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' " "E-MEMW, Rr. 23 - 5. Jahrglmg. Mkl A»/ mi> Hlaölbote. Donnerstag, 29. Iannar 1885. Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und Umgegend besonders fiir die «»rotte: Altchemiitz, Meodott, Ber-sdorf, Bomi. Ebersdorf, Mth. Nadtmz. «Ma. Helbersdorf. Hilbersdorf. »appel NenftM, Schäm« L Unterhaltungs-BIätter, Wbormemeutsbestellunaett, vierteljährl. ISO Pf. (Zutt. 40 Pf.), mouatl. SO Pf. (Zutr. 1b Pf.), «ehmen an die BerlagSexpedittou und Ausgabestellen iu Chemnitz und obige« Vororte». Außerhalb dieser Orte kann der Anzeiger »«r bei den Postanstalteu — PostzeitungS-Preisliste für 1885 Nr. 1114 — bestellt werde«. I« Oesterreich-Ungarn ist der Chemnitzer Anzeiger zum Abounementspreise von vierteljährlich 1 Gulden 41 Kr., monatlich 47 Kr. (exkl. Agiozuschlag) durch die Postanstalteu zu beziehen. LLNLmL Anzeiger.Bilderbuch» ^»fertton-vrei-r die schmale (Ispaltige) KorpuSzeile oder deren Raum 1b Pfennige. — Unter Eingesandt pro Zeile 30 Pfennige. — Auf große Annoncen und Wiederholungen Rabatt. — Annoncen - Annahme für die nächste Nummer bis Mittag. — Ausgabe jedm Wochentag Nachmittast. Annoncenbestellungeu von anSwärtS wolle «an de« JnsertionSbetrag stet» beifüge» (keiner« Beträge iu Briefmarken) je 8 Silben der gewöhnlichen Korpusschrist bilde« eine Zeile und koste» 1b Pfennige. «erlags-Exvedition: «l-xand-r «Le--. Buckdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemaliger Bezirksgericht, gegenüber dem Kasinos. Leleqr»««e -es Tbemriri-er WknzeigerS. Vom 27. Januar. Berlin. Die Kommission deS Reichstags für die Börsensteuer anträge hielt gestern Abend ihre erste Sitzung ab. Von einer General debatte wurde abgesehen und 2 Lesungen beschlossen. Die Debatte erstreckte sich zunächst auf die prinzipiell« Frage, ob prozentuale Steuer oder nicht. Geheimrath Neumann gab zu, daß die Reichrbank gegen die prozentuale Steuer Bedenken trage. Bessert und Siemens legten ausführlich die Schädigung der legitimen, namentlich deS Arbitrage- Geschäfts durch die prozentuale Steuer dar. Oechelhäuser kündigte einen neuen Tarif zu seinem Anträge an. Die Majorität ist offenbar für eine prozentuale Steuer. Ferner debattirte man über die Frage, ob Sachverständige gehört werden sollen. Ein Beschluß wurde nicht gefaßt. Anksang fand der Vorschlag, daß die Mitglieder der Kom mission sich durch die heute stattfindenden Verhandlungen des HaudelS- tages informiren sollen Darmstadt. Die zweite Kammer erkürte die Landtag-Wahlen für Mainz und Butzbach für ungiltig. Wien. Bei den hiesigen Handelskammerwahlen siegten in allen Wahlkörpern die Kandidaten der liberalen Partei. Auch im vierten Wahlkörper blieben die Kandidaten deS Genossenschaftstages in der Minorität. — Der hiesige Gewerbeoerein erhielt wegen der Petition für Triest als Kopfstation für die deutschen Dampferlinien Zustim- muugsadrefsen von der Handelskammer Stuttgart nnd dem Handels verein Berlin. — Einer Odefsaer Meldung zufolge wurde der Ad vokat Or. Josef Rabbinowitsch in Kischenew, welcher für die Sekte Neuisrael warb, von orthodoxen Juden ermordet. Paris. Das „Journal de» Dobats" sucht die Bedenken der englischen Regierung gegen eine internationale Enquete der Finanzlage Egyptens zu widerlegen. Die Enquete sei nicht der Anfang einer bleibenden Kontrole, sondern solle nur erforschen, ob die Opfer, die den europäischen Gläubigern in Egypten auferlegt werden sollen, ge rechtfertigt seien. (Weitere Telegramme siehe dritte Seite.) De» prer»ßifch-r«sfifche Auslieferrmgs vertrag. Am vorigen Sonnabend ist der Auslieferungsvertrag, welcher zwischen der diesseitigen und der russischen Regierung, vorbehaltlich -der parlamentarischen Genehmigung, vereinbart war, gleichzeitig in Berlin und Petersburg offiziell bekannt