgendes Telegramm gesandt: „Am persönlichen Erscheinen in Ihrer Mitte leider verhindert, danke Ich herzlich aus der Ferne den Landesvereinen und ihren versammelten Vertretern für ihre treue Hingebung und ihre Leistungen; be sonders aber im Namen deutscher Frauen für die uns gewährte Gegenseitigkeit der Hülfe und des Beistandes. Wir haben gemeinsam einen großen Zweck vor Augen und Gottes Segen ruht auf un serer Arbeit. In den kommenden Tagen wird die Vollendung des Kölner Doms gefeiert als Wahr zeichen deutscher Einheit. Ich füge dem Schlußstein eine Urkunde bei über ihren ersten freudig begrüßten Vorboten: die Vereinigung der deutschen Landes und Hülfsvereine unter dem Rothen Kreuz zu einem Gesammtverbande als Preis der Vergangenheit, als Bürgschaft der Zukunft." In Kiel lief am 29. d. um 4 Uhr nachmittags die Jacht „Hochenzollern" mit dem kronprinzlich en Paar und den Prinzen Wilhelm und Heinrich bei prächtigem Wetter ein. Nachdem die Corvette „Prinz Adalbert" eiugetroffen, begaben sich die prinz- lichen Herrschaften an Bord des Prinzen Adalbert, wohin sich der Admiralitätschef und die anwesenden Admirale und Generale begaben. Der Admirals chef brachte Sr. Maj. dem Kaiser ein Hoch aus. Abends um 8 Uhr fand am Bord des „Prinz Adal bert" ein Diner statt. Die kronprinzlichen Herr schaften übernachteten in Kiel und kehrten am andern Morgen nach Berlin zurück. Die „Prov.-Corresp." schließt einen „Die Be wegung in der nationalliberalen Partei" betitelten, über die Versammlungen in Hannover, Leipzig, Mainz und Kassel berichtenden Artikel mit dem Satze: „Der größte Theil der Partei in den Parlamenten wie im Volke hält daran fest, daß die Partei künftig gerade wie bisher dem Wohl des Vaterlandes am besten dient, indem sie fortfährt, Wege der Verständigung aufzusuchen. Die liberale Wochenschrift „Im neuen Reich" bringt einen Artikel „Zur Judenfrage". So lange die Gesetzgebung nicht eingreife, könnten die Juden ruhig ihre ökonomischen und geistigen Kräfte dazu verwenden, auch als Nace eine Herrschaft im deutschen Staate anzustreben oder vielmehr dieselbe zu vollenden und die Andern in das Verhältniß vor Hörigen zu bringen, wie es zum großen, sehr großen Theil schon jetzt stattfinde. Es gehe alle Tage weiter dem Ende zu. Bis jetzt allerdings sei das fortschreitende Judenlhum noch nicht mäch tig genug, um selbst als solches dem christlichen Volke sich gegenüber zu stellen. Sie löschten lieber die Unterschiede aus, welche die Racen trennten und die Klügsten wollten uns Vorreden, daß, weil sie deutsch sprächen und schrieben, sie, vollkommen wie wir, Deutsche seien. Um so mehr aber sei es Zeit, dem schädlichen Einfluß des Judenthums Ein halt zu thun, als ziemlich deutlich die dumpfen Mächte des communistischen rothen Abgrundes sich meldeten. Die Judenfrage hänge zunächst an der wirthschaftlichen Reformarbeit. Wenn wirklich ge funden würde, wie das mobile Kapital zu behan deln sei, damit nicht proletarische, sondern gesunde Zustände mit seiner Hilfe entständen, dann seien fpecielle Judengesetze unnöthig. Fehlten uns aber schöpferische Kräfte wirthschaftlicher Art, so werde der Ruin immer deutlicher, der Zorn der Mittel klassen heftiger; dann würden wir die revolutionäre Arbeit des „mittelalterlichen" Judenhasses wieder zu erleben haben, der jetzt schon im Osten sich mäch tig rege. Wenn es nicht so weit kommen soll, dann müsse anderweit Rath geschafft werden, und zwar durch die wirthschaftliche Gesetzgebung. Auf Grund des Socialistengesetzes wurde das in Zürich erschienene Flugblatt „Socialistische Ar beiter-Partei Deutschlands: An die deutschen Socia- listen und socialistischen Vereine im Auslande," verboten. Die Frage der Erbauung eines neuen Neichs- tagsgebäudes in Berlin ist in ein verändertes Stadium getreten. Dasselbe soll an Stelle des Raczynski'schen Palais am Königsplatz, gegenüber von Krolls Etablissement, erbaut werden. Gegen dieses Project hatte der Magistrat ursprünglich das Bedenken geltend gemacht, daß durch den Bau auf jenem Platze die dahinter gelegene Sommerstraße verschmälert werden müßte. Neuerdings ist dieses Bedenken jedoch fallen gelaffen worden, fo daß dem Bau nichts mehr im Wege steht. Von Seiten des preußischen Justizministeriums soll eine Vorlage an den Bundesrath wegen Herab setzung der Gerichtskosten