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WichmMck «rschckim d«i Mummirn. PrinumeraNonS.Preit 22z Sttbergr. (! THIr.) öierlcljLhrlich, Z THIr. für dö« ganjk Jahr, ohne Erhöhung, UI oNeu Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden non jeder Buchhandlung (in Berlin hei Belt u. Eoin»., IäqerNraßc Nr. 25), so wie von allen König!. PoN-Armtern, angenommen. Literatur des Auslandes. M. Berlin, Sonnabend.den 16. August 1848. Frankreich. Ein Anwalt der Frauen. Herr Emanuel Gonzales, ein junger talentvoller Autor, hat in der Vor. rede zu seinem neuesten Romane: sslemoirex <I'u» mixe, sich zum Anwalt der Frauen aufgeworfen und vertheidigt sie mit eben so viel Bcredtsamkeit als Hingebung. Dieser edelmüthige Kampf für die Unterdrückten ist sehr merk würdig in einer Zeit, die eine sogenannte Emancipation der Frauen wie eine abgemachte und abgedroschene Sache behandelt, so daß die vernünftigsten, be gründetsten Ansprüche häufig mit dem Stempel des Lächerlichen und Unnatür lichen der EmancipationS-Bestrebungen gebrandmarkt werden. ES ist un glaublich, in welcher Abhängigkeit die Frauen leben, wie sie absichtlich zum schwachen Geschlechte gemacht werden durch fehlerhafte Erziehung und Ge wohnheit, wie sie selbst vor dem Gesetze nicht gleich stehen mit dem Manne, der ihr und ihrer Kinder Wohlfahrt unv Vermögen ruinircn kann, ohne daß ihnen ein Recht zusteht, cS zu hindern. Dem Manne giebt das Gesetz volle Gewalt über die Kinder nach dem Tode der Gattin, ihm, der sich einer an deren Frau zuwendet, den vielfache Interessen abziehen, während die Mutter, der die Kinder stets das Höchste und Liebste, von der schon die Iesulehre ihr schönstes Symbol, die Unverfieglichkeit der mütterlichen Liebe, entlehnt, die Mutter durch Vormünder überwacht wird! Geschähe diese Einmischung des Gesetzes doch wenigstens auch bei dem Manne, der die Kinder so häufig ver wahrlosen läßt oder ihnen eine eigennützige Stiefmutter giebt. Der Ge sichtspunkt, den der französische Anwalt der Frauen aufstellt, ist wohl weniger ernst, aber nicht minder wahr, und unsere Leserinnen werden cS uns vielleicht Dank wissen, wenn wir seine Worte im Auszuge mittheilen: Die Sklaverei ist nur der Form nach aufgehoben; der Priester, das Weib, der Soldat und der Handwerker find, moralisch genommen, noch immer Sklaven. Freilich verdammen die Gesetze unsere Frauen nicht gerade zu strenger Einkerkerung, wie im Gpnäceum des Alterthums oder im Harem des Orients. Wir erlauben ihnen, mit ihren niedlichen Füßchen unsere Pro menaden zu betreten, ohne daß ein Schleier sie bedeckt oder Eunuchen sie be schützen. Wir find nicht chinesisch genug, um diese niedlichen Füße in eiserne Stiefeln zu schnüren: diese Qual auszuübcn, überlassen wir der Eitelkeit in den Jahren des ersten Walzers und der süßen Blicke. Wir nähen unsere Frauen auch nicht in einen Sack mit einer wilden Katze und einer giftigen Viper zusammen, um sie ins Meer zu werfen, selbst wen» sie noch so schuldig wären. Auch ist es nicht geradezu nöthig, daß eine Frau, um für tugendhaft zu gelten, ihre Tage spinnend wie Lucretia zubringe. Und die Frauen, die gleich einer Taglioni tanzen oder den Marmor meißeln wie Marie von Orleans und Frau von Lamartine, verbannen wir auch nicht unter die Cour- tisanen. Aber diese Duldung entspringt nur aus der allgemeinen Toleranz der