gemacht worden. Das Haupt ziel desselben läßt sich kurz dahin zusammensassen, daß dem inter nationalen anarchistischen Treiben ein wirksamer Riegel durch eine entsprechende internationale Rechtshilfe vorgeschoben werden soll Angesichts der in der letzten Zeit sich immer mehr häufenden anarchi stischen Verschwörungen und Attentate in den verschiedensten Ländern kann die in ihrer Existenz bedrohte Gesellschaft diesen Schritt zum gegenseitigen Nechtsschutze gegen den systematischen Rechtsbruch nur dankbar begrüßen. Dabei ist ein eigenthümlicheS Zusammentreffen auffallend. An demselben Tage, an welche« dieser Vertrag kundge- geben wurde, überraschte unS der Telegraph mit der Meldung von drei Dyuamitexplosionen in London, von denen zwei im ParlamentS- gebäude und eine im Tower stattsand. Die dringende Nothwendig- keit eines raschen und energischen Einschreiten« gegen die Urheber solcher frivoler und scheußlicher Verbrechen hätte unS Wohl kaum schlagender vor Augen gestellt werden können. So Weit sich die Wirkungen des Vertrages auf diesen offen ausgesprochenen Zweck beschränken, wird ohne Zweifel ein Jeder da mit einverstanden sein. Freilich wird durch denselben ein Grundsatz des europäischen Völkerrechts umgestoßen, der bisher für unantastbar galt, das Asylrecht wegen politischer Verbrechen. Es läßt sich histo risch ganz genau Nachweisen, daß dieses Asylrecht aus der Natur der früheren politischen und religiösen Bewegungen, aus der Ver schieden rtigkeit der Staatsreligionen und Staatseinrichtungen hervor gegangen ist. Wir brauchen nur an die Aufnahme der Hugenotten durch den Großen Kurfürsten, der vertriebenen Salzburger durch Friedrich Wilhelm I. zu erinnern. Ebenso fanden die in England verfolgten Papisten in Frankreich, die englischen Dissidenten in Nord amerika eine Zufluchtsstätte, und zur Zeit der ersten französischen Revolution gewährten besonders die Staaten am Ufer deS RheinS den französischen Emigranten eine gastliche Aufnahme. Aehnliche Beispiele liefert uns die Geschichte jedes Jahrzehnts. Ueberall tritt hier ein Kampf der Ideen hervor, um deffentwillen politische Ver breche« begangen und politische Verbrecher in Asylstaaten beschützt wurden, wobei sich zugleich das Nichtinterventionsprinzip geltend machte, nach welchem kein europäischer Staat sich in die Parteikämpfe des anderen Staates einmischte. Von diesem Standpunkte aus haben unsere neueren Völkerrechtslehrer das Asylrecht hergeleitet nnd ver- Iheidigt, und so hat eS sich seinen Weg in die modernen Staatsver- Iräge gebahnt. Eine solche historische und ideale Auffassung de» politischen Ver brechen» wird der internationalen anarchistischen Propaganda gegen über rein unmöglich. Bei ihr handelt es sich keineswegs um Ideen. Hauptsächlich sind es sonst im Allgemeinen die Ansprüche des «r- deiterstandeS gegenüber dem Kapital und dem Staate, welche hier in Frage kommen. Prinzipiell ist indessen auf diesem Gebiete die Entscheidung längst zu Gunsten der Arbeiter ausgefallen. Der praktischen Lösung dieser Frage haben sich leider die schwierigsten Probleme in den Weg gestellt. Anstatt auf diese Aufgabe, welche de» Schweißes der Edlen werth ist, ihre ganze Kraft zu verwenden, -rängt die internationale anarchistische Sette mit den entsetzlichsten Gewaltmitteln zur Vernichtung der bestehenden Staats- und Gesell schaftsordnung, ohne indessen im Stande zu sein, etwas Positive» an die Stelle deS jetzt Bestehenden zu setzen. Vergebens sucht man daher bei ihr nach Ideen, für welche die Menschheit sich begeistern könnte. Einer solchen Verbrecherbande gegenüber, der nichts heilig ist und die nicht» zu lehren weiß, als die Vernichtung, müssen na türlich die heiligen Grundsätze de» edlen Gastrechtes ihr« Geltung verlieren. So weit kann daher unser neuer Auslieferungsvertrag unbedingt auf die allgemeinste Zustimmung rechnen. Der Schlußpaffu» des selben hat dagegen bereit» zu mancherlei Bedenken und vielfachem Widerspruche Veranlassung gegeben. Er lautet: „Wenn die Ver brechen und Vergehen, wegen deren die Auslieferung verlangt wird, zu politischen Zwecken volführt wurden, soll dies keineswegs eine Veranlassung zur Ablehnung der Auslieferung gebe«.