nicht in Aussicht stehen, auch würde ein von anderer Seite einge brachter Antrag auf Unterstützung Preußens nicht zu rechnen haben. Der Reichstag hätte eben dieses Gerichtskostengesetz nicht bewilligen sollen. Dem preußischen Staate erwuchsen in den letzten Jahren bei der alten Kostenberechnung aus der Justizver waltung 8 Millionen; dieser Betrag dürfte sich jetzt auf das Vierfache oder noch mehr belaufen. Oesterreich. Die deutsch-liberale (Verfassungs-) Partei entwickelt seil einiger Zeit eine sehr rühmliche orga nisatorische Thätigkeit, welche darauf berechnet ist, dem Deutschthum diejenige Stellung in der Monarchie zu sichern, welche ihm seiner culturellen Bedeutung nach gebührt. So nehmen auch die Anmeldungen für den deutsch-böhmischen Parteitag sehr aus gedehnte Dimensionen an. Bisher wurden 3000 Theilnehmerkarten ausgegeben und noch immer lau fen Anmeldungen ein. Die Wählerschaft der deut schen Städte-Umgebung von Karlsbad, wo der Par teitag stattfindet, wird vollzählig erscheinen. Nach Abhaltung des Parteitages findet ein großer Fest commers statt. Frankreich. Die italienische „Opinione" äußert sich in einem „Die Diktatur in Frankreich" überschriebenen Arti kel sehr abfällig über die Rolle, welche Herr Gam betta in der jüngsten Ministerkrisis gespielt, nament lich über die unbeschränkte Macht, die er, ohne den berechtigten Titel und die Verantwortlichkeit dieser Macht zu übernehmen (und obgleich er den größten Theil der Presse gegen sich hat,) nach allen Richtungen hin ausübe. Am Schluß ihrer Aus führungen erklärt die „Opinione": „Heutzutage weiß man nicht, wer in Frankreich regiert. Aber die Blicke Aller sind ausschließlich auf Herrn Gam betta gerichtet. Man achtet wenig auf das, was der Präsident der Republik oder seine Minister sagen, wogegen eine Rede des Herrn Gambetta im Jnlande lebhaft besprochen wird, und wenn er schweigt, man sein Stillschweigen deutet. Wir fra gen, ob dieses Regierungssystem, welches sich auf eine wahre und eigentliche unverantwortliche Dicta- tur beschränkt, derartig sei, um uns in die republi kanische Form zu verlieben, welche man uns zum Modelle vorschlagen möchte. Wir ermahnen die italienischen Republikaner, die constitutionellen Mo narchien, mit der französischen Republik in Vergleich zu bringen. Und dann mögen sie uns sagen, wo die Rechte der Freiheit mehr geachtet werden und wo das Land wirklich der Herr seiner eigenen Ge schicke ist." England. Aus Irland wurde in diesen Tagen wieder ein Aufsehen erregender Mord gemeldet. Während Lord Mountmorres, Eigenthümer eines kleinen Gu tes, am Sonnabend Abend in eigener Equipage seiner Besitzung in Clonbur, Grafschaft Galway, zufuhr, wurde er von sechs Kugeln, deren Mehrzahl den Kopf traf, hingestreckt. Der Verstorbene war schon seit längerer Zeit mit seinen Pächtern im Pro zesse und wurde bis ganz vor Kurzem beständig von einer Abiheilung Polizei bewacht. Er hatte unmittelbar vor seiner Ermordung einer Versamm lung von Friedensrichtern beizewohnt, in der eine Resolution angenommen wurde, welche die Regie rung zur Annahme von Zwangs-Maßregeln auf fordert. Ruhland. Nach einem Petersburger Brief der „Wiener Abendpost" soll die Oberpreßverwaltung und Censur in Rußland aufgehoben werden. Der Brief berichtet ferner über die täglich steigende Theurung, die theilt durch Mißernte, theils durch Entwerthung des Papiergeldes hervorgerufen sei. Brod koste schon den unerhörten Preis von 5 Ko peken per Pfund, alle Löhne steigen, der schlecht be soldete Beamte könne nicht mehr auskommen, die Unzufriedenheit wachse von Tag zu Tag. Türkei. Englischen Blättern wird gemeldet: Herr Wet tendorf ist mit der Prüfung der Rechnungen (bis zum Jahre 1875 zuiück) der Bankhäuser beauf tragt, die für die Pforte Anleihen vermittelt haben. Es wird behauptet, daß seine Recherchen ein be trächtliches Guthaben der Pforte ergeben werden. Die Botschafter der Mächte haben am 26. d. M. gegen das Verhalten Riza Paschas in Dulcigno bei der Pforte Protest eingelegt. Der Sultan ersuchte darauf die Botschafter um Bewilligung einer kurzen Frist und gleichzeitig um Rücknahme des Pro testes. Soweit bekannt ist, wurde dem Ersuchen bisher nicht entsprochen. Uebrigens erwartet man in Konstantinopel, wie ein Gerücht besagt, eine Palast-Katastrophe, da der Zustand des Sultans