Sitten in gewissen höheren Kreisen; man läßt das Uebergewicht einer Frau nur als Ausnahme gelten und gestattet cs überhaupt nur in den soge nannten schönen Künsten, deren Ausübung von Seiten der Frau man als ein Spiel der Eitelkeit ansieht. Um sich dem Einflüsse der Frauen mehr und mehr zu entziehen, hat man die Unterhaltung, dieses beständige Tournier des französischen Geistes, aus den Salons verbannt, in denen sie so anmuthig das Scepter führten. Man hat die ungeglätteten Manieren der Engländer angenommen, man raucht, man spielt, man spricht von Pferden, und bald werden die Frauen genöthigt seyn, sich beim Dessert zurückzuzichen. Man hat den Klub und die Zigarre gegen die Frauen erfunden. In Folge unserer politischen Fortschritte haben die Männer verlernt, den Frauen den Hof zu machen, und geben sich nun den Anschein, als glaubten sie fle unfähig, andere Fragen als über Moden und Kleinigkeiten zu beantworten; deshalb werden die Frauen in den Kreislauf des Walzers und der Polka verbannt. Die Frauen haben eine Feinheit des Urtheils über Gefühle, Ereignisse und Menschen, einen Takt, der dem der Männer weit überlegen ist. Die Frauen besitzen die echte Grvßmuth des Herzens, die natürliche Anlage, sich für das Schöne zu begeistern, sich kür Leiden und Schwäche aufzuopfern, einen lebhaften, fast elektrischen Jdecngang, der sie viel empfänglicher für das Gute macht als uns. Alle Frauen haben eine dichterische Einbildungskraft: sie find Engel durch das Herz und Diplomaten durch den Verstand. Wir werden sie nie an Geschmack, Eleganz und Feinheit erreichen. Diese Eigenschaften haben zum Ruhme aller der Zeitabschnitte beigctragen, in denen die Frauen nicht in deck Zustand« »er Erniedrigung und Unterordnung gehalten wurden. Di« so genannten Anspruchsvollen, Ivmmen preeieusen, des Hotel Rambouillet haben zur Bereicherung und Feststellung unserer Sprache mitgewirkt. Alain Chartier und Milton verdanken das Erwachen und die Ermuthigung ihres Genius dem Kusse, den Königinnen auf ihre Stirn hauchten. Wie viele ausge zeichnete Frauen haben die Welt gezwungen an glänzende Fähigkeiten ihrer Männer zu glauben, während sic sich selbst bescheiden verbargen. Alle Tu genden find den Fraucn cigcnthümlich, die Laster find nach unserem Muster. Wir beklagen uns über ihre Falschheit, und wir verbieten ihnen von der Wiege an jeden Ausbruch des Gefühls, als einen Verstoß gegen den Anstand und die Zartheit. Wir beschuldigen sie der Oberflächlichkeit, und wir verbieten ihnen jede andere Beschäftigung als die mit der Nadel oder der Haushaltung. Wir finden fie kokett und Heißhungrig nach Bällen, fie, denen dies der einzige Strahl von Freiheit und Vergnügen bleibt, sie, die streng ans HauS gebunden sind, wenn fie cs nicht am Arm eines Gatten oder Vaters verlassen, während wir der vollsten und unbcgränztestcn Freiheit genießen, während uns die ganze äußere Wclt offen stcht, vom Marmortisch des Kaffeehauses an bis zur Loge im Theater. Wer hat jemals daran gedacht, diese Stunden der Leere einzu- thcilen? wir füllen sic mit äußerlichen Handlungen, aber den Frauen bleibt nur die Träumerei, diese gefährliche Gesellschafterin der Einsamkeit, diese Mitschuldige der Liede. Umsonst haben einige galante Schriftsteller versucht, de» Frauen Ge schmack an ihrer Lage beizubringen, indem sie sich unhaltbarer Gemeinplätze