* In diesem Wortlaute ist nicht mehr speziell auf das verbrecherische Treiben der Anarchisten Bezug genommen; seine allgemeine Fassung läßt die Anwendung desselben in Fällen zu, bei denen die moderne völker rechtliche Praxis das Asylrecht in Anspruch nimmt. Deshalb soll hier nach einer Ansicht, welche zahlreiche Vertreter findet, der Ver trag über den eigentlichen Rahme» hinausgehen, innerhalb dessen da» öffentliche Gewissen den internationalen Rechtsschutz billigt. Ein HinauSgehen über diese Grenzen dürste jedoch in der öffentlichen Meinung auf einen energischen Widerstand stoßen. Der erste Sieg der Engländer i« Sudan. Mitten in die diplomatischen Unterhandlungen, welche die Regelung der egyptischen Angelegenheiten bezwecken, ist plötzlich ein neuer wesentlicher Faktor getreten, dessen Einfluß und Tragweite sich wohl augenblicklich nech nicht genau übersehen lassen, — der Sieg der Engländer über die Anhänger des Mahdi am Brunnen Abu- Klei. — In Korti schlug bekanntlich die Vorhut de» englischen Expeditionskorps — zirka 1200 Mann stark, einschließlich des be rittenen Kameelkorps, unter Oberst Stewart, um den weiten Bogen des Nil abzuschneiden, den Weg qner über die Wüste nach Matammeh und Shendy am Nil ein. Kurz ver der Ankunft am Ziele, bei« Brunnen Abn-Klei, wurde das in Karrö formirte Korp» der Eng länder von ihm an Zahl zehnfach überlegenen feindlichen Streilkräften offenbar unvermuthet angegriffen. Gerade dieser Umstand, daß die Briten die Nähe des Feindes nicht vorher hatten auskundschasten können, scheint uns zu ernsten Bedenken Veranlassung zu geben. Der Anprall der Sudanesen war denn auch ein so gewaltiger, daß das angegriffene Karrö gesprengt wurde und erst mit großen Opfern sich wieder formtreu und den Feind schlagen konnte. Der erste mili tärische Erfolg der Engländer im Sudan ist zwar errungen, allein die englischen Verluste beziffern sich verhältnißmäßig hoch, und da» Unternehmen zum Entsatz von Khartum scheint aus der letzten kurzen Strecke erst noch die Feuerprobe bestehen zu müssen. Bei aller rühmlichen Anerkennung, die dem Muthe und der Tapferkeit der kleinen Abtheilung zu zollen ist, erheben sich gewichtige Zweifel gegen ihren schließlichen Erfolg. Wenn diese todesmuthige Schaar nur die Vorhut des Heeres des Mahdi ist, so bleibt die Lage der Engländer eine äußerst gefährdete; denn die anderen modernen Hilfsmittel der Kriegführung auf Seiten der Engländer lassen die strategische und taktische Ueberlegenheit der Engländer einen an Zahl so unverhältniß- mäßig stärkerem Feinde gegenüber, der noch dazu mit der größten Tvdesverechtnng kämpft, sehr fraglich erscheinen. Nach der verschiedenen Auffassung dieses ersten Siege» der Eng länder im Sudan gehen auch die Meinungen über ihre wetteren Folgen sehr weit auseinander. Die Pariser Börse z. B. hielt den selben für die Sicherung der egyptischen Schuld äußerst günstig. Auf ihr herrschte allgemein die Ueberzeugung, daß die Engländer nach eine» solchen Opfer an Mannschaften und Geld Egypten nimmer mehr wieder räumen könnten und daher die Schulden, resp. deren Zinszahlung zugleich mit dem Lande übernehmen müßten. Hierin liegt jedoch nicht der eigentliche Schwerpunkt der egyptischen Frage, wenn die Finanzen bei derselben auch unleugbar eine hervorragende Rolle spielen. Die Hauptschwierigkeit besteht darin, ob es England unter den gegebenen