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Extra Blatt des Dresdner Journals. AuSgegeben: Mittwoch, den 11. Januar 1880, Abends 10 Uhr. Telegraphische Nachrichten. Varis, Mittwoch, 11. Januar. Der heutige „Moniteur" druckt auS dem „Giornale di Roma" die am NeujahrStage vom Papste gehaltene Allo- cutiov ab. „Diese Allocution", setzt das officielle Blatt hinzu, „wäre nicht gehalten worden, wenn De. Heiligkeit den Brief des Kaisers vom 31. De- cember erhalten gehabt hätte, den wir hier folgen lassen." In diesem Briefe des Kaisers heißt es: „DaS Schreiben Ew. Heiligkeit vom 2. December hat mich lebhaft gerührt. Ich beantworte dasselbe mit vollkommenem Freimuth. Meine lebhafteste Sorge während, wie nach dem Kriege war die Lage der Kirche. Gewiß ist unter die mächtigen Gründe, die »ich bewogen, so schnell Frieden zu schließen, auch die Befürchtung zu zählen, die Revolution größere Proportionen annrhmen zu sehen. Die Thatsachen haben eine unerbittliche Logik. Trotz meiner Hingebung an den heiligen Stuhl konnte mir doch eine gewisse Solidarität mit der durch den Kampf gegen Oesterreich her vorgerufenen nationalen Bewegung nicht entgehen. „AlS der Frieden geschlossen war, schlug ich dem Papste zur Pacification der Romagna die administrative Abtrennung derselben und die Er nennung eines Gouverneurs vor. „Der Kongreß steht im Begriff zusammrnzu- trete« (rn »e renale). Die Mächte werden die un bestreitbaren Rechte deS heiNgen Stuhle« auf die Legationen nicht verkennen können. NichtSdesto weniger ist eS wahrscheinlich, daß sie nicht werden zur Gewalt schreiten wollen, um die Legationen zu unterwerfen; denn man müßte sie dann lange Zeit militärisch besetzt halten. Die Oecupation würde den Haß deS italienischen Volke« wie dir Eifersucht der Großmächte unterhalten. E« hieße die« den Zustand der Gereiztheit, de« Mißbehagen«, der Furcht, wa« weiter zu thun, verewigen. „Nach ernstlicher Erwägung der Schwierigkeiten verschiedener Combinatioven spreche ich e« mit Be dauern au«, daß die Aufopferung der revoltirteu Provinzen das den Interessen de« heiligen Stuhle« Gemäßeste sein würde. Wenn der Papst für die Ruhe Europas auf seine Provinzen, die ihm seit SV Jahren Verlegenheit bereite«, verzichtete, wenn er Garantie für da« Uebrige forderte, — ich zweifle nicht an der sofortigen Rückkehr der Ordnung. Dann würde der heilige Later einem dankbaren Italien auf lange Jahre den Frieden, vnd dem heiligen Stuhle den friedlichen Besitz de« Kirchen staate« sichern. „Eure Heiligkeit wird sich, ich glaube die« gern, über die Gefühle nicht täuschen, die mich beseelen. Sie wird die Schwierigkeit meiner Lage begreifen, Sie wird mit Wohlwollen den Freimuth »einer Sprache auslegen, in Erinnerung alle« Dessen, was ich für die katholische Religion und ihr er habene« Oberhaupt gethan habe. Ich habe ohne Rückhalt alle meine Gedanken ausgesprochen. Ich habe dir« vor dem Congresse für unerläßlich gehal- ten. Aber ich bitte Eure Heiligkeit, welche« auch Ihr Entschluß sein möge, zu glauben, daß derselbe an der VerhaltungSweise, dir ich immer gegen Sie beobachtet Hube, nicht« ändern wird." - Lerantwortlichrr Redakteur: I. V. Hartmann. Druck von B. G. Lendner in Deeldea. Herau«g»der> Ktnigl. Expedition de« Dresdner Journal« iwtartenstrale 7).