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Adorker Wochenblatt. Mrttheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Siebenter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 21 Ncugroschcn, bei Beziehung des Blattes durch Botengelcgtnhei« 15 Neugroschen. 32. Erscheint zede Mittwoche. 10. Aug. 1842. Briefe aus der Residenz. II. Dresden, an, 2». Juli 184S. Da ich in meinem vorigen Briefe einmal von dem devorstchendcn Landtage zu sprechen begonnen habe, so gestatten Sie mir, diesen Gegenstand noch etwas weiter zu verfolgen und namentlich noch einmal au den schon erwähnten Gesczentwurf über das Verfah ren in Untersuchungssachen zurükzukommcn. Ich war, wie das wol Vielen gegangen sein mag, begierig, zu erfahren, was dieser Gesezentwurf uns denn eigentlich Neues bringe, und habe mir daher denselben, seitdem er käuflich zu haben ist (die hiesige Hosbuchdruckerci verkauft ihn seit Kurzem für 20 Ngr. das Exemplar) geschwind angcschafft. Ich muß Ih ren aber ehrlich gestehen, daß damit meiner Neugier de eben so wenig, wie meiner Hoffnung Gnüge ge schehen ist. Von Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des gerichtlichen Verfahrens ist keine Rede. Doch ja — die Rede ist wol von diesen Dingen in dem vorgclcg- len Gesczentwurfe, nur aber nicht in der Absicht, um sie einzuführen, sondern um ihre Unzwekmasigkeit dar- zuthun, also nicht im Geseze selbst, sondern in den demselben beigegebeiwn ,,Motiven". In gleichem Sin ne ist auch der Geschworncngcrichte und der Staats anwaltschaft gedacht. Die Gründe, welche für und gegen alle diele Institute sprechen, sind in den Moti ven zum Geseze in einer weitläuftigen Abhandlung jusammengestellt, nur dass natürlich die Gründe, wel che die Regierung gegen Oeffentlichkeit und Münd lichkeit in s. w. irgend hat aufsindcn können, einer sorgfältigeren Behandlung und gröseren. Ausführlichkeit sich zu erfreuen haben, als diejenigen Momente, wel ¬ che für jene Institute geltend gemacht werden kön nen. Ich möchte aber die Beweisführung, welche die Negierung zu dem Resultate bringt, dass cs mit der gewünschten Oeffentlichkeit und Mündlichkeit >c. nicht- sei, schon von Haus aus als eine unrichtige bezeich nen, weil sic allein das französische Verfahren, waS allerdings manche Mängel hat, zum Stuzpunkte der Vergleichung nimmt, wahrend das weit vorzüglichere englische Strafverfahren ganz mit Stillschweigen über» gangen wird, nicht zu gedenken, dass sich doch wol die Mängel, die an irgend einer Einrichtung wahrgenom men werden, wenn wir der Lezteren bei uns Anwen dung verschaffen wollen, vermeiden und verbessern lassen. So soll es denn bei dem alten schriftlichen Unter suchungsverfahren, wo viel geschrieben und Alles hin ter verschlossenen Thüren abgemacht wird, auch für die Zukunft verbleiben. Das, was der Gesezentwurf uns bietet, ist überhaupt groscn Theils schon beste hendes Recht, und nur in einigen Beziehungen, wo sich vielleicht zu drükende Misbräuche und zu grose Lüken gezeigt hatten, will er Abhülfe gewähren und Ergänzungen bringen. Es ist aber von den gewich tigsten Stimmen, die über diesen Gegenstand laut ge worden sind, — Stimmen der Wissenschaft, Praxi- und Erfahrung — längst anerkannt, dass cs mit einer kargen Nachhülfe in diesem Punkte nicht mehr abge- than sein kann. Entweder — oder. Die alten Mis bräuche bleiben entweder, wie wir sic schon seit der Väter Zeiten gehabt haben, oder man muss zu dem entgegcngesezten Sistcme übergehen. Zwischcnzustän- dc gicbt cS da nicht. Wenn ein Gesez über Strafrecht und über da- Verfahren in Untersuchungssachen insonderheit den