Verhältnissen noch möglich ist, ein Protektorat oder eine Annexion in Egypten zu Stande zu bringen. Dies fühlt da» englische Volk auch instinktiv sehr wohl heraus und möchte das zaudernde Ministerium gern einen entscheidenden Schritt thun sehen, damit den ewigen Schwankungen in der egyptischen Politik endlich ein Ende gemacht würde. Freilich haben die bisherigen Maßnahmen des jetzigen Kabinets diesem gewiß gerechtfertigten Wunsche am wenigsten entsprochen, und nur die Durchführung der Reformbill hat Gladstoue am Ruder erhalten. Die Theorie und die Praxis der englischen Politik in Egypten standen nämlich bisher in einem diametralen Gegensätze zu einander. Theoretisch spricht die englische Regierung noch immer von Räumung des Landes nach einer be stimmten Frist, sobald nämlich Ordnung geschaffen sei, faktisch thut dieselbe indessen Alles, um sich den Alleinbesitz zu sichern. Frankreich sieht in der gegenwärtigen schwierigen Lage der Engländer eine will kommene Handhabe, um den im Nillande eingebüßten Einfluß wieder zu gewinnen; nnd dieses Streben ist auch vollständig gerechtfertigt. Außerdem halten Deutschland, Rußland, Oesterreich und Italien «ine internationale Regelung der egyptischen Frage in finanzieller und politischer Hinsicht für angezeigt, wie die betreffenden Noten an die englische Regierung beweisen. Frankreich hat noch besonders seine wesentlich veränderte Stellung als Kolonialmacht in Betracht zu ziehen. Seine Straße nach den ostasiatischen Besitzungen geht durch den Suez-Kanal. Bei einer internationalen Kontrole erscheint die Neutralität des ihm unentbehrlichen Seeweges nach dem Osten weit besser verbürgt. Es fragt sich also, ob England aus die Dauer dem vereinigte» Europa gewachsen sei» wird. Politische Rurrdfcharr. Deutsche- Reich. Der Reichstag setzt« die Berathung der Zölle und Verbrauchssteuern fort. Zu der Branntweinsteuer bean tragte Abg. Buhl eine schleunige Vorlegung eines Gesetze» auf Er höhung der Branntweinsteuer, in welchem die Interessen, besonder» auch der Kleinbrennereieu, volle Berücksichtigung finden. Frankreich erzielte au» der Branntweinsteuer 260, England 500, Rußland sogar 900 Mill. Franks, während für Deutschland nur 36 Mill. veran schlagt seien. Da» jetzige System schädige die Keine» Brennereien. In Norddeutschland sei der Konsum an Branntwein höher als ander wärts. Er betrage in absolutem Alkohol «»gerechnet hier 9, in Rußland 7i/z, in England 5, in Süddeutschland 5'/, Liter Pr. Kopf. Abg. Uhdeu beantragt Verlängerung der Steuerkreditfrist für da» lau fende Betriedsjahr von 6 auf 9 Monate. Staatssekretär Burchard erklärte das Einverstänvuiß der Regierung mit der Höherbesteuernug deS Branntweins, es frage sich nur nm da» Wie? Eine Prämie werde für die vranntweinausfuhr nicht gewährt. Abg. Dirichlet be hauptet letztere- und bestreitet, daß die Landwirthschast, speziell die Branntweinbrennerei, sich in einer Nothlage befinde. Fürst Hatz feld befürwortet ein gemischte» System aus der Fabrikat- und Konsum- steuer. Minister LuciuS legt dar, daß sich die deutsche Spiritus fabrikation dem Auslände gegenüber allerdings in einer Nothlage be finde und der Schonung bedürfe. Abg. v. Kardorff Mt die Noth lage der Branntweinindustrie für größer als die der Zuckerindustrie, da die erster« ein« dauernde sei. Schließlich wird der Antrag Uhden an die Budgetkommission verwiesen, während die Abstimmung über den Antrag Buhl erst in dritter Lesung ersolgt. Line Reihe von Wahlen wird für giltig erkärt, darunter die des Abg. v. Carlowitz (Meißen). Morgen findet Berathung der Anträge: ExpatriiruugS- gesetz, Einführung der polnischen Sprache als Gerichtssprache und elsaß-lothringische Diktaturparagraphen, flutt. — Der auf den 30. d. M. festgesetzt gewesene Subskriptionsball ist auf den 