bedienten. Sie haben ihnen versichert, daß die Herrschaft der Anmuth und Lugend, der sich alle Männer unterwürfen, mehr wcrth sey als einige elende sociale Vorrechte, deren die Wcltordnung sie beraubt habe. Sie versichern, daß fie für das Ideal der Weiblichkeit streiten, welches man einer groben Wirklichkeit aufopfern wolle, und beschwören die Frauen, sich nicht die durch sichtigen Schwingen beschneiden zu lassen. Aber die Fraucn haben sich durch diese romantischen Lobsprüche nicht irren lassen; sie legen so wenig Werth auf die ihnen zugedachte Rolle eines Ideals, daß wir kaum Eine unter ihnen wissen, die nicht offen eingestünde, sie möchte lieber ein Mann seyn, während unter allen Männern nicht Einer sein Geschlecht vertauschen möchte, höchstens auf sechs Wochen aus Neugier. Die Fraucn langweilen sich in ihren Kleidern wie die Götter, die mit Blumen, welche die Eiscnklammern verstecken, an ihren Altar gekettet sind, sich über den Weihrauch langweilen, und sie haben Recht. Es bleiben ihnen nur drei Zufluchtsorte, um sich zu entschädigen: in ihrer Jugend die Liebe, später die Mutterschaft und, wenn fie nur noch Weib in der Erinnerung sind, die Frömmigkeit. Gewiß, wir wollen hier nicht zu Gunsten der freien Frau sprechen, wir verlange» nicht, daß das Weib zu Pferde steige und Waffen trage; im Gegen- thcil, wir verlangen, daß unsere Bäuerinnen nicht, wie so oft, mit ihrem Kinde auf dem Rücken sich härteren Feldarbeiten hingeben, als Negerinnen in der Sklaverei. In Paris bringt die Industrie noch täglich die furchtbarsten Grausamkeiten hervor. Leib und Seele vieler tausend Frauen geht zu Grunde durch den kargen Lohn, der fie an eine übermenschliche Arbeit fesselt. Die Frau aus dem Volke hat eigentlich nur einen Mann, um fie zu schlagen und um ihr den kleinen Gewinn zu entreißen! Indessen leben wir nicht mehr in den Zeiten, wo sich Konzilien ver sammelten, um zu ermitteln, ob die Frauen eine Seele hätten, und ob fie zum menschlichen Geschlechte gehörten. Wir verlangen nur ein wenig Gleichheit in den individuellen Rechten von Mann und Weib, damit das schwache Wesen unter der Hand seines sogenannten Herrn nicht erdrückt werde, damit cS nicht ungerechterweise alle Qualen, alle Banden der Dienstbarkeit zu ertragen brauche. Ist eS nicht seltsam, daß das Gesetz, diese Schutzwchr an und für fich, dem Starken bcistcht und den Schwachen verläßt? Wenn der Mann breitere Schultern, einen stärkeren Arm, ein muthigercS Herz und einen umfassenderen Verstand hat, wenn er das Uebergewicht der Thalsache nach hat, wozu ihn denn noch mit so viel Sicherstellungen gegen die Frau versehen, und wozu dies arme Geschöpf geradezu entwaffnen, fie des Rechtes berauben, wegen ihrer selbst zu leben und mitgezählt zu werden, warum sie wie eine Sache mit unter das Eigcnthum des Mannes rechnen? Diese Sache hat eine Seele, und oft eine viel bessere, höhere, als derjenige, den ihr derselben nicht als Gefährten, sondern als Herrscher gebt. Wie oft ver bindet ihr einen rohen Menschen, der lahm von Ausschweifungen, voll eitler Ansprüche, habsüchtig und prahlerisch ist, mit einem schönen jungen Mädchen, unter den Küssen einer Mutter erblüht, voll Lebenshoffnung, mit einem Herzen voll Liebesfähigkeit, dem Gott, indem er fic so schön machte, zurief: „Du wirst lieben un» geliebt w«r»en!" Aber jenn Mann wbllie nur »aß Bermiigrn