3. Februar verschoben worden, well der Kaiser demselben beizuwohnen wünscht. — Se. königl. Hoheit Prinz Wilhelm von Preußen tritt am heutigen Mittwoch in sein 27. Lebensjahr. — Die Bevollmächtigten zur afrikanischen Konferenz werde» heute Mittwoch, den 28. d., zu einer LommisfionSsitzung zusammentreten. — Die ReichstagSkommisfion für da» Postsparkaffengesetz wird am Dienstag Abend ihre Arbeit beginnen. — Das Abgeordnetenhaus berieth den Etat der Berghütten- nnd Ealiuenverwaltung. Die rheinischen nationalliberalen Abgeord neten vr. Natorp, Schmieding und Gärtner kagteu über die Lage der Kohlen- und Eisenindustrie, die schlimmer sei, al» die der Landwirth schaft. Sie wünschten Schutzzoll gegen englische kohlen, bessere Eisen bahnverbindungen und insbesondere auch Kanäle. Abgeordneter Büchte- mann schloß daraus, daß der Freihandel das allein Richtige sei und wendete sich dann gegen die Forderung der Kanäle. Minister May bach erwiderte, daß eben Ueberprodnktion stattgefunden habe; die Produktion müsse beschränkt werden, was ja auch die Interessenten anerkenne«. Aber was würde aus unserer Eisenindnstrie geworden sein, wenn wir nicht zu dem Schutzzoll übergegangen wären! (Sehr wahr!) Die augenblickliche Finanzlage lade nicht dazu ein» eine Kanalvorlage zu machen, eine Vorlage, die für den Staat keine Rentabilität verspricht. Sobald es die Verhältnisse gestatten, solle . dies geschehen. Gegen die Kohlenzölle sprachen die Abgeordneten ! Minniaerode und Rickert. llr. Wagner bedauerte, daß durch de» gegenwärtigen Stand der WährungSstage in Preußen jährlich ein Ausfall von 2 Millionen Mark durch das Sinken der Silberpreise entstehe. Beim Finanzetat bedauerte Abgeordneter August Reichen- sperger, daß für di« Renovation der Marienburg kein Betrag auS- geworfen sei. Minister Scholz verwies auf die Finanzlage und regte eine Lotterie ä I» Kölner Dombau-Lotterie an. Morgen findet die Berathung des Kommunalsteuernoth-Gesetzes statt. — Im Handelstage erklärte der Handelskammersekretär Steglich aus Dresden im Namen der Dresdner Handelskammer sich für die prozentuale Besteuerung und für Schlußnoten. Sedlmeyer (Manchen) hält eine prozentuale Steuer von 50,000 Mark aufwärts nicht ver werflich. Der Handelstag nahm eine Resolution gegen eine prozeu- tuale Besteuerung und gegen den v. Wedell'schen Entwurf an. Die Resolution ist aber nicht gegen höhere Besteuerung der Börse überhaupt. — Die Berliner Börse wurde durch die Nachricht beein flußt, daß die Börsensteuerkom-uisfion sich mit einer Stimme Mehr heit für die prozentuale Besteuerung ausgesprochen habe. AuS der Verschiebung des SubskriplionSballes wurde zudem fälschlicherweise auf eine abermalige Erkrankung des Kaisers geschloffen. Die Kourse mußten etwas nachgeben, doch brachte der Schluß wieder Befestigung. Spekulative Banken ziemlich belebt mit durchweg keinen Abschwäch ungen. Deutsche Bahnen ziemlich behauptet, österreichische vernach lässigt, etwas nachlafsend. Auch spekulative Montanwerthe waren nicht voll behauptet fremde Renten gut gefragt, Italiener bevorzugt Kassawerthe fest. Industrien nur vereinzelt beachtet. — Nach der „Germania" sollen aus Dresden eine Anzahl Tschechen auSgewiesen werden, welche angeblich sozialistischer, bezw. anarchistischer Umtriebe verdächtig sind. — Bon konservativer Seite wird zur zweiten Lesung de» Etat» ein Antrag eingebracht, der den Reichskanzler auffordert, dahin zu ! wirken, daß für das vom 1. September 1884 begonnene Betrieb»- !jahr bis dahin 1885 die Frist für die Entrichtung der Branntwein steuer von 6 auf 9 Monate verlängert wird. — AuthentischerseitS wird mittgetheilt, daß der in der Unter suchungssache wegen Ermordung des Polizeirath» Rumpfs in Hocke» heim verhaftete Schuhmacher Julius Lieske aus Zossen schwer be lastet ist.